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Re: Mayrathon - VI
Verfasst: 12. April 2015 14:11
von Casino Hille
AnatolGogol hat geschrieben:die unecht wirkenden Rückprojektionen bei der Flossszene (wie auch bei der Anfangssequenz) kann man ihm nicht wirklich vorwerfen, da dies damals eben weitgehend dem Stand der Technik entsprach
Ja, dessen bin ich mir bewusst und gerade deshalb kritisiere ich solche Sachen oft auch nur sehr ungerne. Aber ich denke, auch 1965 gab es schon viel stärkere Rückprojektionen, man schaue sich einen North by Northwest an, der da viel besser aussah in solchen Belangen. Und ansonsten verstehe ich halt einfach nicht, warum es so viele Rückprojektionen an der Stelle sein mussten. Man hat doch viele erkennbar gefährliche Stunts gedreht, die völlig gereicht hätten für eine spannende Sequenz, die meisten dieser Rückprojektionen sind also auch noch überflüssig.
AnatolGogol hat geschrieben:Bezüglich der Verwendung der Materials aus W2 sei erwähnt, dass auch hier wenn man dies Philipp zum Vorwurf macht man fairerweise genau so kritisch gegenüber Reinl und seiner Verwendung von Archivmaterial aus Die letzte Jagd sein sollte, das dieser ja noch in viel größerem Umfang und teilweise auch mit sehr wenig Gespür einsetzte.
Das ist natürlich wahr, aber ich empfand es dann doch als noch gravierender, Bildmaterial aus einem Film des gleichen Franchises zu entwenden, weil dies (natürlich aus heutiger Zeit gesehen) gleich noch eindeutiger und auffälliger ist.
Re: Mayrathon - VI
Verfasst: 12. April 2015 14:15
von AnatolGogol
Casino Hille hat geschrieben:Aber ich denke, auch 1965 gab es schon viel stärkere Rückprojektionen, man schaue sich einen North by Northwest an, der da viel besser aussah in solchen Belangen.
Das ist unbestreitbar wahr, man denke daran wie grossartig die Sturm-Szenen in Milestones Meuterei auf der Bounty aussehen. Aber hier wird eben auch eindeutig offenbar, dass die Karl Mays im internationalen Vergleich eben nur B-Filme darstellten was Technik und Aufwand anging. Oft fiel das nicht allzu sehr oder sogar gar nicht ins Gewicht, manchmal (Der Bär!) dann aber eben doch sehr deutlich.
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 14:18
von Casino Hille
Okay, der Bär hat es dir eindeutig angetan.
Die Szene find ich ja auch sehr grenzwertig und hatte sie in meinem Winnetou II Review ja auch erwähnt, finde die Floßszene beim Ölprinzen aber um ein vielfaches gravierender, gerade weil sie der dramaturgische Höhepunkt des Filmes ist und die Bären-Szene in Winnetou II wohl kaum eine ähnlich wichtige Position innehat.
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 14:21
von AnatolGogol
Casino Hille hat geschrieben:Okay, der Bär hat es dir eindeutig angetan.
Die Szene find ich ja auch sehr grenzwertig und hatte sie in meinem Winnetou II Review ja auch erwähnt, finde die Floßszene beim Ölprinzen aber um ein vielfaches gravierender, gerade weil sie der dramaturgische Höhepunkt des Filmes ist und die Bären-Szene in Winnetou II wohl kaum eine ähnlich wichtige Position innehat.
Dafür ist die technische Unzulänglichkeit aber bedeutend gravierender.
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 15:23
von vodkamartini
Beim Thema Rückprojektionen denke ich immer auch an Bond. Z.b. Goldfinger bei der DB5-Verfolgung. Erkennt man ebenfalls ganz deutlich und ist auch nicht besser umgesetzt. Das Problem ist, dass man Großaufnahmen von den Darstellern haben will und das eben nicht anders hinbekommt. Ist ja nicht jeder Tom Cruise.
Und das CGI-Argument von Anatol ist sehr richtig. CGIs - auch in den sündteuerne Bockbustern - sehen immer steril und künstlich und damit unecht aus. Kritisiert wird das gerade bei den jungen Zuschauern (12-18 Jahre) von so gut wie niemand.
MAYRATHON VI
Verfasst: 12. April 2015 17:04
von 00T
Der Ölprinz(1965)
Horst Wendlandt schickte Stewart Granger zum zweiten Mal an der Seite von Pierre Brice in den wilden Westen, da Lex Barker bei Artur Brauner unter Vertrag stand. Als Regisseur wurde, nachdem sowohl Harald Reinl als auch Alfred Vohrer nicht zur Verfügung standen, Harald Philipp beordert, der ein Neuling in Sachen May-Verfilmungen war. Am Ende kam ein guter Karl May heraus, der vor allem in Sachen Action und Darstellerleistungen punkten konnte.
Harald Philipp war im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern nicht ganz so begabt, was die Inszenierung betraf. Besonders deutlich wurde dies beim finalen Showdown, den man bisher getrost als den schwächsten May-Showdown einstufen kann. Dies machte er allerdings vorher größtenteils wett, da die anderen Szenen doch recht gut inszeniert waren, wenn auch ohne den großen Standard eines Reinl oder Vohrer. Dafür sorgt Martin Böttcher immer für die nötige Stimmung mit seiner Musik, die ein ganz großer Trumph für die May-Filme ist und mehr als nur ein Lob verdient hat.
