Welcher Winnetou-Film ist der beste?

Der Schatz im Silbersee (Harald Reinl, 1962) (Keine Stimmen)
Winnetou I (Harald Reinl, 1963)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (29%)
Old Shatterhand (Hugo Fregonese, 1964) (Keine Stimmen)
Winnetou II (Harald Reinl, 1964)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (29%)
Unter Geiern (Alfred Vohrer, 1964)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (29%)
Der Ölprinz (Harald Philipp, 1965) (Keine Stimmen)
Winnetou III (Harald Reinl, 1965) (Keine Stimmen)
Old Surehand (Alfred Vohrer, 1965) (Keine Stimmen)
Winnetou und das Halbblut Apanatschi (Harald Philipp, 1966) (Keine Stimmen)
Winnetou und sein Freund Old Firehand (Alfred Vohrer, 1966) (Keine Stimmen)
Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten (Harald Reinl, 1968)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (14%)
Winnetous Rückkehr (Marijan David Vajda, 1998) (Keine Stimmen)
Winnetou – Eine neue Welt (Philipp Stölzl, 2016) (Keine Stimmen)
Winnetou – Das Geheimnis vom Silbersee (Philipp Stölzl, 2016) (Keine Stimmen)
Winnetou – Der letzte Kampf (Philipp Stölzl, 2016) (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 7

Re: Der Karl May Thread

391
Winnetou 3. Teil(1965)

Trotz massiger Proteste der Fans wurde nach dem Film „Der Ölprinz“, sobald man Lex Barker bekommen konnte, „Winnetou III“ gedreht, der Film, in dem Winnetou sterben sollte. Viele wollten nicht, dass Winnetou in die ewigen Jagdgründe eingeht, aber die Priduzenten waren nicht davon abzubringen, Winnetou wie in der Romanvorlage sterben zu lassen. Das traf vor allem bei radikalen Winnetou-Fans nicht auf Zustimmung, die sogar so weit gingen, Rollins-Darsteller Rik Battaglia, der Winnetous Filmmörder war, noch jahrelang zu beschimpfen und zu missachten. Der Film selbst wurde in drei Monaten gedreht. Ob sich der Zeitdruck schon bei diesem Film erkennen lässt?

Als Regisseur wurde diesmal wieder Harald Reinl gewählt, der schon die beiden ersten Teile der Trilogie gedreht hatte. Sein Talent, die tolle Landschaft Jugoslawiens aufzufangen und eine wild-romantische Stimmung zu erzeugen, kam auch hier wieder zum Ausdruck. Martin Böttcher lieferte hierfür noch seine wie immer stimmungsvolle Musik und die Stimmung der ersten beiden Winnetou-Teile war gegeben.

Man könnte vielleicht annehmen, dass dadurch, dass Winnetou sterben sollte, die Romanvorlage näher berücksichtigt wurde, allerdings ist vom Roman genauso wenig übrig geblieben, wie in den anderen Rialto-Filmen auch, nur die Tatsache, dass Winnetou stirbt, wurde übernommen. Die Story für diesen Film ist im Grunde auch so einfach wie simpel: Weiße Männer, die auf Profit aus sind, wollen Land und Öl teuer erhalten und verkaufen, wobei ihnen mal wieder die Indianer im Weg sind. Ein bisschen Abwechslung wird aber dadurch hineingebracht, dass es hier einmal keinen einzelnen Bösewicht mit seiner Bande gibt, sondern ganzes Syndiakt von Geschäftsleuten, die Gewinn machen wollen. Allerdings gibt es auch sonst wieder vieles, was man schon aus vergangenen Teilen kennt, was langsam, aber sicher etwas anödete, schon bei den Vorgängern war das zu spüren.

Neben Pierre Brice agierte diesmal wieder Lex Barker als Old Shatterhand, worüber sich niemand mehr gefreut haben dürfte als Brice, wo das Verhältnis zwischen ihm und Old Surehand-Darsteller Stewart Granger ein eher kühles war. Die beiden spielen ihre Rollen wie gewohnt schön, Winnetou hat in diesem Film auch einige Alleingänge, die es in den Filmen mit Granger nicht gegeben hat, wo er ohnehin etwas passiv war. Dazu kommt aus der Standard-Crew auch Ralf Wolter alias Sam Hakens, der auch selbst einige Dinge regeln darf und dessen Klamauk fats so gut amüsiert wie der von Heinz Erhardt. Rik Battaglia spielt seinen schurkischen Rollins tatkräftig und hassenswert, und kann sich neben den anderen Hochkarätern der Schurkenrollen bisher ohne Mühe behaupten, er ist ein „würdiger“ Mörder Winnetous, wenn man so will. Sophie Hardy als Tochter von Sam Hawkens ist recht nett anzusehen und liefert auch eine solide Darstellung, aber keine irgendwie nennenswerte. In den kleineren Rollen überzeugen noch Miahil Baloh als Steinbruch-sprengender Gomez, Carl Lange als entschlossener und friedensliebender Gouverneur sowie Aleksander Gavric als Henchman.

