Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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vodkamartini hat geschrieben:Da hatte ich mal die magische 10 gezückt! Und da stehe ich nach wie vor dazu:

http://www.ofdb.de/review/442,305141,Dirty-Harry
Casino Hille hat geschrieben:Na Gott sei Dank. Habe jetzt beflügelt von unserer Unterhaltung gleich mal den frisch erworbenen Dirty Harry Erstling in den Player wandern lassen und - was eine Gaudi!
AnatolGogol hat geschrieben:Aber ansonsten standardisierten Friedkin und Siegel praktisch ein komplettes Subgenre auf nachhaltigste Art und Weise.
Wie der Zufall es will liess auch ich unlängst den schmutzigen Harald rotieren, bei mir war es sage und schreibe das erste Mal (an dieser Stelle bitte lachend mit dem Finger auf mich zeigen). Was die hiesige "Political correctness"-Diskussion angeht ist natürlich festzuhalten, dass Dirty Harry in erster Linie einer der befriedigendsten Filme aller Zeiten ist, wenn der coole Clint dem durch die Justiz quasi unantastbaren, abscheulichen Bösewicht endlich mit einem gut platzierten "Well do ya, Punk?" den wohlverdienten Garaus machen darf. Das mag im Kern manipulativ sein, ist dramaturgisch aber jederzeit gerechtfertigt, es beschleicht einen nie das Gefühl, hier einen Propagandafilm für Selbstjustiz zu sehen (das wäre ja auch absurd), stattdessen ist DH einfach nur ein Film, der weiss, wie er sein Publikum emotional mitnehmen kann. Das ist gleichermassen simpel wie effektvoll gelöst: Der Mörder kommt halt andauernd unbehelligt mit jeder Schandtat davon, und zu guter Letzt kriegt er endlich sein Fett weg, und zwar auf die stilvollste mögliche Art. Ich fand das höchst unterhaltsam. Ich denke auch (fast) jeder hat ab einem bestimmten Punkt / einer bestimmten Situation manchmal den Wunsch nach "Bestrafung", wenn das Rechtssystem danebenschiesst (wovon es mehr als genug Fälle gibt) und Siegel packt den Zuschauer bei eben jenem "Trieb".

