Ich sehe da eher eine Warnung davor eine zu große Affinität zu Affen zu haben ...Samedi hat geschrieben: 8. Februar 2019 19:15
Der bekannteste Fall ist vermutlich die "Planet der Affen"-Reihe, bei der es u. a. darum geht, vor der gegenseitigen Aufrüstung der Supermächte zu warnen.
Re: Der Spielberg Thread
257Nur dass sich die Affen in "Planet der Affen" eben verhalten wie Menschen und nicht wie Affen.Maibaum hat geschrieben: 8. Februar 2019 21:25Ich sehe da eher eine Warnung davor eine zu große Affinität zu Affen zu haben ...Samedi hat geschrieben: 8. Februar 2019 19:15
Der bekannteste Fall ist vermutlich die "Planet der Affen"-Reihe, bei der es u. a. darum geht, vor der gegenseitigen Aufrüstung der Supermächte zu warnen.
#London2024
"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."
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Re: Der Spielberg Thread
258Schön rauslaviert, nur nicht Stellung beziehen.Samedi hat geschrieben: 8. Februar 2019 19:15Um das geht es nicht. Es geht darum, dass das Szenario, vor dem man in "Minority Report" noch gewarnt hat, inzwischen eingetreten ist. Ob man das dann gut findet oder nicht, muss jeder für sich beurteilen und hat eher nichts mit der Filmbesprechung zu tun.vodkamartini hat geschrieben: 8. Februar 2019 18:59 Du meinst also, die Gefährder Regelung ist zu hart?
http://www.vodkasreviews.de
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
Re: Der Spielberg Thread
259Wenn du es unbedingt wissen willst:vodkamartini hat geschrieben: 9. Februar 2019 11:38Schön rauslaviert, nur nicht Stellung beziehen.Samedi hat geschrieben: 8. Februar 2019 19:15Um das geht es nicht. Es geht darum, dass das Szenario, vor dem man in "Minority Report" noch gewarnt hat, inzwischen eingetreten ist. Ob man das dann gut findet oder nicht, muss jeder für sich beurteilen und hat eher nichts mit der Filmbesprechung zu tun.vodkamartini hat geschrieben: 8. Februar 2019 18:59 Du meinst also, die Gefährder Regelung ist zu hart?
Ja, ich finde, dass die aktuelle "Gefährder"-Regelung nur bedingt mit unserem Rechtsstaat harmoniert.
Wie stehst du dazu?
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Re: Der Spielberg Thread
260Das überrascht mich jetzt nun gar nicht. Meine Meinung unterscheidet sich von deiner diametral.
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Re: Der Spielberg Thread
261Und zwar, lass hören.vodkamartini hat geschrieben: 9. Februar 2019 21:43 Meine Meinung unterscheidet sich von deiner diametral.
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Re: Der Spielberg Thread
262Es gibt gar keine "Regelung", der Begriff löst keinerlei polizeiliche Maßnahmen aus. Dass man bestimmte potentiell staatsgefärdende Personen intensiver "beobachtet" raubt mir allerdings keine Sekunde den Schlaf. Mich beunruhigt eher, dass das mal wieder lediglich eine Nebelkerze zur Beruhigung der Bevölkerung ist.
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Re: Der Spielberg Thread
263Mir auch nicht. Aber "Beobachtung" ist auch nicht das Problem.vodkamartini hat geschrieben: 10. Februar 2019 16:18 Dass man bestimmte potentiell staatsgefärdende Personen intensiver "beobachtet" raubt mir allerdings keine Sekunde den Schlaf.
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Und der Haifisch, der hat Szene …
264Der weiße Hai
Liebhaber des Trash-Kinos, also Fans von Filmen, die eigentlich keine Fans verdienen und durch ihre mehr oder weniger bewusst stümperhafte Umsetzung für Unterhaltung und Fremdscham sorgen, kommen an einem Ungetüm der Meere nicht vorbei: dem Hai. Mal kommt er als Wirbelsturm angerauscht, wie in „Sharknado“, mal als mutiertes Mischwesen à la „Sharktopus“ und auch „Sandsharks“, „Sky Sharks“, ein „Supershark“ oder ein urzeitlicher „Dinoshark“ trieben bereits ihr Unwesen. Von schon im Titel urkomischen Ideen wie „Hai-Alarm am Müggelsee“ oder „Bait – Haie im Supermarkt“ ganz zu schweigen. Ist ein Hai dabei, so scheint es, können Trashfilmproduzenten ihrem Publikum alles andrehen. Je hanebüchener, desto besser. Die Ursprünge der Hai-Manie liegen im Hollywood-Kino der 1970er – bei einem Film, der sich qualitativ so gar nicht in diese unrühmliche Reihe einfügt, von einem Regisseur, der wie kaum ein anderer Filmemacher Jahrzehnte lang das Populär-Kino mitgestaltete: „Der weiße Hai“, das erste große Meisterwerk von Steven Spielberg.
Der wollte den Film nach einer Romanvorlage von Peter Benchley eigentlich nicht übernehmen. Er befürchtete, die Produzenten Richard Zanuck und David Brown würden ihm einen B-Film andrehen, ein Werk zweiter Klasse. Spielberg aber fühlte sich der Kunst verpflichtet, schielte auf die anspruchsvollen und komplexen Filme seiner Kollegen Martin Scorsese und William Friedkin. In der Geschichte um einen Hai, der vor der Küste eines kleinen Urlaubsortes mehrere Menschen frisst, erkannte er kein großes Potenzial. Letztlich willigte er dennoch ein, nicht aber ohne konkrete Vorgaben: Er wollte die Hauptdarsteller aussuchen, setzte Roy Scheider für die Hauptrolle des Polizeichefs Martin Brody gegen Produktionsstätte Universal durch, die den Kassenmagneten Charles Bronson favorisierte. Er verlangte, den Film auf offener See drehen zu dürfen, damals eine Pionierleistung. Und das Drehbuch ließ er stark überarbeiten – teils noch während des Drehs, zum Unmut des gesamten Filmteams.
Der Erfolg gibt ihm recht: Die ikonographische Wucht der meisterhaften Symbiose aus Tierhorror und Abenteuerfilm ist auch fast ein halbes Jahrhundert später noch greifbar, schon bei der brillanten Eröffnungsszene. Eine junge Frau wagt sich bei Morgengrauen ins Wasser. Plötzlich zerrt etwas an ihr, sie schreit panisch auf, ihr Oberkörper tänzelt ruckartig den Horizont entlang, selbst das Festklammern an einer Boje hilft nicht. Als sie untergeht, ist nur noch das leise Rauschen des Meeres zu vernehmen. Eine unverschämt effektive Einführung für das Monster, von dem deutsche Zuschauer schon wissen, dass es „Der weiße Hai“ ist, während im Originaltitel nur „Jaws“, das „Maul“ erwähnt wird. Effektiv ist sie vor allem deshalb, weil sie es nicht zeigt: das Maul, das Monster, den weißen Hai.