Winnetou bekommt es gleich am Anfang mit Gangstern zu tun, die verbotenerweise die Büffelherde angreifen und einen Büffel nach dem anderen erschießen. Sie werden zur Rede gestellt und werden frei, aber ohne ihre Waffen. Winnetous Rede wirkt wie immer erhaben und würdevoll. Nur einer dieser Männer, der an das Gute glaubt, darf seine Waffe mitnehmen. Später finden Winnetou und Old Shatterhand ihn tot auf.
Was gut im Film wirkt, ist die Tatsache, dass Reinl einigen Bezug zum ersten Teil der Trilogie herstellt, so treffen sich Winnetou und Old Shatterhand zum ersten Mal bei den Gräbern von Intschu-Tschuna und Nscho-Tschi, und nichts lag näher, als auch das Finale an dem schicksalhaften Nugget-Tsil-Gebirge spielen zu lassen.
Die beiden Blutsbrüder reiten nach Santa Fé, wo sie Unterstützung des Gouverneurs erhalten. Währenddessen schmiedet das bereits erwähnte Verbrechersyndikat eifrig Pläne, um Winnetou und Old Shatterhand umzubringen.
Das wird bei einem Steinbruch versucht, der gesprengt wird, um die beiden Blutsbrüder zu erschlagen. Wie sie Gomez täuschen, ist gut inszeniert.
Old Shatterhand reitet zurück in die Stadt, um denjenigen ausfindig zu machen, der sie töten wollte.
Da der Plan fehlgeschlagen ist, sie umzubringen, wird nun Rollins benachrichtigt, damit der Winnetou aufhält, der zu den Jicarillas geritten ist.
In Clinton befindet dieser sich gerade, wo auch Sam Hawkens ist, der jetzt schon begeistert, wie er die junge Ann vor dem Unterboss Kid rettet und dann ein Wettschießen mit Rollins macht. Grandios, die Szene macht einfach Spaß. Die Tatsache, dass Rollins ganz nahe am Herzen trifft, soll später noch böse in Erfüllung gehen.
Old Shatterhand ist auch nicht untätig und prügelt sich erst mit Gomez, dann mit der Bande im Stall, beides weiß gut zu gefallen.
Winnetou werden jetzt die ganze Zeit Fallen aufgestellt, wodurch die anfangs vielversprechende Handlung doch wieder in gewohntem Rahmen abfällt und sich alles nur auf die Hetzjagd nach Winnetou konzentriert. Hier folgt eine Actionszene nach der anderen, wie man das schon kennt. Die einzelnen Szenen, der Fallstrick, über den Winnetou fällt, der Kampf am Bärenfluss oder die Verfolgung beim Gebirge sind jedoch unterhaltsam inszeniert und erfreuen das Auge des Zuschauers. Auch erfreut es, dass Winnetou hier wirklich einmal mehrere Actionszenen für sich alleine hat, ohne dass selbst sein Blutsbruder auf seine Seite ist.
Erst am Ende stößt Old Shatterhand zu Winnetou und rettet ihn. Dann kommen sie zu den Jicarillas, wo sie Häuptling Weißer „Saufender“ Büffel schon erwartet. Es werden einige Reden gehalten und man denkt beinahe, es könnte etwas neues kommen in der Handlung.
Dieser Eindruck wird aber spätestens dann vertrieben, als Rollins in der nächsten Szene mit Winnetous Messer den Häuptlingssohn ersticht. Dieser Kniff der Handlung nutzte sich im Laufe der Filme ziemlich ab und ist schon hier ziemlich durchgekaut. Man fragt sich, ob es denn wirklich keine andere Lösung gibt, Häuptling Saufender Büffel gegen Winnetou aufzubringen.
Wie dem auch sei, es kommt, wie es kommen musste, Winnetou und Old Shatterhand werden an die Marterpfähle gebunden. Das hatte man bisher allerdings noch nicht und das überzeugt, ebenso wie die ausgefallene, jedoch auch recht klamaukige Rettung der beiden durch Sam Hawkens Feuerwerkskörper. Dieser überzeugt vorher auch nochmal in der Skalpier-Szene, wo auch nochmal Sams längst verlorene Kopfhaut zum Einsatz kommt. Ansonsten bewirkt die Szene gar nichts, außer dass Hawkens die Feuerwerkskörper erhält. Eigentlich macht die Szenen nicht einmal besonders viel Sinn, da die Idee, den Hass der Siedler gegen die Jicarillas zu schüren, ganz und gar nicht im Sinne der friedliebenden Helden ist.
Nachdem Old Shatterhand mit den Banditen nochmals gekämpft hat, Rollins im Hühnerstall gelandet ist und der Held an den Gouverneur von Santa Fé telegrafiert hat, geht es an die verfolgung des angeblichen Mörders Winnetou.
Nun bleibt die Handlung fast komplett auf der Strecke, da wieder nur eine Actionszene hinter der nächsten folgt, bei der die Banditen vom einem Fettnäpfchen in das nächste treten. Zwar unterhalten sowohl die Gruben, der Puebloangriff oder die große Floßszene mit dem Ölbrand, aber es ist dennoch offensichtlich, dass alles nur noch auf das Finale hinsteuert, das Winnetou in die ewigen Jagdgründe führen soll.
Dieses ist dann sogar überraschend kurz. Natürlich findet das Finale am Nugget-Tsil statt, wo schon Winnetous Vater und Schwester umgekommen sind. Die Schießerei mit den Soldaten ist recht nett anzusehen, wenn auch kein großer Meilenstein, aber das muss sie auch nicht sein. Winnetou wird getroffen, indem er sich vor seinen Blutsbruder wirft, einen besseren Abgang für ihn kann man sich nicht wünschen.
Rollins wird bestraft, indem er an Seilen gezogen von Speeren aufgespießt wird. Das ist perfekt inszeniert und erreicht noch eine größere Befriedigung durch die panischen „Nein!“-Schreie von Rollins.
Nun kommt noch der letzte Akt. Dieser Film ist auch einer der wenigen May-Filme, die nach dem Showdown nicht einfach schnell aufhören, sondern dann noch etwas folgen lassen. Das geht ja auch kaum, bei so einem Ereignis. Winnetous Tod ist mit Sicherheit der emotionalste Moment des gesamten Franchises. Die Rückblenden erzeugen eine schöne Stimmung und erinnern noch einmal an all die vorherigen (Shatterhand-)Abenteuer mit Winnetou. Wie Winnetou immer wieder aufwacht und wieder ohnmächtig wird und in seiner letzten Rede in den Armen seines Blutsbruders seine Seele aushaucht ist Emotionalität pur. Und wenn dann auch noch währenddessen Martin Böttchers Musik erklingt, kennen die Tränendrüsen kein Halten mehr. Winnetous Tod ist die wohl gelungenste Szene Reinls gesamter May-Laufbahn.

Der letzte Teil der Trilogie überzeugt mit Action, tollen Darstellern und einem emotionalen Höhepunkt hoch drei, hat aber auch einige Schwächen, vor allem inhaltlich. Schon in den Vorgängern ließen sich leise Zeichen der Überproduktion an Filme erkennen, was auch bei diesem Film der Fall ist. Jedoch sollten sich alle diese Zeichen erst mit geballter Kraft im Nachfolger „Old Surehand“ zeigen. Zu „Winnetou III“ bleibt nur zu sagen, dass der letzte große Erfolg Wendltands, der auch der letzte May-Film war, der die „goldene Leinwand“ für den kommerziell erfolgreichsten Film verliehen bekam, ein würdiger Abschluss der guten Trilogie ist, der immer noch für gute Unterhaltung sorgt.

