Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Wenn ich davon ausgehe daß Leone von einem anderen Komponisten eine ähnliche Musik bekommen hätte, dann ist auch Moricone austauschbar.
Mit dieser Argmentation kannst du aber grundsätzlich alles und jeden austauschen. Praktisch ist dies aber wohl kaum möglich, da du dieselben Fähigkeiten (und wir sprechen hier von absoluter Weltspitze) nicht 1:1 ersetzt bekommst. Es gibt sicherlich wandelbare Allrounder – egal auf welchem Gebiet – die sich den Stil eines anderen gut „draufschaffen“ können und entsprechend ähnliche Ergebnisse liefern können. Die Erfahrung zeigt aber, dass diese in den meisten Fällen der „Vorlage“ unterlegen sind, teilweise sogar deutlich. Gerade Morricone ist ein Filmkomponist, der wie du es ja auch schon schriebst einen sehr eigenen Stil geschaffen und sich dabei weit abseits der damals „normalen“ Pfade der Filmmusik bewegt hat. Gerade das (neben der herausstechenden Qualität) hat auch seinen Ruf als einer der größten Filmkomponisten geprägt. Ein Austausch von Morricone durch einen anderen Komponisten hätte sicherlich ein deutlich anderes Gesamtpaket Film mit sich gebracht. Wir wissen nicht, ob es nicht vielleicht sogar besser geworden wäre, angesichts der herausragenden Qualität seiner Arbeit und des großenanteils seine Musik an GBU ist dies aber zumindest stark fraglich. Es gibt für mich nur wenige Filme, deren herausragende Qualität so eng mit ihrem Soundtrack verbunden sind wie GBU.
Mag sein, trotzdem haben Nicolai oder Allesandroni Scores geschrieben die ich kaum von Morricone unterscheiden kann, und die hätten ähnlich funktioniert. Auch ein Komponist den ich mag, wie Stelvio Cipriani, hat verschiedene Sachen gemacht die hier auch gut funktioniert hätten. Wenn es ein anderer, aber immer noch ein sehr guter Score gewesen wäre, dann würde der Film für mich wahrscheinlich genau das gleiche Meisterwerk sein.
Und auch mit einem unscheinbaren Score wäre der Film immer noch brillant.
Maibaum hat geschrieben: Morricone wollte ja für Für eine Handvoll Dollar einen konventionellen Western-Score komponieren, ähnlich seiner vorherigen Scores, darunter auch für einen parallel produzierten Western der Produzenten. Es war Leone der stattdessen einen Pop Song von Morricone als Referenz für den von ihm gewünschten Score nannte, als Beispiel wie er sich den Score vorstellte, so daß dann eine vollkommen neuartige Art von Filmmusik entstand. So zumindest hier und da nachzulesen.
Das ändert aber trotzdem nichts daran, dass es Morricone war, der die Musik entwickelt und geschrieben hat. Mag sein, dass Leone die Inspiration war oder den Anstoss gegeben hat, die eigentliche Arbeit und damit das Schaffen des Werkes hat aber Morricone geleistet.
Das kommt darauf an wie genau Leone wusste was für eine Art Musik er wollte
Maibaum hat geschrieben: Morricones Arbeiten für Leone sind natürlich sehr speziell, und sicher das nach Leone eigenwilligsten Element seiner Filme, aber es gab damals auch andere Komponisten die tolle Musik für Western geschrieben haben.
Dann möchte ich jetzt aber bitte auch Beispiele genannt haben, welche zeitgenössischen Filmkomponisten eine ähnlich prägnante Wirkung wie Morricone erzielen hätten können – und zwar wohlgemerkt in einem halbwegs artverwandten Musiktstil. Klar hat sagen wir mal Tiomkin herausragende Westernfilmmusiken geschrieben, aber sein klassischer orchestraler Sound hätte Leones rüde Spaghettioper nicht halb so gut ergänzt wie Morricones eigenwilliger Stil. Bruno Nicolai hat sich ja nichtzuletzt als musikalischer „Morricone-Doppelgänger“ (es kursierte ja lange auch das Gerücht, Morricone und Nicolai seien ein und die selbe Person, nicht zuletzt auch deshalb, da Nicolai viel Orchestrierungen für Morricone gemacht hat) gemacht, aber auch sein Stil hat sich erst nach Morricone in eine ähnliche Richtung entwickelt, es ist daher eher unwahrscheinlich, dass er einen stilistisch ähnlichen Score geliefert hätte.
Maibaum hat geschrieben: Ich möchte auch nichts ausgetauscht haben, aber gerade bei den Darstellern wären auch sehr viel andere in Frage gekommen die ähnlich gut hätten sein können, oder, warum nicht, auch noch besser. Das gilt aber für jeden Film.
Ich würde auch gerne hier ein paar realistische Alternativen genannt bekommen, die die Rolle in einer vergleichbaren Art und Weise gespielt hätten.
Wenn Volonte und Leone sich besser verstanden hätten, dann hätte wahrscheinlich Volonte den Tuco gespielt, und es wäre so ziemlich der gleiche Film geworden. Auch einer wie George C. Scott, der allerdings wenig mexikanisch wirkt, wäre darin sehr gut gewesen.
Einfacher ist es bei Eastwood und Van Cleef, die "Nicht-Schauspieler", da gab es damals viele, und Coburn, Bronson oder meinetwegen auch Nero hätten das auch locker hinbekommen. und wenn einer etwas schwächer gewesen wäre als die tatsächliche Besetzung, dann hätte der Film trotzdem nur wenig eingebüßt.