Die Maßnahme, diesen Hai die gesamten zwei Stunden nur selten zu zeigen, seine Präsenz nur anzudeuten, war aus der Not geboren. Der mechatronische Hai, vom Filmteam liebevoll „Bruce“ genannt, sah leider viel zu künstlich aus. Also blieb nur die Kompensation: Auf famose Art und Weise verschleierten die Filmemacher die visuelle Abwesenheit des Monsters. Spielberg filmte Badegäste mit Unterwasserkameras aus der Subjektiven des Hais, machte den Zuschauer zum Mitverschwörer der unaufhaltsamen Fressmaschine. Gelbe Fässer, mit denen der Hai bei der Jagd markiert wird, flitzen über die Wasseroberfläche. Ein abgebrochener Pier dreht sich wie von Geisterhand auf dem Wasser um, jagt einem Schwimmer hinterher. So wurde der Hai ein grausiges Mysterium, seine genaue Größe kann lange bloß erraten werden. Erst im spektakulären Finale hat „Bruce“ doch noch seinen großen Auftritt.
Beispiellos für die verängstigende Spannung war insbesondere die Filmmusik von John Williams. Wann immer das prägnante musikalische Leitthema aus nur zwei Noten ertönt, gibt es Auskunft darüber, dass der Hai anwesend ist – und in der Regel bald jemand als Fischfutter enden wird. Angelehnt war diese Methodik an das Zeichentrickfilm-Meisterwerk „Bambi“. Aus der Sicht eines Hirsches erzählt, werden auch hier die feindlichen Menschen nie gezeigt, sondern nur über eine bedrohliche Melodie von Frank Churchill vertreten – eine Melodie, die wohl nicht ganz zufällig stark der ähnelt, die Williams für den weißen Hai ersann, und für die er einen Oscar erhielt.
Er ist der perfekte Komponist für den Film, weil er seine beiden Genres kongenial bedienen kann: Nervenzerfetzendes Spiel mit Urängsten und großes, unterhaltsames Abenteuerkino. Spielberg meistert diesen gewagten Mix durch eine räumliche Zweiteilung. Die erste Hälfte konzentriert sich auf die Angriffe des Haies auf Badegäste der Küstenstadt Amity, übt zudem starke Kapitalismuskritik: Weil das lukrative Wochenende rund um den Unabhängigkeitstag am 4. Juli ansteht, weigert der Bürgermeister von Amity sich, die Strände zu schließen. Es müssen erst weitere Menschen ihr Leben verlieren, darunter ein Kind, ein – gerade in seiner expliziten Brutalität – seltener Tabubruch im Massenkino. Virtuos spielt Spielberg auf der Klaviatur der Paranoia, als er und sein Kameramann Bill Butler zeigen, wie Brody am Strand auf das Meer hinausstarrt, nach einem Anzeichen seines tierischen Feindes lauert.
Als sogar sein Sohn beinahe in den Schlund der Kreatur gerät, wechselt sich das Verhältnis: Der Gejagte wird zum Jäger. Den Film verschlägt es nun auf die ‚Orca‘, das kleine Schiff des kauzigen Seebären Quint, der Brody und den jungen Ozeanographen Hooper aufs Meer hinausfährt. Williams Musik wird leichtfüßig, aufregend, eskapistisch. Spielberg erlaubt seinen Figuren eine unbeschwerte Lockerheit. Beim gemeinsamen Trinken prahlen Quint und Hooper mit ihren Narben, beide durch Haie verursacht. Brody fasst sich kurz an eine nie näher erklärte Schussverletzung, behält sie jedoch für sich. Er lässt sich auf die Machospiele nicht ein, als könne er das Unheil ahnen, das ihnen bevorsteht.
Aus dem faszinierenden Drei-Mann-Mikrokosmos schöpft „Der weiße Hai“ sein volles Potenzial, nicht zuletzt dank der phänomenalen Besetzung: Als mürrischer Kriegsheld Quint repräsentiert Robert Shaw eine archaische Vorstellung von harter Männlichkeit. Dem gegenüber steht ein vorzüglich aufspielender Richard Dreyfuss, dessen junger, wissenschaftlich begabter Hooper zum Vertreter der damals neuen Linken wird. Roy Scheider wiederum steht zwischen den Polen, sein Chief Brody ist wasserscheu, aber pflichtbewusst, engagiert, aber zurückhaltend. Sie alle drei sind Autoritätspersonen, Alphamännchen. Der Hai darf durchaus als Manifestation ihrer maskulinen Hybris gelesen werden. Einmal will Hooper etwa den Hai unter Wasser erledigen, klettert zu diesem Zweck in einen Haikäfig – den die Bestie aber ohne große Mühen auseinandernimmt.
Bei Quint hingegen werden latent wahnsinnige Züge erkennbar. Parallelen zu „Moby Dick“ und dem rachsüchtigen Kapitän Ahab sind beabsichtigt, als der ungewaschene Seefahrer offenbart, dass er im Zweiten Weltkrieg auf der USS Indianapolis war, jenem Militärschiff, das die Atombombe nach Japan transportierte. Als es kurz darauf sank, trieben er und seine Mannschaft mehrere Tage im Wasser, ein Großteil von ihnen wurde von Haien zerfetzt. Wie Charaktervisage Robert Shaw diese Geschichte in einem intensiven, verstörenden Monolog präsentiert, ist großes Schauspielkino, wie es selten auf der Leinwand zu sehen ist. Angeblich stand die gesamte Passage so nicht im Drehbuch: Der Regisseur John Milius improvisierte sie für den befreundeten Spielberg am Telefon.
Am Ende werden sowohl der Arbeiterklassen-Patriot Quint als auch Bildungsbürger Hooper in den finalen Minuten aus dem Spiel genommen. Der ehrbare Durchschnittsmann Brody muss sich als Actionheld der Mittelschicht dem Hai alleine stellen. Für manche erklärt das den Erfolg des Films, immerhin wurden so beide damaligen Lager der US-amerikanischen Filmkritik vereint. Intellektuelle Bewunderer des liberalen New-Hollywood-Kinos der 70er konnten ebenso bis zum Ende mitfiebern wie die konservative Generation, die noch dem Männlichkeitsbild der vergangenen Ära der John-Wayne-Western nachtrauerte.
Kein B-Film, und auch kein Trash: „Der weiße Hai“ ging als gewaltiges Zeitgeistphänomen in die Popkultur ein, ist nach wie vor ein cineastischer Genuss. Steven Spielberg schuf einen Meilenstein des Unterhaltungskinos, der so viel Geld einbrachte, dass er den Begriff ‚Blockbuster‘ neudefinierte. Neben den Produktionskosten von neun Millionen US-Dollar gab Universal zwei weitere Millionen für eine Marketingkampagne aus, die – damals ganz modern – das Fernsehen miteinbezog und so neue Maßstäbe setzte. Werbevideos wurden erstellt, Talkshow-Tourneen veranstaltet, zudem verkauften sich T-Shirts, Spielzeuge, Tassen und dutzende weitere Werbeartikel. Die Vermarktung der Nebenprodukte artete so arg aus, dass Universal in Zeitungsannoncen verlautete: „Der weiße Hai – Es ist auch ein Film.“
Schier unglaubliche 470 Millionen US-Dollar spielte der Mega-Hit anno 1975 ein. Nur einer litt unter diesem Erfolg: der Hai. In Folge der Dämonisierung des Tieres durch die insgesamt drei Fortsetzungen und zahlreichen Nachahmer geriet die für den Menschen weitgehend ungefährliche Tiergattung in Verruf, ist mittlerweile vom Aussterben bedroht. Peter Benchley bereute es deshalb ein Leben lang, die Romanvorlage geschrieben zu haben. Bis zu seinem Tod im Jahr 2006 engagierte er sich leidenschaftlich für den Artenschutz.
