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Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 12:14
von Casino Hille
SP ist bondig, aber für mich wie auch SF und NTTD, die sich alle drei um viele Classic Bond-Elemente bemühen, auf eine gestrige Art. Mein Eindruck war immer der, dass man spätestens in den 90ern versucht hat, klassische Bondfilme auf moderne Art und Weise zu drehen. In den 90ern dominierten Regisseure wie Michael Bay, John Woo, Kathryn Bigelow und Co. das Actionkino und GE, TND und TWINE waren offensichtlich darum bemüht, einerseits die Bedürfnisse des Publikums nach Bond-Feeling zu befriedigen, andererseits aber mit der Konkurrenz mitzuhalten. Vielen mag das zu weit gegangen sein (TND ist der actionreichste aller Bond-Filme, obwohl er darüber hinaus noch vergleichsweise kurz ist), es mag sehr viel Maschinengewehr-Einsatz gewesen sein, aber der Versuch war da, die alten Elemente auf neue Weise zu präsentieren. Bei SF und ganz insbesondere SP hat Sam Mendes den umgekehrten Versuch gemacht: die alten Elemente klassisch rekonstruieren, statt neu zu beleben. Man kann diesen Filmen einen musealen Ansatz unterstellen: Sie füttern das Gehirn mit vertrauten Elementen, mit bekannten Assoziationen. Die Modernisierung, das Zeitgeistrige, steckt nur im Inhalt, in der Variation des Inhalts: Nicht Bond stürmt das Quartier des Schurken, der Schurke stürmt das Quartier von Bond. Nicht Großbritannien ist in Gefahr, sondern Bonds Chefin, seine eigene Bezugsperson. Nicht die graue Eminenz führt die größte Terrororganisation der Welt, sondern der Stiefbruder. Das sind aber im Kern nur kosmetische Änderungen, Variatonen, Gimmicks.

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 12:54
von Agent 1770
Stimme dir in allen Punkten vollumfänglich zu. Mendes mag da etwas zu weit gegangen sein und auch auf mich wirken die ständigen plumpen Versuche, Reminiszenzen und Verbeugungen vor früheren Werken fehl am Platz. Statt sich vor einem vermeintlichen "Original" zu verbeugen, täten die Film- oder generell Kulturschaffenden gut daran, einmal mehr neue "Originale" zu schaffen. Offensichtlich glaubte man, dies mit NTTD zu erreichen, mit Bonds Tod usw., nur leider wirkt auch das auf mich im Gegenzug wieder zu gewollt. Viele loben die Pretitle von NTTD. Ich vermisse schon lange innovative, witzige Ideen, wie ein Chellokoffer wird zum Schlitten umfunktioniert, eine Harpune wird zum Schleppseil um Wasserski zu fahren - ohne Wasserskier. DAS waren meiner Meinung nach noch frische, innovative und unerwartete Ideen. Heute gerät alles in Verzücken, wenn z. B. der DB 5 durchs Bild fährt. Das reicht schon.
Das trifft nicht nur auf Bond zu, auch Filmreihen wie Star Wars z. B. bieten irgendwie nichts wirklich Neues mehr und immer flippen die Fans aus, wenn man alte Socken neu verkauft (Star Wars: Guck mal, da steht ein Hutte in der Ecke, geil! Bond: Oh, guck mal, der DB5...). Deshalb fand ich CR auch so erfrischend anders und konnte nur herzhaft lachen, wenn man wieder die Beschwerde kam, kein Q, keine Moneypenny, kein "Geschüttelt, nicht gerührt". Die Szenen mit Q in den Vorgängerfilmen wirkten nur noch krampfhaft ins Skript reingeschrieben, weil so etwas halt nun mal von einem Bondfilm erwartet wird. Und wenn ein vielleicht 2 Sekunden dauerndes "Geschüttelt, nicht gerührt" nicht auftaucht, bedeutet das offensichtlich für viele Zeitgenossen, dass der Film schlecht ist. Das zieht sich leider leider mittlerweile nahezu durch die gesamte Filmlandschaft. Remakes, Prequels, Sequels, Reboots.