Punkte: (8/10)
Zuletzt geändert von 00T am 20. April 2015 18:43, insgesamt 1-mal geändert.
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)

Re: Der Karl May Thread

392
00T hat geschrieben:(...) wie der Die Tatsache, dass Rollins ganz nahe am Herzen trifft, soll später noch böse in Erfüllung gehen.
Sehr gut beobachtet! Den Zusammenhang hab ich in all den Jahren noch nie bemerkt, aber jetzt wo du es schreibst macht das absolut Sinn!
00T hat geschrieben:Dann kommen sie zu den Jicarillas, wo sie Häuptling Weißer „Saufender“ Büffel schon erwartet.
Da muss ich auch immer schmunzeln, wie der Büffel da mit ordentlich Schmackes laufend die Pulle ansetzt, wahrlich eher ein Saufender denn ein Weißer Büffel :lol:
00T hat geschrieben:Dieser Eindruck wird aber spätestens dann vertrieben, als Rollins in der nächsten Szene mit Winnetous Messer den Häuptlingssohn ersticht. Dieser Kniff der Handlung nutzte sich im Laufe der Filme ziemlich ab und ist schon hier ziemlich durchgekaut.
Abgesehen davon, dass man ja genau die gleiche Situation im direkten Vorgänger schon hatte frage ich mich da immer, ob tatsächlich alle Indianer genau Buchführen über die Eigenheiten jedes Messers und ihrer Besitzer. Vermutlich ist Winnetous Messer so ne Art Signatur-Waffe mit Autogramm auf dem Schaft und Namenszug in leuchtenden Lettern auf der Klinge. Der Büffel erkennt es jedenfalls auf den ersten Blick - warum auch immer :lol:
00T hat geschrieben:Wie dem auch sei, es kommt, wie es kommen musste, Winnetou und Old Shatterhand werden an die Marterpfähle gebunden. Das hatte man bisher allerdings noch nicht und das überzeugt
Die Szene finde ich eher zu kurz für eine echte Marter, nochdazu da man den Stammeskindergarten mit ihren Spielzeug-Pfeil&Bogen auf die Blutsbrüder loslässt. Da hätte es ruhig etwas länger und derber "martern" dürfen bevor Sam eingreift (die Nummer mit dem Feuerwerk finde ich sehr drollig und gelungen, erinnert mich immer ein bisschen an Tim und Struppi & der Sonnentempel. :D
00T hat geschrieben:Dieser überzeugt vorher auch nochmal in der Skalpier-Szene, wo auch nochmal Sams längst verlorene Kopfhaut zum Einsatz kommt. Ansonsten bewirkt die Szene gar nichts, außer dass Hawkens die Feuerwerkskörper erhält. Eigentlich macht die Szenen nicht einmal besonders viel Sinn, da die Idee, den Hass der Siedler gegen die Jicarillas zu schüren, ganz und gar nicht im Sinne der friedliebenden Helden ist.
Sinn macht es zumindest in sofern, dass die Siedler deshalb gegen die Schickeria aufgebracht werden sollen, damit sie Rollins und damit dem Kartell nicht ihr schwerverdientes Geld in den Rachen werfen, für dass die Ganoven u.U. wieder Waffen an die Schickeria schicken. Aber da das im Rahmen der Handlung nie wirklich thematisiert wird spielt es eigentlich auch keine Rolle. Die Szene dient letztlich wirklich nur als Mittel zum Zweck, damit Sam die Feuerwerkskörper bekommt.
00T hat geschrieben:Zu „Winnetou III“ bleibt nur zu sagen, dass der letzte große Erfolg Wendltands, der auch der letzte May-Film war, der die „goldene Leinwand“ für den kommerziell erfolgreichsten Film verliehen bekam, ein würdiger Abschluss der guten Trilogie ist
Du meinst der letzte große Erfolg Wendlandts innerhalb der Karl May-Reihe, oder? Weil darüber hinaus hat der gute Horst als Verleiher und Produzent danach ja noch diverse Hits landen können, der größte war sicherlich Otto-Der Film.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Karl May Thread

393
AnatolGogol hat geschrieben:
00T hat geschrieben:(...) wie der Die Tatsache, dass Rollins ganz nahe am Herzen trifft, soll später noch böse in Erfüllung gehen.
Sehr gut beobachtet! Den Zusammenhang hab ich in all den Jahren noch nie bemerkt, aber jetzt wo du es schreibst macht das absolut Sinn!
Das ist mir auch viele Jahre nicht aufgefallen, aber irgendwann habe ich mir gedacht: "Augenblick mal!" und seitdem hängt das für mich immer damit zusammen.
AnatolGogol hat geschrieben:Da muss ich auch immer schmunzeln, wie der Büffel da mit ordentlich Schmackes laufend die Pulle ansetzt, wahrlich eher ein Saufender denn ein Weißer Büffel :lol:
Man könnte ihn theoretisch auch, wenn wir bei Farben bleiben, "Blauer Büffel" nennen, oder? :lol:
AnatolGogol hat geschrieben:Vermutlich ist Winnetous Messer so ne Art Signatur-Waffe mit Autogramm auf dem Schaft und Namenszug in leuchtenden Lettern auf der Klinge. Der Büffel erkennt es jedenfalls auf den ersten Blick - warum auch immer :lol:
Ach, Winnetous Messer hat bestimmt irgendeinen bestimmten Federschmuck am Griff. Vielleicht hat den ja jedes Messer eines Häuptlings und dieser Schmuck ist bei jedem Indianer bestens bekannt. Eigentlich kann man sich eher fragen, wie der Büffel überhaupt noch etwas erkennen kann, bei dem Alkoholkonsum. :D
AnatolGogol hat geschrieben:
00T hat geschrieben:Wie dem auch sei, es kommt, wie es kommen musste, Winnetou und Old Shatterhand werden an die Marterpfähle gebunden. Das hatte man bisher allerdings noch nicht und das überzeugt
Die Szene finde ich eher zu kurz für eine echte Marter, nochdazu da man den Stammeskindergarten mit ihren Spielzeug-Pfeil&Bogen auf die Blutsbrüder loslässt. Da hätte es ruhig etwas länger und derber "martern" dürfen
Stimmt, für eine richtige Marter ist es zu kurz, aber eine richtige grausame Marter wie bei Karl May beschrieben, konnte man bei der Altersfreigabe nicht einbauen und die Titelhelden durften ja keine bleibenden Schäden erhalten, das kam erst am Ende mit Winnetou.
AnatolGogol hat geschrieben:
00T hat geschrieben:Zu „Winnetou III“ bleibt nur zu sagen, dass der letzte große Erfolg Wendltands, der auch der letzte May-Film war, der die „goldene Leinwand“ für den kommerziell erfolgreichsten Film verliehen bekam, ein würdiger Abschluss der guten Trilogie ist
Du meinst der letzte große Erfolg Wendlandts innerhalb der Karl May-Reihe, oder?
Ja, das meine ich natürlich. Wendtland hatte natürlich noch viele andere Erfolge, nur war das halt sein letzter Erfolg mit Karl May - zurecht.
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)

Re: Der Karl May Thread

396
vodkamartini hat geschrieben: (…)reichte Philipp in beiden Fällen nicht an die Vorbilder heran und versäumte es zudem, den May-Kosmos um eine neue, persönliche Note zu bereichern.