Liebhaber des Trash-Kinos, also Fans von Filmen, die eigentlich keine Fans verdienen und durch ihre mehr oder weniger bewusst stümperhafte Umsetzung für Unterhaltung und Fremdscham sorgen, kommen an einem Ungetüm der Meere nicht vorbei: dem Hai. Mal kommt er als Wirbelsturm angerauscht, wie in „Sharknado“, mal als mutiertes Mischwesen à la „Sharktopus“ und auch „Sandsharks“, „Sky Sharks“, ein „Supershark“ oder ein urzeitlicher „Dinoshark“ trieben bereits ihr Unwesen. Von schon im Titel urkomischen Ideen wie „Hai-Alarm am Müggelsee“ oder „Bait – Haie im Supermarkt“ ganz zu schweigen. Ist ein Hai dabei, so scheint es, können Trashfilmproduzenten ihrem Publikum alles andrehen. Je hanebüchener, desto besser. Die Ursprünge der Hai-Manie liegen im Hollywood-Kino der 1970er – bei einem Film, der sich qualitativ so gar nicht in diese unrühmliche Reihe einfügt, von einem Regisseur, der wie kaum ein anderer Filmemacher Jahrzehnte lang das Populär-Kino mitgestaltete: „Der weiße Hai“, das erste große Meisterwerk von Steven Spielberg.
Der wollte den Film nach einer Romanvorlage von Peter Benchley eigentlich nicht übernehmen. Er befürchtete, die Produzenten Richard Zanuck und David Brown würden ihm einen B-Film andrehen, ein Werk zweiter Klasse. Spielberg aber fühlte sich der Kunst verpflichtet, schielte auf die anspruchsvollen und komplexen Filme seiner Kollegen Martin Scorsese und William Friedkin. In der Geschichte um einen Hai, der vor der Küste eines kleinen Urlaubsortes mehrere Menschen frisst, erkannte er kein großes Potenzial. Letztlich willigte er dennoch ein, nicht aber ohne konkrete Vorgaben: Er wollte die Hauptdarsteller aussuchen, setzte Roy Scheider für die Hauptrolle des Polizeichefs Martin Brody gegen Produktionsstätte Universal durch, die den Kassenmagneten Charles Bronson favorisierte. Er verlangte, den Film auf offener See drehen zu dürfen, damals eine Pionierleistung. Und das Drehbuch ließ er stark überarbeiten – teils noch während des Drehs, zum Unmut des gesamten Filmteams.
Der Erfolg gibt ihm recht: Die ikonographische Wucht der meisterhaften Symbiose aus Tierhorror und Abenteuerfilm ist auch fast ein halbes Jahrhundert später noch greifbar, schon bei der brillanten Eröffnungsszene. Eine junge Frau wagt sich bei Morgengrauen ins Wasser. Plötzlich zerrt etwas an ihr, sie schreit panisch auf, ihr Oberkörper tänzelt ruckartig den Horizont entlang, selbst das Festklammern an einer Boje hilft nicht. Als sie untergeht, ist nur noch das leise Rauschen des Meeres zu vernehmen. Eine unverschämt effektive Einführung für das Monster, von dem deutsche Zuschauer schon wissen, dass es „Der weiße Hai“ ist, während im Originaltitel nur „Jaws“, das „Maul“ erwähnt wird. Effektiv ist sie vor allem deshalb, weil sie es nicht zeigt: das Maul, das Monster, den weißen Hai.
Die Maßnahme, diesen Hai die gesamten zwei Stunden nur selten zu zeigen, seine Präsenz nur anzudeuten, war aus der Not geboren. Der mechatronische Hai, vom Filmteam liebevoll „Bruce“ genannt, sah leider viel zu künstlich aus. Also blieb nur die Kompensation: Auf famose Art und Weise verschleierten die Filmemacher die visuelle Abwesenheit des Monsters. Spielberg filmte Badegäste mit Unterwasserkameras aus der Subjektiven des Hais, machte den Zuschauer zum Mitverschwörer der unaufhaltsamen Fressmaschine. Gelbe Fässer, mit denen der Hai bei der Jagd markiert wird, flitzen über die Wasseroberfläche. Ein abgebrochener Pier dreht sich wie von Geisterhand auf dem Wasser um, jagt einem Schwimmer hinterher. So wurde der Hai ein grausiges Mysterium, seine genaue Größe kann lange bloß erraten werden. Erst im spektakulären Finale hat „Bruce“ doch noch seinen großen Auftritt.
Beispiellos für die verängstigende Spannung war insbesondere die Filmmusik von John Williams. Wann immer das prägnante musikalische Leitthema aus nur zwei Noten ertönt, gibt es Auskunft darüber, dass der Hai anwesend ist – und in der Regel bald jemand als Fischfutter enden wird. Angelehnt war diese Methodik an das Zeichentrickfilm-Meisterwerk „Bambi“. Aus der Sicht eines Hirsches erzählt, werden auch hier die feindlichen Menschen nie gezeigt, sondern nur über eine bedrohliche Melodie von Frank Churchill vertreten – eine Melodie, die wohl nicht ganz zufällig stark der ähnelt, die Williams für den weißen Hai ersann, und für die er einen Oscar erhielt.
Er ist der perfekte Komponist für den Film, weil er seine beiden Genres kongenial bedienen kann: Nervenzerfetzendes Spiel mit Urängsten und großes, unterhaltsames Abenteuerkino. Spielberg meistert diesen gewagten Mix durch eine räumliche Zweiteilung. Die erste Hälfte konzentriert sich auf die Angriffe des Haies auf Badegäste der Küstenstadt Amity, übt zudem starke Kapitalismuskritik: Weil das lukrative Wochenende rund um den Unabhängigkeitstag am 4. Juli ansteht, weigert der Bürgermeister von Amity sich, die Strände zu schließen. Es müssen erst weitere Menschen ihr Leben verlieren, darunter ein Kind, ein – gerade in seiner expliziten Brutalität – seltener Tabubruch im Massenkino. Virtuos spielt Spielberg auf der Klaviatur der Paranoia, als er und sein Kameramann Bill Butler zeigen, wie Brody am Strand auf das Meer hinausstarrt, nach einem Anzeichen seines tierischen Feindes lauert.
Als sogar sein Sohn beinahe in den Schlund der Kreatur gerät, wechselt sich das Verhältnis: Der Gejagte wird zum Jäger. Den Film verschlägt es nun auf die ‚Orca‘, das kleine Schiff des kauzigen Seebären Quint, der Brody und den jungen Ozeanographen Hooper aufs Meer hinausfährt. Williams Musik wird leichtfüßig, aufregend, eskapistisch. Spielberg erlaubt seinen Figuren eine unbeschwerte Lockerheit. Beim gemeinsamen Trinken prahlen Quint und Hooper mit ihren Narben, beide durch Haie verursacht. Brody fasst sich kurz an eine nie näher erklärte Schussverletzung, behält sie jedoch für sich. Er lässt sich auf die Machospiele nicht ein, als könne er das Unheil ahnen, das ihnen bevorsteht.
