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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

Verfasst: 18. August 2022 01:31
von HCN007
Sondervorstellung
iHaveCNit: Jaws (1975) – Steven Spielberg – Universal
Deutscher Kinostart: 18.12.1975
gesehen am 17.08.2022 in OV
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 3, Platz 9 – 21:00 Uhr

Im Rahmen der Vorstellungsreihe „(Dis)Harmonie – Die Reihe für den abseitigen Film“ der Arthouse-Kinos Frankfurt gab es eine Wiederaufführung des wohl einflussreichsten Horror-Sommer-Blockbuster-Klassiker der Filmgeschichte „Jaws“ bzw. „Der Weiße Hai“ von Steven Spielberg mit dem legendären Trio aus Roy Scheider, Robert Shaw und Richard Dreyfuss, der grundsätzlich filmische Meilensteine gelegt hat und in Sachen Spannungsaufbau, Kameraarbeit, Musik und den handgemachten Effekten einfach fast zeitloses Kino ist.
„Jaws“ – Multiple Look – 10/10 Punkte.

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

Verfasst: 20. August 2022 07:19
von Agent 009
Habe gestern zum ersten Mal München gesehen. Sehr stark. Sehr packend inszeniert und gut gespielt!!

9/10

Re: Zuletzt gesehener Film

Verfasst: 8. Oktober 2022 18:09
von Patrice
Die Abenteuer von Tim und Struppi - Das Geheimnis der Einhorn (2011)
Vor 11 Jahren mal gesehen und bis zu dem kurzen Gespräch in MR wieder vergessen.
Direkt gebraucht gekauft und heute angeschaut.
Optisch für einen mittlerweile 11 Jahre alten Animationsfilm sehr gut. Der Score stört mich in manchen Szenen (ich muss offen sagen, dass ich noch nie der größte John Williams Fan war), ist aber nichts dramatisches. An manchen Stellen wirkt der Film etwas zu überladen. Es gibt eine Actionszene nach der anderen, wodurch es ab der Hälfte des Films gefühlt zu viel wird und man eigentlich mal kurz Abstand nehmen und den Figuren etwas Zeit geben möchte. Das Ende wirkt im Vergleich zum restlichen Film zu abrupt.
Insgesamt ein schöner kleiner Film mit kleines Mankos, der leider immer noch auf seinen Nachfolger wartet

7/10

Re: Zuletzt gesehener Film

Verfasst: 10. Oktober 2022 09:17
von Casino Hille
Patrice hat geschrieben: 8. Oktober 2022 18:09 Die Abenteuer von Tim und Struppi - Das Geheimnis der Einhorn (2011)
Vor 11 Jahren mal gesehen und bis zu dem kurzen Gespräch in MR wieder vergessen.
7/10
Ach, den liebe ich, einer der besten Spielbergs. Ich verstehe jeden, der sagt, für ihn hat das nicht mehr so viel mit Hergé zu tun, mir geht es da aber anders: Der Kino-"Tintin" ist so voll von kindlicher Begeisterung, kreativen Actionszenen (in Marokko sogar als One-Shot, eine furiose Szene!), witzigen Momenten, liebevollen Details und der überall spürbare "Young Indiana Jones"-Touch sorgt für mehr Abenteuerfeeling und damit Unterhaltungsfaktor als in irgendeinem anderen Spielberg seit 1989 (mit der Ausnahme "War Horse", den ich ebenfalls ohne mich dafür zu schämen völlig grandios finde).

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

Verfasst: 11. Oktober 2022 11:26
von vodkamartini
Ich werde einfach mit dem Motion-Capture-Verfahren nicht warm. Das ist mir zu steril. Auch wenn der Film einige wunderbare Indy-Momente hat.