Das Drehbuch bietet hier keine große Überraschung. Vom Roman ist wie immer nicht viel übrig geblieben, Originalgetreuigkeit scheint sowieso nicht Wendlandts Stärke gewesen zu sein. Die Story um die Szenen herum ist mal wieder die, dass ein böser Weißer die Indianer gegen unschuldige weiße Männer aufbringt, um zu seinem Ziel zu gelangen, wobei meistens noch jemand aus der indianischen Häuptlingsfamilie ermordet wird. Das versuchen Winnetou und Old Surehand zu verhindern. Etwas Frische wird hier noch durch den betrügerischen Ölquellenverkauf des Prinzen reingebracht. Auch wenn man hier etwas wirklich neues vergeblich sucht und öfters das Gefühl hat, dass man das, was sich auf dem Bildschirm abspielt irgendwoher kennt, weiß einen der Film dennoch zu unterhalten, wenn einem die früheren Filme auch gefallen haben.
Stewart Granger erreicht in diesem Film nicht ganz seine Leistung aus dem Vorgänger, kann aber dennoch gut überzeugen. Pierre Brices Winnetou, darstellerisch wie immer würdevoll und gut anzusehen, bekommt hier leider nicht so viel zu tun, ähnlich dem „Silbersee“, was ein wenig stört, aber kein großes Manko ist. Harald Leipnitz spielt eine andere Art des Bösewichts als vorher. Nicht mehr der aktive Draufgänger, sondern der gelassene und elegante Befehlshaber, der andere die Drecksarbeit machen lässt. Leipnitz´ Darstellung ist eine grandiose Mischung aus Gelassenheit, Gerissenheit und kühler Berechnung. Die Bösartigkeit seiner Vorgänger Rupp, Lom oder Adorf erreicht er zwar nicht, aber auch er zeigt Gefühllosigkeit und ist mal ein anderer Ansatz des Bösewichts. Ansonsten kann Mario Girotti als junger Held mehr als in seinen vorherigen May-Rollen überzeugen, wenn auch mit nicht so viel Elan wie der im Vorgänger agierende Götz George. Macha Meril kann in der weiblichen Hauptrolle ebenfalls überzeugen, Walter Barnes auch, sselbst wenn er schon wieder die gefühlt selbe Rolle spielt wie vorher. Richtig Spaß machen hier noch Milan Srdoc und Heinz Erhardt. Srdoc als Old Wabble sorgt auch hier wieder für einige Lacher, vor allem im Zusammenspiel mit dem schon damals großen Komiker Heinz Erhardt, dessen meist kurze, aber erfrischend witzige Eskapaden unheimlich amüsieren und die meisten Auftritte anderer May-Komiker in den Schatten stellen(aber nicht komplett verdrängen).
Die Anfangsszene, in der der Ölprinz und sein stummer Gefährte das Ölfeld des Mr. Jenkins anzünden, könnte schon ganz gut sein, wenn Philipp sich nicht an Szenen des Ölbrandes aus Winnetou II bediente, was die recht vielversprechende Szene leider herabsenkt.
Dafür überzeugt die folgende Szene, in der besagter Jenkins umgebracht wird, als er den Ölprinzen erschießen will.
Auch wie Winnetou bei Surehand und Wabble erscheint, weiß einem auch durch Wabbles Albereien zu gefallen.
Die Ermordung des Bill Forner und der Fund der Spuren und der Leiche sind gut inszeniert.
Nun kommt Surehand mit der Leiche in die Stadt und überführt den Banidten, der sich in der Zwischenzeit als Bill Forner ausgegeben hat, aber gleich darauf erschossen wird.
Die Unterhaltung zwischen Granger und Leipnitz jetzt überzeugt auch gut.
Nachdem Surehand einen netten Angriff auf sich überstanden hat, kann er den Indianerhäuptling Mokaschi davon überzeugen, den Siedlern das Land zu geben.
Die Siedler, nachdem sie Mario Girotti, den Spion des Ölprinzen, aufgenommen haben und Heinz Erhardt seine Künste auf dem Klavier und im Pokerspiel bewiesen hat, ziehen los, bis sie an einem Fluss Rast machen.
Dort sorgen erst mal Old Wabble und Kantor Hampel für einige Lacher in dem alten Blockhaus in der Nähe, wo sie beinahe entdeckt werden.
Dann beginnt ein Angriff auf die Siedler, bei dem Harald Philipp beweist, dass er inszenatorisch doch einiges kann.
Die folgende Ermordung des Häuptlingssohnes ist gut gemacht und gespielt und zudem auch noch gar nicht so ein alter Hut, wie sie es in späteren Filmen wurde, wo sie dann öfters wiederholt wurde, natürlich anders, aber immer mit dem Tode des Häuptlingssohnes.
Nun hat der Ölprinz sein Ziel erreicht, weil Mokaschi im Morgengrauen die Siedler auslöschen möchte.
Um mehr Dramatik in den Film reinzubringen, inszeniert Philipp nun die Floßfahrt, die gut gefilmt ist und viele gute Stunts hat, die beeindrucken, da verzeiht man der Szene auch die ab und zu eingeblendeten, in ihrer Qualität eher mäßigen Rückprojektionen.