Bevor wir uns aber in moralischen Grundsatzdiskussionen verlieren muss festgehalten werden dass Dirty Harry in allererster Linie einfach nur ein starker Actionkrimi ist, bei dem Eastwoods Besetzung mal wieder wie Ar$ch auf Eimer passt und die Actionszenen in keinerlei Weise angestaubt wirken, sondern frisch und dynamisch wie vieles aus den späten 60ern und 70ern. 8,5 Punkte
AnatolGogol hat geschrieben:Siegels Dirty Harry ist zusammen mit Friedkins French Connection fraglos die Blaupause für alle nachfolgenden Copfilme.
AnatolGogol hat geschrieben:FC und DH krempelten hingegen das Genre um, vor allem auch in Bezug auf die Hauptfiguren.
Die Frage war aber ursprünglich nicht ob Dirty Harry besser oder populärer ist als die von Maibaum aufgezählten Vorläufer, sondern die Frage nach der Blaupausenfunktion. Ich finde schon dass Coogan's Bluff ein eindeutiger Vorläufer von Dirty Harry ist, nicht nur in Bezug auf Siegels Inszenierung und den Zeitgeist, sondern auch hinsichtlich Eastwoods Polizistenfigur. Walt Coogan ist doch glasklar mit Callahan verwandt, hat ähnliche Autoritätsschwierigkeiten und eine ähnliche "Ohne Rücksicht der Nase nach"-Attitüde. Wenn ich mich recht entsinne fängt der doch schon in den ersten Minuten einen Schurken, kettet ihn an die Veranda seiner Holden, während deren Gatte nicht zu Hause ist, und steigt mit ihr in die Badewanne.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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GoldenProjectile hat geschrieben:
AnatolGogol hat geschrieben:Siegels Dirty Harry ist zusammen mit Friedkins French Connection fraglos die Blaupause für alle nachfolgenden Copfilme.
AnatolGogol hat geschrieben:FC und DH krempelten hingegen das Genre um, vor allem auch in Bezug auf die Hauptfiguren.
Die Frage war aber ursprünglich nicht ob Dirty Harry besser oder populärer ist als die von Maibaum aufgezählten Vorläufer, sondern die Frage nach der Blaupausenfunktion. Ich finde schon dass Coogan's Bluff ein eindeutiger Vorläufer von Dirty Harry ist, nicht nur in Bezug auf Siegels Inszenierung und den Zeitgeist, sondern auch hinsichtlich Eastwoods Polizistenfigur. Walt Coogan ist doch glasklar mit Callahan verwandt, hat ähnliche Autoritätsschwierigkeiten und eine ähnliche "Ohne Rücksicht der Nase nach"-Attitüde. Wenn ich mich recht entsinne fängt der doch schon in den ersten Minuten einen Schurken, kettet ihn an die Veranda seiner Holden, während deren Gatte nicht zu Hause ist, und steigt mit ihr in die Badewanne.
Ich wollte auch nicht auf die Popurität hinaus, sondern auf den filmischen Nachhall. :wink: Und dass bestimmte Elemente vereinzelt vor FC und DH bereits autauchten habe ich ja nicht bestritten, aber eben nur vereinzelt und nicht in der geballten Summe wie in den beiden Klassikern des Genres. Z.B. ist Coogan doch eindeutig eine uneingeschränkte Identifikationsfigur und seine nicht immer gesetzeskonformen Mittel nehmen nie das Ausmaß eines Callahan oder gar Doyle an. Das ist dann auch der entscheidende Unterschied: die feine Linie zwischen Recht und Unrecht bzw. Polizist und Gangster verschwimmt in DH und vor allem in FC doch völlig und die Filme nehmen keine eindeutige Stellung, wie man den jeweiligen Protagonisten nun einordnen soll. Beim launigen Coogan ist doch alles in Butter und die angewandten Mittel werden erstens nie wirklich in Frage gestellt und sind zweitens auch jederzeit durch die damit erzielten Resultate legitimiert. Das Ende von FC ist da doch dann ein ganz anderes Kaliber, gerade weil Friedkin clever genug war beim Publikum für Popeye trotz seiner divesen "Missetaten" im Laufe des Films dennoch immer noch irgendwo Sympathie aufzubauen. Das Ende bläst das dann ja förmlich weg und lässt den Zuschauer ratlos zurück, für wen er denn da nun 100 Minuten lang gefiebert hat. Ne, ich bleibe dabei: FC und DH sind die Blaupausen und die das Genre am nachhaltigsten prägenden Filme.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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AnatolGogol hat geschrieben:[die feine Linie zwischen Recht und Unrecht bzw. Polizist und Gangster verschwimmt in DH und vor allem in FC doch völlig und die Filme nehmen keine eindeutige Stellung, wie man den jeweiligen Protagonisten nun einordnen soll.
Tut sie das? French Connection kenne ich nicht, aber in Dirty Harry ist doch vor allem die Bankraubszene eher extrem. Im Rest des Films hast du einen Serienmörder der zum Spass meuchelt, der vergewaltigt und Kinder als Geiseln nimmt. Der die Gesetzeshüter übelst an der Nase herumführt und dann zu allem noch gesetzlich nicht belangt werden kann (wobei für den Zuschauer aber nie ein Zweifel an seiner Schuld besteht). Moralische Vorstellungen über "was darf die Polizei und was nicht" im "Real life" mal aussen vor gelassen ist Eastwood doch eindeutig der Gute, der einfach nur diesen schrecklichen Übeltäter stoppen will und dabei im Kontext der Gesamtsituation halt zum allerletzten Mittel greifen muss, was aber dramaturgisch im Film nur gerechtfertigt ist. Und der einzige Film in dem die Polizei einen Verbrecher erschiesst ist das auch nicht, der Unterschied ist halt dass es in DH die Hauptprämisse ist.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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GoldenProjectile hat geschrieben:Moralische Vorstellungen über "was darf die Polizei und was nicht" im "Real life" mal aussen vor gelassen ist Eastwood doch eindeutig der Gute, der einfach nur diesen schrecklichen Übeltäter stoppen will und dabei im Kontext der Gesamtsituation halt zum allerletzten Mittel greifen muss, was aber dramaturgisch im Film nur gerechtfertigt ist. Und der einzige Film in dem die Polizei einen Verbrecher erschiesst ist das auch nicht, der Unterschied ist halt dass es in DH die Hauptprämisse ist.
Ich sehe das anders. Der Film lässt es doch offen, ob man Harry nun als "den Guten" sehen soll. Gerade die Szene im Stadion, in dem sich die Inszenierung mehr und mehr vom Geschehen und damit auch von Harry selber distanziert, macht doch sehr deutlich, wie weit Callahan sich von den Wertvorstellungen für die die Polizei eigentlich stehen sollte entfernt hat. Ebenso dienen die mehrfach gezeigten Parallelen zwischen Harry und Scorpio auch dazu, den Protagonisten höchst ambivalent zu zeigen. Auch das fatalistische Ende, in dem eigentlich gar nix gewonnen ist (außer dass Scorpio endgültig aus dem Verkehr gezogen wurde) lässt Harry alles andere als den strahlenden Helden dastehen. FC und sein Protagonist Popeye Doyle geht dann aber tatsächlich nocheinmal einen Schritt weiter, hier besteht am Ende des Films dann tatsächlich gar kein Unterschied mehr zwischen Jäger und Gejagtem was das Unrechtsbewusstsein angeht.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Ja, sie gehen einen Schritt weiter, aber auch nur einen. Trotzdem definieren die Vorgänger das Ganze, und auch Coogan ist jederzeit bereit Grenzen zu überschreiten, und auch wenn Harry da konsequenter ist, ist das alles im Vorgänger schon weitgehend vorhanden. Auch Madigan überschreitet Grenzen um zum Ziel zu kommen, und endet Bullitt nicht auch schon mit einem Schuß in den Rücken?

