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iHaveCNit: Civil War (2024) – Alex Garland – A24 / DCM
Deutscher Kinostart: 18.04.2024
gesehen am 20.04.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 4 – Reihe 9, Platz 19 – 17:20 Uhr


Alex Garland hat in seiner Rolle als Regisseur für mich durchaus eine interessante Reihe an Filmen hervorgebracht - „Ex Machina“, „Annihilation“ und „Men“ konnten mich durchaus anregen und begeistern, womit ich natürlich gespannt war, was mich mit seinem neuen Werk „Civil War“ erwarten könnte.

Die USA befinden sich inmitten eines schwelenden und immer stärker eskalierenden Bürgerkriegs, bei dem sich auch unter anderem die Staaten Texas und Kalifornen als Western Forces zusammengeschlossen haben und einen Schlag und Sturz des US-Präsidenten planen. Lee und Joel sind Pressevertreter und in ihrer Rolle als Journalisten, Fotografen und Kriegsberichterstattern planen noch vor dem Schlag gegen den US-Präsidenten die gefährliche Reise von New York nach Washington D.C. für ein letztes Interview mit dem US-Präsidenten. Den Beiden schließen sich der erfahrene Journalist Sammy und die junge, von Lees Arbeiten inspirierte Fotografin Jessie an.

„Civil War“ ist ein sehr interessanter Film geworden. Bedrückend nah zeichnet der Film eine Situation, die in naher Zukunft gar nicht mal so abwegig in den USA scheint mit einem schwelenden, eskalierenden Bürgerkriegsszenario und neuen Bündnissen innerhalb der Staaten. Der Film zeichnet diese Situation ohne eine genaue Vorgeschichte zu liefern, warum das alles so gekommen ist, wie es gekommen ist. Dieser Umstand und eine nicht ganz eindeutige Haltung des Films mag zwar ähnlich wie die nicht ganz so tief gehende Charakterzeichnung ein valider Kritikpunkt am Film sein, jedoch muss man sich hier die Frage nach der gewählten Perspektive und Symbolik des Films stellen. Wir begleiten hier ein vielseitiges und vielschichtiges Team aus Pressevertretern mit Journalisten, Fotografen und Kriegsberichterstattern, die sich das neutrale Dokumentieren des Ist-Zustandes in Momentaufnahmen zur Aufgabe gemacht haben. Und so begleiten wir dieses Team, bei dem mir vor allem am stärksten die beiden Frauen, gespielt von Kirsten Dunst und Cailee Spaeny gefallen haben, weil sie sich charakterlich sehr ergänzen und man bei Beiden aus den Gesichtern heraus viel von ihrer charakterlichen Tiefe und Geschichte ableiten lässt. Der Film nutzt hier die Möglichkeiten eines Roadmovies aus, um den Ist-Zustand des Landes zu dokumentieren und zu präsentieren und sorgt punktuell für sehr spannende, actionreiche und nervenzerrende Momente und Sequenzen, die ähnlich wie zum Beispiel in der Brückensequenz aus Denis Villeneuves „Sicario“ handwerklich perfekte Beispiele dafür sind, wie Spannung und Druck aufgebaut werden kann. Insgesamt hat mir „Civil War“ von Garland sehr gut gefallen.

„Civil War“ - My First Look – 9/10 Punkte
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iHaveCNit: Abigail (2024) – Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett – Universal
Deutscher Kinostart: 18.04.2024
gesehen am 22.04.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 5 – Reihe 13, Platz 15 – 20:35 Uhr


Das Regisseurenduo Bettinelli-Olpin und Gillett, von dem mich bereits „Ready Or Not“ und auch der 5. und 6. Teil der „Scream“-Reihe begeistern konnten, haben vor dem geplanten 2. Teil für „Ready Or Not“ noch einen weiteren Film in der Pipeline gehabt, den ich mir auch so für Zwischendurch im Kino gerne angesehen habe - „Abigail“ heißt das gute Stück, bei dem auch genau das drin ist, was drauf steht, wenn es um das Marketing geht.

Eine Gruppe anonymer Entführer bekommt den Auftrag, ein junges Mädchen zu entführen und in einem abgelegenen Herrenhaus zu beaufsichtigen. Was die Gruppe von Entführern nicht ahnt ist, dass von dem Mädchen eine tödliche Gefahr ausgeht.

Der Trailer und selbst das Poster macht bereits vorab sehr klar, was einen bei „Abigail“ erwarten wird. Wer zusätzlich auch schon auf die Vorerfahrung der oben genannten Filme des Duos zurückgreifen kann und auch mit diesen Filmen seinen Spaß hatte, wird auch mit „Abigail“ durchaus für die 109 Minuten seinen Spaß haben. In dem durchaus namhaften Cast und einem Ensemble mit unter anderem Melissa Barrera, Kathryn Newton, Dan Stevens, Kevin Durand und Giancarlo Esposito wird vermutlich der aus Euphoria bekannte und jung verstorbene Angus Cloud am ehesten erwähnt werden, auch wenn der Cast und das Ensemble hier nur in einem launigen, unterhaltsamen und teils inkonsistenten und inkonsequenten Horror-Action-Spaß einen halbwegs routinierten Job liefern darf – natürlich mit der aufgrund notwendiger Unausgewogenheit bedingten Charakterzeichnung und damit verbundenen Vielschichtigkeit wenn es um etwaige Twists und Hintergrundgeschichten zu den anonymen Entführern geht. Das bremst den Film etwas aus, bei dem dann aber im Horror-Bereich mit den Effekten sich die Splattersequenzen und Effekte durchaus sehen lassen können. Wenn man das vorige Werk des Duos kennt, wird man jedoch von den Meta-Gags über Vampirhorror ernüchtert zurückgelassen und der Film geht auch etwas fahrlässig mit den Regeln des Genres um, wenn er sie genauso interpretiert, so wie er es gerade braucht.