Ich würde auch nicht so weit gehen und Philipps Arbeit beim Ölprinz (wie seinen Arbeiten generell) eine eigene Handschrift zugestehen. Aber zumindest würde ich schon sagen, dass Der Ölprinz durch seine konsequente und durchgängig humorvoll-heitere Auslegung die May-Serie um eine neue Facette bereichert. Klar, Humor gab es in allen Filmen, allerdings war dies bei den sich weitgehend ernst nehmenden Reinls zumeist espisodenhafte Auflockerung und in den zwar ironischen, aber auch deutlich härter und zynischer angelegten Vohrers war der Grundton der Filme bei weitem nicht so heiter und der Humor nicht so durchgängig. Von daher nimmt Der Ölprinz für mich schon eine Sonderstellung innerhalb der Serie ein, auch sicherlich wegen Philipp. Wie siehst du das?
vodkamartini hat geschrieben: Alles ist also eine Nummer kleiner geraten und damit entweder Sinnbild für Wendlandts schwindendes Vertrauen in den ganz großen Erfolg, oder in seine Absicht das Maximum an Gewinn heraus zu quetschen.


Das stimmt, zumal hier die Tatsache, dass die Preise die Jadran für ihre Leistungen aufrief immer gesalzener wurden auch eine entscheidende Rolle spielte. Teurer durften die Filme nicht werden, da der Zuschauerzuspruch erkennbar nachliess, also musste an der Produktionswert-Schraube gedreht werden.
vodkamartini hat geschrieben:Stunt Director Allan Pinson hat bei dieser Sequenz ganze Arbeit geleistet und im Verbund mit einheimischen Flößern einen rasanten Schauwert geliefert. Aufgrund
Ja, die Stuntarbeit ist hier wirklich sehr gelungen. Aber empfindest du die Tatsache, dass die Szene erkennbar an mehreren unterschiedlichen Locations gedreht wurde nicht auch als problematisch? Gehen bei dir die romantischen Krka-Trassen als „Little Niagara“ durch? Im Nachfolgefilm Winnetou 3. Teil paddelt der Titelheld dann mühelos am Rande des Falls rum und lugt zu den unten wartenden Schurken – ohne auch nur irgendwie in Gefahr zu geraten vom Wasser heruntergezogen zu werden. Ähnliche Szenen gab es ja auch bereits in den Vorgängern und auch wenn beim Ölprinz aufgrund des früheren Drehzeitpunkts etwas mehr Wasser die Trassen durchflutet, so ist es dann doch ein vergleichsweise langsam fliessendes Gewässer, bei dem man problemlos das rettende Ufer erreichen könnte. Überhaupt ist der Zusammenschnitt der Szene was die Geschwindkeit des Wassers angeht sehr nachlässig, mal fliesst es reissend gefährlich, in der nächsten Einstellung plätschert es dann langsam vor sich hin, dann wieder etwas schneller – alles im direkten Wechsel, das macht die Szene für mich trotz ihrer gelungenen Stuntleistung schon etwas problematisch.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Mayrathon - VII

398
Winnetou III

Eine Büffelstampede wird von arglosen Banditen durch den Westen gehetzt. Sie werden gefangen genommen von den edlen Mescaleros Apachen und müssten eigentlich nach den Gesetzen Manitus am Marterpfahl ihr Leben aushauchen. Doch Häuptling Winnetou entscheidet sich dagegen. Obwohl nur einer der Männer Reue zeigt und um Vergebung bittet, lässt Winnetou alle Banditen von Dannen ziehen, nicht jedoch, ohne den einzigen rechtschaffenen Mann unter ihnen vor der Habsucht und Gier der anderen zu warnen. Kurz darauf sieht Winnetou ihn wieder, doch da ist der Fremde bereits von seinen Kameraden ermordert worden. Gestorben, weil er an das Gute glaubte. Ein tragisches Schicksal, doch eines kann Winnetou zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Dass er diesen Mann bald wiedersehen wird. Und seine Mörder (Regisseur Harald Reinl und Produzent Horst Wendlandt) ziehen für eine Abschiedsvorstellung Winnetous noch einmal alle Register. Und auch wenn dabei nicht alles glatt geht, so können sie ihr Ziel doch voll erfüllen.

So einiges stimmt in "Winnetou III" nicht und vieles resultiert aus den zu häufigen Wiederholungen der Vorgänger und einer nicht ganz ausgereiften Geschichte. Wenn es mal wieder darum geht, ein paar Siedler zu betrügen und Indianern ihr Land zu klauen, ist das im siebten Teil der Karl-May-Western bereits so ausgelutscht, dass man nur noch ein Achselzucken dafür parat hat. Zumal die Schurken dieses Mal so wenig präsent sind, wie selten zuvor. Veljko Maricic spielt den Drahtzieher, der nur auf persönlichen Profit aus ist, zwar nicht verkehrt, hat aber kaum Szenen und wird irgendwann auch einfach vergessen, sowie "Unter Geiern" - Schurke Mihail Baloh als Gomez ebenfalls nur kurz auftritt. Den Part des eigentlichen Bösewichtes spielt Rik Battaglia, der mit seinem schurkischen Charme zwar ein wenig an Mario Adorf aus "Winnetou I" erinnert und sich gekonnt hassenswert vor der Kamera präsentiert, aber inhaltlich nur ein Mittel zum Zweck ist und den ganzen Film über zu oft scheitert, als das er als ernsthafte Bedrohung auftauchen könnte. Die wirklichen bösen sind in diesem Fall mehr ein Kollektiv, statt das der Hass des Zuschauers auf eine Rolle fokussiert ist, was zwar funktioniert, aber weniger Spaß macht, als mit einem richtigen Oberhaupt.