Das gestörte Verhältnis der Protagonisten zum Gesetz ist da überall schon vorhanden.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Ich habe leider noch nicht alle Clint Eastwood-Streifen gesehen, aber hier mein Ranking (beinhaltet sowohl Eastwood als Regisseur wie auch als Darsteller):

Gran Torino 10/10
Million Dollar Baby 9/10
Unforgiven 9/10
Changeling 9/10
Dirty Harry 9/10
Hang 'Em High 9/10
Mystic River 8/10
Dirty Harry 8/10
The Bridges of Madison 8/10
Invictus 8/10
Hang Em' High 8/10
Magnum Force 7/10
Where Eagles Dare 6/10
American Sniper 5/10

Sergio Leones ominöse Dollar-Trilogie habe ich zu meiner großen Schande noch nicht gesehen, liegt aber vielleicht daran, dass mich das Western-Genre, bis auf wenige ausnahmen nie sonderlich gereizt hat. Die Dollar-Trilogie steht weit oben auf meiner Liste ;).

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Maibaum hat geschrieben:Ja, sie gehen einen Schritt weiter, aber auch nur einen. Trotzdem definieren die Vorgänger das Ganze, und auch Coogan ist jederzeit bereit Grenzen zu überschreiten, und auch wenn Harry da konsequenter ist, ist das alles im Vorgänger schon weitgehend vorhanden. Auch Madigan überschreitet Grenzen um zum Ziel zu kommen, und endet Bullitt nicht auch schon mit einem Schuß in den Rücken?