Wenn ich mich eine Weile damit gedanklich befassen würde, dann würden mir schon noch etliche mehr einfallen.

Und Henry Fonda, den Leone zuerst im Sinn hatte, hätte ebenfalls sehr gut in für eine Handvoll Dollar funktioniert, wenn er 10 - 15 Jahre jünger gewesen wäre.

Ich möchte die Schauspieler auch nicht anders haben, aber gerade in dem Bereich gibt es Alternativen ohne Ende. Das gilt für jeden Film, auch für die die bestimmte Rollen massiv geprägt haben. Ich bezweifle das es irgendeine Rolle gibt in der mir nicht auch einen anderen vorstellen kann, auch wenn derjenige der sie spielt noch so faszinierend ist.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Deine Antwort wirft erneut die Frage auf, welche Wertigkeit du Schauspielern im Gesamtkonzept eines Filmes zumisst, wenn du allgemein als sehr charakteristisch geltende Darstellerleistungen wie die von Wallach als weitgehend austauschbar ansiehst. Nehmen wir mal das Beispiel Bronson als Ersatz für Eastwood: gleichwohl beide häufig in ähnlichen Film gespielt und bestens "funktioniert" haben und auch vom Typ ähnlich sind, so gibt es doch einige nicht unerhebliche Unterschiede. Gerade im Hinblick auf die Wirkung von GBU spielt der ironische Unterton in Eastwoods Darstellung, das bewusste Spielen mit einer humorvollen Brechung des Zynismus eine entscheidende Rolle. So etwas findest du bei Bronson nicht, Zynismus ja, aber ironische Brechungen finden sich in seinen Rollen nicht. OUATITW zeigt das sehr schön, denn obwohl der Film gemeinhin als "ernster" angesehen wird als GBU hat er ja durchaus auch etwas Ironie an Bord, hauptsächlich in der Figur von Robards. Bronson hingegen spielt seine Rolle straight durch, ebenso Fonda. Von daher finde ich nicht, dass hier ein 1:1 Austausch in GBU möglich gewesen wäre. Hitch sprach ja oft von Schauspielern als "Vieh", eine besonders hohe Meinung hatte er von dieser Spezies nicht - in dieser Beziehung stimme ich ihm aber nicht unbedingt zu, dafür gibt es einfach zu viele einzigartige Künstler und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Andere sind vielleicht genauso gut oder sogar besser, aber idR eben auch anders. :wink:
Maibaum hat geschrieben:Das kommt darauf an wie genau Leone wusste was für eine Art Musik er wollte
Sehe ich anders, denn er hat ihm ja sicher nicht die Noten diktiert.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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AnatolGogol hat geschrieben:Deine Antwort wirft erneut die Frage auf, welche Wertigkeit du Schauspielern im Gesamtkonzept eines Filmes zumisst, wenn du allgemein als sehr charakteristisch geltende Darstellerleistungen wie die von Wallach als weitgehend austauschbar ansiehst.
Nicht austauschbar, aber auch nicht zwangsweise auf den eine Darsteller beschränkt. Es müsste schon ein ähnlich charismatischer sein, und Volonte, der für die Rolle angedacht war, wäre da kaum schlechter gewesen. Da hätte er seinen El Indio locker getoppt, der seinen Ramon bereits weit hinter sich ließ.