Ansonsten gebe ich dir recht. Spielberg hat sein "Abenteurfeeling" weitestgehend verloren. Vielleicht aber auch eine Alterssache. Ich persönliche bevorzuge klar sein Pre-1993-Oeuvre.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 28. November 2022 13:07
von craigistheman
Mir hat Tintin zum Beispiel sehr gut gefallen, zumal der optische Stil für mich ins schwarze traf und viel Liebe zum Detail und somit auch zu Hergés ikonischen Comics offenbarte. Auch Hergés flitzpiepenhafter, spöttischer Blick auf die Gesellschaft kam in Spiebergs Film zur Geltung. Genau dort hatte ich die größte Schwachstelle befürchtet. Von einem verlorenen Sense of Magic seit den 2000ern würde ich daher nicht sprechen. Aber Spielbergs Kino ist kein geistvolles und sein Zugang zum Menschlichen nunmal verkitscht und sentimental. Solange er Stoffe umsetzt, denen er aufgrund seines effektiven aber limitierten Instrumentariums, sowie seiner Nähe zum Etablierten einfach nicht gewachsen ist, kann er halt nicht glänzen. In den Siebzigern und Achtzigern war er meiner Ansicht nach in Sachen Spannung, Timing, Effekte und Bombast nicht zu überbieten, und dort gehört er meines Erachtens auch hin, ganz wie Indiana Jones auch.
Und PWB hat mir bei Bond schon gereicht.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 28. November 2022 13:24
von Casino Hille
craigistheman hat geschrieben: 28. November 2022 13:07 Aber Spielbergs Kino ist kein geistvolles und sein Zugang zum Menschlichen nunmal verkitscht und sentimental. Solange er Stoffe umsetzt, denen er aufgrund seines effektiven aber limitierten Instrumentariums, sowie seiner Nähe zum Etablierten einfach nicht gewachsen ist, kann er halt nicht glänzen.
Spielbergs Kino ist in seinen besten Momenten magisch und über welches limitierte Instrumentarium er verfügen soll, ist mir nicht klar. Kaum einer hat so viele Klassiker geschaffen und die Popkultur filmisch so geprägt und mitdefiniert. "Der weiße Hai", "E.T.", "Jäger des verlorenen Schatzes", "Unheimliche Begegnung der dritten Art", "Schindlers Liste" etc. Ihn jetzt auf einen "effektiven" Mainstreamler zu verkürzen, wird ihm wahrlich nicht gerecht. Er mag nie intellektuelles Laber-Kino à la Michael Haneke gemacht haben (Gott sei Dank!), aber er hat selbst mit weniger massentauglichen Stoffen (Beispiel: "Bridge of Spies") oft ein Publikum gefunden – gerade weil seine sentimentales Storytelling (ich würde es eher emotional nennen) noch heute Anklang findet. Muss man anerkennen, und ich bin die letzten Jahre weiß Gott keiner gewesen, der Spielbergs Kram durchweg bejubelt hat. Limitiert ist er aber nun wirklich nicht – jedenfalls nicht mehr oder weniger als zum Beispiel Michael Haneke es auch ist.