„Abigail“ - My First Look – 6/10 Punkte
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iHaveCNit: Winnie The Pooh: Blood and Honey 2 (2024) – Rhys Frake-Waterfield
Deutscher Kinostart: 25.04.2024
gesehen am 25.04.2024

Cinestar Metropolis Frankfurt am Main – Kino 10 – Reihe G, Platz 6 – 21:00 Uhr

Es trägt immer wieder interessante Blüten, was in der Filmbranche passiert, wenn Rechte freigegeben und wieder verfügbar sind. So im Falle von den Kinderbüchern von Alan Alexander Milne um „Winnie The Pooh“ und Christopher Robin, die zuletzt im Hause Disney wohl eher das Leben vieler Kinder bereichert haben. Für diejenigen, die sich ein Stück ihrer Kindheit bewahren möchten, weil zum Beispiel diese Abenteuer einen großen Einfluss darauf hatten, sollten am liebsten einen großen Bogen um das machen, was Filmemacher Rhys Frake-Waterfield aus dem Stoff gemacht hat – Action-Trash der unterhaltsam schlechten Note. Da mich der erste Teil durchaus auf genau diese Art und Weise unterhalten konnte und mit zum schlechtesten gehörte, was das letzte Jahr zu bieten hatte, war es mir ein Vergnügen ganz kurzfristig nun auch noch die Fortsetzung des Ganzen anzusehen.

Nachdem Christopher Robin das Massaker im Hundert-Morgen-Wald überlebt hat, wird er von den Bewohnern Ashwoods geächtet und als eigentlicher Killer gebrandmarkt. Genauso ergeht es Winnie The Pooh, weil er noch keine Rache an Christopher Robin üben konnte und der Überlebenskampf im Hundert-Morgen-Wald weitergeht, für den sich Winnie The Pooh nun auch noch weitere Unterstützung geholt hat und auch nicht mehr davor zurückschreckt, Ashwood einen Besuch abzustatten. Währenddessen ahnt der sich in Therapie befindliche Christopher Robin noch nicht, wie eng Winnie The Pooh tatsächlich mit seiner Vergangenheit verzahnt ist.

Was kann ich einleitend noch zum ersten Teil sagen ? Der erste Teil war stumpf, platt und hat dahingehend auch keine Gefangenen gemacht. Vom schlechten Schauspiel aller Beteiligten bishin zum eher mauen Maskendesign waren die schnellen, fiesen Kills jedoch sehr ansehlich auch von ihren Effekten her und gerade weil der Film auch die Momente gut einfangen und für sich stehen lassen konnte. Das Spektakel hatte seine Momente und war daher auch selbst wenn es manchmal unfreiwillig komisch gewesen ist, sehr unterhaltsam trashig. Bei seinem Versuch, größer zu wirken, ist der zweite Teil gerade dahingehend gescheitert, konsistent das zu liefern, was in Teil 1 noch halbwegs für mich 4 Punkte wert gewesen ist. Die Fortsetzung ist interessant geworden und für mich noch einigermaßen unterhaltsam und nicht komplett egal und gleichgültig gewesen. Klar wird hier nach dem Motto „Höher, schneller, weiter“ von Fortsetzungen bei der Anzahl an Kills in diesem Slasher einer drauf gesetzt und auch ein Teil der Effekte sieht trotz eher mangelnder Konsistenz im Maskendesign einigermaßen gut aus und auch die Einbettung von Meta-Insidern zur Lore um Winnie The Pooh als auch Referenzen zu Horror-Klassikern haben einigermaßen gut gepasst. Jedoch nimmt sich der Film in gewissen Momenten viel zu ernst, eine zwar kreative, aber extrem krude Hintergrundgeschichte wird hier erzählt, die den Film ungemein ausbremst und dem Film dahingehend die Zeit nimmt, die Kills und die Action mit einer notwendigen Ruhe für die Momente zu inszenieren und zu zelebrieren. Dennoch bin ich immer noch gespannt darauf, wie die Geschichte hier weiter erzählt wird, so dass man mir keinen Honig um den Mund schmieren muss. Und dass es der Film schafft, dass ich eine für mich sehr seltene Wertung raushole, ist auch eine Erwähnung wert – vielleicht auch an der Spitze von Hinten, wenn es um 2024 im Kino geht.

„Winnie The Pooh: Blood and Honey 2“ - My First Look – 3/10 Punkte
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244
iHaveCNit: Kleine Schmutzige Briefe (2024) – Thea Sharrock – Studiocanal
Deutscher Kinostart: 28.03.2024
gesehen am 27.04.2024
Arthouse-Kinos Frankfurt – Cinema – Petit – Reihe 5, Platz 1 – 12:45 Uhr


Da ich den März 2024 für mich kinotechnisch noch nicht abgeschlossen habe, stand für mich noch unter anderem „Kleine Schmutzige Briefe“ von Thea Sharrock auf der Liste. Nun konnte ich ihn mit etwas Verspätung endlich im Kino nachholen und einen vergnügsamen Kinobesuch hinter mich bringen.

Das kleine britische Örtchen Littlehampton in den 1920er-Jahren. Edith Swan, die gemeinsam mit ihren Eltern wohnt, bekommt schon einige Zeit Briefe mit obszönen Beleidigungen zugestellt. Bis der Fall der Polizei gemeldet wird und Ediths freigeistige Nachbarin Rose Gooding schnell verdächtigt und inhaftiert wird. Die Polizei ist von der Schuld von Rose überzeugt, doch die junge Polizistin Gladys stellt die Ermittlungen in Frage und geht dem Geheimnis der Briefe auf die Spur.

