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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Predator: Upgrade
Würde man Filme stets für bare Münze nehmen, so müsste man spätestens bei Fortsetzungen oft schmunzelnd den Kopf schütteln und fragen: Warum greifen Monster oder Aliens überdurchschnittlich oft die USA an? Warum passiert ausgewählten Herrschaften wie John McClane oder James Bond immer wieder dieselbe Geschichte? Und warum plagen gewisse Kreaturen in regelmäßigen Intervallen nicht nur die Kinozuschauer, sondern auch ganz banal den Planeten Erde? Zumindest letztere Frage versucht Regisseur und Drehbuchautor Shane Black zu erläutern, wenn er in „Predator: Upgrade“ selbstironisch erklärt, dass der ikonische Dreadlocks tragende Trophäenjäger aus dem All seit seinem ersten Erscheinen im Action-Meisterwerk von John McTiernan 1987 mehrfach zur Verbesserung seiner Fähigkeiten zum blauen Planeten zurückkehrte. Zwar ist dies eine kreative Erklärung für die vielen seelenlosen Fortsetzungen des Originals in Film- oder Comicform, doch rettet es „Upgrade“ nicht davor, sich in genau diese Sparte einzugliedern.
Für „Predator“-Fans ist Shane Black kein unbeschriebenes Blatt. Er selbst sollte damals für die Produzenten des Urfilms am Drehbuch mitwerkeln und – obwohl er dies verweigerte – wurde er als einer der Soldaten besetzt, die an der Seite von Arnold Schwarzenegger im Dschungel ums Überleben bangen mussten. Der Film erwies sich damals als unerwarteter Erfolg. Nicht nur Arnie, die brutale Gewalt und das faszinierende Monsterdesign von Stan Winston überzeugten, sondern auch die tiefere Ebene hinter dem Katz-/Mausspiel. Als Parabel auf das anhaltende Vietnam-Trauma der USA zeigte „Predator“ stahlharte Kerle wie Jesse Ventura oder Carl Weathers verzweifelt und chancenlos gegen den überlegenen Jäger. Und genau hier scheitert Blacks 31 Jahre spätere Fortsetzung im Geiste. So sehr seine auf Political Correctness verzichtende, mit deftiger Splatter-Gewalt ausgestattete Erzählung das Herz von 80er-Actionfans kurzzeitig zum Hüpfen bringen könnte, so sehr verpasst Black es, seinem „Upgrade“ jene Eigenschaften mitzugeben, die „Predator“ einst zu mehr als einem Testosteron getränkten Männerfilm machten: Menschliche Akteure, tiefere Absichten und vor allem eine Vision. Stattdessen ist es eine ganz andere Mission, die Black und seine Produzenten verfolgen und die sich erst in der letzten Szene äußern: Die Erweiterung/Erneuerung der Marke zum Franchise.
Die Crux eines jeden Reboots ist, dass er bevor er etwas neues, aufregendes mit der Marke probieren kann, erstmal für die neuen Zuschauer das Altbekannte neu aufwärmen muss. „Predator: Upgrade“ hakt dabei so routiniert und uninspiriert den Predator-Mythos ab, dass er dabei das Monster vollkommen entmystifiziert, erst recht, als Black die Jagdaktivitäten der außerirdischen Mörder mit modernen Problemen wie der globalen Klimaerwärmung verknüpft. Natürlich ist der Predator schon optisch heute zu bekannt, um noch echten Grusel auf der Leinwand aufzulösen, doch das entschuldigt nicht, wie lustlos Black ihn nur als Katalysator für eine groteske Actionkomödie missbraucht. Akteure wie Boyd Holbrook, Olivia Munn, Sterling K. Brown oder Thomas Jane definieren sich nur über ihre Qualität mit der Waffe und ihre Quantität an Onelinern, bleben aber austauschbare Pappkameraden, die größtenteils ohnehin nur als Kanonenfutter gedacht sind. Besonders schmerzhaft ist in dem Zusammenhang ein ganzer Subplot um einen autistischen Jungen, der nicht nur die Sprache der Predator ad hoc verstehen lernt, sondern dessen Autismus vom Script auch als nächste Stufe der menschlichen Evolution bezeichnen wird. Schon in seinen vorherigen Regie-Ausflügen „Kiss Kiss Bang Bang“ und „The Nice Guys“ liebäugelte Shane Black mit geschmacklosen Elementen in Verbindung mit klassischen Erzählstoffen wie etwa den Romanen von Raymond Chandler, doch der Humor von „Predator: Upgrade“ fühlt sich erstaunlich altbacken an, während dem Film ansonsten misslingt, gleichermaßen die Bedürfnisse der 80s-Fans und die des jungen Franchise-affinen Publikums unter einen Hut zu bringen.
So scheint „Upgrade“ ein Potpurri an im schlechten Sinne absurden, fehlgeleiteten Ideen zu sein. Für die Hardcore-Nerds gibt es da z.B. eine lange Diskussion über die Richtigkeit der Bezeichnung „Predator“ für einen aus Leidenschaft tötenden Jäger, während jüngere Semester sich über ein ausladendes CGI-Finale und neue Kreaturen wie einem mutierten Riesen-Predator und außerirdischen Jagdhunden („Predadogs“) erfreuen sollen. In den wenigen gelungenen Momenten, die meist als Hommage an McTiernans Erstling gedacht sind, zeigt sich, dass Black sich eigentlich die 80er zurückwünscht, als der sogenannte „Männerfilm“ noch florierte, doch mit seinem sterilen Look, den (zugegeben durchs Budget bedingten) schwachen visuellen Effekten und seiner eindeutigen Franchise-Kompatibilität ist „Predator: Upgrade“ trotz politisch unkorrekter Dialoge und viel Gore-Brutalitäten viel zu sehr ein Kind des Jahres 2018, um diesem Anspruch genüge zu werden. Was bleibt ist ein Drehbuch, dass seine Vielzahl an hanebüchenen Momente so oft mit selbstreferenziellen Gags zu retten versucht, dass „Upgrade“ eher als „Predator“-Parodie denn als ernsthafte Fortführung des Kino-Mythos funktioniert. Einzig der wie so oft fantastische Soundtrack-Komponist Henry Jackman erfüllt die Anforderungen an einen „Predator“-Neuaufguss nach 31 Jahren: Treibend, dynamisch und packend zelebriert er musikalisch den Actionkult und hat in all dem Bombast immer noch genug Platz für die Originalmusik von Alan Silvestri. Vorbildlich!
Fazit: Jeder Fangruppe sei ein solcher Nostalgie-Trip wie „Predator: Upgrade“ natürlich vergönnt. Doch selbst den härtesten Verfechtern der extraterrestrialen Menschenjagd wird auffallen, dass letztlich nichts im schon sechsten Leinwandausflug des Alien-Punks sich so in die Filmgeschichte wird eintragen können wie es McTiernan und Schwarzenegger 1987 gelang. Was sicher nicht das Problem wäre, wenn das „Upgrade“ für den Kinokult nicht schon beim Einsetzen des Abspanns wieder vergessen wäre und höchstens dazu animieren könnte, sich wieder den Originalen zu widmen. Ob es wirklich zu den angedeuteten Fortsetzungen kommen wird, bleibt ungewiss. Shane Black, der derweil damals als Soldat im Urwald als erster dem „Predator“ zum Opfer fiel, zeigt hier nur, dass er ihm nach wie vor nicht gewachsen ist.
4/10
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Let the sheep out, kid.