All das trifft - da gebe ich dir zu 100% Recht - auch auf SP zu. Und trotzdem - ich kann es selbst nicht so ganz erklären - unterhält mich der Film.

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 13:10
von Moonraker
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Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 13:11
von GoldenProjectile
Ich habe da mal auf Reddit und ich glaube auch in Marburg einen Vortrag im Prinzip zur Verteidigung der Brosnan-Zeit abgelassen.

Irgendwie merke ich mehr und mehr, dass die Brosnan-Ära auf dem Papier der absolut richtige Ansatz war, nämlich eine Modernisierung und Anpassung unter Beibehaltung der Kernkompetenzen. Das fängt nur schon damit an dass man nach Jahrzehnten klassisches Büro modernere und wechselnde MI6-Räumlichkeiten hat, eine Moneypenny die anfangs gar nie am Schreibtisch angetroffen wird und Judi Dench als neue Variation des M-Konzeptes. Den zeitgemässen Stil der Actionszenen hat Hille ja schon erwähnt. Dann noch die Anlage und Ausgestaltung von Nebencharakteren, sowas wie der zum Bösen verfallene MI6-Agent, Bonds Ex-Flamme als Frau des Bösewichts, das Love-Interest als diabolische Drahtzieherin oder der alte Rivale der zum Verbündeten wird (Zukovsky) sind frische Ideen, passende Modernisierungen und logische Weiterentwicklungen klassischer Bond-Konzepte. Oder dass wechselnde Regisseure ihren Filmen einen etwas eigenen Rouch geben anstelle von bewährten "Familienmitgliedern". Dem Grundrezept wird absolut treu geblieben (den Brosnan-Filmen wird ja gerne Formelhaftigkeit vorgeworfen) aber die Kernkompetenzen werden aufgefrischt und im kleinen bis mittleren Rahmen angemessen variiert, ohne den Kern ad absurdum zu führen.

Während CR und QoS diesem Ansatz grösstenteils auch folgen, wenn auch anders und teilweise radikaler, würde ich ab SF einen anderen Ansatz sehen. Die Veränderungen und Variationen gehen so weit, dass sie mit dem Bondrezept nicht mehr wirklich viel zu tun haben. Statt dass sich die unter Brosnan eingeführte persönlichere Involvierung Bonds (z.B. in Bezug auf Alec, Paris, Elektra, Vesper) aus der Mission und dem Abenteuer heraus entwickelt, sind die "persönlicheren" Elemente (z.B. Silvas Rache an M, Ernstles Stiefbruder-Neidkomplex, Bonds Beziehung und Familie mit Maddy) eher erst Auslöser des Films und Bonds Agententätigkeit und -missionen sind vielmehr Lückenfüller, um das gezeigte "Charakterdrama" noch irgendwie mit dem Beruf und damit dem eigentlichen Konzept der Figur Bond (Geheimagent) zu verknüpfen. Aber während das Grundrezept Bond nur noch so halb erfüllt wird um Platz zu machen für einen Bond mit Trauma, Familie und tragischer Lebensgeschichte wird im anderen Extrem auf die Retro-Nostalgie-"Fanservice"-Tube gedrückt wie nur geht. Der DB5 (fairerweise schon unter Brosnan wiedereingeführt, da aber noch in einem überschaubaren Masse) muss andauernd vorkommen, Songs und Scores müssen mehr nach Bond, Bassey und Barry klingen oder die alten Stücke gleich ganz zitieren und Mendes inszeniert seine beiden Filme dann gleich als aus der Zeit gefallene, museale Retro-Vorstellungen.

Natürlich ist es in Realität etwas komplizierter, aber vereinfacht gesagt würde ich behaupten die einen Filme sind Modernisierungen des Grundrezeptes, die mit der Zeit gehen aber den Kernkompetenzen treu bleiben. Und die anderen Filme haben eigentlich nicht mehr so wirklich was mit Bond zu tun, fahren dafür aber ganz viel nostalgischen Fanservice in den Details auf. Was von beidem jetzt besser ist bzw. was man sich für Bond wünscht und erhofft muss jeder selber entscheiden.

EDIT: Agent 1770 spricht mir aus der Seele.