Doch vieles ist auch gut gemacht. Die erste Hälfte von "Winnetou III" ist kaum zu übertreffen. Reinl leitet seine (tragische) Handlung stimmungsvoll ein, erinnert sogar kurz an die Vorgänger und lässt die wie immer grandiosen Lex Barker und Pierre Brice in Santa Fe auf ungewohnte Umgebung treffen. Richtig spannend gestaltet sich die Handlung, als Battaglias Rollins beauftragt wird, Winnetou zu töten und sich daraufhin über eine halbe Stunde lang eine Actionszene an die andere reiht, in der Brice physisch mehr als gefordert wird und den Tod immer wieder nur knapp von der Klippe springt. Der Aufwand ist bewundernswert und das Tempo hoch und so fällt auch gar nicht auf, dass die Frauenrolle von Sophie Hardy und ihre Interaktionen mit Sam Hawkins (alias Ralf Wolter) für den Film völlig nebensächlich sind. Man fiebert wirklich mit und sieht Winnetou mehr als einmal bereits in die ewigen Jagdgründe aufsteigen. Intelligent von Reinl, Shatterhand in diesem Film lange von seinem Blutsbruder zu trennen und Winnetou den Kampf wirklich alleine antreten zu lassen, auch wenn Shatterhand natürlich trotzdem ein paar schöne Faustkämpfe spendiert bekommt. Dass der Häuptling der Apachen sogar dann später noch seinen eigenen Tod ankündigt, macht alles noch spannender und man ist voll im Geschehen gefangen. Überhaupt ist es sehr gut gelungen, wie Reinl eine Art des Foreshadowings betreibt und immer wieder andeutet, wohin die Reise gehen wird, selbst, wenn der Zuschauer dies lange Zeit genau wie Shatterhand nicht wahrhaben will.

Rausreißen tut einen Reinl dann jedoch mit den unnötigen Indianer-Szenen und die bereits im Vorgänger "Ölprinz" gesehene Ermordung des Häuptlingssohnes. Dass Winnetou und Shatterhand aus der Affäre viel zu einfach herauskommen, ist dramaturgisch fatal. Und das die zweite Hälfte dann nur noch vom ständigen Scheitern der Gangster handelt und dabei eigentlich inhaltlich gar nicht mehr vorankommt, schluckt man als Zuschauer ebenfalls nicht leicht. Es fehlt am Schwung und Martin Böttcher versucht mit seiner Musik einiges zu retten, schafft dies aber nicht immer. Zu offensichtlich sagen die Bilder, dass die Autoren und Reinl den Film um mindestens zwanzig Minuten strecken wollten, ohne dabei bedacht zu haben, dass sie unterwegs den Zuschauer verlieren könnten. Ein wenig an "Der Schatz im Silbersee" fühlt man sich dabei erinnert und zu mäandernd ist der Aufbau. Zumal ohnehin alles nur auf einen großen Moment hinführen soll, der jedoch derart beängstigend ist, dass doch ein gewisser Druck auf den Szenen liegte. Ohnehin ist das alles plötzlich vergessen, als die Blutsbrüder am Nugget-Tsil ("wo alles begann") eintreffen und ihren letzten Kampf gegen Rollins wagen. Der Showdown mag viel zu kurz sein, der Ausgang noch so vorhersehbar, wem bei den letzten perfekt inszenierten Szenen nicht die Tränen kommen, verdient es auch nicht, sich Fan der Karl-May-Western zu nennen. Es ist ein Gänsehaut-Moment und einer, der sich jedem Kind, welches diese Filme sah, auf ewig eingebrannt hat. Und das mehr als zurecht.

Fazit: "Winnetou III" ist weder das Highlight der Reihe noch der beste Film von Harald Reinl. Es ist auch kein besonders herausragender Western. Vermutlich nicht mal ein sonderlich bemerkenswerter Film. Dafür herrscht zu viel Leerlauf in vielen Passagen, dafür hat das Drehbuch zu wenige Ideen und das, obwohl so vieles am Film wirklich Spaß macht. Doch "Winnetou III" ist ein besonderer Film für jeden, der als Kind die Karl-May-Filme genießen durfte. Es ist sicher sehr sentimental, wie alles endet und ohne Zweifel kitschig, doch weckt auch Sehnsüchte und stellt ein würdiges (nicht endgültiges) Ende für ein Kindheitsidol einer vergangenen Generation dar. Danke Karl May! Danke Harald Reinl! Danke Horst Wendlandt! Danke Pierre Brice! Danke Lex Barker! Danke Winnetou!

7,5/10
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Karl May Thread

399
Casino Hille hat geschrieben:(...) und ihre Interaktionen mit Sam Hawkins (alias Ralf Wolter) für den Film völlig nebensächlich sind.
Sorry für die Klugescheisserei, aber ich denke gerade in diesem Thread sollte auch mal darauf hingewiesen werden, dass der gute Mann Hawkens heisst und nicht Hawkins. :wink:
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

MAYRATHON - Teil VIII

402
Winnetou ist tot – es lebe Winnetou! Entsprechend darf unsere beliebte Rothaut auch im achten Teil unseres MAYRATHONS über die Prärie reiten, als ob nix gewesen wäre: Gewaltige Abenteuer mit dem besten Schützen des Wilden Westens und unserem Winnetou; Gewalt erzeugt Gewalt; eine romantische Geschichte, ein Karl May-Film, der alle Wünsche erfüllt; Old Wabble und Old Surehand sind groß in Form; Old Surehand ist wirklich der Größte und wenn jemand Damenbedienung bevorzugt: bitte, hier wird jeder Wunsch erfüllt; Höhepunkte ohne Beispiel bringt dieser einmalige Film.

Teil VIII: Old Surehand 1. Teil - Keine Sorgen – Old Surehand greift ein und Winnetou ist auf dem Posten

"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: MAYRATHON - Teil VIII

403
Old Surehand 1.Teil (1965) – Alfred Vohrer

Die Symptome des Niedergangs waren bereits in den vorangegangenen Filmen erkennbar gewesen, spielten jedoch angesichts eines immer noch ansprechenden Gesamtpakets letztlich nur eine untergeordnete Rolle. In der dritten Rialto-Karl May-Produktion des Jahres 1965 treten sie nun endgültig in den Vordergrund und wirken sich erstmalig wirklich negativ auf den fertigen Film aus. Old Surehand 1.Teil – der Titel ist Ausdruck des zum Entstehungszeitpunkts noch ungebrochenen Glaubens der Macher an weitere Abenteuer mit dem von Stewart Granger verkörperten Westamann – ist nicht nur „neuer Wein in alten Schläuchen“ (da man viele Aspekte und Inhalte der Vorgänger schamlos abkupferte und wiederverwendete), nein, man versuchte sich bei dem Film zudem an einer veränderten Rezeptur des „Weins“, was die Unausgegorenheit der Produktion leider nur noch mehr verstärkt.