Seinen "Tintin" schätze ich ebenfalls sehr, der und "Gefährten" sind die großen Ausnahme-Spielbergs der letzten 20-30 Jahre – plus besagtem Film, der im März 2023 hierzulande startet und den ich ohne Zögern in einem Atemzug mit "E.T." und "Der weiße Hai" nennen würde.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 28. November 2022 13:56
von AnatolGogol
@Hille: schön, dass dir Spielbergs Pferdeoper auch so gut gefällt. Der ist für mich auch sein mit Abstand bester Film der letzten 25 Jahre und vor allem auch der Film, der stilistisch am nähesten an seiner grossen Zeit (Mitte 70er bis Ende 80er) dran ist. Hängt sicherlich auch damit zusammen, dass er trotz des an sich ernsten Backgrounds (WW I) sich ganz auf seine bewährte, stark emotionalisierende Inszenierung früherer Tage verlässt.
craigistheman hat geschrieben: 28. November 2022 13:07 Mir hat Tintin zum Beispiel sehr gut gefallen, zumal der optische Stil für mich ins schwarze traf und viel Liebe zum Detail und somit auch zu Hergés ikonischen Comics offenbarte.
Sehe ich - leider - als großer Fan der Comics ganz anders. Ich fand Spielbergs Fasssung im Kino seinerzeit zwar ganz nett und unterhaltsam, aber leider auch komplett am Geist von Hergés Vorlagen vorbei. Es kam mir gerade so vor, als ob Spielberg (und Jackson) überhaupt nicht begriffen haben, was Hergés Arbeiten eigentlich so grossartig macht. Während bei Hergé eigentlich immer die Geschichten und vor allem die Figuren (mit Ausnahme der frühen, sehr episodenhaften Abenteuer wie Kongo, Amerika oder Land der Sowjets) im Zentrum standen, dient dies bei Spielberg nur als Rechtfertigung für eine Aneinanderreihung von Actionszenen im Indy-Stil. Als solches mag das gelungen sein, aber gerade im Hinblick auf die Figuren sind die legendären Charaktere geradezu lachhaft oberflächlich geraten. Ja, natürlich sind das Comicfiguren, aber Hergé gelang es bei aller Überzeichnung (gerade bei Haddock) immer den Figuren auch Würde und Tiefgang mitzugeben zwischen all dem kunterbunten Treiben, nicht zuletzt in der Interaktion der Figuren. Das fehlt bei Spielberg komplett. Es ist auch bezeichnend, dass er der Meinung war es mit einem wirr zusammengewürfelten Potpourri aus Handlungselementen verschiedener Alben besser machen zu können als der begnadete Geschichtenerzähler Hergé. Am Ende kam erwartungsgemäß das Gegenteil raus: eine lose, wenig spannende und interessante Aneinanderreihung von Einzelszenen.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 28. November 2022 14:34
von Casino Hille
AnatolGogol hat geschrieben: 28. November 2022 13:56 Während bei Hergé eigentlich immer die Geschichten und vor allem die Figuren (mit Ausnahme der frühen, sehr episodenhaften Abenteuer wie Kongo, Amerika oder Land der Sowjets) im Zentrum standen, dient dies bei Spielberg nur als Rechtfertigung für eine Aneinanderreihung von Actionszenen im Indy-Stil. Als solches mag das gelungen sein, aber gerade im Hinblick auf die Figuren sind die legendären Charaktere geradezu lachhaft oberflächlich geraten. Ja, natürlich sind das Comicfiguren, aber Hergé gelang es bei aller Überzeichnung (gerade bei Haddock) immer den Figuren auch Würde und Tiefgang mitzugeben zwischen all dem kunterbunten Treiben, nicht zuletzt in der Interaktion der Figuren.
Jain. Du hast sicher recht, dass Spielbergs Film auf Actionszenen den Fokus legt und tonal bestimmt nicht in jeder Szene perfekt Hergé trifft, aber ich mag den Film auch extrem gerne und kann deine Kritik an der Oberflächlichkeit der Charaktere nur bedingt teilen. Gerade Haddock und Tintin in ihrer direkten Umgangsweise miteinander fand ich ganz großartig getroffen. Haddock als depressiver Alkoholiker, der durch den Abenteuergeist Tims angesteckt wird, ihn schließlich enttäuscht und daraufhin dem Alkohol abschwört – super! Dafür wirst du keine Drehbuch-Preise gewinnen, aber für einen 110 minütigen Actionfilm war das meines Erachtens ein Treffer. Ich würde dir auch widersprechen, Spielberg habe geglaubt, er könne irgendwas besser machen als Hergé, da sehe ich die Intention viel weniger böswillig. Er wollte eben natürlich einen spektakulären Film machen und hat sich dafür Vorlagen ausgesucht, mit denen sich das gut machen lässt – und man hätte die Geschichten deutlich schlechter verzahnen können, das finde ich schon überzeugend gelöst.