„Kleine Schmutzige Briefe“ beruht scheinbar auf einer tatsächlichen Begebenheit. Das macht diese britische, skurrile Krimikomödie durchaus sehr interessant. Heutzutage würde dieser Fall weniger per handgeschriebenen Briefen ausgetragen, sondern eher online in diversen Foren auf Reddit, wo das alles in seiner Obszönität mit seinen Beleidigungen doch eher trollendes Shitposting wäre und keine so große Aufruhr erzeugen würde wie es dass in Littlehampton damals scheinbar der Fall gewesen ist. Der Film bildet hier wenn auch oberflächlich das Leben von Frauen in der damaligen Zeit der 1920er ab und baut daraus neben der skurrilen Krimikomödie eine Geschichte von Freiheit, Aufbegehren und Empowerment von Frauen ab, gerade weil auch das Ensemble mit Olivia Colman, Jessie Buckley und Anjana Vasan im Fokus steht und mich richtig gut mitreißen konnte.

„Kleine Schmutzige Briefe“ - My First Look – 7/10 Punkte
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iHaveCNit: One Life (2024) – James Hawes – Paramount
Deutscher Kinostart: 28.03.2024
gesehen am 27.04.2024
Arthouse-Kinos Frankfurt – Cinema – Studio – Reihe 3, Platz 1 – 18:15 Uhr


Sofern sich für mich keine weiteren Möglichkeiten für 2 eigentlich noch geplante Kinostarts aus dem März 2024 ergeben, ist dieser somit aktuell für mich mit der Sichtung von James Hawes „One Life“ abgeschlossen. Denn das Biopic mit einem Sir Anthony Hopkins in der Hauptrolle hat mich durchaus interessiert.

Nicholas Winton ist ein ehemaliger Banker, der von Schuldgefühlen geplagt zum Wohltäter geworden ist. Warum ihn Schuldgefühle plagen ? Kurz bevor Adolf Hitler und die Deutschen Prag überrannt haben, ist er dorthin gereist und hat dort mithilfe weiterer Personen und Verbindungen nach England die Rettung und Flucht von 669 Kindern organisieren können, doch bei der letzten Flucht war es zu spät, so dass er sich ein Leben lang diese Vorwürfe gemacht hat. Beim Durchstöbern alter Unterlagen von damals wird Winton durch eine mediale Aktion überrascht, von deren Ausmaß er keine Ahnung haben wird.

„One Life“ möchte als Biopic das Lebenswerk vom britischen Pendant zu Oskar Schindler, Sir Nicholas Winton darstellen und man hat sich hier eher für eine durchaus klassische und teils nüchterne Variante entschieden, die sich auf zwei Zeitebenen verlagert. Wir erleben wie Sir Nicholas Winton damals in jüngeren Jahren zwischen Prag und London pendelt und mit einem Team weiterer Helfer die Organisation der Rettung und Flucht von Kindern plant und durchführt, was in durchaus spannenden und dramatischen Szenen mündet. Hier wird er von Johnny Flynn verkörpert, während Sir Anthony Hopkins in der zweiten Zeitebene den wesentlich älteren Winton spielt, bei dem diese charakterliche Reise von Schuldgefühlen hin zu Dankbarkeit und Absolution sehr gut dargestellt wird, selbst wenn natürlich die emotionale Wirkung bei den Zuschauern sehr forciert wird.

„One Life“ - My First Look – 7/10 Punkte
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Beitrag: 3.500 - und was für Einer !

iHaveCNit: Challengers - Rivalen (2024) – Luca Guadagnino – MGM / Warner
Deutscher Kinostart: 25.04.2024
gesehen am 28.04.2024
Cinestar Metropolis Frankfurt am Main – Kino 9 – Reihe K, Platz 13 – 17:30 Uhr


Ich bekomme immer wieder Gänsehaut, wenn ich daran denke, was für ein geiles Filmjahr 2023 für mich hätte werden können, wären ein paar Filme nicht ins Jahr 2024 verschoben worden. Nach „Dune Part Two“ und „Poor Things“ hat sich hier auch bei mir „Challengers – Rivalen“ bereits einen Platz in den Spitzenpositionen des Jahres 2024 erkämpfen können. Dabei hat es Regisseur Luca Guadagnino bei mir eigentlich recht schwer, weil er bei mir bisher eher „Miss“ statt „Hit“ gewesen ist und es hier bisher nur mit „Call Me By Your Name“ tatsächlich geschafft hat, einen „Hit“ zu erschaffen und nur knapp mit „Bones and All“ daran gescheitert ist. Dementsprechend war ich gespannt, ob „Challengers – Rivalen“ für mich ein Ball ins Aus oder ein perfekter, verwandelter Matchball wird.

Art Donaldson und Patrick Zweig sind Freunde seit der Kindheit, gemeinsam studieren sie in Stanford und sind passionierte Tennisspieler, die sich einen Namen im Doppel und Einzel machen wollen. Auf einem Turnier treffen beide auf Tashi Duncan, der eine große Karriere bevor stehen könnte. Das Trio kommt sich näher und zwischen Patrick und Tashi kommt es zu einer Beziehung, die durch einen Streit und eine Verletzung von Tashi zum Bruch von Patrick und Tashi sowie zum Bruch der Freundschaft zwischen Art und Patrick führt. Mittlerweile sind Art und Tashi verheiratet, Eltern und Tashi hat Art zu einem Tennisprofi trainiert und gemanagt. Doch dieser befindet sich gerade in einem Karrieretief, so dass er bei einem kleineren Turnier antreten soll, auf dem es zum unausweichlichen Duell der ehemaligen Freunde kommt.