Aus dem faszinierenden Drei-Mann-Mikrokosmos schöpft „Der weiße Hai“ sein volles Potenzial, nicht zuletzt dank der phänomenalen Besetzung: Als mürrischer Kriegsheld Quint repräsentiert Robert Shaw eine archaische Vorstellung von harter Männlichkeit. Dem gegenüber steht ein vorzüglich aufspielender Richard Dreyfuss, dessen junger, wissenschaftlich begabter Hooper zum Vertreter der damals neuen Linken wird. Roy Scheider wiederum steht zwischen den Polen, sein Chief Brody ist wasserscheu, aber pflichtbewusst, engagiert, aber zurückhaltend. Sie alle drei sind Autoritätspersonen, Alphamännchen. Der Hai darf durchaus als Manifestation ihrer maskulinen Hybris gelesen werden. Einmal will Hooper etwa den Hai unter Wasser erledigen, klettert zu diesem Zweck in einen Haikäfig – den die Bestie aber ohne große Mühen auseinandernimmt.
Bei Quint hingegen werden latent wahnsinnige Züge erkennbar. Parallelen zu „Moby Dick“ und dem rachsüchtigen Kapitän Ahab sind beabsichtigt, als der ungewaschene Seefahrer offenbart, dass er im Zweiten Weltkrieg auf der USS Indianapolis war, jenem Militärschiff, das die Atombombe nach Japan transportierte. Als es kurz darauf sank, trieben er und seine Mannschaft mehrere Tage im Wasser, ein Großteil von ihnen wurde von Haien zerfetzt. Wie Charaktervisage Robert Shaw diese Geschichte in einem intensiven, verstörenden Monolog präsentiert, ist großes Schauspielkino, wie es selten auf der Leinwand zu sehen ist. Angeblich stand die gesamte Passage so nicht im Drehbuch: Der Regisseur John Milius improvisierte sie für den befreundeten Spielberg am Telefon.
Am Ende werden sowohl der Arbeiterklassen-Patriot Quint als auch Bildungsbürger Hooper in den finalen Minuten aus dem Spiel genommen. Der ehrbare Durchschnittsmann Brody muss sich als Actionheld der Mittelschicht dem Hai alleine stellen. Für manche erklärt das den Erfolg des Films, immerhin wurden so beide damaligen Lager der US-amerikanischen Filmkritik vereint. Intellektuelle Bewunderer des liberalen New-Hollywood-Kinos der 70er konnten ebenso bis zum Ende mitfiebern wie die konservative Generation, die noch dem Männlichkeitsbild der vergangenen Ära der John-Wayne-Western nachtrauerte.
Kein B-Film, und auch kein Trash: „Der weiße Hai“ ging als gewaltiges Zeitgeistphänomen in die Popkultur ein, ist nach wie vor ein cineastischer Genuss. Steven Spielberg schuf einen Meilenstein des Unterhaltungskinos, der so viel Geld einbrachte, dass er den Begriff ‚Blockbuster‘ neudefinierte. Neben den Produktionskosten von neun Millionen US-Dollar gab Universal zwei weitere Millionen für eine Marketingkampagne aus, die – damals ganz modern – das Fernsehen miteinbezog und so neue Maßstäbe setzte. Werbevideos wurden erstellt, Talkshow-Tourneen veranstaltet, zudem verkauften sich T-Shirts, Spielzeuge, Tassen und dutzende weitere Werbeartikel. Die Vermarktung der Nebenprodukte artete so arg aus, dass Universal in Zeitungsannoncen verlautete: „Der weiße Hai – Es ist auch ein Film.“
Schier unglaubliche 470 Millionen US-Dollar spielte der Mega-Hit anno 1975 ein. Nur einer litt unter diesem Erfolg: der Hai. In Folge der Dämonisierung des Tieres durch die insgesamt drei Fortsetzungen und zahlreichen Nachahmer geriet die für den Menschen weitgehend ungefährliche Tiergattung in Verruf, ist mittlerweile vom Aussterben bedroht. Peter Benchley bereute es deshalb ein Leben lang, die Romanvorlage geschrieben zu haben. Bis zu seinem Tod im Jahr 2006 engagierte er sich leidenschaftlich für den Artenschutz.
https://filmduelle.de/
Let the sheep out, kid.
Let the sheep out, kid.
Re: Der Spielberg Thread
265Wahrlich nach wie vor ein Leckerbissen von einem Film. Hab vor kurzem alle vier wieder gesichtet und Spielbergs Erstling ragt majestätisch aus dem B/C-Gewässer der übrigen hervor. Das ist Spannungs-, Terror-, Horror und Abenteuerkino in Reinkultur, praktisch ein Referenzwerk. Und ja, Shaw ist grandios - mal wieder. Ich finde ja bekanntlich, dass Spielberg im Alter zunehmend schlechter, auf alle Fälle deutlich weniger aufregend wurde. Bei einem solchen Frühwerk ist das aber keine Beleidigung.
http://www.vodkasreviews.de
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
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Re: Und der Haifisch, der hat Szene …
266Ja. der Film ist ganz gut.
Diese Entwicklung der letzten Jahre stimmt mich traurig, da dadurch mehr oder weniger ein ernstgemeinter neuer Jaws-Film unmöglich geworden ist, weil Haie automatisch in die lächerliche Trash-Ecke eingeordnet werden. Um so schlimmer, da der fertige Pitch für Jaws 5 mit Richard Dreyfuss und Hugh Jackman um Hai-Attacken vor der Küste Australiens schon seit Jahren in meiner geistigen Schublade liegt.Casino Hille hat geschrieben: 12. Mai 2021 18:31Liebhaber des Trash-Kinos, also Fans von Filmen, die eigentlich keine Fans verdienen und durch ihre mehr oder weniger bewusst stümperhafte Umsetzung für Unterhaltung und Fremdscham sorgen, kommen an einem Ungetüm der Meere nicht vorbei: dem Hai. Mal kommt er als Wirbelsturm angerauscht, wie in „Sharknado“, mal als mutiertes Mischwesen à la „Sharktopus“ und auch „Sandsharks“, „Sky Sharks“, ein „Supershark“ oder ein urzeitlicher „Dinoshark“ trieben bereits ihr Unwesen. Von schon im Titel urkomischen Ideen wie „Hai-Alarm am Müggelsee“ oder „Bait – Haie im Supermarkt“ ganz zu schweigen. Ist ein Hai dabei, so scheint es, können Trashfilmproduzenten ihrem Publikum alles andrehen. Je hanebüchener, desto besser.