Ansonsten ist der Film doch so großartig, weil er eigentlich der vierte "Indiana Jones"-Film ist, den wir 2008 hätten bekommen sollen. Alleine diese phänomenale Actionszene mit den zwei Piratenschiffen in der Wüste oder die "One Shot"-Verfolgungsjagd durch die flutende Stadt – atemberaubend. Was mir an diesem Film insbesondere gefällt – und das hat er dann mit "Gefährten" gemein – ist, dass Spielberg hier wieder zum Spielkind wird. Seine besten Filme ("Der weiße Hai", "Jäger des verlorenen Schatzes", "E.T.", "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" … & *hust* "1941" *hust*) sind doch allesamt deshalb so wunderbar, weil Spielberg das erzählt und inszeniert, als wäre er ein dickes Kind im Schokoladengeschäft. Da ist eine totale Begeisterung, eine aufrichtige Liebe am Spaß, an Unterhaltung. Das hat Verve, Spielfreude, Witz, und ist immer noch eine Spur abgedrehter konzipiert, immer noch einen Tacken kreativer als bei allen anderen. Spielberg ist bei seinen großen Filmen immer die Extrameile gelaufen, und die läuft er in "Tintin" und "Gefährten" ebenfals wieder, während ich bei seinem restlichen Schaffen ab 1989 das Gefühl habe, dass er es sich unterwegs häufig gemütlicher gemacht hat.
AnatolGogol hat geschrieben: 28. November 2022 13:56 schön, dass dir Spielbergs Pferdeoper auch so gut gefällt. Der ist für mich auch sein mit Abstand bester Film der letzten 25 Jahre und vor allem auch der Film, der stilistisch am nähesten an seiner grossen Zeit (Mitte 70er bis Ende 80er) dran ist.
Absolut-ely. Ein ganz, ganz toller Film. Eigentlich wären wir mit dieser Diskussion ja im Spielberg-Thread besser aufgehoben als im Indy-Thread, daher lass mich nochmal den Bogen spannen: Ein fünfter "Indiana Jones"-Film ist für mich eine komplizierte Angelegenheit, weil einfach viele Faktoren entscheidend dafür waren, warum Teil 1-3 solche popkulturellen Meilensteine geworden sind. Steven Spielberg als Geschichtenerzähler und visueller Magier ist eine (!) Ebene dieses Erfolgs, aber nicht die einzige. Im heutigen Zeitgeist wäre ein Film wie "Jäger des verlorenen Schatzes" nahezu undenkbar – nicht ganz ohne Grund wollen ähnliche Franchise-Versuche wie "Uncharted" oder "Tomb Raider" im Kino einfach nicht zünden (zumal Stars mit dem extremen Charisma eines Harrison Fords in seiner besten Zeit eben auch nicht auf den Bäumen wachsen). "Indiana Jones" funktioniert heute nur noch als Retro-Show, als Callback zu den 80ern, als Kopie seinerselbst – muss natürlich jeder für sich wissen, ob man ihn so noch sehen will.