Nun bringt der Ölprinz sein betrügerisches Geschäft zu Ende und tötet alle Teilhaber sowie seine Verbündeten mit Ausnahme seines Gefährten Knife(übrigens ein sehr einfallsreicher Name für einen Messerwerfer). Vor allem hier zeigt Leipnitz auch seine Kaltblütigkeit, sehr schön gespielt.
Surehand nimmt jedoch ihre Fährte auf und nimmt den Ölprinzen mit seinem Helfer auf einer Hängebrücke gefangen.
Während immer wieder die Siedler in ihrer Angst mit Winnetou auf die Indianer warten, schafft es der Helfer Knife zu entkommen und wird von Old Surehand und Old Wabble verfolgt. In einem tollen Kampf bringt der Mörder sich selbst zur Strecke, eine nette Idee.
Die Indianer greifen die Siedler an, der Showdown ist da und er ist, wie oben schon erwähnt, sehr enttäuschend. Ein Pfeilhagel geht auf die Siedler nieder, die sich alle vor ihnen flüchten, Winnetou wehrt die Pfeile mit seinem Tomahawk ab, dann kommen die Indianer runter und gerade, als eine richtige Schlacht entstehen könnte, kommt Old Surehand und der rettet die Siedler. Ein ganzer Indianerstamm greift weiße Siedler an, da hätte man auch mehr daraus machen können. Vielleicht hatte man keine Lust, einen großen Kampf zu inszenieren oder man wollte einfach, dass es auf beiden Seiten ein Happy End gibt und hat deshalb darauf verzichtet, einige Siedler oder Indianer umzubringen. So wirkt das Ganze eher unfreiwillig komisch und kann nicht wirklich überzeugen.
Das Ende des Ölprinzen hingegen ist dann doch nochmal etwas abwechslungsreich.
Der Schluss ist dann mal wieder ein Happy End wie immer und alle sind glücklich.
Auch wenn „Der Ölprinz“ einige Mängel aufweist, die wohl auch schon der Fließbandproduktion der May-Filme geschuldet sein könnten und wieder nach dem üblichen May-Schema gedreht ist, kann der Film doch gut unterhalten und bildet einen guten Western nach der üblichen May-Formel. Ein toller Bösewicht und ein klasse Komiker sowie einige gute Actionszenen werten den Film auf, einige weniger gut inszenierte Actionszenen und eine nicht sehr einfallsreiche Story werten ihn etwas ab. Ein unterhaltsamer Film, der etwas, aber noch nicht viel davon merken lässt, wie Wendlandts May-Produktionen langsam, aber sicher sich dem Abgrund zuneigten. Es ist nur allzu wahr, was Stewart Granger zu Horst Wendlandt während des Drehs sagte: „Du kannst diese Filme noch viele Jahre produzieren, du musst sie nur jedes Mal besser und besser machen.“ Hätte Wendlandt dem nur Gehör geschenkt, wären ihm einige Misserfolge erspart geblieben.
Punkte: (8/10)
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 17:06
von 00T
vodkamartini hat geschrieben:Beim Thema Rückprojektionen denke ich immer auch an Bond. Z.b. Goldfinger bei der DB5-Verfolgung. Erkennt man ebenfalls ganz deutlich und ist auch nicht besser umgesetzt.
Oder die Verfolgungsjagd in DN, da finde ich die Rückprojektionen kaum besser als die im Ölprinzen, eher im Gegenteil. Und von einigen CGIs heutzutage wollen wir gar nicht reden.
Re: Mayrathon - VI
Verfasst: 12. April 2015 17:44
von AnatolGogol
Casino Hille hat geschrieben:Und das Philipp bei der ersten Szene des Filmes direkt die Hälfte des Bildmaterials aus dem Vorgänger "Winnetou II" dreist übernimmt, ist dem Zuschauer gegenüber nicht nur frech, es ist sogar ein kreatives Armutszeugnis.
00T hat geschrieben:Die Anfangsszene, in der der Ölprinz und sein stummer Gefährte das Ölfeld des Mr. Jenkins anzünden, könnte schon ganz gut sein, wenn Philipp sich nicht an Szenen des Ölbrandes aus Winnetou II bediente, was die recht vielversprechende Szene leider herabsenkt.
Ernstgemeinte Frage: wenn ihr es nicht wissen würdet, hätte ihr es tatsächlich bemerkt, dass die Szenen bereits für W2 gedreht wurden? Ich könnte das nicht behaupten, gerade angesichts der Tatsache dass bei den Karl May-Filmen viele Sets, Locations und Szenerien sich sehr ähneln bzw. mehrfach verwendet wurden. Ich meine sogar, es ist alternatives Material das beim Ölprinz verwendet wurde, also keine Aufnahmen die schon in W2 zu sehen waren - kann mich da aber auch täuschen, das ist nur mein Eindruck der jüngsten Sichtungen. Jedenfalls finde ich es hier wesentlich weniger auffällig als die identische Szene mit Eddi Arent am Kiosk im Zinker und im Hexer (wobei das natürlich für Wallace-Fans auch drollig und fast schon ein Insider-Gag ist).