Das ist ein sehr guter Punkt, der meiner Ansicht nach in der filmhistorischen Einordnung von Jaws idR etwas zu kurz kommt. Denn zumeist wird der Film in erster Linie als kommerzielle Großtat und damit als Ausgangspunkt für das moderne Blockbuster-Kino genannt. Und letzteres stimmt meiner Meinung nach nur bedingt, da der Film tatsächlich noch New-Hollywood-DNA hat. Spielbergs Wandlung zum reinen Mainstream- und Popcorn-Regisseur wurde eigentlich erst mit dem großen Erfolg des ersten Indiana Jones-Films richtig abgeschlossen, zuvor hatte er zumundest in Teilen noch erkennbar ambitionierte Ansätze. Das merkt man bei Jaws vor allem an den exzellent herausgearbeiteten Figuren und der Tatsache, dass Action und Horror immer zweckdienlich sind und nie Selbstzweck (bzw. Mittelpunkt der ganzen Veranstaltung). Von daher ist Star Wars eigentlich viel geeigneter als Ausgangspunkt für das moderne Blockbuster-Kino (nicht umsonst hat Coppola ja mal sinngemäß gemeint, dass Star Wars mit dem unfassbaren Erfolg seiner kommerziellen Ausrichtung dafür verantwortlich sei, dass der Welt viele ambitionierte Filme des einst so vielseitig interessierten Regisseurs George Lucas entgangen sind)Casino Hille hat geschrieben: 12. Mai 2021 18:31 Der wollte den Film nach einer Romanvorlage von Peter Benchley eigentlich nicht übernehmen. Er befürchtete, die Produzenten Richard Zanuck und David Brown würden ihm einen B-Film andrehen, ein Werk zweiter Klasse. Spielberg aber fühlte sich der Kunst verpflichtet, schielte auf die anspruchsvollen und komplexen Filme seiner Kollegen Martin Scorsese und William Friedkin.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg
267Ich sehe auch Star Wars als den eigentlichen Blockbuster-"Gründer". Dennoch ist das Merchandising und das "um den Block vor den Kinos anstehen" bereits bei Jaws ein Fakt. Generell kann man aber sagen, dass das Gespann Lucas-Spielberg zu Recht als die "Gründerväter" des modernen Blockbusterkinos in die Filmgeschichte eingehen werden, was durch die gemeinsame Indy-Geschichte noch veredelt wird.
http://www.vodkasreviews.de
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg
268Ich glaube das ist auch so ein Kino-Mythos der nicht wirklich stimmt, also daß Jaws die Geburt des Blockbuster Kinos gewesen sei.vodkamartini hat geschrieben: 14. Mai 2021 12:02 Ich sehe auch Star Wars als den eigentlichen Blockbuster-"Gründer". Dennoch ist das Merchandising und das "um den Block vor den Kinos anstehen" bereits bei Jaws ein Fakt. Generell kann man aber sagen, dass das Gespann Lucas-Spielberg zu Recht als die "Gründerväter" des modernen Blockbusterkinos in die Filmgeschichte eingehen werden, was durch die gemeinsame Indy-Geschichte noch veredelt wird.
Der Begriff Blockbuster wurde schon in den 50ern für megateure Filmhits verwendet, und auch in Hinsicht der massiven Werbekampagnen bezweifle ich, daß da etwas neues gemacht wurde. Der Aufwand den MGM für seine Monsterproduktionen Vom Winde verweht, Ben Hur oder Cleopatra betrieben hatte, wird kaum hinter dem von Jaws zurückgestanden haben, eher im Gegenteil.
Soweit ich mich erinnere war das Neue bei Jaws, bzw ich denke daß Jaws in der Hinsicht der erste Film war, nicht eine andere Art von Kommerzfilm oder eine neue Art von Vermarktung, sondern lediglich daß Jaws nicht mehr, wie damals üblich, mit einer überschaubaren Anzahl von Kopien in die Kinos kam, sondern mit soviel Kopien gestartet wurde, daß er fast überall im Lande gleichzeitig anlief. Zuvor wurden auch die Erfolgsfilme zuerst nur in die großen Uraufführungskinos gebracht, und wenn sie dort durch waren an die kleineren Kinos weitergereicht, so daß sie auf dem flachen Lande erst Wochen oder gar Monate später liefen.
Die Idee war, daß man dann zwar deutliche Mehrausgaben für die zusätzlichen Kopien hatte, aber das sollte dadurch aufgefangen werden, daß teure starbesetzte Filme die nicht gut ankamen, durch den gleichzeitigen Start schon einen gewissen Teil ihres Budgets wieder einspielen konnten, also das sich viele so einen Film schon angesehen hatten bevor sich eine negative Mundpropaganda auswirken konnte. Keine Ahnung ob letzteres funktioniert hatte, aber seitdem laufen die Filme fast überall gleichzeitig an.
Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg
269Ich gebe dir in vielem recht. Ich denke aber, man muss hier zwei Begrifflichkeiten unterscheiden. "Blockbuster" als sehr erfolgreicher Film (bei dem die Leute um mehrere Blocks für Karten anstehen) und "Blockbuster" als Genreterm (also als Definition, Matrix etc. für eine wenn du so willst Event-Film-Gattung). Ersterer, da hast du völlig recht, ist schon vergleichsweise alt und ist meines Wissens für Filme (vorher war es ein Kriegsbegriff) erstmals sogar schon in den 1940er Jahren aufgetaucht. Er wurde da aber nicht dermaßen breit und als wesentlicher Teil der Promotion-Strategie verwendet wie heute. In den 50er Jahren änderte sich das dann und hochbudegetierte Mainstreamfilme, v.a. die Monumentalschinken (wie z.B. Ben Hur, Quo Vadis) wurden bereits so bezeichnet.
Ich sehe aber mit von mir aus JAWS, auf jeden Fall aber mit Star Wars dann schon noch eine neue Dimension, zumindest in der Form, wie man heute das Blockbusterkino definiert. Natürlich gibt es Parallelen zu den 50er Schinken bezüglich Staraufkommen, Budget etc. Aber die inzwischen den eigentlichen Film sowohl von der Aufmerksamkeit wie auch den Gewinnaussichten durch Merchandising her fast schon überholende Dimension ist eine andere Kategorie.
Vielleicht sollten wir korrekter von verschiedenen Blockbuster-Ären sprechen und die Lucas/Spielberg-Ära ist die des modernen Blockbustekinos (den Begriff hatte ich aber auch bei dem obigen Post schon verwendet), so wie es auch aktuell noch verstanden, rezipiert und analysiert wird.
Ich sehe aber mit von mir aus JAWS, auf jeden Fall aber mit Star Wars dann schon noch eine neue Dimension, zumindest in der Form, wie man heute das Blockbusterkino definiert. Natürlich gibt es Parallelen zu den 50er Schinken bezüglich Staraufkommen, Budget etc. Aber die inzwischen den eigentlichen Film sowohl von der Aufmerksamkeit wie auch den Gewinnaussichten durch Merchandising her fast schon überholende Dimension ist eine andere Kategorie.
Vielleicht sollten wir korrekter von verschiedenen Blockbuster-Ären sprechen und die Lucas/Spielberg-Ära ist die des modernen Blockbustekinos (den Begriff hatte ich aber auch bei dem obigen Post schon verwendet), so wie es auch aktuell noch verstanden, rezipiert und analysiert wird.