Das gestörte Verhältnis der Protagonisten zum Gesetz ist da überall schon vorhanden.
Es ist ja auch gar nicht die Frage, ob da vereinzelt schon Elemente vorhanden sind, die die beiden großen Klassiker später erneut aufgreifen und weiterführen. Die Frage ist doch viel eher, wie weit die einzelnen Filme diese Elemente geführt haben. Und da sehe ich eben einen deutlichen Unterschied zwischen den diesbezüglich noch vergleichsweise moderaten frühen Filmen und dem was Friedkin und Siegel dann mit ihren jeweiligen Kernwerken geschaffen haben. War es nur ein Schritt? Wenn, dann aber ein gewaltiger!
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Sehe ich auch so. Bei Coogan gibt es "Harry"-Tendenzen, aber das ist nicht konsequent zu Ende gedacht und für mich eher ein Versuch, den Charakter etwas cooler, weil ambivalenter zu gestalten. Der Film ist insgesamt auch nicht so stringent erzählt, sondern plätschert v.a. mittig ein wenig vor sich hin. Eine Fingerübung eben.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Nein, nein, nein, das ist keine Fingerübung, das war auch Siegels Comeback Film, der davor mehrere Jahre nicht mehr fürs Kino drehen konnte, und beginnend mit diesem noch mal richtig losgelegt hat. CB ist sowohl für Siegel wie auch für Clint ein eminent wichtiger Film.
Und das waren nicht einzelne Elemente schon drin vorhanden, das war so ziemlich alles schon drin was DH dann weitergeführt hat.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Maibaum hat geschrieben:Nein, nein, nein, das ist keine Fingerübung, das war auch Siegels Comeback Film, der davor mehrere Jahre nicht mehr fürs Kino drehen konnte, und beginnend mit diesem noch mal richtig losgelegt hat. CB ist sowohl für Siegel wie auch für Clint ein eminent wichtiger Film.
Und das waren nicht einzelne Elemente schon drin vorhanden, das war so ziemlich alles schon drin was DH dann weitergeführt hat.
Nein, nein, nein. :D Coogan's Bluff ist weit weit weg vom zynischen Doku-Realismus eines French Connection wie auch die Figur Coogan weit weg von der extremen Ambivalenz eines Popeye Doyle ist. Vor allem nimmt der Film bezgl. der Coogan-Figur auch eindeutig Stellung, diese wird nie ernsthaft als negativ dargestellt. CB ist für mich tatsächlich auch nur eine kleine Fingerübung, die oftmals auch einen sehr starken TV-Einschlag besitzt und so gar nicht nach großer Kinoproduktion ausschaut (wie zB auch Hängt in höher oder Madigan). Der zeitlich nahezu gleichzeitig entstandene The Thomas Crown Affair von Jewison sieht z.B. viel filmischer und aufwendiger aus. Wirst du aber vermutlich alles anders sehen (in Teilen haben wir das gleiche Thema ja bereits früher beackert), was ja auch ok ist. :)
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Ja, das sehe ich tatsächlich anders.

Ob und wie man die Figuren sieht, liegt dann ja ganz im Auge des Betrachters. Harry wird genau so als Held von vielen verstanden, wie Coogan auch ein sexistischer Macho ist für den der genauer hinschaut.

Daß DH und FC das Vorhandene weiter entwickeln sehe ich ja auch so, aber die Innovation geht von den früheren Beispielen aus, und insgesamt sehe ich die alle 5 als ähnlich bedeutend an. Bullitt ist sicher etwas oberflächlicher in der Zeichnung des Protagonisten, und Doyle ist der, der auch für den oberflächlichen Betrachter am Zwiespältigsten rüber kommt.
Aber mißverstehbar sind diese Filme alle, weil sie nämlich die negativen Seiten ihre Protagonisten auch feiern. Da ist Madigan wahrscheinlich der ehrlichste, weil da die Besessenheit des Polizisten auch für Madigan selber Konsequenzen hat, während gerade Coogan und Harry vor allem über ihre coolen Gesten in Erinnerung bleiben.