So funktioniert aber ja zurzeit das ganze Massenkino. Alles guckt nur noch zurück. Kino-Filme sind mittlerweile längst "Content" geworden und triggern nur noch kurzzeitiges Serotonin über Erinnerungen an die Filme, die man in seiner Kindheit gesehen und lieben gelernt hat. Die Chance, etwas neues lieben zu lernen, geben einem Blockbuster gar nicht mehr, weil sie zu beschäftigt damit sind, die schon vorhandenen nostalgischen Erinnerungen zu kapitalisieren.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 28. November 2022 15:09
von AnatolGogol
Casino Hille hat geschrieben: 28. November 2022 14:34 Gerade Haddock und Tintin in ihrer direkten Umgangsweise miteinander fand ich ganz großartig getroffen. Haddock als depressiver Alkoholiker, der durch den Abenteuergeist Tims angesteckt wird, ihn schließlich enttäuscht und daraufhin dem Alkohol abschwört – super!
Ich hab den Film schon lange nicht mehr gesehen, aber so wie ich ihn Erinnerung habe wird die Beziehung in erster Linie komödiantisch angelegt und Haddock als Pausenclown. Sicherlich hat Hergé immer wieder Haddock zu komödiantischen Zwecken genutzt, aber gerade in seinem Einstieg in Die Krabbe mit den goldenen Scheren, welche Spielberg ja für den Mittelteil seines Films geplündert hat, ist Haddock eine häufig erstaunlich düstere Figur. Auch sein Alkoholismus ist hier noch genau das was er ist: eine Krankheit und nicht wie in vielen der späteren Alben eher als lässliches Laster dargestellt. Das kommt mir bei Spielberg alles viel zu kurz oder ist stark karikiert. Ich könnte das (also den reinen Haddockschen Clown) vielleicht sogar angesicht des von Spielberg anvisierten Zielpublikums noch verkraften, jedoch...
Casino Hille hat geschrieben: 28. November 2022 14:34Ich würde dir auch widersprechen, Spielberg habe geglaubt, er könne irgendwas besser machen als Hergé, da sehe ich die Intention viel weniger böswillig. Er wollte eben natürlich einen spektakulären Film machen und hat sich dafür Vorlagen ausgesucht, mit denen sich das gut machen lässt – und man hätte die Geschichten deutlich schlechter verzahnen können, das finde ich schon überzeugend gelöst.
Wenn ihm so an der Vorlage lag, wie er im PR-Geblubber immer erzählt hat, was hätte dann dagegen gesprochen einen Band komplett zu verfilmen? Für mich ist es offensichtlich, dass Spielberg das nicht gereicht hat, weil er dem Material nicht zugetraut hat ausreichend für einen kompletten Film zu sein. Und das ist dann geradezu absurd, da sein Bände-Hopping ja zwangsläufig auf den bei Hergé vorhandenen Tiefgang verzichten muss zugunsten eines Pseudo-Best-Ofs aus verschiedenen Bänden. Nein, da hat alles dramaturgisch wenig Hände und noch weniger Füße und ich kann da nur zu dem Schluss kommen, dass Spielberg den Hergé bzw. das Wesen der Tintin-Comics nicht verstanden hat.
Casino Hille hat geschrieben: 28. November 2022 14:34 Ansonsten ist der Film doch so großartig, weil er eigentlich der vierte "Indiana Jones"-Film ist, den wir 2008 hätten bekommen sollen.
Das kann man sicher so sehen - auch wenn ich deine Begeisterung auch abseits meiner Kritik an der Hergé-Ferne nicht in dieser Ausprägung teile. Aber es ist eben ein Tintin-Film und kein Indy und daher ist das für mich so oder so nur ein schwacher Trost.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 28. November 2022 15:51
von vodkamartini
Casino Hille hat geschrieben: 28. November 2022 13:24
craigistheman hat geschrieben: 28. November 2022 13:07 Aber Spielbergs Kino ist kein geistvolles und sein Zugang zum Menschlichen nunmal verkitscht und sentimental. Solange er Stoffe umsetzt, denen er aufgrund seines effektiven aber limitierten Instrumentariums, sowie seiner Nähe zum Etablierten einfach nicht gewachsen ist, kann er halt nicht glänzen.
Spielbergs Kino ist in seinen besten Momenten magisch und über welches limitierte Instrumentarium er verfügen soll, ist mir nicht klar. Kaum einer hat so viele Klassiker geschaffen und die Popkultur filmisch so geprägt und mitdefiniert.
So ist es. Aber mit Ryan kippt das zumindest in der Summe. Man vergisst ja ganz gern, dass er ein junger Wilder war, irgendwann wird jeder gesetzter. Man sieht das ja auch immer wieder auch bei den späteren Alben großer Bands. Da springt der Funke auch nciht mehr so ganz über. Es liegt sicher auch daran, dass der Altersunterschied zum Massenkinopublikum immer größer wird, denn das ist eben so zwischen 12 und 25.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 28. November 2022 15:55
von craigistheman
Casino Hille hat geschrieben: 28. November 2022 13:24
Spielbergs Kino ist in seinen besten Momenten magisch und über welches limitierte Instrumentarium er verfügen soll, ist mir nicht klar. Kaum einer hat so viele Klassiker geschaffen und die Popkultur filmisch so geprägt und mitdefiniert. "Der weiße Hai", "E.T.", "Jäger des verlorenen Schatzes", "Unheimliche Begegnung der dritten Art", "Schindlers Liste" etc. Ihn jetzt auf einen "effektiven" Mainstreamler zu verkürzen, wird ihm wahrlich nicht gerecht. Er mag nie intellektuelles Laber-Kino à la Michael Haneke gemacht haben (Gott sei Dank!), aber er hat selbst mit weniger massentauglichen Stoffen (Beispiel: "Bridge of Spies") oft ein Publikum gefunden – gerade weil seine sentimentales Storytelling (ich würde es eher emotional nennen) noch heute Anklang findet. Muss man anerkennen, und ich bin die letzten Jahre weiß Gott keiner gewesen, der Spielbergs Kram durchweg bejubelt hat. Limitiert ist er aber nun wirklich nicht – jedenfalls nicht mehr oder weniger als zum Beispiel Michael Haneke es auch ist.