Dabei ist Old Surehand nüchtern betrachtet eigentlich eine konsequente Weiterentwicklung der Linie des zum größten Teil positiv aufgenommenen ersten Vohrer-Mays Unter Geiern. Man gibt sich bewusst härter und zynischer als in den Reinlschen Serienbeiträgen, man verzichtet weitgehend auf romantische-märchenhafte Verklärung und schwelgerische Heimatfilm-Anleihen und setzt stattdessen auf handfeste, rauere Action. All diese Parameter, die in Unter Geiern durch eine weitgehend abwechslungsreiche und zumindest noch halbwegs eigenständige Handlung gut funktioniert hatten machen in Old Surehand angesichts eines einfallslos zuschammengeschusterten Drehbuch nur noch wenig Spass, zumal der zunehmende Härtegrad im Gesamtkontext der Karl May-Filme nicht wirklich angemessen erscheint. Das Kardinalsproblem ist aber das weitgehend missratene Drehbuch, welches in großen Teilen nichts anderes ist als eine Verwurstung der Ideen aus den Vorgängern. Böse Banditen sind scharf auf Indianerland und zetteln einen Konflikt zwischen Rot und Weiss an. Ein Häuptlingssohn wird getötet, Waffen an die Indianer geliefert, es droht ein Krieg, den Surehand und Winnetou im Wettlauf gegen die Zeit nur dann verhindern können, wenn sie den wahren Täter entlarven. Ein bisschen Schatzsuche gibt es obendrein auch noch und einen Schurken mit militärischem Pseudo-Titel. Kommt bekannt vor? Sollte es auch, denn nie zuvor innerhalb der Serie wurde so schamlos aus bereits bestehenden Filmen (die sich ihrerseits ja bereits gütlich an ihren Vorgängern bedient hatten) stibitzt wie hier.

Dabei wäre der erschütternd einfallslose Plot noch nicht einmal so tragisch, wenn es Vohrer wenigstens gelingen würde die daraus entstehenden Sequenzen ähnlich straff und ansprechend zu inszenieren wie in seinem Karl May-Erstling. Doch auch dies ist leider nicht der Fall oder zumindest nur in wenigen Teilen, zumeist begnügt sich seine Regie mit einer wenig aufregenden Routinevorstellung. Alles ist kompetent umgesetzt, aber wirkt gleichzeitig auch uninspiriert und wie eine beliebige Auftragsarbeit. Vohrers komplette Abkehr von Reinls schwelgerischer Landschaftseinbindungen mag einem gefallen oder auch nicht, auffallend ist diesbezüglich in Old Surehand aber, wie karg und monoton die ausgewählten Landschaften ausfallen und das trotz der Vielzahl an verwendeten Schauplätzen. Der komplette Gegenentwurf zum Reinlschen „Grünen Westen“ in Form von rauen Gerölllandschaften liest sich in Papierform besser als er im fertigen Film zur Geltung kommt, denn das Problem daran ist, dass die meisten Szenerien eher nach billigem Steinbruch ausschauen denn nach staubiger Westernlandschaft a la Italowestern. Entsprechend folgt eine Geröllhalde auf die nächste, an sich interessante Schauplätze wie der Höhleneingang zum „Labyrinth des Todes“ werden durch die gleichbleibende Monotonie der Landschaften entwertet.

Hinzu kommt, dass Vohrer die Landschaft mit wenig Gespür für Stimmung regelrecht „ausbeutet“, bestes Beispiel hierfür ist das Treffen zwischen Surehand und Winnetou, dass er vor dem bekannten Hintergund der Zrmanja-Schlucht ablichten lies. Das spektakuläre Motiv sieht zwar durchaus wirklich gut aus, allerdings muss man sich schon verwundert fragen, warum er ausgerechnet eine Landschaft mit solch einem hohen Wiedererkennungswert (Apachenpueblo!) für eine vergleichsweise bedeutungslose Szene ausgewählt hat, bei dem eigentlich jedem Kenner der Filme mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen aufgehen müssen (wo ist das Pueblo?). Die Wirkung ist entsprechend trotz des an sich tollen Motivs dahin und letztlich ist auch dieser Moment nur ein weiteres der vielen Deja-vus. Leider sind auch die Sets erkennbar weniger aufwändig und gelungen als in den Vorgängern, ein paar einsame Hütten, die altbekannte Westernstadt und eine im Vergleich zu den Adelsberger Tropfsteinhöhlen in W2 recht armselige Grotte verstärken den Eindruck, dass hier alles ein paar Nummern kleiner ist.

Ebenfalls seinen Anteil an der ermüdenden Wirkung des Film trägt die klischeehafte Besetzung bei, die sich aus diversen alten Bekannten rekrutiert. Medar gibt mal wieder den bärtigen Kauz (und das hier so aufdringlich wie nie zuvor), Girotti zum gefühlt hundertsten Mal seinen „Old Steif“ (absolut köstlich, wenn er mit seinen begrenzten darstellerischen und mimischen Mitteln einen auf entrüstet macht: „Judith!“ :lol: ). Antonijevic ist wie bereits im direkten Vorgänger (!!!) Winnetou 3. Teil wieder als Häuptling im Einsatz und Sime Jagarinac spielt zum gefühlt tausendsten mal den jungen Indianer. Die bestens bekannten Gesichter der Kaskadeure runden das Bild der einfallslosen Standardbesetzung ab. Darüber hinaus findet sich auf Darstellerseite leider auch nur wenig, was Anlass zur Freude gäbe. Granger spielt seinen Surehand routiniert und gewohnt ironisch, aber angesichts der lahmen Dramaturgie kann auch er nicht wirklich glänzen. Spass machen nach wie vor seine diversen Szenen mit Milan Srdoc, die beiden passen einfach hervorragend zusammen und man merkt Granger in den gemeinsamen Szenen auch förmlich den Spielspass an. Ein erfreulicher Neuzugang im Karl May-Ensemble ist Wolfgang Lukschy als aufrechter Friedensrichter, der es trotz seiner begrenzten Screentime versteht einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen – schade, dass man ihn nicht noch mehr eingebunden hat (z.B. als Schurke). Der Rest der Neuzugänge bleibt leider durch die Bank blass, sei es Letitia Roman als möchtegern-burschikoses Surehand-Groupie, Erik Schumann als langweiliger Kavallerieoffizier und vor allem Larry Pennell als konturloser Standardschurke (natürlich mit obligatorischem Errol Flynn-Bärtchen und Rainer Brandt-Synchro). Gerade mit einem prägnanten und charismatischen Schurken hätte man noch etwas reissen können, doch wie soll ein Oberbösewicht funktionieren, den noch nicht einmal seine eigenen Männer ernst nehmen?

