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von 00T
Agent
Old Surehand 1. Teil(1965)
Winnetou war gestorben. Tausende von Fans hatten Einspruch gegen den Mord an Winnetou erhoben, aber dennoch ließ Wendlandt den Apachenhäuptling in „Winnetou III“ sterben. Jedoch hatte er den Fans versprochen, dass Winnetou nicht tot sei, sondern noch im selben Jahr, in dem er gestorben war, wieder reiten würde und zwar an der Seite von Stewart Granger als Old Surehand in „Old Surehand 1. Teil“. Der „1. Teil“ sollte die Zuschauer auf einen zweiten Teil und dritten Teil hoffen lassen, zu denen es aber nie kam, da der Erfolg des Films sich auch eher in Grenzen hielt.
Alfred Vohrer nahm zum zweiten Mal auf dem Regiestuhl platz. Die immergrüne Landschaft der Reinl-Filme gibt es hier überhaupt nicht. Hatte Vohrers erster May-Film noch einiges an der wild-romantischen Landschaft, geht diese dem zweiten völlig ab. Nur graues, ödes Gestein und etwas Gestrüpp zeigt sich hier, was einem nicht unbedingt missfallen muss, leider gelingt die Einbindung dieser Landschaft in den Film eher mäßig. Die Schauplätze sind auch, trotz ihrer Anzahl, im Vergleich zu denen der Vorgänger etwas unspektakulärer, man vergleiche nur die Tropfsteinhöhle aus „Winnetou II“ mit dem Labyrinth des Todes hier. Und wenn Vohrer dann auch noch ein Treffen von Old Surehand und Winnetou genau an der Stelle inszeniert, an der bisher immer das Apachen-Pueblo stand, der Zrmanja-Schlucht, ist das Maß voll. So gut das aussehen mag, ist diese Stelle die wohl bekannteste des gesamten May-Filme-Universums. Martin Böttcher gelingt es dafür wieder, mit seine Musik die Geschehnisse schön zu untermalen, kann den Karren aber auch nicht aus dem Dreck ziehen.
Die Story ist, wie nicht anders zu erwarten, mal wieder die große Enttäuschung des Films. Näherung an die Romane hat man sowieso schon aufgegeben, aber hier hat man wirklich eine Story zusammengebastelt, die alles bisher dagewesene in sich schließt, was einem nicht nur zu einem extremen Deja-vu-Erlebnis verhilft, sondern nicht einmal sonderlich gut funktioniert. Es gibt böse weiße Banditen, die indianisches Land haben wollen und deshalb einen Krieg zwischen roten und weißen Männern anzetteln. Die Vorgehensweise dabei kennt man auch schon und sie macht wenig Spaß, da schon wieder ein Häuptlingssohn getötet wurde. Der wahre Täter muss entlarvt werden, sonst kommt es zum Krieg. Und das reicht nicht einmal, dann muss noch die Jagd nach einer Goldmine hinzu kommen, was das Ganze nicht besser macht. Und dann ist der Oberschurke auch noch der Mörder von Surehands Bruder, was ganz interessant sein könnte, jedoch ist der Verlauf dieser Spur zu hanebüchen und die Auflösung zu einfach, als dass sie wirklich ernst genommen werden könnte.
Von den Darstellern überzeugt Stewart Granger auch zum dritten Mal mit seiner Art, die er auch schon in den Vorgängern begeisternd gespielt hat. Pierre Brice spielt seinen Winnetou wieder sehr schön und erhaben, wenn er auftreten darf, was in diesem Film nicht oft der Fall ist. Larry Penell spielt den bösen „General“, mit typischer Rainer Brandt-Stimme. Doch so, wie er von seinen eigenen Leuten kaum respektiert wird, kann das auch das Publikum nicht. Er bleibt blass, vor allem im Vergleich zu seinen großen Vorgängern wie Lom, Adorf, Leipnitz und Co. Milan Srdoc kann sich besonders im Zusammenspiel mit Granger wieder als Old Wabble beweisen und hat auch einige herrlich komische Momente. Mario Girotti kann größtenteils überzeugen, wenn er auch manchmal etwas steif wirkt, aber sonst ist an ihm nicht wirklich etwas auszusetzen. Letitia Roman in der weiblichen Hauptrolle ragt darstellerisch nicht heraus, ist aber auch nicht zum Davonlaufen. Die Indianerrollen wurden wieder mit den typischen Darstellern besetzt und bieten keine großen Überraschungen. Erwähnenswert ist noch Wolfgang Lukschy, der als friedliebender Richter einen guten Eindruck hinterlässt, wenn seine Rolle auch leider nicht die größte ist und Vladimir Medar als bärbeißiger Goldgräber Ben.