Bei Bronson sehe ich das nicht so wie du, und er wäre sicherlich schwächer gewesen, aber er hätte den Film nicht im Mindesten beschädigt. Und wenn Moore in den frühen Bonds gespielt hätte, dann hätte er Bond nicht so gespielt wie er ihn in den 70ern gespielt hätte. Er wäre dann näher an Connery dran gewesen, hätte wohl trotzdem anders gewirkt, aber es hätte mit Sicherheit genau so funktioniert.

Du weißt doch, "Schauspieler sind Vieh" (Hitchcock)

Nee, ich liebe bestimmte schauspieleriche Leistungen, und es gibt Filme die kann ich mir schon nur deswegen ansehen weil ich ein Gesicht so faszinierend finde, das ich jede mimische Regung aufsauge, und klar das ist dann schwerlich austauschbar, außer wenn da einer ist der genau so mitreißend ist. und wenn diese schauspielerische Leistung das Hauptmerkmal des Filmes ist weswegen ich ihn schaue, dann fällt der Film mit dem Schauspieler, aber bei den richtig großen Filmen, ist die Inszenierung (also Stil und Erzähltechnik) das bestimmende Element, das mit dem der Film so groß wird. Die anderen Sachen sind nicht komplett austauschbar, aber an ihnen hängt nicht der ganze Film.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Das kommt darauf an wie genau Leone wusste was für eine Art Musik er wollte
Sehe ich anders, denn er hat ihm ja sicher nicht die Noten diktiert.
Es hätte mit einer ähnlichen Musik genau so gut funktioniert, aber ein Hollywood Bombast Score wäre problematisch gewesen.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Maibaum hat geschrieben:Bei Bronson sehe ich das nicht so wie du, und er wäre sicherlich schwächer gewesen, aber er hätte den Film nicht im Mindesten beschädigt.
Für meine filmische Auffassung wäre das aber ein Widerspruch: wenn er schlechter gewesen wäre, dann hätte das auch auf den Film Auswirkung gehabt. Vermutlich nicht, dass er dadurch erheblich schlechter gewesen wäre, aber eben zumindest zu einem gewissen Prozentsatz. Ergo wäre der Film beschädigt, weil nicht mehr 100% auf dem Niveau wie wir ihn kennen (und wenn es nur 99,9%) wären. Bin aber eh ganz anderer Meinung, nämlich der, dass Bronson nicht gezungenermaßen schlechter gewesen wäre, sondern eben nur anders. Das gilt ebenso für Scott und Volonte, die nie so extrem auf die Overactingtube gedrückt haben wie es Wallach häufig tat (zB Superhirn oder Archie und Harry), der ja generell eh ein sehr expressionistisches Schauspiel hatte. Bronson und Scott oder Volonte hätte u.U. super funktionieren können, aber das wäre dann ein ganz anderes Verhältnis gewesen. Scott/Volonte hätten ihren Tuco sicher nicht so laut, rustikal und humorvoll angelegt, vermutlich wäre das eher in die Richtung von Robards Cheyenne gegangen. Bronson hätte dann wiederum gut dazu gepasst, weil keine Ironie notwendig gewesen wäre. Aber wie auch immer: das wäre dann schon eine sehr deutliche Veränderung gewesen, der Film hätte eine spürbare Veränderung in seinem Ton gehabt. U.U. vielleicht genauso gut, vielleicht besser, vielleicht schlechter. Aber sicher eben anders.

Warum wäre Bronson eigentlich deiner Meinung nach sicherlich schlechter gewesen? In entsprechenden Rollen und Filmen war der Mann doch einsame spitze.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Weil ich Bronson generell weniger mag als Eastwood. Und wenn Bronson ein wenig schwächer gewesen wäre als Eastwood, dann wäre es immer noch ein 11/10 Film, und wenn irgendwer anders viel besser als Eastwood gewesen wäre, auch dann wäre es ebenfalls noch ein 11/10 Film.