Eingangs kann ich bereits jetzt sagen, dass der Film für mich „Game, Set and Match“ ist und wie bereits weiter oben angedeutet zu einem meiner Highlights für 2024 geworden ist. Dieser Film, der gleichermaßen eine „Menage a´Trois“ als auch Abhandlung über Freundschaften, Rivalitäten und den Leistungsdruck im Tennissport ist, wird in seiner erzählerischen Struktur wie ein Tennismatch in 3 Sätzen mit all seinen Feinheiten und nonlinearen Rückblenden strukturiert und ist auch ein audiovisueller Rausch, der seine Spannung aber nicht nur aus den dynamischen, spannend inszenierten Tennissequenzen zieht, sondern auch in den zwischenmenschlichen Momenten des großartig aufspielenden Trios aus Zendaya, Josh O´Connor und Mike Faist, bei denen in jeglichen Szenen so etwas wie eine Spannung und eine auf mehreren Arten gelagerte Anziehung zu spüren ist und sich auch im Laufe des Films immer wieder das Machtverhältnis des Trios untereinander verschiebt. Dabei ist der Film auch ab und an sehr erotisch und sexuell aufgeladen, woran sich das Machtgefüge auch innerhalb des Trios klar ableiten lassen kann. Die Kameraeinstellungen und Perspektiven, die Schnitte, der Sound und der treibende Soundtrack von Trent Reznor und Atticus Ross runden den Film ab, dessen Ende und Konklussion auch nicht hätte besser sein können. Wobei ich dem Trio und dem ganzen Treiben noch ewig hätte zusehen können.

„Challengers - Rivalen“ - My First Look – 10/10 Punkte
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247
iHaveCNit: Arthur der Große (2024) – Simon Cellan Jones – Leonine
Deutscher Kinostart: 25.04.2024
gesehen am 29.04.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 8 – Reihe 13, Platz 18 – 19:45 Uhr


Da am ursprünglich anvisierten Starttermin 21.03.2024 zu viel los gewesen ist, hat man sich sicherlich für den neuen Film mit Mark Wahlberg für einen Starttermin einen Monat später entschieden. Ich habe vom Film auch erst durch den Trailer erfahren und ihn mir als sicheren Termin notiert, den ich nun zu seinem Startwochenende auch ansehen. Die Rede ist von „Arthur der Große“, der auf wahren Begebenheiten des Schweden Michael Lindnord basiert und durchaus Sport- und Hundebegeisterte interessieren dürfte.

Nachdem der bekannte Athlet Michael Light in seinem letzten Adventure Racing Wettbewerb eine falsche Entscheidung getroffen hat, gilt er als gefallener Athlet. Doch einige Jahre später stellt er wieder ein Team zusammen um erneut anzutreten und dieses Mal das Rennen in der dominikanischen Republik abzuschließen und seinen Namen wieder reinzuwaschen. Noch ahnt er und sein Team nicht, dass sie dort auf einen ganz besonderen Hund treffen werden, der ihnen bei ihrem Rennen scheinbar nicht von der Seite weichen will.

Der Film, den man aufgrund seiner auf wahren Begebenheiten fußenden Geschichte und Mark Wahlberg in der Hauptrolle auch als weiteren Film des Gespanns Mark Wahlberg und Peter Berg wahrnehmen könnte, wurde dann doch durch einen anderen Regisseur, Simon Cellan Jones inszeniert. Dieses Sport-Hunde-Abenteuer nutzt vor allem schöne Panoramen der dominikanischen Republik und bietet durch den Adventure Racing Sport viele schöne Actionszenen durch die Trails zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem Kanu sowie einigen Passagen, die man durch Klettern und ganz besondere Arten der Fortbewegung bewältigen kann, wo an dieser Stelle eine dieser Entscheidungen ganz besonders spannend inszeniert worden ist. Farblich ist der Film dann doch vielleicht etwas grau und trist gehalten und auch sonst eher dezent mit der emotionalen Falltiefe seiner Charaktere, was den Film durchaus natürlicher wirken lässt und daher nicht ganz so auf die obligatorische Tränendrüse drücken wird. Diese routinierte Story mit dem Hund hat mich leider nicht ganz emotional gecatcht, aber dennoch hatte ich meinen Spaß bei dem Film.

„Arthur der Große“ - My First Look – 7/10 Punkte
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iHaveCNit: The Fall Guy (2024) – David Leitch – Universal
Deutscher Kinostart: 30.04.2024
gesehen am 30.04.2024 in Dolby Atmos
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 1 – Reihe 8, Platz 16 – 20:20 Uhr


Im Hintergrund nahezu jeder Filmproduktion gibt es eine Berufsgruppe, die mit den körperlichen und mentalen Strapazen zu den wirklichen Helden gehören, auch wenn die öffentliche Rezeption durch Awards bisher größtenteils ausbleibt. Das Paradoxe dabei ist, dass man gute Stuntarbeit dann erkennt, wenn man sie nicht erkennt und damit diese Illusion einer unsichtbaren Kinomagie erschaffen wird. Und sollten hier Preise wie zum Beispiel die Academy Awards (Oscar) verliehen werden – an wen sollten diese gehen ? Für mich in der Kombination an das Team aus Second Unit Director, Stunt Coordination und den Stuntmen/Stuntwomen. Eine filmische Liebeserklärung an diese Berufsgruppe gibt es nun in Form von David Leitchs neuem Film „The Fall Guy“, in dem er sich an der 80er-Jahre-Serie „Ein Colt für alle Fälle“ und dem Hauptcharakter Colt Seavers orientiert und dafür kein geringeres Duo in den Hauptrollen gewinnen konnte als die „Barbenheimer“-Kombo aus Ryan Gosling und Emily Blunt.

Colt Seavers ist Stuntmen für den erfolgreichen Filmstar Tom Ryder – und hoffnungslos verliebt in die Kamerafrau Judy Moreno. Bei einem Dreh geht jedoch ein Stunt schief und Colts Karriere scheint verletzungsbedingt vorbei. Bis er einige Zeit später kontaktiert wird zwecks der Stuntarbeit an einem neuen Film, der zufälligerweise von Judy inszeniert wird und Tom Ryder die Hauptrolle spielt. Ohne Judys Wissen stimmt Colt der Arbeit zu. Ohne zu ahnen, wie herausfordernd das Ganze für ihn wird, um Judys Herz zu kämpfen, den Dreh erfolgreich zu beenden und auch das Verschwinden des Hauptdarstellers Tom Ryder aufzuklären.