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 19:30
von Casino Hille
Ich hab es dieses Mal das erste Mal überhaupt bemerkt. Und doch, es sind identische Aufnahmen. Zumal es auch wenig Sinn macht, dass man schießende Arbeiter zeigt, schließlich könnte man sich zurecht fragen, auf wen die denn da eigentlich schießen.
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 19:55
von 00T
Ging mir auch so. Wenn mans recht bedenkt, spielt das in diesem Fall auch keine so große Rolle, da es am Ende dasselbe Resultat wäre. Nur hat es mich dieses Mal irgendwie gestört, obwohl ich insgesamt den Film diesmal negativer sehe, vor meiner Sichtung hätte ich ihm ohne Zögern eine 9/10 gegeben. Aber er unterhält mich immer noch gut. Und was den Szenenklau betrifft, ist dieser im Halbblut Apanatschi um einiges schwerwiegender, da Philipp sich hier erdreistet, Intschu-Tschuna vor den Indianern reiten zu lassen!
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 20:08
von Casino Hille
00T hat geschrieben:was den Szenenklau betrifft, ist dieser im Halbblut Apanatschi um einiges schwerwiegender, da Philipp sich hier erdreistet, Intschu-Tschuna vor den Indianern reiten zu lassen!
Richtig, immer wieder zum Schießen...
Re: Der Karl May Thread
Verfasst: 12. April 2015 20:15
von 00T
Aber so was von. Das ist ein Grund, weshalb ich mich auf diese Sichtung freue.
Re: MAYRATHON VI
Verfasst: 12. April 2015 20:35
von Casino Hille
00T hat geschrieben:Es ist nur allzu wahr, was Stewart Granger zu Horst Wendlandt während des Drehs sagte: „Du kannst diese Filme noch viele Jahre produzieren, du musst sie nur jedes Mal besser und besser machen.“ Hätte Wendlandt dem nur Gehör geschenkt, wären ihm einige Misserfolge erspart geblieben.
Cool, dass wir beide unsere Rezension fast identisch beendet haben.
00T hat geschrieben:Pierre Brices Winnetou, darstellerisch wie immer würdevoll und gut anzusehen, bekommt hier leider nicht so viel zu tun, ähnlich dem „Silbersee“, was ein wenig stört, aber kein großes Manko ist.
Ansonsten sehen wir bei den Darstellern alles nahezu identisch, hier möchte ich widersprechen, Winnetou hat im Ölprinz deutlich mehr als in "Unter Geiern" zu tun und ist viel aktiver als im ersten Surehand.
00T hat geschrieben:Srdoc als Old Wabble sorgt auch hier wieder für einige Lacher, vor allem im Zusammenspiel mit dem schon damals großen Komiker Heinz Erhardt, dessen meist kurze, aber erfrischend witzige Eskapaden unheimlich amüsieren
Den guten Srdoc hab ich ja ganz vergessen. Natürlich ist der als Wabble wieder toll, aber hat mit Erhardt diesmal ja jemanden an seiner Seite, der ihn sogar ganz und gar in den Schatten stellt. Erhardt ist einfach großartig!
00T hat geschrieben:Die folgende Ermordung des Häuptlingssohnes ist gut gemacht und gespielt und zudem auch noch gar nicht so ein alter Hut, wie sie es in späteren Filmen wurde
Fühlt sich aber hier schon an, als hätte man es bereits 4.376.192 mal gesehen. Das war für mich immer die Wendung, die den Ölprinzen am stärksten heruntergezogen hat, an der der Film mein Interesse ein wenig verlor. Er fängt sich zwar auch wieder, aber diesen Kniff hätte die Handlung für mich nie gebraucht, ich habe ihn einfach als überflüssig und irgendwie stark unkreativ empfunden.
00T hat geschrieben:Nun bringt der Ölprinz sein betrügerisches Geschäft zu Ende und tötet alle Teilhaber sowie seine Verbündeten
Auch ein Moment, der für mich immer daran litt, dass man einfach schon zu Beginn der Szene genau wusste, worauf sie hinausläuft. Das hat keinen Überraschungseffekt und es ist eine der ältesten Ideen der Filmgeschichte. An und für sich nett gemacht, aber in einem Film, der eh schon recht arm an kreativen Einfällen ist, sicher keine Glanztat.
00T hat geschrieben:In einem tollen Kampf bringt der Mörder sich selbst zur Strecke, eine nette Idee.
Stimmt, das überzeugt und auch das Ende des Ölprinzen ist angenehm.
00T hat geschrieben:Um mehr Dramatik in den Film reinzubringen, inszeniert Philipp nun die Floßfahrt, die gut gefilmt ist und viele gute Stunts hat, die beeindrucken, da verzeiht man der Szene auch die ab und zu eingeblendeten, in ihrer Qualität eher mäßigen Rückprojektionen.
Verzeihen kann man ihm das vielleicht, aber es sind zu viele, sie sind zu lang (man kann zu genau hinsehen) und sie wären oft einfach nicht nötig, es sei denn, man hat den Zwang, die Darsteller ins Bild zu bekommen. Die Szene hätte mit mehr Totalen und viel weniger Nahaufnahmen viel besser und eindrucksvoller gewirkt. Schade drum. Aber trotzdem nicht langweilig gemacht. Ist ja das Verblüffende am Ölprinzen, obwohl er oft nur mittelmäßig inszeniert wurde, langweilt das Theater nicht.