Und Volonte war doch voll zum Overacting fähig, im IW vor allem in Für ein paar Dollar mehr und in Quien sabe?. Aber auch mit Volonte wäre höchst wahrscheinlich ein ähnlich starker Tuco dabei herausgekommen, auch wenn es ein wenig unmöglich ist da Wallach zu toppen.
Aber vielleicht hätte ich das auch von Volonte gesagt wenn ich den Film nur mit Volonte kennen würde.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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American Sniper (2014) – Clint Eastwood

Von Kritikern hochgelobt und beim Publikum ein Renner: allein das gab beim neuesten Eastwood schon etwas Grund zur Skepsis. Und unterm Strich bewahrheitet sich diese Skepsis leider auch in Teilen, den American Sniper ist trotz durchaus vorhandener Qualität dann letztlich doch auch ein Film, der es sich in seiner weitgehenden Konventionalität vor allem in der zweiten Filmhälfte doch allzu bequem macht.

Der Film beginnt mit einer kurzweiligen Einführung des Protagonisten Chris Kyle, der sich als idealistischer und gleichzeitig auch sehr naiver Musteramerikaner entpuppt, in Form einer etwas effekthascherisch eingesetzten, aber dramaturgisch durchaus Sinn machenden Rückblende. Im Anschluß schildert Eastwood jeden der insgesamt vier Kriegseinsätze seines American Snipers recht ausführlich, unterbrochen durch die Anpassungsprobleme des Soldaten während seiner zwischenzeitlichen Heimaturlaube inklusive daraus resultierenden zwischenmenschlichen Problemen mit seiner Familie.

Das größte Problem des Films ist letztlich der Umstand, dass sich die einzelnen Passagen zwischen Kriegseinsatz und kaputtem Privatleben spätstens nach einer Stunde fortwährend wiederholen. Zwar gelingt es Eastwood durchaus ansprechende Einsatzszenen zu inszenieren, die man in einer solchen Dynamik und Direktheit von dem gewöhnlich eher für seine ruhige, etwas distanzierte Inszenierung bekannten Regisseur nicht unbedingt erwartet hätte, aber da sich diese inhaltlich mehr und mehr zu wiederholen scheinen, fällt es dem Zuschauer zunehmend schwerer bei der Stange zu bleiben. Die die Kriegsszenen kontrastierenden dramatischen Momente in der Heimat helfen dem Film dabei auch nicht wirklich, da sie eher knapp und beliebig ausfallen. Daher scheitert der Film auch weitgehend in seinem Anliegen, die Auswirkungen des Krieges auf einen Menschen zu schildern – denn dafür widmet er sich diesem Thema einfach zu oberflächlich.

Als Kriegsfilm funktioniert American Sniper deutlich besser, allerdings hindern die bereits erwähnten Wiederholungen ihn in letzter Konsequenz daran thematisch ähnlich gelagerten Filmen wie The Kingdom oder gar Black Hawk Down qualitativ das Wasser reichen zu können. Cooper spielt dabei seine Rolle sehr überzeugend, weit mehr, als ich es ihm zugetraut hätte. Ganz erstaunlich zudem, wie sehr er sich körperlich ins Zeug gelegt hat, um dem echten, sehr bulligen Kyle möglichst nahe zu kommen.

Da der Film sich ausschliesslich auf die Sichtweise seines Protagonisten konzentriert, welcher wie eingangs erwähnt ein naiver Idealist mit grober Schwarz-Weiß-Weltsicht ist, darf man von American Sniper keinen ambivalenten oder halbwegs nüchtern-objektiven Film erwarten. Das würde ich ihm aber auch nicht zum Vorwurf machen, da er eben immer sehr nah der Sicht- und Erlebnisweise seines Protagonisten folgt und in dieser ist für Ambivalenz kein Platz. Der Film bezieht auch zu keinem Zeitpunkt Stellung zu den moralischen Fragender von ihm geschilderten Kriegseinsätzem, aber auch das geht durchaus in Ordnung, da der Film wie gesagt deutlich mehr an einer möglichst direkten und unverfälschten Schilderung aus Sicht seines Protagonisten interessiert ist. Schwerer wiegt, dass der Film in seinen Momenten als Charakterdrama sehr enttäuscht.

Obwohl Eastwoods Film vor allem in der ersten Hälfte ein unterhaltsam inszenierter, kurzweiliger Film mit diversen tollen Momenten ist (wie das Finale von Kyles letztem Einsatz, festgehalten in nahezu undurchdringbarem gelbem Rauch, in welchem die Bewegungen der Schauspieler nur noch schemenhaft zu erkennen sind), gelingt es ihm dennoch nicht durchgängig zu überzeugen. Dies liegt vor allem an der zunehmenden Repitation innerhalb der Kriegsszenen sowie dem weitgehend enttäuschend abgehandelten Charakterdrama. Sicher kein schlechter Film, aber leider viel verschenktes Potenzial.