Dass der Film dann letztlich doch nicht ganz durchfällt verdankt er in erster Linie seinen routinierten Actionszenen. Hier kann Vohrer dann zumindest noch ein Highlight setzen – dummerweise verballert er diese Szene aber bereits am Anfang des Films. Der Überfall auf die Eisenbahn ist durchaus spektakulär in Szene gesetzt und hier kann Vohrer auch sein geübtes Auge für gute Einstellungen unter Beweis stellen (etwa wenn die Lok direkt über die Kamera drüber fährt). Aber wie gesagt: die Szene kam eigentlich deutlich zu früh, da alles danach dieses Niveau nicht mehr erreicht. Zumal die verbleibende Action sich ausschliesslich aus Prügeleien und Knallereien zusammensetzt, großangelegte Einlagen sucht man vergebens (eine kleine Ausnahme bildet der Überfall der Komantschen auf die MacHara-Farm – und auch diese findet bereits in der ersten Viertelstunde statt).

An sich eine nette Idee, die den Prequel-Charakter des Films unterstreicht ist die Geschichte um den Mord an Surehands Bruder und die damit verbundene Einführung von Old Wabble. Nur funktioniert die tragische Hintergrundgeschichte von Wabble angesichts seines bekannten Witzfigur-Charakters nur bedingt und zudem ist die Vermengung von Brudermörder und Oberbösewicht in Person des „Generals“ auch eine arg konstruierte Idee. Zumal die Spuren, die Surehand auf die Fährte des Mörders bringen mehr als an den Haaren herbeigezogen sind, besonders wenn die Informationen in Form von Winnetou urplötzlich aus dem Nichts verkündet werden.

A propos Winnetou: die „Integration“ des beliebten Apachenhäuptlings in den Film ist so holprig und unglücklich sowie seine Screentime so kurz, dass man eigentlich nur zu dem Schluss kommen kann, dass man besser auf ihn verzichtet hätte (was aber natürlich nicht ging aufgrund seiner Popularität und des zwingend erforderlichen Beweises, dass Winnetou von den Toten auferstanden ist). So taucht er erstmals nach einer geschlagenen Dreiviertel Stunde urplötzlich auf, taucht dann wieder ab nur um dann und wann als rettender Schutzengel einzugreifen. Aufgrund seiner überhöhten Stilisierung (in seinen meisten Szenen steht er auf einem Berg weit über dem Rest der Besetzung) könnte man fast den Verdacht haben, bei diesem Winnetou handle es sich tatsächlich um einen Geist, der mal kurz aus den ewigen Jagdgründen zurückgekehrt ist um „auf dem Posten zu sein“ (wie es die Werbung so schön verkündete).

Wenig geglückt ist leider auch das Finale des Films, nach einem kurzen und wenig aufregenden Kampf zwischen Bandidten und Soldaten kulminiert die Handlung im „Labyrinth des Todes“ in dem Duell General gegen Surehand – unterbrochen von einigen tollpatschigen Clownereien von Wabble, wodurch das letzte bisschen an Spannung gebrochen wird. Doch auch ohne Wabbles Eingriff wäre das „Duell“ öde und langweilig, eines der schwächsten Finals der ganzen Serie. Getoppt wird das Ganz noch dadurch, dass der Film danach fast umgehend aufhört, es folgt lediglich noch das obligatorische Davongereite der beiden Olds – ein weiterer Tiefpunkt in der ja ohnehin an schwachen Enden reichhaltigen Serie und ein weiterer Beleg, mit welch einfallslosem Standard man sich mittlerweile zufrieden gab.

Mit Old Surehand 1.Teil zeigt sich die Abwärtstendenz der Serie erstmals in voller Breite, wobei man fairerweise sagen muss, dass das Werk kein schlechter Film ist, denn dafür ist er handwerklich zu routiniert. Zudem sorgen die ordentlichen Actionszenen (vor allem der spektakuläre Zugüberfall) und diverse heitere Momente mit Surehand und Wabble für zumindest ansatzweise so etwas wie gute Unterhaltung. Leider sind die ideenlose Geschichte, die weitgehend uninspirierte Regie und die Vielzahl an Wiederholungen in Summe eine zu schwere Bürde, als dass der Film sein Publikum wirklich dauerhaft bei der Stange halten könnte. Die veränderte Marschrichtung mit mehr Härte und Zynismus und weniger märchenhafter Wildromantik funktioniert nicht wirklich, zumal man dennoch mit aller Gewalt versucht etablierte Stilistiken und Inhalte in dieses modifizierte Konzept hineinzupressen. Gerade anhand der Figur Winnetou wird überdeutlich, wie wenig in sich konsistent diese Mixtur ist und wie unglücklich deren Umsetzung. Was bleibt ist ein unterdurchschnittlicher Film, einer unter tausenden von ähnlich simpel und einfallslos gestrickten B-Western aus amerikanischer Massenproduktion – womit Regisseur Freddie Vohrer seinen Hollywood-Vorbildern zumindest in gewisser Weise das Wasser reichen konnte.

Wertung: 5 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Karl May Thread

404
Sehr gut geschriebene Kritik! Für eine eigene Meinung zum Film müsste ich mir den Streifen aber nochmal anschauen, was aber mangels einer DVD in nächster Zeit nicht möglich ist. ;-)
#London2024

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Mayrathon - VIII

405
Da ziehe ich dann mal fix nach. :)

Old Surehand

Er war tot. Und eine ganze Nation von Kinozuschauern trauerte um ihren großen Helden der Karl-May-Western: Apachenhäuptling Winnetou hatte in "Winnetou III" sein Ende gefunden. Doch damit war die Filmreihe noch lange nicht beendet. Direkt nach dem die Dreharbeiten zu "Winnetou III" abgeschlossen waren, begann man in Jugoslawien bereits mit den Dreharbeiten zu "Old Surehand", der nicht nur als Prequel vor den vorherigen Surehand-Abenteuern "Unter Geiern" und "Der Ölprinz" spielte, sondern zugleich der Auftakt einer ganzen Surehand-Trilogie werden sollte. Für die Regie engagierte man Alfred Vohrer, der bereits mit der Geier-Verfilmung gezeigt hatte, dass er ein Händchen für spannende Wildwest-Geschichten hatte. Doch vielen Fans war eigentlich nur eines wichtig: Endlich wieder Winnetou auf der großen Leinwand erblicken zu können.

