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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Planet der Affen (2001)
Mit einem kleinen leisen Scherz beginnt Tim Burton das, was im Vorfeld bereits wie ein Scherz klang. "Planet der Affen", jenes als Sci-Fi-Abenteuer getarnte politische Plädoyer für Toleranz und Tierschutz von Franklin J. Schaffner aus dem Jahre 1968, sollte kurz nach der Jahrtausendwende eine filmische Neuinterpretation erfahren. Über die Notwendigkeit einer solchen kann man sich selbstverständlich trefflich streiten, war das 60er Jahre Original zwar kein rundum gelungener Film, ist in seiner Moral und seinen angesprochenen Thematiken aber heute noch top aktuell und bedarf inhaltlich daher eigentlich keiner Erneuerung. Das Publikum von der Relevanz seiner Neuverfilmung überzeugen wollend leitet der bizarre Filmkünstler Burton den neuen "Planet der Affen" mit einem solchen Affen ein, der mit einem Raumschiff auf einen der Erde nicht unähnlichen Planeten abzustürzen droht. Natürlich entpuppt sich das ganze nur als Simulation auf einer von Menschen geleiteten Raumstation - nicht die einzige Überraschung in den folgenden 2 Stunden.
Das Remake zu "Planet der Affen", welches Jahre lang in Hollywood rumgereicht wurde und zig Planungsphasen durchlief, ist in seinem Handlungsverlauf natürlich immer noch klar als Nachfahre des legendär-gewordenen Originals auszumachen. Doch wirkt die Neuauflage beinahe so, als habe weder das Studio noch Burton als Regisseur die Klasse des Vorbildes überhaupt verstanden. Zurecht mag Schaffners Film für seine beeindruckenden Effekte, Sets und besonders für die von John Chambers kreierten Affen-Masken berühmt geworden sein, doch noch mehr war man als Zuschauer von der faszinierenden Parabel beeindruckt, die der Film konstruierte und die optischen Raffinessen dienten nur als Rahmen für die Geschichte, machten das Geschehen authentisch. Burtons Version dreht den Spieß um. Inhaltlich hat er dem Original nichts neues hinzuzufügen, spart an vielen Stellen sogar Leitmotive Schaffners ein und ersetzt ausgelassenes allzu gerne durch Actionszenen, in welchem CGI-Effekte und Affenkostüme im Vordergrund stehen. Überzeugen kann dies auf den ersten Blick rein visuell garantiert, die Weltraumeffekte sind ordentlich und die Kostüme ein Augenschmaus an Realismus und dennoch stets vorhandener Fiktion. Wenngleich es ein wenig ulkig erscheint, dass verglichen mit den 33 Jahre älteren Masken aus Schaffners Film eigentlich gar nicht so gravierende Unterschiede auszumachen sind.
Burtons Film sieht also zwar richtig gut aus, doch mangelt es ihm fortwährend an Substanz und Spannung. Darauf, anfangs den Protagonisten erst einmal den fremden Planeten erkunden zu lassen, hat Burton keine Lust, möglichst früh will er seine Affen und seine aufwendigen Affenstadt-Sets präsentieren. Das ist durch das hohe Tempo sicher auch längere Zeit ganz interessant und Helena Bonham Carter als Menschensympathisantin und Tim Roth als verrückt abgedrehter Millitärgeneral geben unter den Masken eine wirklich tolle mimische (und stimmliche!) Performance, aber schnell fällt auf, dass Burtons gesamtes Konzept leider zu redundant ist, um wirklich mitzureißen. Eine maßgebliche Änderung (hier können nun nicht nur die Affen, sondern auch die Menschen sprechen) macht den Rollentausch sehr früh beinahe hinfällig, die im Original vielsagende Struktur der Affengesellschaft ist nur noch im Detail erkennbar und trotz der Tatsache, dass sich der Verlauf der Handlung mehr an die literarische Vorlage von Pierre Boule hält als sein Vorgänger, kann Burton nicht verstecken, dass all seine Figuren oberflächlich und Abziehbild-artig gestaltet sind. Zwar versucht er immer wieder, ihnen (und der satirischen Grundhaltung der Story) in einzelnen Szenen ein wenig Schärfe beizumengen, doch nur manchmal gelingt das überzeugend, sodass sich gelungene und misslungene Elemente in "Planet der Affen" sehr schnell abwechseln können. Das ist schade, weil die erste Hälfte viele nette Ideen hat, weil viele Szenen eben wirklich gut funktionieren und weil Danny Elfmans aggressiver Score zwar nicht an Jerry Goldsmiths atonale Genüsse ranreicht, aber immerhin dennoch für sich stehend viele Qualitäten beinhaltet.
Öde ist Burtons Reinkarnation daher gewiss nicht so richtig. Schließlich ist man als Zuschauer auf einem seichten Niveau durchweg ins Geschehen involviert und trotz aller Vorhersehbarkeit ist durch die temporeichen Verfolgungsjagden und Kämpfe die Leinwand ständig in Bewegung, weshalb man sich nett unterhalten fühlt. Doch spätestens im letzten Drittel entgleitet der Film seinem Titel völlig. Moral, Komplexität und Aussagen spielten bis hierhin ohnehin keine große Rolle, doch wenn die Antwort auf die Frage nach der Auseinandersetzung zwischen Mensch und Affe schlussendlich auf gegenseitiges Töten hinausläuft, fühlt der Fan der Vorlage sich mittelschwer verraten. Das abschließende Schlachtengetummel mag inszenatorisch zumindest handwerklich solide sein, doch unterhaltend ist das dank inhaltlicher Grundlage leider fast gar nicht mehr, wenn Burton einem allen Ernstes weiß machen will, der Mensch würde sich in diesem sozial-moralischen Dilemma nur durch den Besitz einer Schusswaffe von anderen Arten abgrenzen. Dass sich ein Mark Wahlberg als Charlton Heston Ersatz (letzterer bekommt immerhin einen Cameo) durch den Film langweilt, ist da wenig hilfreich, noch enttäuschender ist da nur, wie Burton hilflos versucht, eine ähnlich pointierte, überraschende und clevere Auflösung zu finden, wie es 1968 noch innerhalb von 3 Minuten gelang. In Kurzform: Geglückt ist es ihm nicht.
Fazit: Wirklich abstrafen kann man "Planet der Affen", zumindest wenn man ehrlich zu sich selbst ist, leider nicht. Zu lange hat man sich auf der puren Inhaltsebene ordentlich unterhalten gefühlt, denn auch wenn Burton jeden interessanten Ansatz der Handlung durch Tempo, Effekte und Action ersetzt hat, so zeigt sich hier eben, dass "Planet der Affen" als Abenteuergeschichte immerhin recht kurzweilig ist und in manchen Momenten (wie der Hinrichtung zweier Soldaten durch Roths General Thade) blitzt Burtons durch die "Batman"-Filme bekanntes Talent für schaurige Spannung auf. Und auch der unmotivierte Mark Wahlberg als Protagonist kann die tollen schauspielerischen Leistungen von Tim Roth und Helena Bonham Carter nicht vergessen machen. Doch nicht nur durch das letztlich missratene Finale bleibt am Ende ein Film in Erinnerung, den eigentlich niemand gebraucht hätte und der auch losgelöst vom Vergleichsmodell höchstens durchschnittlich funktioniert. Interessierte sollten daher lieber zum 68er Film greifen.
5/10
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Let the sheep out, kid.