„The Fall Guy“ ist eine extrem unterhaltsame Action-Komödien-Romanze geworden. Gespickt mit vielen kreativen Einfällen und Ideen sowie einigen Insidern und Meta-Gags ist der Film ein kreatives Feuerwerk. Die Liebeserklärung an die Filmindustrie, ihre Eigenarten und auch die Arbeit an den Stunts ist genau wie die Insider und Meta-Gags sehr stimmig in den Film integriert worden und darüber hinaus macht das Duo aus Emily Blunt und Ryan Gosling unfassbar viel Spaß, da ist es im Grunde auch vollkommen gleichgültig, ob man Beiden die Romanze dabei abkaufen möchte. Der dabei eingebundene Krimi um das Verschwinden des Hauptdarstellers, das am Ende auch in eine Art Verschwörung abdriften kann, hat mir auch gut gefallen. Gepaart mit der Musik ist der gesamte Film einfach Entertainment pur und dafür bin ich gerne ins Kino gegangen. Auf mehr an dieser Stelle einzugehen würde viele Überraschungen und Ideen vorwegnehmen – Also bitte selbst erleben, was „The Fall Guy“ alles zu bieten hat.

„The Fall Guy“ - My First Look – 9/10 Punkte
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iHaveCNit: Robot Dreams (2024) – Pablo Berger – Studiocanal / Plaion Pictures
Deutscher Kinostart: 09.05.2024
gesehen am 01.05.2024 in der Spotlight-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 6, Platz 9 – 21:00 Uhr


Der bei mir spärlich gesäte Animationsfilm-Bereich hat in diesem Jahr bisher nur den Oscarpreisträger „Der Junge und der Reiher“ von Hayao Miyazaki zu bieten. In der gleichen Sparte waran damals unter anderem die von mir bereits gesichteten „Spider-Man: Across The Spider-Verse“ und „Elemental“ nominiert und für die Nachlese von weiteren nominierten Filmen fehlen mit an dieser Stelle noch „Robot Dreams“ und der frei auf Netflix verfügbare „Nimona“. Passenderweise in der aktuellsten Sneak meines Vertrauens und in den Starts im Mai 2024 ist Pablo Bergers „Robot Dreams“ gewesen, den ich nun auch abhaken kann.

„Dog“ führt im New York der 80er ein einsames Leben. Inspiriert durch eine Werbung holt er sich jedoch einen Roboter, mit dem er eine Freundschaft auf den ersten Blick aufbaut und fortan sehr viel Zeit mit seinem neuen Freund verbringt, bis zu einem schicksalhaften Tag am Strand, der das Leben von „Dog“ und „Robot“ für immer verändern wird.

„Robot Dreams“ ist eine Verfilmung der Graphic Novel „Robo und Hund“ von Sara Varon und entführt uns ein New York der 80er Jahre und eine Welt in der Tiere wie Menschen leben. Das Besondere ist, dass der Film ohne gesprochene Worte und nur durch Laute, Musik und das visuelle Storytelling erzählt wird und den Zuschauer auf seine ganz besondere herzliche Art und Weise berührt. Mit dem Setting des New York in den 80er-Jahren kommt es auch zu vielen großen und auch kleinen Insidern. Die Geschichte selbst ist auch eine schöne Geschichte über Freundschaft, den Verlust, das Vermissen, das Loslassen und auch das Verarbeiten dieser Gefühle und das Treffen neuer Lebensentscheidungen. Wer nach dem Film nicht auch ab und an einen bestimmten Ohrwurm bekommt eines besonders präsenten Lieds – das ist ganz normal. Insgesamt hat mich der Film berühren können und auch davon überzeugt, dass er es verdient hat, bei der diesjährigen Oscarverleihung nominiert gewesen zu sein.

„Robot Dreams“ - My First Look – 8/10 Punkte
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iHaveCNit: La Chimera (2024) – Alice Rohrwacher – Piffl Medien
Deutscher Kinostart: 11.04.2024
gesehen am 04.05.2024 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 7, Platz 7 – 13:30 Uhr


Der April 2024 scheint so ein wenig ein Monat von Josh O´Connor zu sein mit zwei ganz interessanten, vielseitigen Filmen. In Luca Guadagninos „Challengers – Rivalen“ konnte er mich bereits begeistern und nun wollte ich noch Alice Rohrwachers „La Chimera“ nachholen, der ebenfalls sehr interessant wirkt.

Nach einer Haftstrafe ist Arthur Harrison wieder auf den Weg in die Heimat. Dort war er Teil einer Gruppe von Grabräubern, die sich mit dem Plündern von etruskischen Gräbern finanziell über Wasser hält und bei der er aufgrund seiner besonderen Gabe mit der Wünschelrute sehr gefragt ist. Doch mittlerweile ist er nicht mehr am finanziellen Erfolg interessiert, sondern daran einen Weg zu seiner verstorbenen, großen Liebe zu finden.

Eingangs erwähnt kann es wahrscheinlich an mir liegen, dass mich „La Chimera“ nicht noch größer begeistern und faszinieren könnte, da ich weder mit dem Werk der Regisseurin Alice Rohrwacher als auch mit der etruskischer Geschichte, Mythologie und Symbolik bisher beschäftigt habe. So hätte ich dahingehend wesentlich stärker die Symbolik und die Lesarten hinter „La Chimera“ herausarbeiten können. Dennoch hatte der in schönen Bildern und visuell besonderen Einfällen eingefangene und inszenierte Film eine schöne, mysteriöse, bodenständige Atmosphäre eines Italiens der 80er-Jahre und einen Einblick in das Milieu krimineller Grabräuber geschaffen und auch ein durch das Schauspiel von Josh O´Connor initiiertes immersives Gefühl eines rastlosen, suchenden Mannes, der nichts mehr zu verlieren hat hat der Film zu bieten, was dem Film in gewisser Art und Weise einen roten Faden gibt.