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https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
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Ein Hai kommt selten allein
270Der weiße Hai 2
Ironie der Filmgeschichte: Im meisterhaften Tierhorrorfilm „Der weiße Hai“ von Steven Spielberg lauert das titelgebende Ungetüm vor den Küsten der kleinen Inselstadt Amity und frisst badende Insulaner. Obwohl der ortsansässige Polizeichef Martin Brody vor dem Hai warnt, stößt er beim Bürgermeister Larry Vaughn auf taube Ohren. Das Wochenende um den Unabhängigkeitstag am 4. Juli steht an. Tausende Urlauber werden auf der Insel erwartet. Der Bürgermeister fürchtet bei einer Panik um einen Ausfall der Badesaison und erhebliche finanzielle Einbußen. Ökonomische Bedenken, die sich, hier liegt die Ironie, in der Realität bewahrheiteten: Spielbergs brillanter Blockbuster beeindruckte seine Zuschauer so nachhaltig, dass sich 1975 überall in den USA ein drastischer Rückgang der Strandurlauber verzeichnen ließ. Viele Touristen gaben an, sich beim Gang ins Meer unwohl zu fühlen.
Der Erfolg von „Der weiße Hai“ war so immens, dass Universal Studios gar nicht anders konnte, als eine Fortsetzung zu planen – obwohl der Hai im Grande Finale des ersten Films überdramatisch explodierte. Der französische Filmemacher Jeannot Szwarc übernahm die unrühmliche Aufgabe, einen neuen weißen Hai auf Amity und das Kinopublikum loszulassen – in der Hoffnung, dieselbe ängstigende Wirkung wie einst Spielberg auszulösen. So spielte schon das Plakat zum Film mit der Antizipation eines neuen Schockeffekts, dort stand der später legendär gewordene Werbespruch: „Gerade als Sie dachten, es sei sicher, wieder ins Wasser zu gehen …“
Einen großen Teil seiner filmischen Qualität und seiner suggestiven Kraft verdankte „Der weiße Hai“ dem begnadeten Steven Spielberg. Der aber sagte schon im Oktober 1975 auf dem ‚San Fransisco Film Festival‘: „Fortsetzungen sind nichts weiter als billige Schaustellertricks.“ An einem zweiten Teil hatte er folglich nur wenig Interesse. Gefallen fand er bloß an der Idee, die Vorgeschichte des Seebären Quint auf der USS Indianapolis im Zweiten Weltkrieg zu adaptieren, von der dieser in einem berüchtigten Monolog im Originalfilm erzählte. Doch als Spielberg sich vertraglich an sein Sci-Fi-Projekt „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ band, wollten die Produzenten nicht länger auf ihn warten. Nachdem der vom Studio gewünschte Regisseur John D. Hancock kurz nach Beginn der Dreharbeiten wegen kreativer Differenzen entlassen und das Skript heftig umgeschrieben wurde, kam schließlich Szwarc zum Zug.
Sein „Der weiße Hai 2“ ist weniger eine Fortschreibung der originalen Geschichte als mehr ihre Wiederholung: Erneut greift ein weißer Hai die Badegäste an den Stränden von Amity an, erneut ist Chief Brody der Einzige, der die Gefahr erkennt. Und erneut will Bürgermeister Vaughn mit Blick auf die Wirtschaft davon nichts hören. Doch das Sequel bietet reizvolle Variationen, macht sich die Vorgeschichte der Brody-Figur zu Nutze: Rasch wird deutlich, wie sehr die Ereignisse auf dem untergangenen Fischerboot ‚Orca‘, das zu Beginn der Fortsetzung einen Gastauftritt hat, ihn geprägt und traumatisiert haben. Allein der Gedanke, ein neuer Hai könnte sein Unwesen treiben, verstört ihn. Eine Meeresbiologin fragt er, ob Haie miteinander kommunizieren – so als glaube er, der neue Hai sei von seinem Vorgänger gerufen worden, um Rache für den Tod des Artgenossen zu nehmen.
Roy Scheider kehrte als Brody gegen seinen Willen zurück. Als er kurz vor Drehbeginn bei einem anderen Universal-Film, dem Vietnamkriegsdrama „Die durch die Hölle gehen“ absprang, hatte er vertraglich keine andere Wahl, als die Fortsetzung zu absolvieren. Vielleicht tröstete es ihn, dass auch „Der weiße Hai 2“ den Vietnamkrieg reflektiert: Brody ist nicht mehr und nicht weniger als ein paranoider Veteran, der von seinen Kriegserinnerungen eingeholt wird, der weiter gegen den unsichtbaren Feind kämpft. Neurotisch präpariert er seine Revolverkugeln mit Zyanid. Als er am Strand einen Schwarm Blaufische für den Schatten eines Hais hält, ballert er wüst in den Ozean. Scheider liefert großartiges Schauspiel ab, soll mit Regisseur Szwarc aber erhebliche Probleme gehabt haben. Ihm missfiel dessen Arbeit so sehr, dass er in seinem Hotelzimmer randalierte, in der Hoffnung, aus der Produktion geschmissen zu werden.
Im Originalfilm war die Jagd nach dem Hai für Brody eine Initiation. Als wasserscheuer Städter entschied er sich zum Duell auf hoher See, bewies sich damit als fähiger Inselbewohner. Drei Jahre später ist sein Antrieb ein anderer: Seine beiden Söhne segeln mittlerweile selbst aufs Meer hinaus. Gemeinsam mit einer Schar anderer Jugendlicher werden sie vom Hai attackiert. Hier nimmt „Der weiße Hai 2“ die Grundzüge des Splatter-Kinos vorweg, das in den 1980ern durch Filmreihen wie „Freitag der 13.“ oder „Nightmare on Elm Street“ dominiert wurde. Stereotypen wie die Jungfrau in Nöten, den Sonderling oder den Sportler finden sich vor, und Jungdarstellerin Donna Wilkes versucht sich als Schrei-Königin.
Echte charakterliche Tiefe weiß das Drehbuch von Carl Gottlieb und Howard Sackler den Heranwachsenden nicht zu verleihen, sie dienen nur dazu, entweder gefressen oder errettet zu werden. Blass bleiben daher auch die jungen Schauspieler, die allenfalls durch ihren körperlichen Einsatz überzeugen, da sie nahezu sämtliche Segelszenen selbst ausführen, unter abenteuerlichen Bedingungen. Auf hoher See war es dermaßen kalt, dass alle Akteure vor jeder neuen Aufnahme Eiswürfel lutschen mussten, um den kondensierenden Atem zu vermeiden.
Bei den Dreharbeiten kamen noch weitere Probleme auf: Murray Hamilton, abermalig als Bürgermeister Vaughn zu sehen, verließ den Dreh frühzeitig, als seine Frau an Krebs erkrankte. Die Jungdarsteller wiederum wurden einmal bei den Aufnahmen für die Segelszenen von einem echten Hammerhai umkreist, hyperventilierten vor Angst. Die Produktionsmitglieder bemerkten das Tier nicht, sie hielten die Schreie für gutes Schauspiel, drehten in Seelenruhe weiter. Einige der Aufnahmen landeten sogar im Film. Cable Junction, die felsige Insel, auf der sich eine elektrische Relaisstation befindet, und die extra für das Finale aus Plastik und Glasfasermaterial gebaut wurde, löste sich eines Tages aus ihrer Verankerung und schwamm davon – das Produktionsteam konnte Szwarc nur noch darüber informieren, dass seine Kulisse „auf dem Weg nach Kuba“ sei. Zum Glück fing man sie rechtzeitig wieder ein.