MAYRATHON - Teil VI
Verfasst: 13. April 2015 09:04
von AnatolGogol
Der Ölprinz (1965) – Harald Philipp
Die Vorboten des Niedergangs der Karl May-Serie hatten bereits in den beiden Vorgängerproduktionen Winnetou 2. Teil und Unter Geiern ihre Schatten vorausgeworfen in Form von zunehmend sich wiederholenden Standards. Der Ölprinz markierte nun endgültig den Wendepunkt hin zu Filmen, die immer mehr an Eigenständigkeit und Detailfreude einbüßten. Dabei ist der Begriff Wendepunkt wortwörtlich zu verstehen, denn trotz unverkennbarer Mängel weisst die von Harald Philipp routiniert, aber eben auch wenig aufregend in Szene gesetzte fünfte Rialto Verfilmung eines Mayschen Romans immer noch deutlich mehr Qualität auf, als die meisten der Folgeproduktionen. Der Film sitzt damit qualitativ genau zwischen den Stühlen, zwischen Topwerken und den Niederungen der Serie.
Besonders auffällig beim Ölprinzen ist, dass man bei sehr vielen Elementen ein penetrantes deja-vu-Erlebnis hat. Wieder sind es hinterhältige weisse Geschäftsmänner, die ein Auge auf Indianerland geworfen haben und zur Wahrung ihrer Interessen einen Konflikt zwischen Rot und Weiss vom Zaun brechen. Wieder gerät ein Siedlertreck zwischen die Fronten. Wieder wird ein Häuptling(ssohn) gemäuchelt und der Mord den Falschen in die Schuhe geschoben. Diese Aufzählung liesse sich noch um etliche Punkte erweitern, vor allem beim direkten Vorgänger Unter Geiern bedient sich Der Ölprinz äußerst weidlich, in weiten Teilen könnte man schon fast von einem Quasi-Remake des vorangehenden Filmes sprechen. Die Tatsache, dass dabei sogar noch Archivmaterial aus Winnetou 2. Teil benutzt wurde verstärkt diesen Eindruck weit weniger als die vielen mittlerweile schon zu Standards gewordenen Darstellerbestzungen, die gefühlt immer die gleichen Rollen spielen. Walter Barnes bärbeissiger Westmann ist hier sicherlich das Paradebeispiel, aber auch diverse andere mit beruhigender Regelmäßigkeit wiederkehrende Darsteller wie Girotti oder Popovic.
Immerhin muss man dem Ölprinzen zu Gute halten, dass man sich hier immerhin noch die Mühe machte trotz aller Klischees und Standards noch einige Variationen einzubauen. So ist vor allem die Charakterisierung des titelgebenden Schurken eine wirkliche Neuerung. Der von Harald Leipnitz gekonnt gespielte Ölprinz verfügt weder über die Tatkraft von Loms Colonel Brinkley oder Adorfs Santer noch über die bösartige Kälte von Rupps Preston. Sein Ölprinz ist zwar genau so berechnend und schreckt notfalls zur Wahrung seiner Interessen auch vor einem selbst verübten Mord nicht zurück, gleichzeitig ist er aber auch ein in seiner stilisierten Eitelkeit fast schon „weibisch“ wirkender Dandy, der im Angesicht seines Endes sich dann auch noch als wimmernder Feigling entpuppt, der um sein Leben winselt. Eine weitere willkommene, wenngleich nicht sonderlich spektakuläre Variation stellt der Plan des Ölprinzen dar. Statt es tatsächlich auf Bodenschätze abzusehen interessiert sich der Schurke lediglich für das an sich wertlose Land, um damit einen Betrug durchziehen zu können.
Die eigentlich wikliche Variation, die dem Ölprinzen innerhalb der Serie sogar eine Ausnahmestellung zu Eigen werden lässt, ist der druchgängig hohe Anteil an Humor. Kein anderer Karl May-Film hat soviele humorvolle Szenen an Bord wie der Ölprinz, kein anderer Film nimmt sich dadurch auch so wenig ernst wie Philipps Serienpremiere. Natürlich hängt dies in erster Linie mit dem komödiantischen Dreamteam Heinz Erhardt/Milan Srdoc und ihrer ausgiebigen Präsenz zusammen. Aber auch der Rest der Besetzung blödelt sich mit Genuss durch den Film, immer wieder werden auch an sich ernste Szenen mit spassigen Einlagen aufgelockert, etwa wenn einer der Ölprinz-Handlanger dessen Parfüm trinkt im Glauben es sei Whisky („Parfüm ist nicht zum saufen, Parfüm ist zum Riechen!“), Surehand auf der Suche nach dem Ölprinzen einen Biedermann in flagranti mit einer Freudendame erwischt (eine Szene, die mit Barkers Shatterhand undenkbar wäre) oder unser heldenhafter Westmann Probleme beim gemeinschaftlichen Wassersaufen mit seinem Gaul hat. Wunderbar auch, wie die Ernsthaftigkeit von Barnes Treckführer konsequent gebrochen wird durch seine pennälerhaften Annäherungsversuche gegenüber der von Antje Weissgerber mit rustikal-norddeutschem Hausdrachencharme gespielten Frau Ebersbach („Sie ist sehr streng, achtet sehr auf Disziplin. Sie ist eine DEUTSCHE!“) oder sein hilfloses Entsetzen im Umgang mit Erhardts Hampel („Was soll ich nur mit dem Professor anfangen, der macht mich noch fix und fertig“) oder einer Schar kleiner Kinder („ihr macht mich auch noch fertig“).