Vohrer beginnt seinen Film mit dem Actionhöhepunkt des Films, einem Überfall auf einen Zug der Postbank. Zwar kurz, aber unterhaltsam inszeniert rauben die Banditen den Zug aus und versuchen, ihn mit den Insassen in die Luft zu sprengen, was Surehand aber gerade noch verhindern kann. Danach gibt es noch eine Büffelschießerei und die Verfolgungsjagd der beiden Übeltäter durch die Komantschen, die auf einem Hof Zuflucht suchen, wo sie von den Komantschen beschossen werden und der Hof angezündet wird. Bevor sich der Sohn des Farmers mit den Komantschen einigen kann, erschießt ihn einer der Banditen, sodass der Vater glaubt, die Indianer hätten dies getan. Nun wurde mal ein Weißer erschossen, was nicht unbedingt für so viel Einfallsreichtum spricht. Die Szene hier ist die letzte Actionszene des Films, danach hat Vohrer diesbezüglich sein Pulver verschossen, nach nicht einmal einer Viertelstunde! Es gibt allenfalls noch ein paar kleine Schießereien und Prügeleien.
Old Surehand reitet nach Mason City, wo er auf Goldgräber Ben, dessen Nichte Judith und den Juristen Toby trifft. Judith wird gerade übers Ohr gehauen, als Surehand dazukommt und dafür sorgt, dass sie ihren Preis erhält. Wie er den Besitzer des „Hau den Lukas“ auf diesen haut, ist ein netter Gag.
Der Häuptlingssohn Tou-Wan kommt in die Stadt, um zu verhandeln und wird, oh Wunder, dort erschossen. Man kann sich schon fragen, was man sich dabei gedacht hat, diesen Kniff der Handlung in jedem Film zu bringen, obwohl man doch ahnen musste, dass das Publikum dessen überdrüssig werden könnte. Die Ermordung eines Indianers kann doch nicht das einzige sein, was die Indianer zum Hass gegen die Weißen aufstachelt! Diese ständige Wiederholung zeugt schon von großer Einfallslosigkeit, aber das zeigt ja die ganze Story, wodurch das dann wieder irgendwie dazu passt.
Grangers Rede gegen die Bewohner hier hingegen kann überzeugen.
Nachdem der Häuptling vom Tode seines Sohnes erfahren hat und ihn sich geholt hat, wird ein Mordanschlag auf Old Surehand verübt. Nachdem der fehlgeschlagen ist, gibt es eine schöne Prügelei im Saloon. Schön gemacht, wenn Surehand einen nach dem anderen austeilt, Toby einen nach dem anderen einsteckt und der kleine Barkeeper mit seinem Hammer auf die Leute losgeht. Ben wird danach getötet und sein Plan gestohlen.
Old Surehand trifft nun auf Old Wabble. Dass ausgerechnet dieser Charakter eine dunkle Hintergrundgeschichte haben soll, ist vielleicht etwas merkwürdig, aber es stört auch nicht. Die Szene mit Wabble in der Höhle ist auf jeden Fall aber eine er besten Szenen des Films, die Unterredung sowie der versuchte Mord an Wabble.