Wertung: 6,5 / 10
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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American Sniper habe ich im Kino gesehen und war weitgehend enttäuscht. Technisch und in der visuellen Ausführung der Kriegsszenen ist er klasse, aber mir fehlten weitgehend eben die Ambivalenz, das Drama, die Auseinandersetzung mit dem Stoff. Das war mir zu platt und zu einfach im Umgang mit dem Protagonisten und seinem Kriegseinsatz. Ausgerechnet von Eastwood, der sonst so schöne und berührende Dramen wie Die Brücken am Fluss oder Million Dollar Baby schuf. Mehr als 5 Punkte kann ich da leider nicht vergeben.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Agent 009 hat geschrieben:Klingt nicht übel. Ich schätze deine Meinung und werde ihn auch bald sichten. Habe ihn hier rumfliegen. Wird sowieso Zeit das mal wieder mehr Eastwood dran ist, habe einiges nachzuholen! Danke für die gute Kritik.
Danke dir! :)
GoldenProjectile hat geschrieben:American Sniper habe ich im Kino gesehen und war weitgehend enttäuscht. Technisch und in der visuellen Ausführung der Kriegsszenen ist er klasse, aber mir fehlten weitgehend eben die Ambivalenz, das Drama, die Auseinandersetzung mit dem Stoff. Das war mir zu platt und zu einfach im Umgang mit dem Protagonisten und seinem Kriegseinsatz. Ausgerechnet von Eastwood, der sonst so schöne und berührende Dramen wie Die Brücken am Fluss oder Million Dollar Baby schuf. Mehr als 5 Punkte kann ich da leider nicht vergeben.
Kann ich sehr gut verstehen, ich hätte mir gerade bei den Auswirkungen auf den Protagonisten mehr Substanz und Tiefgang gewünscht. In Bezug auf die Ambivalenz mache ich wie schon geschrieben dem Film keinen Vorwurf, da er diese ja bewusst außen vorlässt. Da muss man denke ich sich einfach auf die Gedankenwelt von Soldaten im Krisengebiet einlassen, für die kritisches Hinterfragen oder ähnliches kontraproduktiv, ja gar lebensgefährlich wäre. Soldaten, die später in Krisensituationen funktionieren sollen, derart zu drillen, dass aus ihnen mehr oder weniger willenlose Befehlsempfänger werden, macht ja absolut Sinn, da übermäßiges Nachdenken "unter Feuer" immer eine latente Gefahr darstellt. In sofern betrachte ich American Sniper einfach als Abbild dieser sehr in sich geschlossenen Welt und da wäre ein Mehr an Ambivalenz dann einfach auch unrealistisch, ja müsste sich eigentlich sogar den Vorwurf gefallen lassen einen realen Hintergrund bewusst aus dramaturgischen Gründen zu entstellen.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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Das mag sein, aber wenn ich mir mal durch den Kopf gehen lasse wie faszinierend zum Beispiel Oliver Stones Platoon auch die zwischenmenschnlichen und emotionalen Momente auf dem Schlachtfeld festgehalten hat finde ich es schon schade, wie flach Eastwood hier die charakterliche Ebene des Protagonisten umsetzt. Das mag in einem gewissen Sinne realitätsnah sein, filmisch hat es für mich aber nur wenig funktioniert.
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Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

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GoldenProjectile hat geschrieben:American Sniper habe ich im Kino gesehen und war weitgehend enttäuscht. Technisch und in der visuellen Ausführung der Kriegsszenen ist er klasse, aber mir fehlten weitgehend eben die Ambivalenz, das Drama, die Auseinandersetzung mit dem Stoff. Das war mir zu platt und zu einfach im Umgang mit dem Protagonisten und seinem Kriegseinsatz. Ausgerechnet von Eastwood, der sonst so schöne und berührende Dramen wie Die Brücken am Fluss oder Million Dollar Baby schuf. Mehr als 5 Punkte kann ich da leider nicht vergeben.
Da stimme ich dir voll zu, Eric. Ich würde deine Bewertung sogar noch "unterbieten". :) Ein gesellschaftspolitisch sehr interessanter, weil die aktuellen amerikanischen Befindlichkeiten (ungewollt) zu dem Thema auf den Punkt bringender Film.

http://www.ofdb.de/review/270859,640550,American-Sniper
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/