Seinen "Tintin" schätze ich ebenfalls sehr, der und "Gefährten" sind die großen Ausnahme-Spielbergs der letzten 20-30 Jahre – plus besagtem Film, der im März 2023 hierzulande startet und den ich ohne Zögern in einem Atemzug mit "E.T." und "Der weiße Hai" nennen würde.
Interessant, diese Haltung hätte ich jetzt in dieser Form nicht von dir erwratet ;).

Wenn es um Abenteuer, Action, Thrill, Timing und Suspense geht, so sehen wir das hinsichtlich Spielbergs unbestreitbaren Talenten und seinem Erfindungsreichtum ganz ähnlich.

Seine meines Erachtens unübersehbaren handwerklichen, wie auch geistigen Limitierungen liegen im Umgang mit historischen, oder besonders ambivalenten Stoffen. Aus einer potentiellen Vergasung einen Spannungsmoment zu erzeugen, diesen auch als Spannungsmoment für das Publikum zu inszenieren, ist eigentlich gänzlich untragbar und zeugt nicht gerade von Reflexivität gegenüber eines derartigen Themenkomplexes wie die Shoah. Auch Auschwitz ist völlig an der Realität der Lagerinfrastruktur zu Gunsten eines Schauder-Effektes (die im Film überdimensionierten Schornsteine der Krematorien waren nicht vom Bahnhof aus sichtbar, schon bereits aus dem einfachen Grund nicht, Aufstände bei der Ankunft der Gefangenen möglichst zu unterbinden) rekonstruiert. Berücksichtigt man die peinlich genaue Rekonstruktion des Außenlagers Plaszow und der Villa Amon Göths, erscheint der Faux-Pas hinsichtlich der Darstellung Auschwitz Birkenaus noch gravierender. Hier verkauft Spielberg wie so oft in seinen historischen Filmen das Thema unter Wert, um einen dramatischen und fesselnden Effekt für die Zuschauer*innen zu erzielen, was ich in diesem besonderen Fall für ethisch falsch halte - ungeachtet davon, wie sich Herr Spielberg sonst positioniert, seine Absichten sind ja nicht schlecht. Das ist manipulatives Verdummungskino, das zum unreflektierten Konsum animiert. Hinzu kommen die omnipräsenten dramaturgischen Mittel des Melodrams und des Actionkinos, das was Spielberg eben am besten beherrscht. Das sentimentale Ende, der Zusammenbruch Schindlers ist an Schwülstigkeit nicht zu überbieten, der darauffolgende Hurra-Zionismus an Schindlers Grab setzt dem ganzen dann noch das Häubchen auf. Ich könnte jetzt auch Saving Private Ryan und Die Farbe Lila auseinandernehmen, aber das erspare ich uns an dieser Stelle.

Michael Haneke mag für einige zwar intellektuell erscheinen (ich empfinde ihn eher als unglaublich präzise und somit eben auch fordernd), aber "Laber-Kino" ist was anderes, sorry. Das wird dem österreichischen Regisseur wahrlich nicht gerecht, zumal seine Filme bis auf zwei Ausnahmen nun wirklich alles andere als gesprächig sind, und er doch auch visuell in der Lage ist, großartiges auf die Leinwand zu bringen?
Klar, man kann das jetzt als unglaublich abgehoben, langweilig und prätentiös abtun, und ja - Haneke wohnt auch eine pädagogische Komponente inne, ein Bedürfnis die Menschen zu erziehen, aber wenigstens verkauft er sein Publiklum nicht für blöd, sondern fördert den Austausch und somit auch den Diskurs. Er wäre für ein Projekt wie Schindler's Liste sehr viel geeigneter als Spielberg - da er eben wirklich in der Lage ist menschliche Ambivalenz zu zeigen, und nicht an plumpen, einfachen Antworten auf komplexeste Sachverhalte interessiert ist.