Und nun, nach einer geschlagenen Dreiviertelstunde, kommt endlich derjenige zum ersten Mal vor, weswegen dieser Film überhaupt gedreht wurde. Da kommt einem sogar der Gedanke: „Ach, Winnetou kommt ja auch vor!“ Und das auch nur, um zu verkünden, dass er den General gesehen hat und wieder eine ganze Weile von der Bildfläche zu verschwinden.
Toby und Judith werden von Komantschen gefangen genommen und Surehand muss sie befreien. Gleichzeitig bekommt er von Häuptling Maki-Moteh ein Ultimatum gestellt. Die Szene überzeugt und die Befreiungsaktion kann sich durchaus sehen lassen, wenn sie auch keine übermäßig gute Szene ist.
Winnetou darf in seinem zweiten Auftritt gleich einfach den Aufenthaltsort des Generals hinausposaunen, aber woher er das eigentlich weiß, wissen wohl nur er und Manitou. Winnetou hat es gesagt, das muss reichen.
Toby wird weggeschickt und man reitet zur alten Poststation, dem Aufenthaltsort des Generals. Dieser hat aber Lunte gerochen und haut ab. Unsere Helden finden nur eine Frau vor, die ihnen Wein und zu Essen vorsetzt. Aber dieser Wein hat es ganz schön in sich und bringt ihnen beinahe den Tod. Dies ist wohl die beste und spannendste Szene des gesamten Films.
Toby wird vom General gefangen, dessen Identität erst jetzt ans Tageslicht kommt, aber schon durch die typische Schurkenstimme verraten wird. Toby wird an einen Stein gebunden und steckt unter einem Tropfstein, der ihn zu zermalmen droht. Winnetou befreit ihn gerade noch rechtzeitig, eine gute Szene vor allem deshalb, weil Winnetou hier mal alleine agieren darf, wo ihm sonst im Film nicht so viel Spielraum bleibt.
Nachdem Toby und Winnetou gehört haben, wie der General seine Tat gestanden hat, reitet Toby zu Surehand und kann ihm den eindeutigen Beweis für den Mord liefern: Er hat es gehört! Manch einer mag sich fragen, was für eine Stellung da ein richtig geschriebenes Geständnis haben mag.
Nun kann Old Surehand Maki-Moteh nicht seinen Sohn bringen und wird gebunden. Da kommt aber Winnetou als Retter in der Not und beweist den Komantschen, dass der General der wahre Bösewicht ist.
Nun kommt man zum Ende. Das Überrumpeln in der Schlucht ist kaum ein nennenswertes Finale und langweilt eher als dass es aufregt. Und der finale Kampf mit dem General im Labyrinth des Todes enttäuscht leider auch. Es gab bisher kaum eine öderes Finale in den May-Filmen.
Und dann gibt es nur noch reihum einen Abschied und dann hört der Film einfach auf. Ein Ende, das auf der ganzen Linie enttäuscht.
Schon in den vorherigen Filmen hatten sich Anzeichen des Absturzes gezeigt, aber die Filme waren trotzdem noch unterhaltsam. Jetzt aber brachen alle diese Anzeichen über diesem Film zusammen. An sich mag „Old Surehand“ kein überaus schlechter Film sein, da er einen tollen Hauptdarsteller und viele gute Kämpfe hat, ganz zu schweigen von dem unterhaltsamen Klamauk Wabbles. Aber ansonsten hat der Film wenig zu bieten. Eine lahme Story, dazu lauter Wiederholungen aus den Vorgängern und keine neuen Ideen senken den Film leider erheblich ab. Dazu kommt noch die wenige Screentime von Winnetou, dessen Auftritte zwar schön erhaben wirken, aber trotzdem ebenfalls wirken, als hätte man einfach schnell Winnetou hinzugefügt, um das Versprechen Horst Wendlandts wahr zu machen. Insgesamt machen seine Schwächen dem Film sehr zu schaffen, was auch die Zuschauerzahlen zeigten, und es sollte sich zeigen, dass die Ära der May-Filme, die nicht einmal lange währte, langsam aber sicher zu Ende ging.
Punkte: (5/10)
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)