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 13:57
von Revoked
GoldenProjectile hat geschrieben: 12. Januar 2022 13:11 Irgendwie merke ich mehr und mehr, dass die Brosnan-Ära auf dem Papier der absolut richtige Ansatz war, nämlich eine Modernisierung und Anpassung unter Beibehaltung der Kernkompetenzen. Das fängt nur schon damit an dass man nach Jahrzehnten klassisches Büro modernere und wechselnde MI6-Räumlichkeiten hat, eine Moneypenny die anfangs gar nie am Schreibtisch angetroffen wird und Judi Dench als neue Variation des M-Konzeptes. Den zeitgemässen Stil der Actionszenen hat Hille ja schon erwähnt. Dann noch die Anlage und Ausgestaltung von Nebencharakteren, sowas wie der zum Bösen verfallene MI6-Agent, Bonds Ex-Flamme als Frau des Bösewichts, das Love-Interest als diabolische Drahtzieherin oder der alte Rivale der zum Verbündeten wird (Zukovsky) sind frische Ideen, passende Modernisierungen und logische Weiterentwicklungen klassischer Bond-Konzepte. Oder dass wechselnde Regisseure ihren Filmen einen etwas eigenen Rouch geben anstelle von bewährten "Familienmitgliedern". Dem Grundrezept wird absolut treu geblieben (den Brosnan-Filmen wird ja gerne Formelhaftigkeit vorgeworfen) aber die Kernkompetenzen werden aufgefrischt und im kleinen bis mittleren Rahmen angemessen variiert, ohne den Kern ad absurdum zu führen.
Vielleicht würde ich diese Modernisierungen zu würdigen können, wenn zB der Hauptdarsteller auch glaubhafter gespielt hätte. Also mit Dalton oder Craig (oder anderen potentiellen Kandidaten- DD Lewis?), hätte es eine Runde Sache werden können.

So ist eben die Brosnan Ära auf dem Papier modern aber menschlich mir zu glatt (kalt - aber typisch 90er Action) - und damit genauso disbalanciert wie die Craig Ära Nostalgie/ sehr menschlich.

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 14:16
von AnatolGogol
Revoked hat geschrieben: 12. Januar 2022 13:57 Vielleicht würde ich diese Modernisierungen zu würdigen können, wenn zB der Hauptdarsteller auch glaubhafter gespielt hätte. Also mit Dalton oder Craig (oder anderen potentiellen Kandidaten- DD Lewis?), hätte es eine Runde Sache werden können.
Das ist sicherlich diskutabel, ob Brosnan dafür der richtige Schauspieler war. Aber selbst wenn nicht würde ich ihm zugutehalten, dass er sicherlich nicht der einzige Grund war, warum die diversen Ideen nicht so richtig funktioniert haben. Das was GP da alles aufgezählt hat liest sich in Papierform super und plausibel, vieles ist für mein Empfinden in der Umsetzung aber höchstens halbherzig und nur so einigermaßen gelungen. Ansonsten teile ich aber sein Fazit, dass EON sich in der Brosnan-Ära sich quasi an einer Modifikation des bestehenden Konzepts versucht hat, während man in der Craig-Ära weitgehend sein eigenes Ding durchgezogen hat. Lag fraglos auch (bzw. hauptsächlich) an Cubbys großem Einfluss bis weit über seinen Tod hinaus.
GoldenProjectile hat geschrieben: 12. Januar 2022 13:11 Oder dass wechselnde Regisseure ihren Filmen einen etwas eigenen Rouch geben anstelle von bewährten "Familienmitgliedern".
Das ist auch so etwas, was sich in Papierform super liest. Tatsächlich finde ich aber die 4 Brosnan-Filme die vielleicht stilistisch homogenste Serie innerhalb des ganzen Franchises. Einen allzu großen stilistischen Unterschied zB zwischn TND und TWINE kann ich nicht feststellen, obwohl die Herren Spottiswoode und Apted sich in ihrem restlichen Werk doch einigermaßen klar von einander unterscheiden. Das ist es ja dann auch, was ich seit den 90ern kritisiere, nämlich dass man drei von mir sehr geschätzte Filmemacher verpflichtet hat, man ihren Filmen aber nicht so wirklich die eigene Handschrift der Herren anmerkt. Oder um es noch drastischer auszudrücken: man holte drei sehr unterschiedliche Filmemacher und heraus kamen einheitliche Produzentenfilme. Und diesbezüglich könnte man sich dann auch fragen, ob ein etabliertes "Familienmitglied" wie Glen am Ende nicht doch gewichtigeren Einfluss hatte als die angeheuerten "Erfüllungsgehilfen" der Brosnan-Ära. :wink:

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 14:32
von Casino Hille
Ja, in der Brosnan-Ära hat auch nicht alles hingehauen, ganz klar. Vieles blieb unterentwickelt, aber ich finde, GoldenProjectile hat ganz recht, wenn er sagt: Das gibt es zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Die eine ist, zu modernisieren, aber die betretenen Pfade dabei nicht zu verlassen, sondern zu erweitern. Und ich stimme ihm auch darin zu, dass dies für CR und QOS weitgehend beibehalten wurde, nur mit einer sehr viel radikaleren (mutigeren) Marschrichtung. Seit Mendes sieht es aber anders aus, hier wird das Klassische, das Altmodische betont und zelebriert. Es geht gar nicht mehr um Fortschritt, der findet wenn auf den Drehbuchseiten statt, sondern um eine Überkompensation klassischer Elemente in einem Rahmen, wie es vorher bei Bond nie stattgefunden hat. GE hat sicherlich den Aston Martin DB5 zurückgebracht, aber er hat nicht gleich das alte Bond-Theme gespielt, den Schleudersitz erwähnt, den Moment episch aufgeblasen etc. Man hat schon bei Brosnan an der Gunbarrel rumgespielt, aber man hat sie nicht gleich wie bei NTTD im Film selbst zitiert.

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 16:50
von GoldenProjectile
Revoked hat geschrieben: 12. Januar 2022 13:57 Vielleicht würde ich diese Modernisierungen zu würdigen können, wenn zB der Hauptdarsteller auch glaubhafter gespielt hätte. Also mit Dalton oder Craig (oder anderen potentiellen Kandidaten- DD Lewis?), hätte es eine Runde Sache werden können.