„La Chimera“ - My First Look – 8/10 Punkte
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Re: iHaveCNit – Der HCN-Review-Sammelthread

251
iHaveCNit: Evil Does Not Exist (2024) – Ryusuke Hamaguchi – Pandora Film Verleih
Deutscher Kinostart: 18.04.2024
gesehen am 11.05.2024 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 7, Platz 1 – 18:30 Uhr


Der japanische Regisseur Ryusuke Hamaguchi ist bei mir konkret seit Dezember 2021 auf dem Radar erschienen und mit seinem 3 Stunden-Werk, dem Oscarpreisträger „Drive My Car“ konnte er direkt einen Film in meiner Top4 des Jahres 2021 platzieren, so dass ich durchaus gespannt war, was Hamaguchi danach noch für Projekte in die deutschen Lichtspielhäuser bringen wird. Im Spätsommer 2022 kam „Das Glücksrad“, der mich ebenso begeistern konnte und nun im April 2024 ist sein neues Werk „Evil Does Not Exist“ ein klarer Pflichttermin für mich gewesen.

In einer ländlichen Region außerhalb von Tokio leben Takumi und seine Tochter Hana sehr abgeschieden. Die Region ist eng mit der Natur verbunden und dort leben alle Bewohner sehr im harmonischen Einklang mit eben dieser Natur. Doch das empfindliche Gleichgewicht der Region steht vor einem möglichen Umbruch. Eine Agentur aus Tokio plant den Bau einer Glamping-Anlage und ist vor Ort um die Bedenken und Einwände der dortigen Bewohner abzuklären.

„Evil Does Not Exist“ ein sehr ruhiger, meditativer und stiller Film, der sich in seinen 106 Minuten entsprechend Zeit für seine statischen, ruhigen Aufnahmen der Natur und der zwischenmenschlichen Momente nimmt. Damit gibt uns der Film die Möglichkeit, selbst kleine, feine Details durch Gesten und Unausgesprochenes wahrnehmen und lesen zu können, da es durchaus auf diese Details ankommen kann. Das sich im Film ergebende Spannungsfeld lässt sich vereinfacht als Stadt vs. Land oder auch Ökologie vs. Ökonomie darstellen. Das im Film eingebettete Thema des „Glamping“ ist eine moderne glamouröse Variation des Camping, woraus sich diese Wortschöpfung aus glamourösem Camping abgeleitet hat. Solche Glamping-Erlebnisse sind ähnlich wie zum Beispiel auch Tiererlebnisparks (egal um welche Tiere es sich auch handelt – weltweit vor allem durch beispielsweise Zoos, Seaworld und Konsorten, besuchbare Sanctuarys von Elefanten, … ) aus meiner Meinung heraus verlogene kapitalistisch orientierte Erlebnisse für vorwiegend reichere oder öffentlichkeitswirksamere Menschen, die damit im verlogenen Sinne eine Naturverbundenheit vorspielen, obwohl ihnen das damit verbundene Leid für Flora und Fauna eigentlich egal und auch das aufgeklärte Wissen hierüber meist nicht vorhanden ist – womit sich auch sicherlich Hamaguchi hier in seinem Drama kritisch äußert. In seiner Symbolik und seinem kompletten Aufbau ist der Film durchaus parabelhaft, der durch seine Bildsprache zeigt, wie empfindlich das Gleichgewicht und die feine Linie zwischen Harmonie und Disharmonie sein kann.

„Evil Does Not Exist“ - My First Look – 8/10 Punkte
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Re: iHaveCNit – Der HCN-Review-Sammelthread

252
iHaveCNit: It´s Raining Men (2024) – Caroline Vignal – Warner
Deutscher Kinostart: 09.05.2024
gesehen am 13.05.2024
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 11 – Reihe 16, Platz 15 – 18:45 Uhr


Irgendwie war das für mich eine sichere Sache als ich gesehen habe, dass ein neuer Film der französischen Regisseurin Caroline Vignal mit Laure Calamy in den Startlöchern stand, da mich eine vorige Zusammenarbeit von Beiden bei „Mein Liebhaber, der Esel und Ich“ bereits begeistern konnte und auch Laure Calamy im spannenden „Julie – Eine Frau gibt nicht auf“ vor 2 Monaten in den Kinos zu sehen war. Mit „It´s Raining Men“ beziehungsweise „Iris et les hommes“ kommt für Freunde entspannter französischer Komödien etwas durchaus Interessantes aktuell in den Kinos.

Iris ist Zahnärztin, verheiratet und Mutter von 2 Töchtern. Doch irgendwie scheint sexuell in ihrer Ehe gerade die Luft schon lange raus zu sein. Bis sie einen Tipp für eine App erhält, bei der sich Menschen für sexuellen Kontakt austauschen. Noch ahnt die dahingehend unerfahrene und unbedarfte Iris nicht, welche Folgen das für sie und ihr Umfeld haben könnte.

Die Komödie, die an einer gewissen Stelle auch einen musikalischen Einschlag bekommt arbeitet sich thematisch an der sexuellen Frustration von Frauen mittleren Alters ab und die Wege, eben dieser Frustration durch morderne Formen von Dating-Apps und Sextreffen entgegenzuwirken. Dabei gibt es durchaus auch die ein oder anderen interessanten inszenatorischen Einfälle, jedoch bleibt dahingehend einiges etwas harmlos und unkritisch. Die Komödie ist durchaus unterhaltsam, an manchen Momenten auch witzig und verrückt, aber auch in manchen Situationen etwas absurd und unangenehm, wenn zum Beispiel übergriffige und gefährliche Situationen für den schnellen, schockierenden Gag oder eher komödiantisch überzeichnete Sequenzen genutzt werden, wenn es um zum Beispiel Missverständnisse in der Kommunikation geht. Da kann der Film durchaus sein volles, gesellschaftskritisches Potential nicht nutzen, wenn man den Film statt einer harmlosen Komödie zu einer gesellschaftskritischen, bissigen Satire ausgebaut hätte.