Dennoch, Haneke hier als Gegnbesispiel zu Spielbergs Kino anzubringen, entzieht sich meinem Verständnis etwas, oder wolltest du genau so eine Antwort lesen? Finde, das ist so ein typischer Äpfel mit Birnen-Vergleich.
Ich denke, dass beide Formen des Kinos bestens koexistieren können, nichts desto trotz liegen Spielbergs Stärken und Limitierungen auf der Hand. Das ist aus meiner Sicht perfektes Handwerk, aber keine Filmkunst, und das muss es ja auch nicht, um vergnüglich zu sein. Im Falle von Schindler's Liste ist das, was Herr Spielberg treibt, leider kontraproduktiv. Indem er Auschwitz umkonstruiert und Krematorien an Orten anbringt, an denen keine waren, und Wasser aus den Leitungen kommen lässt (Zyklon B hätte ohnehin durch eine Dachluke eingelassen werden müssen), gießt er, wenn auch unfreiwillig natürlich, Öl in das Feuer der Holocaust-Leugner*innen, die sich ja gerne auf die "angstgetriebenen Hirngespinste" der Deportierten berufen, um die Existenz von Gaskammern und Krematorien zu negieren.

Spielberg IST der Mainstream und in weiten Teilen dafür verantwortlich, was als Mainstream-affin gilt und was nicht. Er hat es sogar geschafft eine neue Altersbegrenzung in das als extrem stoisch geltende Rating-System der USA durchzusetzen, das führt auch die wirtschaftliche Macht dieses lange Zeit eben auch sehr wirtschaftlich interessierten Menschen vor Augen. Natürlich ist Spielberg ein toller Regisseur und ich liebe seine Indiana Jones-TRILOGIE, Jaws, E.T. oder auch Duell, aber besonders substanziell oder gehaltvoll ist das, was er tut einfach nicht. Und wenn er sich an solche Stoffe wagt, kommt eben immer nur Establishment-konformes Konsenzkino bei raus.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 29. November 2022 02:29
von Casino Hille
Ich mag "Schindlers Liste" auch nicht sonderlich (ich bevorzuge "Der Pianist"), aber letztlich ist es doch ganz einfach: Michael Haneke könnte fünfhundert Holocaust-Filme drehen und würde damit nie das Publikum erreichen und berühren, das von einem Steven Spielberg erreicht und berührt wird. Das muss man neidlos anerkennen - und ja, das ist für sich genommen auch ein großer Verdienst. Ansonsten denkst du mir zu sehr in Kategorien, die es so meines Erachtens nicht gibt. Spielbergs Filme sind perfektes Handwerk, aber keine Filmkunst? Wer entscheidet das? Er macht Unterhaltungsprojekte, statt den intellektuellen Zugang zu wählen. Da bin ich bei dir. Aber über mehrere Jahrzehnte ein riesiges Publikum zu unterhalten, zu begeistern und zu inspirieren und damit sowohl den Massengeschmack als auch die Popkultur als Institution nachhaltig mehrfach (!) zu prägen und mitzudefinieren, soll keine Kunst sein? Das finde ich persönlich elitär gedacht. Vielleicht meinst du es anders - oder wir haben da eben unterschiedliche Auffassungen. So oder so wirst du Spielberg in meinen Augen damit sehr viel weniger gerecht, als ich es Haneke mit dem Begriff "Laber-Kino" geworden bin. Ich mag von Haneke übrigens "Das weiße Band" sehr, bin also dem Ösi nicht zwingend negativ gegenüber eingestellt (obwohl er mit "Funny Games" einen meiner Hassfilme verbrochen hat - zugegebenermaßen hat Opa Steven das mit "Der Soldat James Ryan" allerdings auch).