So ist eben die Brosnan Ära auf dem Papier modern aber menschlich mir zu glatt (kalt - aber typisch 90er Action) - und damit genauso disbalanciert wie die Craig Ära Nostalgie/ sehr menschlich.
Ich finde immer noch dass Brosnan als Bond einfach inkonsistent bis zum Gehtnichtmehr war, also spezifisch seine Darstellung, sein Auftreten in der Rolle. Da gibt es vereinzelte "Der-und-kein-anderer-ist-Bond"-Momente, Szenen die schauspielerisch mit zum Besten eines 007-Darstellers gehören, Momente die unter Lazenbys schwächster Leistung anzusiedeln sind und sehr vieles irgendwo dazwischen. Unglaubhaft würde ich es aber nicht nennen, wie auch immer man den Begriff deuten soll.
AnatolGogol hat geschrieben: 12. Januar 2022 14:16 Das ist auch so etwas, was sich in Papierform super liest. Tatsächlich finde ich aber die 4 Brosnan-Filme die vielleicht stilistisch homogenste Serie innerhalb des ganzen Franchises. Einen allzu großen stilistischen Unterschied zB zwischn TND und TWINE kann ich nicht feststellen, obwohl die Herren Spottiswoode und Apted sich in ihrem restlichen Werk doch einigermaßen klar von einander unterscheiden. Das ist es ja dann auch, was ich seit den 90ern kritisiere, nämlich dass man drei von mir sehr geschätzte Filmemacher verpflichtet hat, man ihren Filmen aber nicht so wirklich die eigene Handschrift der Herren anmerkt. Oder um es noch drastischer auszudrücken: man holte drei sehr unterschiedliche Filmemacher und heraus kamen einheitliche Produzentenfilme. Und diesbezüglich könnte man sich dann auch fragen, ob ein etabliertes "Familienmitglied" wie Glen am Ende nicht doch gewichtigeren Einfluss hatte als die angeheuerten "Erfüllungsgehilfen" der Brosnan-Ära. :wink:
Ich bin ja der erste (oder wenn du es sein willst halt der zweite :) ) der Glen als Regisseur verteidigt und würdigt, habe ich bei meiner letzten FYEO-Sichtung mal wieder hervorgehoben. Aber bei allen verkannten Vorzügen verhält sich Glens Werk filmsprachlich doch recht homogen zu einem bereits von Gilbert, Young und Hamilton mitentwickelten und geprägten Serienstil, da sehe ich in den 90ern schon insofern einen Sprung, dass man auf der Höhe der Zeit geblieben ist - ein Sprung vor allem gegenüber den vorherigen Bondfilmen, wie sehr die Sprünge zwischen den Brosnans sind, kann man sicherlich diskutieren, ich finde schon dass die vier Filme keineswegs wie Klone voneinander aussehen, auch wenn Apted auf Spottiswoode sicher kein Riesenbruch im Stil ist (und wenn man ihn z.B. an Campbell auf Glen, geschweige denn Mendes auf Forster messen will erst recht nicht). Es ist sicher auch eine Frage, inwiefern die Handschrift des Regisseurs im einzelnen Film gewünscht ist. TWINE (laut Ranglistenexperiment mittlerweile meine Nummer 6, auch wenn ich es selber kaum glaube!) kommt wie ich finde als die angesprochene Modernisierung eines Bondfilms (Hille sagt es super: Die Pfade erweitern aber nicht verlassen) sehr gut aus ohne sich von TND unterscheiden zu müssen wie ein Terry Malick von einem Wes Anderson Film, auch wenn ein bisschen mehr eigene Note in der Inszenierung sicher nicht geschadet hätte. Bei QoS ist die Handschrift essentiell, weil sie ebendiese Erweiterung der Pfade ausmacht. Bei SP ist es mir egaler, weil nach meinem Vergleich der beiden Ansätze hier schon konzeptionell einiges in die falsche Richtung geht und mir die Umsetzung schlicht nicht sonderlich gefällt. Und so weiter.

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 18:16
von AnatolGogol
GoldenProjectile hat geschrieben: 12. Januar 2022 16:50 da sehe ich in den 90ern schon insofern einen Sprung, dass man auf der Höhe der Zeit geblieben ist - ein Sprung vor allem gegenüber den vorherigen Bondfilmen
Mein Gefühl in den 90ern (und bis heute) war, dass die Brosnans ausschauten wie x-beliebige 90er Mainstream-Filme. Ob das jetzt der neuste Bond oder sowas wie Dantes Peak, The Saint oder Air Force One war - da war in meinen Augen kein wesentlicher stilistischer Unterschied. Von daher: ja, Bond war da sicherlich auf der Höhe der Zeit. Man kann es aber auch so sehen: in den 80ern (mehr noch in der ersten als in der zweiten Hälfte) wirkten die Bondfilme etwas aus der Zeit gefallen, weil sie einen charmanten Retrostil hatten, den man seinerzeit ansonsten so kaum oder gar nicht mehr sah. Das machte sie dann aber halt auch irgendwie einzigartig. :)

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 18:41
von Casino Hille
Aber wird nicht gerade LTK immer ein großer "Miami Vice"-Touch nachgesagt? Waren in den 80ern nicht gerade die Indy-Filme genau so charmant retrohaft wie die Bond-Abenteuer mit dem älteren Moore?

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 20:09
von Revoked
AnatolGogol hat geschrieben: 12. Januar 2022 18:16 ….Ob das jetzt der neuste Bond oder sowas wie … The Saint …
Interessant, dass du die beiden erwähnst. Wenn ich richtig liege kamen TND und The Saint im gleichen Jahr. The Saint war für mich der bessere „Bond“ des Jahres 1997 (müsste ich nochmal verifizieren).

Aber stilistisch sicherlich durchaus ähnlich.