„It´s Raining Men“ - My First Look – 6/10 Punkte
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Re: iHaveCNit – Der HCN-Review-Sammelthread

253
iHaveCNit: The End We Start From (2024) – Mahalia Belo – Universal
Deutscher Kinostart: 30.05.2024
gesehen am 15.05.2024 in der Spotlight-Sneak in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 6, Platz 12 – 21:00 Uhr


Schön, wenn dir durch die Sneak des Vertrauens etwas kommende Zeit gegeben wird und du einen Film zu sehen bekommst, der auf deiner Liste steht und du bei der Sneak durchaus vor vollendete Tatsachen gestellt werden könntest, dass der Film nicht in deiner Region startet und die Sneak damit die eine Möglichkeit ist, den Film zu sehen. Schön, dass es hier Mahalia Belos Verfilmung von Megan Hunters gleichnamigen Roman „The End We Start From“ gewesen ist, die wenige Wochen vor Jeff Nichols „The Bikeriders“ das erste von 2 Showcase-Projekten im Jahr 2024 der großartigen Jodie Comer ist, die mich bereits vollends in Ridley Scotts „The Last Duel“ begeistern konnte und hier setzt sie direkt dort an.

Eine in London lebende Frau ist hochschwanger und unmittelbar vor der Geburt ihres Kindes, als nach einer großen Dürreperiode schwere Regenfälle einsetzen und sie sich in der Wohnung verschanzt, weil die Regenfälle immer stärker werden, bis die Wohnung irgendwann unter Wasser steht und die Fruchtblase platzt, während eine Flutwelle die Wohnung strömt. Die junge Frau steht mit ihrem Mann und dem Neugeborenen jedoch aufgrund der unbewohnbaren Wohnung vor dem Aufbruch und die Flucht ins Ungewisse mit dem Ziel in dieser schweren Zeit zu Überleben.

Mit einem Blick auf Katastrophenfilme gibt es ja in der Filmgeschichte prominenter das ganz große Bombast- und Effektkino. „The End We Start From“ ist zwar vordergründig ein Katastrophenfilm, fällt aber absolut nicht in die Kerbe großen Bombast- und Effektkinos. Hier fokussiert sich die Regisseurin Mahalia Belo eher auf eine Mischung aus Mutterschafts- und Survival-Drama und gibt den Figuren im Film keine Namen. In der aktuellen Zeit kommt mir bei einem Vergleich des Films vor allem Alex Garlands „Civil War“ in den Sinn, bei dem auf eine durchaus bodenständige, realitätsnahe Art und Weise eine Situation gezeichnet wird, die beängstigend real wirkt in nicht allzu ferner Zukunft. Während sich „Civil War“ mit einer Bürgerkriegssituation in den USA auseinandersetzt, ist „The End We Start From“ ein Film, der sich mit den Folgen des Klimawandels und den immer extremeren Wettereffekten mit in diesem Fall zunehmend stärkeren Unwettern, Regenfällen und daraus folgende Überschwemmungen und Hochwasser auseinandersetzt und eine reelle Bedrohung zeichnet ohne dabei jedoch auf die globalen Auswirkungen einzugehen und nur durch gezielte Elemente, Momente und Sequenzen ein Bild der gesellschaftlichen Auswirkungen zeichnet. Da bleibt er stark mit dem Fokus auf der Mutter und ihrem Neugeborenen, bei dem Jodie Comer in der Hauptrolle dem Film spielend leicht in Perfektion ein nachvollziehbares, durchaus sympathisches Gesicht gibt und zeigt, was für eine tolle Darstellerin sie ist. In mal mehr oder weniger großen Nebenrollen bekommen wir hier Joel Fry, Mark Strong, Katherine Waterston und Benedict Cumberbatch zu sehen. Der ruhige, treibende und intime Film kann durchaus für diejenigen, die sich nicht auf ihn einlassen können, etwas langatmig und spannungsarm wirken – ich gehöre jedoch nicht zu diesem Personenkreis und fand den Film sehr gut, da er auch uns vor Augen führen kann, wie sich das Leben in einer Gesellschaft von Klimaflüchtlingen anfühlen kann und wir in Regionen leben, in denen das durchaus Realität werden könnte.

„The End We Start From“ - My First Look – 9/10 Punkte
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Re: iHaveCNit – Der HCN-Review-Sammelthread

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iHaveCNit: What Happens Later (2024) – Meg Ryan – Universal
Deutscher Kinostart: 16.05.2024
gesehen am 18.05.2024
Astor Filmlounge MyZeil Frankfurt am Main – Club 1 – Reihe C, Platz 3 – 17:30 Uhr


„Harry und Sally“, „Schlaflos in Seattle“ und „e-m@il für dich“ haben alle etwas gemeinsam. Sie gehören zu einer eigentlich lange nicht mehr in den Kinos befindlichen Gattung von Filmen – den klassischen Old-School-Rom-Coms und auch alle 3 Filme haben einst Meg Ryan zu einem der Gesichter dieses Genres gemacht. Lange war es still um das Genre und auch Meg Ryan selbst, doch nun hat sie mit der Verfilmung eines ähnlichen Theaterstücks mit „What Happens Later“ einen neuen Film im Genre der Old-School-Rom-Coms mit ihr persönlich und David Duchovny in den Hauptrollen auf dem sprichwörtlichen Rollfeld eines Flughafens liegen, der aktuell in den Kinos zur Landung angesetzt hat.