Ich trenne da nicht und empfinde es kaum als sinnvoll. Für mich kann das Erlebnis bei "Der weiße Hai" genauso groß sein wie bei "Der Pate" und "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" ist nicht mehr oder weniger wertvoll als "2001: Odyssee im Weltraum" in meiner persönlichen Ansicht, nur weil der eine "Kommerz" ist und der andere vermeintlich "Kunst". Das Medium Film ist viel zu vielfältig, um in solchen Schubladen zu denken und daraus "Gütesiegel" abzuleiten.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 29. November 2022 21:45
von danielcc
Als riesiger Michael Jackson Fan reagiere ich immer sehr gereizt wenn jemand ein absolutes Ausnahmetalent (Hier: Spielberg) in Frage stellt, weil seine letzten Filme (bei Jackson: Alben) nicht mehr ganz so großartig oder revolutionär sind wie seine vorherigen.

Spielberg ist aus meiner Sicht auf sehr sehr weitem Feld absolut einsam wenn es um Regisseure geht, die ein großes und gutes bis herausragendes Oeuvre haben. Kein Regisseur - ich wiederhole: KEIN - hat so dermaßen viele Klassiker geschaffen und damit ein großes Publikum erreicht (da würde ich am ehesten noch Hitchcock sehen und das ist lange her),

Ich kenne nicht alle Spielberg Filme der letzten 20 Jahre, aber selbst die die hier schon abschätzig betrachtet werden, finde ich immer noch weit überdurchschnittlich, so etwa sein Minority Report, Krieg der Welten, Tintin,Indy 4, oder auch Terminal (OK, West Side Story fand ich gruselig langweilig aber das liegt wirklich an der Story). Praktisch alle seine Filme haben etwas besonderes.

Re: Indiana Jones

Verfasst: 30. November 2022 09:58
von AnatolGogol
Wenn man den kommerziellen Aspekt als wesentliches Merkmal zählt, dann mag das durchaus so sein. Bei dieser Betrachtung sollte dann aber auch nicht vergessen werden, dass Spielbergs Oeuvre in eine Phase der maximalen Marktentwicklung fiel (die er aber auch maßgeblich mitverantwortet hat). Was ich sagen will: für einen Hitchcock war es in den 40ern-60ern wesentlich schwieriger bzw. unmöglich ein so großes Publikum zu erreichen wie Spielberg. Das Gleiche gilt für viele andere Regisseure, deren Hauptwerk vor Mitte der 70er anzusiedeln ist (also vor Entwicklung des modernen Blockbusterkinos mit seiner zentralen Vermarktung). Aber trotzdem: wenn man den kommerziellen Aspekt als wesentliches Merkmal zählt, dann würde ich Daniels These unterstützen, da alle anderen Regisseure, deren Werk annähernd soviel oder gar mehr Geld eingespielt hat wie Spielberg in Bezug auf den Klassikerstatus ihrer Filme ihm nicht das Wasser reichen können.

Wenn man allerdings kulturelle Relevanz als wichtigeres Kriterium ansieht (was ich tun würde), dann ist Spielberg zwar immer noch ein wichtiger und bedeutender Regisseur, allerdings wirklich nur einer von vielen. Abgesehen davon halte ich Kritik an solchen Ausnahmekünstlern aber immer für legitim und auch wichtig, weil es gibt nichts schlimmeres, als kritiklos abgefeierte Helden, deren jüngerer Output qualitativ längst nicht mehr früheren Werken das Wasser reichen kann. Und das sage ich als riesiger Iron Maiden Fan, der aber sehr gereizt darauf reagiert, wenn ihr qualitativ und stilistisch diskussionswürdiger Output der letzten 30 Jahre kritiklos in einem Atemzug mit ihren Großtaten der 80er Jahre genannt wird. :wink:

Ansonsten wäre ja auch die Frage, wie man alternativ sich zB in so gravierenden Fällen wie John Carpenter oder Dario Argento verhalten soll, deren Maximalqualität (zumindest annähernd?) Spielbergsches Format hatte, die sich aber schon seit Jahrzehnten mit im besten Fall filmischen Belanglosigkeiten beschäftigen.