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 20:49
von AnatolGogol
Casino Hille hat geschrieben: 12. Januar 2022 18:41 Aber wird nicht gerade LTK immer ein großer "Miami Vice"-Touch nachgesagt?
Ja, das liest man immer wieder. Aber so wirklich überzeugend dargelegt wo da abseits von Miami und Drogen jetzt wirklich ein Bezug zu MV sein soll wird das eigentlich nie. Ehrlich gesagt finde ich LTK stilistisch sogar ziemlich weit weg von der pastell-bunten Videoclip-Ästhetik von MV. Oder was meinst du?
Casino Hille hat geschrieben: 12. Januar 2022 18:41Waren in den 80ern nicht gerade die Indy-Filme genau so charmant retrohaft wie die Bond-Abenteuer mit dem älteren Moore?
Eher konzeptionell und inhaltlich denn stilistisch würde ich sagen.
Revoked hat geschrieben: 12. Januar 2022 20:09 Interessant, dass du die beiden erwähnst. Wenn ich richtig liege kamen TND und The Saint im gleichen Jahr. The Saint war für mich der bessere „Bond“ des Jahres 1997 (müsste ich nochmal verifizieren).
Das habe ich genauso in Erinnerung. :) The Saint hat ja aber auch den unschlagbaren Vorteil, dass Old Rog mit an Bord ist (wenn auch nur seine Stimme).

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 12. Januar 2022 22:30
von GoldenProjectile
AnatolGogol hat geschrieben: 12. Januar 2022 18:16 Mein Gefühl in den 90ern (und bis heute) war, dass die Brosnans ausschauten wie x-beliebige 90er Mainstream-Filme. Ob das jetzt der neuste Bond oder sowas wie Dantes Peak, The Saint oder Air Force One war - da war in meinen Augen kein wesentlicher stilistischer Unterschied. Von daher: ja, Bond war da sicherlich auf der Höhe der Zeit. Man kann es aber auch so sehen: in den 80ern (mehr noch in der ersten als in der zweiten Hälfte) wirkten die Bondfilme etwas aus der Zeit gefallen, weil sie einen charmanten Retrostil hatten, den man seinerzeit ansonsten so kaum oder gar nicht mehr sah. Das machte sie dann aber halt auch irgendwie einzigartig. :)
Im Prinzip bräuchte man ein gesundes Mittelmass zwischen zu weitem filmsprachlichem Hinterherhinken auf der einen und zu bemühtem Nacheifern der gerade angesagtesten Optik auf der anderen Seite. Also nein, die monochromen und leeren Bildschirmschoner wie sie ein Nolan oder Villeneuve in ihren letzten Filmen zelebrierten will ich ebenso wenig sehen wie die merkwürdig "verwaschene" Videooptik aus der Marvelschmiede. Bei Brosnan finde ich schon dass GE und TWINE etwas klassischer angehaucht aussehen und doch recht frisch wirken, vor allem GE ist gefühlt oft recht nahe an den Charakteren oder in der Tiefe des Raumes.
AnatolGogol hat geschrieben: 12. Januar 2022 20:49 Aber so wirklich überzeugend dargelegt wo da abseits von Miami und Drogen jetzt wirklich ein Bezug zu MV sein soll wird das eigentlich nie. Ehrlich gesagt finde ich LTK stilistisch sogar ziemlich weit weg von der pastell-bunten Videoclip-Ästhetik von MV. Oder was meinst du?
Ich schätze wenn beim Heiligen ein stimmlicher Gastauftritt als Beteiligung von Old Rog zählt, dann zählt bei LTK auch die einmalige Erwähnung Miamis durch Sharkey als MV-Bezug. :D Mehr gibt's da meines Wissens nicht, ausser man zählt Key West zu Miami...

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 13. Januar 2022 09:45
von AnatolGogol
GoldenProjectile hat geschrieben: 12. Januar 2022 22:30 Bei Brosnan finde ich schon dass GE und TWINE etwas klassischer angehaucht aussehen und doch recht frisch wirken, vor allem GE ist gefühlt oft recht nahe an den Charakteren oder in der Tiefe des Raumes.
Ja, GE fällt da stilistisch ein bisschen raus, weil er wie ich finde stilistisch doch noch erkennbar stärker an den 80er Bonds orientiert ist als die drei Folgefilme. TWINE hingegen passt finde ich prima zu Vorgänger und Nachfolger.

