Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 3. Januar 2023 18:00
von Maibaum
Casino Hille hat geschrieben: 3. Januar 2023 17:34
wenn mitten im Film ein Song gespielt wird, dessen Text mir quasi nebenbei noch erklärt, was da gerade passiert und wie es zu deuten ist.
Das tut das Lied ja auch nicht. Es sind nur ein paar Zeilen die auf die Szene abgestimmt sind, aber das ist ja kaum aufdringlich oder irgendwas erklärend oder gar interpretierend.
Für mich entsprechen die Lyrics, auch die der 2. nicht verwendeten Strophe der lyrischen Stimmung der Szene.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 3. Januar 2023 18:33
von AnatolGogol
Für mich ist weniger der Text das Problem, als der Gesang, welcher sich zwangsläufig mehr in den Vordergrund "drängt" als die instrumentale Version. Das ebenfalls recht präsente Schlagzeug verstärkt diesen Effekt noch. Ich hab volles Verständnis dafür, wenn man das nicht so empfindet bzw. wenn Song und Bilder eine Einheit bilden. Aber in Kenntnis der sublimen Instrumentalversion fühlt sich die Szene mit Gesang für mich einfach falsch an, da hier die Gewichtung zwischen Ton und Bild verschoben wird. Die wehmütig dahingehauchte musikalische Untermalung in Kombination mit Jurados und Pickens einmalig gutem Spiel macht diesen Moment für mich zu etwas ganz besonderen und einmaligen. Da es euch mit Dylans Gesang ja offenbar ähnlich bzw. genauso geht, ist das aber der eindeutige Beleg, dass die Szene in beiden Versionen ihr Ziel erreicht.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 3. Januar 2023 18:40
von Casino Hille
Ich unterstütze, was Anatol sagt: Natürlich ist das jetzt kein Erklärbärtext, aber wenn Dylan einsetzt mit "Mama, take this badge off of me … I can't use it anymore", dann ist mir das vier Spuren zu aufdringlich und das hat sicherlich u.a. auch schlicht damit zu tun, dass da überhaupt Gesang ist. Was nicht heißt, dass Gesang in Filmen nicht sehr effektiv eingesetzt werden kann – und wie gesagt, ich mag den Film eh nicht so richtig –, aber im Direktvergleich funktioniert es für mich hier besser, es reißt mich zu sehr raus in dem Moment, in dem Dylan loslegt.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 00:55
von GoldenProjectile
AnatolGogol hat geschrieben: 3. Januar 2023 18:33
Für mich ist weniger der Text das Problem, als der Gesang, welcher sich zwangsläufig mehr in den Vordergrund "drängt" als die instrumentale Version. Das ebenfalls recht präsente Schlagzeug verstärkt diesen Effekt noch. Ich hab volles Verständnis dafür, wenn man das nicht so empfindet bzw. wenn Song und Bilder eine Einheit bilden. Aber in Kenntnis der sublimen Instrumentalversion fühlt sich die Szene mit Gesang für mich einfach falsch an, da hier die Gewichtung zwischen Ton und Bild verschoben wird. Die wehmütig dahingehauchte musikalische Untermalung in Kombination mit Jurados und Pickens einmalig gutem Spiel macht diesen Moment für mich zu etwas ganz besonderen und einmaligen. Da es euch mit Dylans Gesang ja offenbar ähnlich bzw. genauso geht, ist das aber der eindeutige Beleg, dass die Szene in beiden Versionen ihr Ziel erreicht.
Du hast wohl das geschultere Musikgehör, aber ich finde das Schlagzeug sehr subtil, bis du das angesprochen hattest hätte ich meine linke Niere drauf verwettet, dass da keins ist. Vielleicht assoziiere ich Schlagzeug zu sehr mit laut und schnell. Dass Jim Keltner hinter den Trommeln sitzt macht es nur noch besser, alle Freunde von George sind auch meine Freunde.