Doch ausgerechnet der macht sich rar in Vohrers Mayschem Märchen. Stewart Granger, der hier zum dritten und letzten Mal als Old Surehand eine hervorragende Darbietung eines eigensinnigen selbstironischen Vorzeigeschützen gibt, war bereits bei den Dreharbeiten zu den beiden Vorgängern häufig mit Winnetou-Darsteller Pierre Brice aneinander geraten und schrieb nun eigenhändig die Texte und das Drehbuch um, um so alleine im Fokus der Geschichte zu stehen. Gut getan hat das dem Film nur bedingt, denn grade die wenigen Szenen Winnetous sind zwar imposant und der Figur angemessen gemacht, doch wirken etwas losgelöst von der eigentlichen Handlung und fühlen sich mehr wie eine Pflichtaufgabe an, weniger wie ein organisches Plotelement. Die Handlung selbst ist leider auch so alles andere als originell. Zwar gibt es gleich zwei verschiedene Handlungsstränge, die (wenig überraschend) am Ende zusammenlaufen, doch weder die Suche Surehands nach dem Mörder seines Bruders noch der Versuch des von Larry Pennell gespielten Generals, die kriegerischen Komantschen durch eine Intrige gegen die weißen Dorfbewohner anzustacheln, um so seinem Waffenmarkt die Nachfrage zu bieten, können einen sonderlich vom Hocker hauen. Beides hat man leider, teilweise sogar innerhalb dieser Filmreihe, schon zu oft deutlich besser und engagierter aufbereitet gesehen.

Das der General natürlich auch noch einer Goldmine auf der Spur ist, vereint dann tatsächlich alle Klischee-Handlungen des Westerns in "Old Surehand" und erschreckenderweise hat Vohrer in keiner dieser Handlungen auch nur eine einzige Idee, wie er ihnen etwas Frisches verleihen könnte. Die Regie gibt sich fast durchgehend auffallend einfallslos, wobei auch bemerkenswert ist, dass "Old Surehand" als erster Winnetou-Film ohne jede Actionszene bleibt. Hatten die Vorgänger noch Indianerangriffe, packende Faustkämpfe oder ähnliches zu bieten, gibt es hier höchstens mal einen Shootout und eine blass gefilmte Kneipenschlägerei, welche aber sofort wieder vorbei sind. Teilweise bekommt man das Gefühl, Vohrer hätte gar keine Lust gehabt, große Choreographien zu integrieren, da man einfach nur schnell einen Nachfolger zu "Winnetou III" produzieren wollte. Damit hätte er eigentlich zurecht auf die Nase fallen müssen. Doch seine Besetzung kann überraschend viel retten. Zwar bleiben der General und Winnetou blass, doch besonders Granger ist wieder richtig grandios in seiner Rolle und auch Paddy Fox ist immer wieder ein Vergnügen, wenn er als sich selbst überschätzender Old Wabble für die komischen Momente sorgen darf. Durch die Prequel-Erzählung bekommt der Zuschauer sogar den "Anfang" der Partnerschaft der beiden zu sehen und so gibt es schon den ein oder anderen tollen Moment, den man als Fan der Vorgänger mit einem großen Lächeln verfolgt.

Auch der vierte Auftritt von Mario Girotti (dem späteren Terence Hill) innerhalb der Reihe, dieses Mal als Anwalt Toby und Verlobten der von Letitia Roman süß gespielten Judith, überzeugt erneut und Girottis natürliches Charisma bindet den Zuschauer schnell an seine witzig angelegte Rolle. Ansonsten muss man Vohrer zwar vorwerfen, dass sein großes Ganzes überhaupt keine Spannung erzeugen kann, dafür aber viele kleine Passagen durchaus gelungen sind. Das erste Aufeinandertreffen von Wabble und Surehand ist lustig und eine ganz nette Idee, Winnetou bekommt als Lebensretter in der Not einen wahrhaftigen Gedächtnismoment verpasst, der Eindruck schindet und wenn Surehand, Wabble und Judith über Nacht bei einer vermeintlich freundlich gesinnten Dame etwas zu tief ins Weinglas schauen, kommt tatsächlich mal etwas Nervenkitzel auf. Es ist also keinesfalls so, dass "Old Surehand" wirklich langweilen würde, doch insgesamt sollte ein Film immer mehr als die Summe seiner Teile sein. Dies gelingt Vohrer leider weniger, dafür bleibt seine Erzählung insgesamt zu gewöhnlich, doch in solchen Momenten blitzt hervor, das Vohrer eben doch ein überaus talentierter Regisseur war, der hier vielleicht auch wegen des starken Einflusses Grangers am Ende nicht ganz den Film machen konnte, den er ansonsten vielleicht gemacht hätte.

Fazit: Eine ganze Surehand-Trilogie sollte Alfred Vohrer eigentlich inszenieren, doch über diesen ersten Teil kam das Projekt nicht mehr heraus. Schuld war das schwache Einspielergebnis. Mit Winnetous Tod hatte der Karl-May-Hype seinen Höhepunkt erreicht, dem gerade der ziemlich Winnetou-lose "Old Surehand" gegenüber nicht viel zu bieten hatte. Eine Vermischung toderzählter Geschichten reicht eben nicht aus, um das bereits leicht übersättigte Publikum noch einmal an den Esstisch zu locken. Statt frischer Ideen setzt "Old Surehand" durchgehend auf alt bewährtes und kann damit zwar streckenweise für kurzweilige Unterhaltung sorgen, erscheint jedoch in Summe stets zu träge und müde runter erzählt, um zu den besseren Filmen der Reihe gezählt zu werden. Schade ist es jedoch um Stewart Granger, der als Surehand immer eine gute Figur machte und mit seiner Spitzbübigkeit und seinem entfesselten Charme mit Hang zur Selbstparodie die kitschige Ernsthaftigkeit der Filme stets zu mildern wusste. Seinetwegen hätten ruhig noch zwei weitere Surehand-Filme produziert werden können. Ansonsten bleibt uns allen aber ja die Möglichkeit, die drei vorhandenen immer und immer wieder zu gucken.

5/10
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.