Die damals teils kritische Aufnahme dieser die Gewalt verherrlichenden Filme war durchaus gerecht fertigt, weil sie eben auch die Gewalt rechtfertigen, weil damals die große Geste stärker im Gedächtnis blieb, als die feinen Zwischentöne.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Ich habs hier ja schon einmal geschrieben, ich sehe nicht, wo DH und erst recht nicht FC die dargestellte Gewalt bzw. die unmoralischen Mittel der Protagonisten verherrlicht. Die Filme gehen doch da sehr nüchtern und objektiv mit um und überlassen die Wertung des Dargestellten dem Zuschauer. Gerade das Ende von FC ist da sehr exemplarisch, da vollkommen nüchtern die Ergebnisse der vorangegangenen 100 Minuten in kurzer Textform abgehandelt werden. Der Film endet wie eine Aktennotiz, eine Wertung oder gar ein Abfeiern gibt es da nicht (ginge ja auch schlecht, bei dem Endergebnis). Die Coolness des Protagonisten ist natürlich durchaus da, bei DH und dem in meinen Augen eh wesentlich einfacher gestrickten Coogan sogar noch mehr, aber auch hier weicht diese im Verlauf des Films immer mehr einer Manie, die eigentlich kaum mehr als klassisches Vorbild oder Identifikationsfigur taugt. Dass viele Zuschauer diese Figur dennoch kultisch verehren widerspricht dem wie ich finde nicht, denn man findet in Filmen oftmals genau das was man sucht und nicht unbedingt (nur) das, was originär von den Machern bewusst intergriert wurde.
Maibaum hat geschrieben:Die damals teils kritische Aufnahme dieser die Gewalt verherrlichenden Filme war durchaus gerecht fertigt, weil sie eben auch die Gewalt rechtfertigen, weil damals die große Geste stärker im Gedächtnis blieb, als die feinen Zwischentöne.
Das liegt aber an dem, der dies so auffasst und nicht an den Filmen bzw. den Absichten der Macher. Ein Film wie DH ist für ein einfaches Abfeiern einer erzkonservativen Auge-um-Auge-Mentalität viel zu komplex, wer das aufgrund der Stilisierten Coolness des Protagonisten übersieht ist selber schuld.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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AnatolGogol hat geschrieben:So schnappt er Scorpio zunächst zwar, jedoch hilft das dem eingekerkerten Kind auch nicht mehr (vielleicht die Schlüsselszene des gesamten Films hinsichtlich seiner Aussage)
Sehr gut erkannt übrigens, Anatol, genau so habe ich das bei meiner letzten Sichtung auch empfunden, die Szene ist der Moment, auf den Dirty Harry quasi hinaus möchte und zu steuert.
https://filmduelle.de/

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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Sudden Impact, 1983

Wenn man den Namen Eastwood hört gibt es zwei Sachen die einem sofort in den Kopf kommen. Western und Dirty Harry. Im 4 Film der Harry-Reihe mit dem Titel "Sudden Impact" geht es den bösen Jungs wieder an den Kragen, denn Callahan schreckt vor nichts zurück um sie zur Strecke zu bringen!

Nachdem Callahan etlichen Mordanschlägen entgehen konnte, weil er Zeuge im Prozess gegen einen Mafiaboss ist wird er deswegen zu seinem und dem Schutz der Umgebung, die durch seine Selbstverteidigung stark gefährdet ist, in eine Kleinstadt versetzt. Dort wird er auf eine Mordserie aufmerksam bei der die Opfer mit einem Schuss in die Genitalien und in den Kopf getöet werden.

