so, dann wollen wir mal
Mit dem Teufel im Bunde - Die Exorzisten-Filme
Der Exorzist (1973) - William Friedkin
William Friedkins Der Exorzist aus dem Jahr 1973 hat sich über die Jahrzehnte seinen Ruf als erschreckendster Film in der Geschichte des Kinos bewahrt, was in erster Linie auf der legendären Exorzismus-Szene im finalen Akt des Films fusst, in welcher zwei Priester einem besessenen jungen Mädchen den Teufel auszutreiben versuchen. Diese gerade mal knapp 20-Minütige Sequenz hat dabei bis heute nichts an ihrem gleichermaßen faszinierenden wie beängstigenden Charakter verloren, ist aber unter genauer Betrachtung mitnichten das verstörendste Element des Films. Oder sagen wir es so: ihre maximale Wirkung kann diese Sequenz nur dadurch entfalten, dass Friedkin zuvor sich jede Menge Zeit genommen hat, um den Zuschauer zum einen dramaturgisch auf diesen Höhepunkt vorzubereiten und zum anderen bereits mit einer ganzen Reihe an für das Publikum weit greifbareren Schrecken aus dem Gleichgewicht zu bringen.
So sind es vor allem zwei Passagen, welche einen nachhaltig verstörenden Eindruck hinterlassen: zum einen die Tortur des jungen Mädchens Regan, als es in die Mühlen von Medizin und Psychiatrie gerät, was für den Zuschauer kaum weniger unangenehm mitzuverfolgen ist als die späteren Auswirkungen ihrer Besessenheit. Und zum anderen ist da der Subplot um die sterbende Mutter von Pater Karras, einem der exorzierenden Priester. Friedkin lässt den Zuschauer teilhaben an der engen Beziehung von Mutter und Sohn, wie Karras tatenlos dabei zuschauen muss, wie seine vereinsamte Mutter in der Psychiatrie zugrunde geht und wie die dadurch entstandene Schuld an ihm nagt. Diese beiden Passagen bilden den sehr realen Nährboden, auf dem der fantastische Plot um die Besessenheit durch einen Dämon und den damit einhergehenden Exorzismus erst richtig aufgehen kann.
Friedkin bereitet sein Publikum aber auch darüber hinaus höchst effektiv auf seinen finalen Paukenschlag vor. Er lässt in der ersten Filmhälfte eine Abfolge von scheinbar unzusammenhängenden Szenen auf den Zuschauer los, welche erst nach und nach im Zusammenhang der späteren Ereignisse wirklich greifbar werden. Exemplarisch seien hier der ungemein atmosphärische Prolog, die Schändung der Kirche oder Karras Gespräche mit seinen Priesterkollegen erwähnt. Ebenfalls sehr viel Zeit nimmt sich Friedkin, um seine zentralen Figuren und ihr Umfeld dem Publikum nahe zu bringen. So ist es dann beinahe schon ironisch, dass ausgerechnet die Tochter des so unverblümt-vulgär kommunizierenden Filmstars Chris MacNeil von einem Dämon besessen und zur munter-obszön vor sich hinbrabbelnden Dreckschleuder wird - was man fraglos auch als Kommentar gegenüber einer zunehmenden gesellschaftlichen Säkularisierung verstehen kann.
Was folgt sind in der zweiten Filmhälfte die ersten Begegnungen mit dem Dämon - und die haben es bis heute in sich. Die Kombination aus heftigen Effektszenen und derbem Vokabular des jetzt nicht mehr ganz so unschuldigen Mädchens verfehlt ihre Wirkung nicht und bietet eine maximale filmische Dynamik. Durch diese wiederkehrenden "Attacken" auf die Aufnahmefähigkeit des Publikums lässt "Hurricane Billy" seine Zuschauer bis zum Ende nicht mehr zur Ruhe kommen. Der Exorzist ist ein Paradebeispiel sowohl für ein handwerklich perfekten als auch für einen brillant durchkomponierten Film. Als Sahnehäubchen gibt es eine ganze Reihe an Ausnahmedarstellungen geboten, unter denen vor allem das düster-schwermütige Spiel von Jason Miller und der mit beherrschender Dominanz agierende Max von Sydow herauszuragen verstehen. Der Exorzist hat sich seinen Legendenstatus wahrlich verdient und ist weit mehr als nur ein maximal effektiver Horrorfilm.
Wertung: 10 / 10