Das Zentrum dieses laut Werbetrailer „Film mit Herz und Humor“ stellt aber fraglos das Komikergespann Erhardt und Srdoc dar, welches seine gemeinsamen Szenen geradezu zelebriert. Beide Figuren werden für sich genommen schon so skurril und außerhalb jeglicher Ernsthaftigkeit gezeichnet (Wabble strickt dieses mal sogar!), aber im Zusammenspiel wird der Film dann endgültig zur launigen Feel-Good-Komödie. Diesbezügliches Highlight ist sicherlich die im Film ausgiebig diskutierte Idee des Kantors, mit Karl Mays Westmännern eine Oper aufzuführen („Ich spiele den Buffalo in seiner neuen Oper.“ „Buffo, Wabble, Buffo!“). Allein die Idee ist schon so grotesk, dass dadurch jeglicher verbleibende Ernst des Filmes über Bord geworfen wird. Bezeichnend, dass die beiden Ausnahmekomiker im Alleingang eine für den Fortgang der Handlung durchaus bedeutende Szene tragen dürfen, in welcher Girottis Falschsspieler den Findersbanditen Bericht erstatten soll. Statt die Spannung zu betonen, dass die beiden Schelme von den Banditen erwischt werden könnten wird munter gekalauert („Die Winnetou-Patrone!“). Und man kann sagen was man will: hierin ist der Film durchgängig konsequent, es ist wirklich erstaunlich wie viele Szenen von diesem leichten, kindisch-naiven Humor durchzogen sind.
In Bezug auf Ausstattung und Action ist beim Ölprinz alles eine Ecke kleiner und weniger spektakulär als in seinen Vorgängern. Man vermisst ein bisschen die liebevollen Sets wie das Apachenpueblo, New Venango oder Bauman(n)s Ranch. Auch das Westernstädtchen Tucson wirkt weniger aufwändig und eigenständig wie zB Roswell. Die Action bietet durchgängig kleinere Scharmützel, wie wenn es Surehand mit diversen Handlangern des Ölprinzen aufnimmt oder der verhinderten Flucht des Ölprinzen und Knife über die Hängebrücke. Richtig spektakulär ist dieses mal aber eigentlich nur die grossangelegte Flossszene. Die mit echten Flössen und Flössern gedrehte Szene weiss dabei auch durchaus zu gefallen, allerdings hinkt die Szene aufgrund ihrer Inszenierung doch ein wenig. Für mich stellen die erkennbaren Rückprojektionsaufnahmen noch nicht einmal ein allzu großes Problem dar, wenngleich diese förmlich „Studio!“ schreienden Einstellungen den Fluss innerhalb der Szene schon etwas behindern. Viel gravierender finde ich die „Zerstückelung“ der Szene, die unübersehbar an unterschiedlichen Orten gedreht wurde. Gehen die auf der Cetina gedrehten Szenen noch sehr gut als gefährliche, reissende Flussfahrt durch (was sie in echt wohl auch war), so sind vor allem die finalen Passagen an den wohlbekannten Krka-Trassen regelrecht kontraproduktiv hinsichtlich der Inszenierung einer bedrohlichen Gefahr. Die in den Vorgängern als romantische Ferienlandschaft eingeführten idyllischen Wasserfälle (wo u.a. das Lavi-Double so sorglos planschte) sollen nun als todbringender Abgrund a la Niagara durchgehen? Das funktioniert einfach nicht und man frägt sich angesichts dessen eigentlich nur, warum die Flossfahrer nicht einfach ins Wasser springen und ein ruhiges Bad nehmen.
Leider ist Philipps Inszenierung auch an manch anderer Stelle allerhöchstens routiniert, ein Paradebeispiel dafür ist die Verwendung eines Uralt-Standards als Surehand den falschen Bill Forner ausquetschen will:„es ist…es ist…“ Peng und schon war er tot, diese Szene ist so vorhersehbar und so ausgelutscht, dass man es kaum glauben kann mit welcher Selbstverständlichkeit Philipp diesen alten Hut aus selbigem zaubert. Eine andere gruselige Idee ist die Art, wie er im finalen Angriff der Utahs auf den Treck Winnetou in Szene setzt: der Apache wehrt einen Pfeilhagel mit seinem Tomahawk ab! Diese kurze Passage ist so schlecht und unpassend eingefügt, dass hier Erinnerungen an den ollen Petz aus Winnetou 2. Teil wach werden. Brice Bemühungen mit seinem Beil sehen eher nach 70er Jahre TV-Skigymnastik (Manfred Vorderwühlbecke!) aus, denn nach dynamischer Action. Das kritisierte Finale mit dem ausfallenden Kampf Indianer-Siedler finde ich dagegen verschmerzbar, Winnetou selbst sagt ja, dass es keinen Kampf geben wird angesichts der hoffnungslosen Unterlegenheit. Ein beherztes Aufbäumen dieser zuvor als hilflos-naive Lämmchen in Szene gesetzten Siedler wäre hier auch nicht glaubwürdig gewesen – wobei dieser Aspekt in gerade diesem Film zugegebenermaßen nicht wirklich ins Gewicht fallen würde.