Clint spielt seine Rolle runter wie man es von ihm gewohnt ist. Bissig, immer 2-3 Sprüche auf Lager und sich selber nie zu schade für Ärger zu sorgen oder diesen endgültig zu beenden. Harry führt keine Streiterein, er beendet sie ganz einfach. Im 4 Film tauchen endlich auch 2 der ikonischsten Sprüche der Reihe auf: "Go ahead, make my Day!" und:

Harry Callahan: Well, we're not just gonna let you walk out of here.
Crook: Who'se we sucka?
Harry Callahan: [holt langsam seine .44 Magnum heraus] Smith and Wesson... and me.

Die Sprüche zünden fast alle, auch im deutschen. Über die Handlung selbst musste ich einige Male schmunzeln. Man sollte keine richtige Polizeiarbeit erwarten und das Thema Selbstjustiz nicht zu ernst nehmen, denn hier wird das alles gehörig auf die Spitze getrieben. Was sehr schade ist das Albert Popwell diesmal eine interessante Rolle im Film hat (er kam auch in den Vorgängern vor, immer in anderen Rollen), diesmal aber gnadenlos der dünnen Story geopfert wird. Als Harry's Partner ist er praktisch nur dazu da um Harry persönlich zu motivieren was die Villains angeht. Sehr dünn, sehr unnötige Rolle. Einiges wirkt im Film sehr unausgegoren. Die Fießlinge im Film sind absolut widerlich und zudem überspitzt dargestellt, womit ich aber weniger ein Problem habe. Viel mehr zieht der Film sich zwischenzeitlich ein wenig und verschenkt viel. Pat Hingle ist z.B auch recht belanglos, was ich sehr schade finde.

Der Film ist ziemlich brutal, weil man viele Kopfschüsse in Nahaufnahme sieht und es sowieso sehr rupig zugeht. Sondra Locke spielt ihre Rolle gut und funktioniert als Figur die das Geschehen ein wenig mitträgt. Aber das war's dann auch. Neben ihr und Harry gibt es keinerlei relevante Figuren, keine Entwicklungen bei den Charakteren oder so. Viel wird da nicht geboten, aber das muss es auch nicht. Unterhaltsam war er, ist für mich aufgrund der oben genannten Punkte und dem fehlenden Feuer in der Handlung selbst der schwächste Harry-Film bisher. Mir fehlte da einfach etwas das die ersten 3 Filme hatten. Schlecht war er nicht, eben aber auch nicht überragend. Er wirkt oft sehr unausgegoren, was schade ist.

Knappe 6/10

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Schöne ausführliche Kritik! So sehe ich Teil 4 alles in allem auch, ganz ok, aber mehr auch nicht. Und klar der schwächste von allen Teilen (egal ob man nun 5 oder 6 zur Reihe dazuzählt). Powells Horace fand ich aber eigentlich ziemlich cool, vor allem seine gelungene Einführung und das sehr vertraute Zusammenspiel mit Clints Harry - als ob sie sich ewig kennen. Die Sprüche sind in Teil 4 allerdings tatsächlich gnadenlos gut, in der Synchro teilweise sogar noch besser, auch weil Kindler sie einfach grandios knurrig rausbrettert. Meine Lieblinsgpassage ist gleich zu Beginn nach der für Harry nicht ganz so wunschgemäß gelaufenen Gerichstverhandlung, als er sich das "Würstchen" zur Brust nimmt und den Hundescheiße-Monolog raushaut - das ist Dirty Harry pur und genau für sowas liebe ich die Figur und Filme! :D Story und Figuren sind dagegen leider in Teil 4 wirkliche eher schwach auf der Brust, was aber irgendwie symptomatisch für einige von Clints Filmen der damaligen Zeit ist (so leiden zB City Heat, Tightrope und Pale Rider unter den gleichen Problemen und Schwächen und so stellen die Jahre 1983-85 für mich dann wohl auch die schwächste zusammenhängende Phase in Clints Karriere dar). Aber egal, wie gesagt rentiert sich DH4 ja schon allein wegen dem hier: :mrgreen:
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"