Mit den Hai-Effekten lief es dafür problemlos: Sorgte ‚Bruce‘, die mechatronische Hai-Attrappe des Spielberg-Films, durch sein unechtes Äußeres für einige Hürden, ist die neue Apparatur, vom Team ‚Bruce II‘ getauft, seinem Vorgängermodell technisch deutlich überlegen. All seine Auftritte bestechen durch überwältigende Schauwerte. Die Jagd auf eine Wasserskifahrerin und ihr Boot, welches in Folge einer Kettenreaktion in einem großen Feuerball explodiert, ist ein Höhepunkt des Blockbusters, ebenso sein blitzartiger Angriff auf einen unbedarften Taucher. Mehrfach kündigt ‚Bruce II‘ sich durch seine Haifischflosse an, die aus dem Meer hinausragt – ein ikonographisches Bild, das ins kollektive Gedächtnis einging.
Mit der Glaubwürdigkeit hapert es in den knapp zwei Stunden dafür gelegentlich: Als der Hai einmal in seiner Zerstörungswut einen Hubschrauber angreift und unter Wasser zieht, ist das zwar tricktechnisch beachtlich, aber deutlich zu brachial. Hanebüchen gerät vor allem die Unbeholfenheit der halbwüchsigen Segler, die erst ihre Katamarane versehentlich ineinander rammen und zusätzlich bei jeder erdenklichen Gelegenheit über Bord fallen, um von ihren Leidensgenossen wieder in Sicherheit gezogen oder vom Raubtier gefressen zu werden. Sie hätten wohl ein größeres Boot gebraucht.
Dennoch gelingen Szwarc effektive Szenen des Unwohlseins: Wenn etwa beim Parasailing ein Pilot im Wasser verharrt, während der Hai sich ihm von unten nähert, ist das minutiös ausgetüftelt. Auch das große Finale, in dem Brody in einem Schlauchboot allein gegen das Biest antritt, ist mit beträchtlichem Aufwand durchaus eindrucksvoll inszeniert. Als Meister der Anspannung meldete sich zusätzlich Komponist John Williams zurück. Seine Filmmusik ist sensationell und von enormer Bandbreite, vielleicht noch großartiger als beim Vorwerk: Das berüchtigte Leitmotiv aus nur zwei Tönen arrangiert er als orchestralen Walkürenritt, zum Kontrast laufen mitreißende, mysteriöse oder gar beschwingt-sommerliche Melodien.
Dank aufmerksamkeitsheischenden Werbekampagnen mit Coca-Cola oder dem Süßwarenhersteller Topps avancierte „Der weiße Hai 2“ im Jahr 1978 zur bis dato erfolgreichsten Fortsetzung der Geschichte – trotz Produktionskosten von 30 Millionen US-Dollar. Über die Jahre erlangte er jedoch einen zweifelhaften Ruf: Die zwei weiteren Fortsetzungen in den 1980ern gingen dermaßen bei Kritik und Publikum baden, dass auch das erste Sequel schnell mit ihnen in einen Topf geworfen wurde, nur noch als Fußnote im Zusammenhang mit dem ersten Teil Erwähnung findet. Fair ist diese Sichtweise nicht: Szwarc bietet kompetentes Unterhaltungskino, das sich problemlos selbst über Wasser halten kann. Den großen Horror, die Angst und den Schrecken des ersten Films, erzielte er aber kein zweites Mal. Die Tourismus-Branche wird es gefreut haben: Die Badegäste ließen sich in diesem Jahr ihren Urlaub nicht verderben.
Ironie der Filmgeschichte: Im meisterhaften Tierhorrorfilm „Der weiße Hai“ von Steven Spielberg lauert das titelgebende Ungetüm vor den Küsten der kleinen Inselstadt Amity und frisst badende Insulaner. Obwohl der ortsansässige Polizeichef Martin Brody vor dem Hai warnt, stößt er beim Bürgermeister Larry Vaughn auf taube Ohren. Das Wochenende um den Unabhängigkeitstag am 4. Juli steht an. Tausende Urlauber werden auf der Insel erwartet. Der Bürgermeister fürchtet bei einer Panik um einen Ausfall der Badesaison und erhebliche finanzielle Einbußen. Ökonomische Bedenken, die sich, hier liegt die Ironie, in der Realität bewahrheiteten: Spielbergs brillanter Blockbuster beeindruckte seine Zuschauer so nachhaltig, dass sich 1975 überall in den USA ein drastischer Rückgang der Strandurlauber verzeichnen ließ. Viele Touristen gaben an, sich beim Gang ins Meer unwohl zu fühlen.
Der Erfolg von „Der weiße Hai“ war so immens, dass Universal Studios gar nicht anders konnte, als eine Fortsetzung zu planen – obwohl der Hai im Grande Finale des ersten Films überdramatisch explodierte. Der französische Filmemacher Jeannot Szwarc übernahm die unrühmliche Aufgabe, einen neuen weißen Hai auf Amity und das Kinopublikum loszulassen – in der Hoffnung, dieselbe ängstigende Wirkung wie einst Spielberg auszulösen. So spielte schon das Plakat zum Film mit der Antizipation eines neuen Schockeffekts, dort stand der später legendär gewordene Werbespruch: „Gerade als Sie dachten, es sei sicher, wieder ins Wasser zu gehen …“
Einen großen Teil seiner filmischen Qualität und seiner suggestiven Kraft verdankte „Der weiße Hai“ dem begnadeten Steven Spielberg. Der aber sagte schon im Oktober 1975 auf dem ‚San Fransisco Film Festival‘: „Fortsetzungen sind nichts weiter als billige Schaustellertricks.“ An einem zweiten Teil hatte er folglich nur wenig Interesse. Gefallen fand er bloß an der Idee, die Vorgeschichte des Seebären Quint auf der USS Indianapolis im Zweiten Weltkrieg zu adaptieren, von der dieser in einem berüchtigten Monolog im Originalfilm erzählte. Doch als Spielberg sich vertraglich an sein Sci-Fi-Projekt „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ band, wollten die Produzenten nicht länger auf ihn warten. Nachdem der vom Studio gewünschte Regisseur John D. Hancock kurz nach Beginn der Dreharbeiten wegen kreativer Differenzen entlassen und das Skript heftig umgeschrieben wurde, kam schließlich Szwarc zum Zug.
Sein „Der weiße Hai 2“ ist weniger eine Fortschreibung der originalen Geschichte als mehr ihre Wiederholung: Erneut greift ein weißer Hai die Badegäste an den Stränden von Amity an, erneut ist Chief Brody der Einzige, der die Gefahr erkennt. Und erneut will Bürgermeister Vaughn mit Blick auf die Wirtschaft davon nichts hören. Doch das Sequel bietet reizvolle Variationen, macht sich die Vorgeschichte der Brody-Figur zu Nutze: Rasch wird deutlich, wie sehr die Ereignisse auf dem untergangenen Fischerboot ‚Orca‘, das zu Beginn der Fortsetzung einen Gastauftritt hat, ihn geprägt und traumatisiert haben. Allein der Gedanke, ein neuer Hai könnte sein Unwesen treiben, verstört ihn. Eine Meeresbiologin fragt er, ob Haie miteinander kommunizieren – so als glaube er, der neue Hai sei von seinem Vorgänger gerufen worden, um Rache für den Tod des Artgenossen zu nehmen.