Auch wenn er nicht den schwelgerischen Blick eines Reinl für Landschaften hat, so sind Philipp dennoch ein paar schöne Einstellungen gelungen, vor allem der in wunderbar-stimmungsvollem „Day-for-Night“ gedrehte nächtliche Überfall auf den (vermeintlich) schlafenden Surehand in Mitten einer roten Blumenwiese sieht wirklich toll aus. Auch fehlt Philipp in seiner Inszenierung die raue Dynamik von Vohrer wie auch sein Film das vergleichsweise hohe Tempo von Unter Geiern nie auch nur annähernd erreicht. Erfreulich ist hingegen, wie kurzweilig der Film in Summe ist und hier muss man Philipp dann doch wieder ein kleines Kompliment machen, da er gerade auch durch die durchgängige Betonung des Humors und die Beschränkung auf das Wesentliche in der „Rahmenhandlung“ (also der eigentlichen Handlung) den Fluss des Films immer aufrecht erhält und nie ins Stocken geraten lässt. Ein dickes Lob verdient sich – wieder einmal – Martin Böttcher, der erneut eine gelungene Variation seines beliebten Stiles präsentiert und mit der schmissigen Ölprinz-Melodie und dem romantischen Chinla-River-Thema zwei neue Klassiker aus dem Hut zaubert.
Bei der Besetzung erstaunt es, dass das Verhältnis zwischen Grangers Surehand und Brice Winnetou hier deutlich stimmiger rüberkommt. Zwar wirkt Winnetous Entrücktheit in Mitten des launigen und kunterbunten Treibens der Surehand-Welt (insbesondere im Ölprinz) immer noch ein wenig wie aus einer völlig anderen Welt, aber scheinbar hat sich Brice hier auf Grangers joviales Spiel eingestellt. Entsprechend wirkt das Verhältnis der beiden Protagonisten deutlich runder, irritierte Blicke von Seiten Brice gibt es diesmal nicht mehr, stattdessen lächelt sein Winnetou so viel wie sonst wohl nie. Grangers Darstellung ist nicht mehr ganz so derb und laut wie noch in Unter Geiern, stattdessen scheint auch er sich etwas den „Karl May“-Gepflogenheiten angepasst zu haben, auch wenn sein ironisch-lockerer Stil nach wie vor präsent ist und auch hier bestens funktioniert. Aber sein Surehand wirkt im Ölprinz etwas ruhiger, abgeklärter, eben weniger rustikal. Leipnitz macht seine Sache als selbstverliebter Dandy-Schurke gut, er spielt die Rolle konsequent und eigenständig. Erstaunlich gut kommt Girotti rüber als falschspielender Fingers mit Herz. Hier zeigt sich, dass Girotti immer dann gut ist, wenn er lockere Typen spielen darf, sein Richard ist ungleich weniger steif und gekünstelt wie seine anderen May-Rollen. Zwar dreht sich das gegen Ende wieder, wenn er doch wieder nur den (gewandelten) Gutmenschen gibt, aber dennoch hinterlässt er im Ölprinzen einen insgesamt positiven Eindruck. Macha Meril ist süss und nett anzusehen, spielt aber grottenschlecht als Karrikatur eines Backfisches, gruselige Darstellung, eine der schwächsten in der ganzen Serie. Die Weissgerber und Barnes als „Liebespaar“ sind grandios, wobei ich mir bis heute nicht so ganz sicher bin wieviel davon gewollter und wie viel davon unfreiwilliger Humor ist. Der konsequente Bruch von Barnes bärbeissigem Image funktioniert aber so oder so bestens und zusammen sorgen sie mit Meril und Girotti für die Erfüllung der zweiten Werbeprämisse: Ein Film mit Herz und Humor.
Auch wenn Der Ölprinz schon etliche Aspekte an Bord hat, die letztlich für den Nierdergang der Serie sorgen sollten so ist die Umsetzung dennoch noch kurzweilig und unterhaltsam genug. Die konsequente Betonung des Humors wie generell die Tatsache, dass sich der Film nie wirklich ernst nimmt (und damit eigentlich den radikalen Gegenentwurf zu den Filmen von Reinl darstellt) sorgen für gute Laune und verleihen dem Film sogar ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Die Inszenierung ist zuweilen holprig, zuweilen sogar hilflos in iherer routinierten Einfallslosigkeit, aber die vielen amüsanten Szenen und das wirklich toll aufspielende Ensemble mildern dies weitgehend erfolgreich ab. In Summe ist Der Ölprinz ein deutlich amüsanterer als ein handwerklich guter Film, aber immer noch besser so als andersrum.
Wertung: 6,5 / 10
Re: Mayrathon - VI
Verfasst: 13. April 2015 12:20
von AnatolGogol
Casino Hille hat geschrieben:(...) doch macht auch auf eine Bemerkung aufmerksam, die Stewart Granger damals gegenüber Wendlandt äußerte: "Du kannst diese Filme noch viele Jahre weiterproduzieren, du musst sie nur jedes Mal besser und besser machen!" Treffender hätte man es nicht sagen können!