GoldenProjectile hat geschrieben: 12. Januar 2022 22:30 Ich schätze wenn beim Heiligen ein stimmlicher Gastauftritt als Beteiligung von Old Rog zählt, dann zählt bei LTK auch die einmalige Erwähnung Miamis durch Sharkey als MV-Bezug. :D Mehr gibt's da meines Wissens nicht, ausser man zählt Key West zu Miami...
Stimmt, ich sollte eindeutig mal wieder LTK schauen, keine Ahnung wie ich auf Miami komme (die zahl- wie haltlosen Miami Vice-Vergleiche scheinen doch Spuren hinterlassen zu haben oder aber es war der unlöschbare modische Eindruck des legendären hellblauen Frottee-Stramplers, der mir permanent "Miami!" suggeriert...)

A propos LTK, das ist für mich eh der 80er Bond, der am dichtesten am Puls der damaligen Filmzeit war. Da spielt sicher auch der Drogenbezug mit rein (aber nicht wegen MV, sondern eher weil das in den späten 80ern ein im Mainstreamkino gerne und häufig aufgegriffenes Topic war, zB Lethal Weapon oder Red Heat) wie auch generell der etwas realistischere Ansatz. Aber auch Kamens doch stark vom Serienstandard abweichender Soundtrack oder der (ganz im Trend der Zeit) deutlich härtere Gewaltgrad. Sicher auch Bonds stärkere persönliche Involvierung und noch einige andere inhaltliche Dinge. Von daher stimmt finde ich die Einschätzung, dass die Bondfilme mit der Brosnan-Ära wieder näher am filmischen Puls der Zeit zwar durchaus, aber der Ausgangspunkt war hier meiner Meinung nach bereits LTK (während TLD noch deutlich "oldschooliger" in der Tradition der ersten drei 80er Bonds wirkt).

Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"

Verfasst: 13. Januar 2022 10:57
von photographer
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Betrachte ich für mich persönlich die Ären der verschiedenen Bond-Darsteller, so präsentieren sich mir die Interpretationen von Pierce Brosnan und Daniel Craig in der Rolle fast gleichbleibend. Nach ihrem Einstiegsfilm wird die Perfomance in meinen Augen dann (nur) routinierter. Ihre Bond-Filme bleiben in meinen Augen hinsichtlich der Atmosphäre fast gleichbleibend auch wenn sie stylistisch etwas variieren.

Ein ganz anderer Spagat offerieren mir die beiden Dalton-Bond-Filme. Hier erfahre ich zwei Extreme, die bei Sean Connery und Roger Moore über weitaus mehrere Werksbeiträge erst zum Tragen kommen. Connerys Filme der Sechziger sind in ihrer Machart und Konzeption anders angelegt als das Camp movie, welches DIAMONDS ARE FOREVER (1971) darstellt oder die nachfolgenden Arbeiten der Siebziger, für die der gelungene Wortwitz an vorderer Stelle stand statt Suspense und Nervenkitzel. Die Darstellungen der beiden Altvorderen Connery und Moore erhalten durch ihre sieben Auftritte gesamt am Ende ein weitreichenderes Spektrum von sau-ernst bis schweine-komisch, welche die Erbengeneration der Produzenten dann in ihren Arbeiten nicht weiterverfolgt. Bei Pierce und Daniel sehe ich einen guten Bekannten, bei dem ich als Zuschauer weiß, was ich erwarten darf. Bei den späteren Langzeitabständen, die das Massenpublikum bei der Premiere eines neues Streifen erlebte, war dies möglicher Weise sogar von Vorteil.
Man kann es natürlich als beengendes Korsett für die beiden letzten Bond-Darsteller wahrnehmen, wobei aber bisher nicht ersehbar ist, ob Daniel Craig die Rolle des Geheimaganten auch mal gerne etwas unernster angelegt hätte, während Pierce Brosnan dagegen mit zahlreichen später entstandenen artverwandten Genrebeiträgen gezeigt hat, dass er ein erweitertes Spektrum in seiner Performance vermutlich gerne noch bedient hätte, was nicht nur denn Gentleman-Agenten gezeigt hätte.

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