Roy Scheider kehrte als Brody gegen seinen Willen zurück. Als er kurz vor Drehbeginn bei einem anderen Universal-Film, dem Vietnamkriegsdrama „Die durch die Hölle gehen“ absprang, hatte er vertraglich keine andere Wahl, als die Fortsetzung zu absolvieren. Vielleicht tröstete es ihn, dass auch „Der weiße Hai 2“ den Vietnamkrieg reflektiert: Brody ist nicht mehr und nicht weniger als ein paranoider Veteran, der von seinen Kriegserinnerungen eingeholt wird, der weiter gegen den unsichtbaren Feind kämpft. Neurotisch präpariert er seine Revolverkugeln mit Zyanid. Als er am Strand einen Schwarm Blaufische für den Schatten eines Hais hält, ballert er wüst in den Ozean. Scheider liefert großartiges Schauspiel ab, soll mit Regisseur Szwarc aber erhebliche Probleme gehabt haben. Ihm missfiel dessen Arbeit so sehr, dass er in seinem Hotelzimmer randalierte, in der Hoffnung, aus der Produktion geschmissen zu werden.
Im Originalfilm war die Jagd nach dem Hai für Brody eine Initiation. Als wasserscheuer Städter entschied er sich zum Duell auf hoher See, bewies sich damit als fähiger Inselbewohner. Drei Jahre später ist sein Antrieb ein anderer: Seine beiden Söhne segeln mittlerweile selbst aufs Meer hinaus. Gemeinsam mit einer Schar anderer Jugendlicher werden sie vom Hai attackiert. Hier nimmt „Der weiße Hai 2“ die Grundzüge des Splatter-Kinos vorweg, das in den 1980ern durch Filmreihen wie „Freitag der 13.“ oder „Nightmare on Elm Street“ dominiert wurde. Stereotypen wie die Jungfrau in Nöten, den Sonderling oder den Sportler finden sich vor, und Jungdarstellerin Donna Wilkes versucht sich als Schrei-Königin.
Echte charakterliche Tiefe weiß das Drehbuch von Carl Gottlieb und Howard Sackler den Heranwachsenden nicht zu verleihen, sie dienen nur dazu, entweder gefressen oder errettet zu werden. Blass bleiben daher auch die jungen Schauspieler, die allenfalls durch ihren körperlichen Einsatz überzeugen, da sie nahezu sämtliche Segelszenen selbst ausführen, unter abenteuerlichen Bedingungen. Auf hoher See war es dermaßen kalt, dass alle Akteure vor jeder neuen Aufnahme Eiswürfel lutschen mussten, um den kondensierenden Atem zu vermeiden.
Bei den Dreharbeiten kamen noch weitere Probleme auf: Murray Hamilton, abermalig als Bürgermeister Vaughn zu sehen, verließ den Dreh frühzeitig, als seine Frau an Krebs erkrankte. Die Jungdarsteller wiederum wurden einmal bei den Aufnahmen für die Segelszenen von einem echten Hammerhai umkreist, hyperventilierten vor Angst. Die Produktionsmitglieder bemerkten das Tier nicht, sie hielten die Schreie für gutes Schauspiel, drehten in Seelenruhe weiter. Einige der Aufnahmen landeten sogar im Film. Cable Junction, die felsige Insel, auf der sich eine elektrische Relaisstation befindet, und die extra für das Finale aus Plastik und Glasfasermaterial gebaut wurde, löste sich eines Tages aus ihrer Verankerung und schwamm davon – das Produktionsteam konnte Szwarc nur noch darüber informieren, dass seine Kulisse „auf dem Weg nach Kuba“ sei. Zum Glück fing man sie rechtzeitig wieder ein.
Mit den Hai-Effekten lief es dafür problemlos: Sorgte ‚Bruce‘, die mechatronische Hai-Attrappe des Spielberg-Films, durch sein unechtes Äußeres für einige Hürden, ist die neue Apparatur, vom Team ‚Bruce II‘ getauft, seinem Vorgängermodell technisch deutlich überlegen. All seine Auftritte bestechen durch überwältigende Schauwerte. Die Jagd auf eine Wasserskifahrerin und ihr Boot, welches in Folge einer Kettenreaktion in einem großen Feuerball explodiert, ist ein Höhepunkt des Blockbusters, ebenso sein blitzartiger Angriff auf einen unbedarften Taucher. Mehrfach kündigt ‚Bruce II‘ sich durch seine Haifischflosse an, die aus dem Meer hinausragt – ein ikonographisches Bild, das ins kollektive Gedächtnis einging.
Mit der Glaubwürdigkeit hapert es in den knapp zwei Stunden dafür gelegentlich: Als der Hai einmal in seiner Zerstörungswut einen Hubschrauber angreift und unter Wasser zieht, ist das zwar tricktechnisch beachtlich, aber deutlich zu brachial. Hanebüchen gerät vor allem die Unbeholfenheit der halbwüchsigen Segler, die erst ihre Katamarane versehentlich ineinander rammen und zusätzlich bei jeder erdenklichen Gelegenheit über Bord fallen, um von ihren Leidensgenossen wieder in Sicherheit gezogen oder vom Raubtier gefressen zu werden. Sie hätten wohl ein größeres Boot gebraucht.
Dennoch gelingen Szwarc effektive Szenen des Unwohlseins: Wenn etwa beim Parasailing ein Pilot im Wasser verharrt, während der Hai sich ihm von unten nähert, ist das minutiös ausgetüftelt. Auch das große Finale, in dem Brody in einem Schlauchboot allein gegen das Biest antritt, ist mit beträchtlichem Aufwand durchaus eindrucksvoll inszeniert. Als Meister der Anspannung meldete sich zusätzlich Komponist John Williams zurück. Seine Filmmusik ist sensationell und von enormer Bandbreite, vielleicht noch großartiger als beim Vorwerk: Das berüchtigte Leitmotiv aus nur zwei Tönen arrangiert er als orchestralen Walkürenritt, zum Kontrast laufen mitreißende, mysteriöse oder gar beschwingt-sommerliche Melodien.
Dank aufmerksamkeitsheischenden Werbekampagnen mit Coca-Cola oder dem Süßwarenhersteller Topps avancierte „Der weiße Hai 2“ im Jahr 1978 zur bis dato erfolgreichsten Fortsetzung der Geschichte – trotz Produktionskosten von 30 Millionen US-Dollar. Über die Jahre erlangte er jedoch einen zweifelhaften Ruf: Die zwei weiteren Fortsetzungen in den 1980ern gingen dermaßen bei Kritik und Publikum baden, dass auch das erste Sequel schnell mit ihnen in einen Topf geworfen wurde, nur noch als Fußnote im Zusammenhang mit dem ersten Teil Erwähnung findet. Fair ist diese Sichtweise nicht: Szwarc bietet kompetentes Unterhaltungskino, das sich problemlos selbst über Wasser halten kann. Den großen Horror, die Angst und den Schrecken des ersten Films, erzielte er aber kein zweites Mal. Die Tourismus-Branche wird es gefreut haben: Die Badegäste ließen sich in diesem Jahr ihren Urlaub nicht verderben.
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Let the sheep out, kid.
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