Ich möchte das hier schon mehrfach erwähnte Granger-Zitat als Ausgangspunkt für eine Diskussion über möglicherweise vergebene Chancen innerhalb der Karl May-Reihe aufgreifen. Zunächst erscheint Grangers Aussage ja absolut stimmig und logisch, gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Qualitätsabfalls der Filme ab 1965. Die Maschine wurde auf Hochtouren laufen gelassen, drei Filme pro Jahr bedeuteten nicht nur einen wesentlich höheren Aufwand sondern vor allem erheblich weniger Zeit für die Vorbereitung und Ausarbeitung der Filme. Entsprechend ist es eigentlich auch nicht verwunderlich, dass gerade die Drehbücher immer einfallsloser und ähnlicher wurden. Hinzu kam die spürbare Budgetentwertung, da die jugoslawischen Partner von Jadran natürlich auch mitbekommen hatten, wie erfolgreich die Filme in Deutschland liefen und daher ein entsprechendes Stück vom Kuchen abwollten. Ergo bekam man die gleichen Leistungen nun nur noch für deutlich mehr Geld bzw. richtiger sollte man schreiben: man bekam für das gleiche Geld deutlich weniger Leistung. Auch dies erklärt die zunehmend mehr nachlassenden Produktionswerte. Hinzu kamen dann auch noch die ebenfalls teurer werdenden Stars.
Als Fan der Filme kommt ob der qualitativen Entwicklung der Filme natürlich schnell der Wunsch auf, dass man doch bitteschön statt zunehmend formelhafter zu produzieren die Filme doch weiterhin so liebevoll und individuell wie zu Beginn der Serie hätte drehen sollen – also, dass man im Prinzip der Äusserung Grangers hätte folgen sollen. Aber wäre dies tatsächlich der erfolgreichere Weg gewesen? Schaut man sich Wendlandts Vorgehen genauer an, dann stellt man fest dass er sehr schnell und wenn man so will unromantisch die Reissleine gezogen hat, als die Filme begannen sich nicht mehr zu reüssieren (ähnlich wie er einige Jahre später dann auch sehr konsequent be den Wallacefilmen machte). Hätten die Filme denn überhaupt länger erfolgreich laufen können, wenn man das qualitative Niveau länger hochgehalten hätte? Zunächst muss man bei dieser Fragestellung berücksichtigen, dass ein höheres bzw. zumindest konstantes Niveau mit einer längeren (Vor-)Produktionsdauer verbunden gewesen wäre als bei den echten „Standard“-Produktionen ab 1965.
Zudem kann man davon ausgehen, dass das übliche Budget von irgendwo dreieinhalb Millionen DM dann auch nicht mehr gereicht hätte, da man ja auch in Bezug auf spektakuläre Attraktionen die Schraube hätte weiterandrehen müssen. Also weniger Filme pro Jahr (realistisch 1/2 statt 2/3) mit höheren Kosten. Das Risiko wäre also ungleich höher gewesen. Hinzu kommt, dass die May-Welle eng mit ihrer Zeit gekoppelt war. Die frühen 60er waren wohl der späteste Zeitpunkt, zu dem ein solch großer Erfolg überhaupt noch möglich gewesen ist. Die anschliessende 68er Generation hatte wenig Interesse an den klischeehaften Märchen, wie sich diese Generation auf dem Gebiet des Films auch sehr bewusst und strikt von „Opas Kino“ abewendete, zu welchem die Karl May-Filme fraglos zu zählen sind. Die zeitliche und geschichtliche Entwicklung nahm den Karl May-Filmen den Nährboden, etwas was Brauner verspäteter Karl May-Nachklapp „Im Tal der Toten“ 1968 an der Kinokasse schmerzlich erfahren musste (wenn er auch mit einem blauen Auge davon kam).
Es fällt schwer zu glauben, dass qualitativ höherwertige Filme dieser Entwicklung hätten trotzen können, zumal mit den Italowestern ein neues, wesentlich zeitgemäßeres Subgenre als direkte Konkurrenz die Karl Mays noch älter hat aussehen lassen. Unterm Strich muss ich so zu dem Schluss kommen, dass hätte Wendlandt den „Rat“ von Granger befolgt der Fan zwar vermutlich den ein oder anderen besseren Film bekommen hätte, er selbst damit wirtschaftlich aber wahrscheinlich schlechter abgeschnitten hätte als in echt, da weniger Filme mit teureren Kosten und aufgrund der Marktsituation wahrscheinlich wenn überhaupt nur mit unwesentlich höherem Erfolg. So gutgemeint der Rat von Granger war, im speziellen Falle der Karl May-Filme war er wohl letztlich falsch, da einfach das falsche Genre und zu spezielle Rahmenbedingungen. Im Gegensatz zB zu den Bondfilmen konnte sich die Serie schon aufgrund ihres Genres und ihrer Grundbeschaffenheit nicht permanent neu erfinden oder sich den aktuellen zeitgenössischen Kinotrends anpassen. Und letztlich war der Markt für diese Filme auch zu klein, um die vergältnissmässig teuren Produktionen auf Dauer tragen zu können. Wendlandt hat wohl mit seiner Strategie tatsächlich das absolute Maximum an Gewinn aus den Filmen rausgeholt.
Was meint ihr, war Grangers Rat richtig oder doch eher an der Realität vorbei? Hätten die Karl May Filme eine längere Zukunft gehabt, wenn man anders vorgegangen wäre?