Aufgrund einer problematischen Witterungslage mit einem heftigen Schneesturm werden diverse Flüge umgeleitet. So auch die Flüge von Wilhelmina und William Davis, die sich eigentlich auf einer entgegengesetzten Reise nach Austin und Boston befunden haben und nun auf einem regionalen Provinzflughafen zwischenlanden müssen und sich dort zufällig treffen. Beide waren einst ein Paar, doch seit mehr als über 25 Jahren haben sie sich nicht mehr gesehen und kontaktiert, obwohl vieles eigentlich noch zu klären ist. Dafür haben sie jedoch mit einigem Widerwillen nun auch die Zeit bis sich der Sturm legt und Flüge wieder möglich sind.

Aufgrund der Grundlage eines Theaterstücks ist „What Happens Later“ als Kammerspiel und Zwei-Personen-Stück konzeptioniert. In den 105 Minuten des Films bleiben wir immer ganz nah an den von Meg Ryan und David Duchovny gespielten W. Davis und werden dort Zeugen des Aufeinandertreffens, dem Erinnern an alte Zeiten und dem Aufarbeiten vergangener Konflikte und der bisherigen Zeit ohneeinander. Mit den Unterhaltungen über Spiritualität und Musik zum Beispiel in Kombination mit dem beruflichen Hintergrund seines Charakters wirkt hier David Duchovny wie eine langweilige Finanz-Version eines Hank Moody (seine Paraderolle aus „Californication“) auf Sparflamme und auch Meg Ryan wirkt hier in ihrem tragischen, spirituellen, künstlerisch interessierten Freigeist wie ein einstiger Schatten ihrer selbst, womit hier das charakterliche und darstellerische Potential hinter Ryan und Duchovny nicht ausgeschöpft wird. Ganz witzig ist jedoch die Idee, dass scheinbar eine Sprechanlage mit Durchsagen innerhalb des Flughafens direkt stellenweise mit Ryan und Duchovnys Charakter interagiert und auch das ein oder andere Mysteriöse im Flughafen passiert. Ob man daraus eine gewisse, weitere, symbolische Ebene einer Lightversion der Twilight Zone hier ableiten kann, halte ich ein wenig zu gewagt, auch wenn das Potential da gewesen und das durchaus eine interessante Idee gewesen wäre. Genau wie der Film es ein wenig versäumt hat, einen gewissen, satirischen, kritischen Meta-Bezug zu Old-School-Rom-Coms einzubauen. So hat der Film durchaus einen holprigen Verlauf und konnte nicht immer direkt bei mir landen.

„What Happens Later“ - My First Look – 6/10 Punkte
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Re: iHaveCNit – Der HCN-Review-Sammelthread

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iHaveCNit: Io Capitano (2024) – Matteo Garrone – Warner
Deutscher Kinostart: 04.04.2024
gesehen am 19.05.2024 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 7, Platz 1 – 13:30 Uhr


Einen Film, den ich leider viel zu lange mit mir herumgeschleppt habe, bis ich ihn endlich aufholen und nachholen konnte ist der Anfang April gestartete „Ich Capitano“ bzw. „Io Capitano“ von Matteo Garrone, der ganz aktuell auch Italiens verdienterweise nominierte Oscar-Beitrag gewesen ist und dessen Trailer bereits sehr viel Interesse bei mir wecken konnte. Für die Personen aus diversen ausländerfeindlichen und rechten Kreisen, die immer wieder gerne mit dem absolut unpassenden, respektlosen und feindlichen Spruch „Geht doch dahin zurück wo ihr herkommt !“ gegenüber Migranten und Geflüchteten kommen, sind dieses Jahr bereits 2 ganz große Mittelfinger in die Kinos gekommen, die viel über die brutalen Umstände von Geflüchteten erzählen. Da wäre zum einen Agnieszka Hollands schwarz-weiß-gefilmter, multiperspektivischer „Green Border“ über die Umstände an der Polnisch-Belarussischen Grenze und nun auch Matteo Garrones „Io Capitano“, der uns einen Blick in den afrikanischen Norden gewährt.

Die beiden noch minderjährigen Teenager Seydou und sein Cousin Moussa leben im senegalesischen Dakar und sind beste Freunde. Gemeinsam träumen sie von einer musikalischen Karriere in Europa zur finanziellen Absicherung ihrer Familien. Dafür haben sie heimlich mühsam etwas Erspartes zusammengekratzt, mit dem sie sich eines Tages heimlich auf den Weg machen ohne zu ahnen, wie gefährlich dieser Weg ist, welche Herausforderungen auf sie warten und wie sie über sich hinaus wachsen müssen.

In großen, fast epischen Bildern, die absolut verdient ins Kino gehören, erzählt uns Regisseur Garrone eine Geschichte, die auf reellen Erfahrungsberichten von Geflüchteten basiert und eine absolut passende Kombination aus Abenteuerkino, Flüchtlingsdrama und einer Coming-Of-Age-Geschichte sowie einer Geschichte über eine Freundschaft ist. Der Film wählt hierzu auch mit den beiden Charakteren Seydou und Moussa die perfekte Perspektive, aus der man als Zuschauer so immersiv wie möglich das über eine audiovisuelle Erfahrung durch die Sichtung des Films ist ins Geschehen gezogen wird und damit eine ungeschönte, realistische, brutale und authentische Sicht auf das Schicksal von Geflüchteten, hier im Beispiel besonders das von Senegalesen und weiter gefasst Nordafrikanern. Unterstützend für diesen rauen, ungeschönten Blick auf die Ereignisse im Film sind die zwei hier im Film debütierenden Seydou Sarr und Moustapha Fall, die in den Rollen von Seydou und Moussa absolut überzeugend und mitreißend sind mit der Darstellung ihrer Freundschaft inmitten dieser gefährlichen Reise und auch die Entwicklung, die beide hier durchmachen, insbesondere der Coming-Of-Age-Aspekt im Hinblick auf Seydou, ist sehr mitreißend, authentisch und großartig. Selbst wenn das Gezeigte im Film oft auch sehr fies ist, spannend ist und absolut unter die Haut geht angesichts der dennoch ungewissen Zukunft.

„Io Capitano“ - My First Look – 9/10 Punkte
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