Was den Gesang noch so dringend notwendig macht ist der Kontrast zum instrumentalen Anfangsteil und dass die stetige Steigerung mit dem Gesang einen neuen Höhepunkt erreicht. Auch wunderbar getimt, wie die erste Zeile schon beim Anblick Coburns einsetzt, der starr den sterbenden Black anschaut, und dann zum sitzenden Pickens geschnitten wird.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 08:56
von vodkamartini
Ich finde das ungemein stimmig, gerade auch wegen des Textes. Abgesehen davon ist die Stimme das älteste Instrument des Menschen. Man darf bei Knockin ... nicht vergessen, dass dieser Song v.a. durch die Guns´n`Roses Version und ihren Auftritt beim Freddie Tribute einer der am stärksten im Bewusstsein sämtlicher Generationen verankert ist, die 1991 so zwischen 15 und 50 waren, wie kaum ein anderer (außer vielleicht noch Wind of Change). jeder kennt zumindest dien Chorus und weiß, was er bedeutet.
1973 hatte dieser Song aber nicht ansatzweise diesen Stellenwert oder Bekanntheitsgrad, konnte er gar nicht, denn er war brandneu. Erinnert mich auch ein wenig an einen ähnlichen Mechanismus im Zusammenhang mit historischen Ereignissen, die man immer aus ihrer Zeit heraus beurteilen sollte (so gut es geht), wenn man ihnen gerecht werden will.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 09:43
von AnatolGogol
vodkamartini hat geschrieben: 4. Januar 2023 08:56
Ich finde das ungemein stimmig, gerade auch wegen des Textes. Abgesehen davon ist die Stimme das älteste Instrument des Menschen.
...und genau deshalb wird bei Filmsoundtracks auch permanent gesungen
>> bei Bedarf finden wir bestimmt noch Dutzende von Argumenten, um unsere bevorzugte Versionen zu verteidigen
vodkamartini hat geschrieben: 4. Januar 2023 08:56jeder kennt zumindest dien Chorus und weiß, was er bedeutet.
Das mit dem Wissen um die Bedeutung würde ich aber ernsthaft bezweifeln, gerade in der Nicht-Englischsprachigen Welt. Nicht wegen Mangels an Sprachkenntnissen, sondern weil sich die breite Masse bei Musik erfahrungsgemäß überhaupt nicht um etwaig über den Text transportierte Inhalte kümmert.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 12:03
von Casino Hille
vodkamartini hat geschrieben: 4. Januar 2023 08:56
1973 hatte dieser Song aber nicht ansatzweise diesen Stellenwert oder Bekanntheitsgrad, konnte er gar nicht, denn er war brandneu. Erinnert mich auch ein wenig an einen ähnlichen Mechanismus im Zusammenhang mit historischen Ereignissen, die man immer aus ihrer Zeit heraus beurteilen sollte (so gut es geht), wenn man ihnen gerecht werden will.
Ja, das ist sicher schwierig, sich jetzt vorzustellen, wie die Szene ohne Musik wirken würde, würde man das Lied gar nicht kennen. Ich verstehe, was du meinst, aber aus der Entstehungszeit heraus etwas zu beurteilen kann natürlich trotzdem heißen, es letztlich für sich abzulehnen, ganz besonders, wenn es eine Alternativversion gibt, die später erstellt wurde und der eigenen Ansicht näher ist. Gerade deshalb macht es ja manchmal auch Spaß, wenn es bei Filmen mehrere Fassungen gibt, weil man sich die Rosinen herauspicken kann.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 12:44
von GoldenProjectile
AnatolGogol hat geschrieben: 4. Januar 2023 09:43
...und genau deshalb wird bei Filmsoundtracks auch permanent gesungen
So wie ich das Wort verstehe eigentlich schon. Score und Soundtrack werden häufig synonym verwendet, aber der Score ist die vom Komponisten erstellte "Stimmungsmusik". Soundtrack bezeichnet eher die gesamte Musik zum Film, ein Soundtrack-Album kann also zum Beispiel aus dem Score und zwei Songs bestehen. Meist wird Soundtrack aber vor allem für die verwendeten Songs und Musikstücke gebraucht, als Abgrenzung zum Score, heisst Goodfellas ist ein Soundtrack-Film, Vertigo ein Score-Film.
Aber ich sehe, wir werden uns noch in #Marburg23 die Köpfe heissreden über die Flussszene (Hausaufgabe: Jeder erstellt für #Marburg23 seine perfekte Schnittfassung, die dann nacheinander alle in Maibaums Heimkino visioniert werden ).
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 13:00
von Casino Hille
GoldenProjectile hat geschrieben: 4. Januar 2023 12:44
Jeder erstellt für #Marburg23 seine perfekte Schnittfassung
Qualifiziere ich mich auch dann dafür, wenn meine perfekte Schnittfassung jede Sekunde des Films rausnehmen und durch "Barquero" in voller Länge ersetzen würde oder ist das zu gewagt, künstlerisch?
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 13:01
von AnatolGogol
GoldenProjectile hat geschrieben: 4. Januar 2023 12:44
So wie ich das Wort verstehe eigentlich schon. Score und Soundtrack werden häufig synonym verwendet, aber der Score ist die vom Komponisten erstellte "Stimmungsmusik". Soundtrack bezeichnet eher die gesamte Musik zum Film, ein Soundtrack-Album kann also zum Beispiel aus dem Score und zwei Songs bestehen. Meist wird Soundtrack aber vor allem für die verwendeten Songs und Musikstücke gebraucht, als Abgrenzung zum Score, heisst Goodfellas ist ein Soundtrack-Film, Vertigo ein Score-Film.
Du nun wieder...
Dann halt so: deshalb wird in Filmen auch zu > 98% zur musikalischen Untermalung Musik ohne Gesang verwendet...
...hätte mir ja denken können, dass du bei dem Thema mit dem ollen Marty ums Eck kommst bei dem Thema....
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 13:05
von GoldenProjectile
AnatolGogol hat geschrieben: 4. Januar 2023 13:01
...hätte mir ja denken können, dass du bei dem Thema mit dem ollen Marty ums Eck kommst bei dem Thema....
Jetzt spielst du doch selber schon auf den Soundtrack-Film des ollen Martys an.
Aber damit back to topic, back to topic.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 13:19
von Maibaum
Casino Hille hat geschrieben: 4. Januar 2023 13:00
Qualifiziere ich mich auch dann dafür, wenn meine perfekte Schnittfassung jede Sekunde des Films rausnehmen und durch "Barquero" in voller Länge ersetzen würde oder ist das zu gewagt, künstlerisch?
Das geht eher in Richtung "Untergang des Abendlandes" ...
Kennst du von dem Barquero Regisseur Gordon Douglas seinen früheren (und besten) Western Rio Conchos?
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 13:25
von Casino Hille
Nein, aber den schönen "Das Gold der sieben Berge" von Gordon Douglas mit unserem Roger M007e habe ich gesehen, der war durchaus hübsch, hat mir Spaß gemacht.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 14:48
von vodkamartini
Also Anatol, jetzt stell dir mal Rockys nächtliche Selbsfindungsfahrt ohne Teppers "No easy war out" bzw. rein instrumental vor und Ankunft plus Trainingsauftakt in Russland ohne Survivors "Burning Heart" und sag mir ganz ehrlich, dass du das viel besser finden würdest.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 4. Januar 2023 15:19
von AnatolGogol
vodkamartini hat geschrieben: 4. Januar 2023 14:48
Also Anatol, jetzt stell dir mal Rockys nächtliche Selbsfindungsfahrt ohne Teppers "No easy war out" bzw. rein instrumental vor und Ankunft plus Trainingsauftakt in Russland ohne Survivors "Burning Heart" und sag mir ganz ehrlich, dass du das viel besser finden würdest.
Also wenn das so ist, dann sollten aber alle Filme ab sofort nur noch mit Gesang gezeigt werden!