Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood
241Kommt sicher noch mit der Zeit.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."
Mag sein, trotzdem haben Nicolai oder Allesandroni Scores geschrieben die ich kaum von Morricone unterscheiden kann, und die hätten ähnlich funktioniert. Auch ein Komponist den ich mag, wie Stelvio Cipriani, hat verschiedene Sachen gemacht die hier auch gut funktioniert hätten. Wenn es ein anderer, aber immer noch ein sehr guter Score gewesen wäre, dann würde der Film für mich wahrscheinlich genau das gleiche Meisterwerk sein.AnatolGogol hat geschrieben:Mit dieser Argmentation kannst du aber grundsätzlich alles und jeden austauschen. Praktisch ist dies aber wohl kaum möglich, da du dieselben Fähigkeiten (und wir sprechen hier von absoluter Weltspitze) nicht 1:1 ersetzt bekommst. Es gibt sicherlich wandelbare Allrounder – egal auf welchem Gebiet – die sich den Stil eines anderen gut „draufschaffen“ können und entsprechend ähnliche Ergebnisse liefern können. Die Erfahrung zeigt aber, dass diese in den meisten Fällen der „Vorlage“ unterlegen sind, teilweise sogar deutlich. Gerade Morricone ist ein Filmkomponist, der wie du es ja auch schon schriebst einen sehr eigenen Stil geschaffen und sich dabei weit abseits der damals „normalen“ Pfade der Filmmusik bewegt hat. Gerade das (neben der herausstechenden Qualität) hat auch seinen Ruf als einer der größten Filmkomponisten geprägt. Ein Austausch von Morricone durch einen anderen Komponisten hätte sicherlich ein deutlich anderes Gesamtpaket Film mit sich gebracht. Wir wissen nicht, ob es nicht vielleicht sogar besser geworden wäre, angesichts der herausragenden Qualität seiner Arbeit und des großenanteils seine Musik an GBU ist dies aber zumindest stark fraglich. Es gibt für mich nur wenige Filme, deren herausragende Qualität so eng mit ihrem Soundtrack verbunden sind wie GBU.Maibaum hat geschrieben:Wenn ich davon ausgehe daß Leone von einem anderen Komponisten eine ähnliche Musik bekommen hätte, dann ist auch Moricone austauschbar.
Das kommt darauf an wie genau Leone wusste was für eine Art Musik er wollteDas ändert aber trotzdem nichts daran, dass es Morricone war, der die Musik entwickelt und geschrieben hat. Mag sein, dass Leone die Inspiration war oder den Anstoss gegeben hat, die eigentliche Arbeit und damit das Schaffen des Werkes hat aber Morricone geleistet.Maibaum hat geschrieben: Morricone wollte ja für Für eine Handvoll Dollar einen konventionellen Western-Score komponieren, ähnlich seiner vorherigen Scores, darunter auch für einen parallel produzierten Western der Produzenten. Es war Leone der stattdessen einen Pop Song von Morricone als Referenz für den von ihm gewünschten Score nannte, als Beispiel wie er sich den Score vorstellte, so daß dann eine vollkommen neuartige Art von Filmmusik entstand. So zumindest hier und da nachzulesen.
Dann möchte ich jetzt aber bitte auch Beispiele genannt haben, welche zeitgenössischen Filmkomponisten eine ähnlich prägnante Wirkung wie Morricone erzielen hätten können – und zwar wohlgemerkt in einem halbwegs artverwandten Musiktstil. Klar hat sagen wir mal Tiomkin herausragende Westernfilmmusiken geschrieben, aber sein klassischer orchestraler Sound hätte Leones rüde Spaghettioper nicht halb so gut ergänzt wie Morricones eigenwilliger Stil. Bruno Nicolai hat sich ja nichtzuletzt als musikalischer „Morricone-Doppelgänger“ (es kursierte ja lange auch das Gerücht, Morricone und Nicolai seien ein und die selbe Person, nicht zuletzt auch deshalb, da Nicolai viel Orchestrierungen für Morricone gemacht hat) gemacht, aber auch sein Stil hat sich erst nach Morricone in eine ähnliche Richtung entwickelt, es ist daher eher unwahrscheinlich, dass er einen stilistisch ähnlichen Score geliefert hätte.Maibaum hat geschrieben: Morricones Arbeiten für Leone sind natürlich sehr speziell, und sicher das nach Leone eigenwilligsten Element seiner Filme, aber es gab damals auch andere Komponisten die tolle Musik für Western geschrieben haben.
Wenn Volonte und Leone sich besser verstanden hätten, dann hätte wahrscheinlich Volonte den Tuco gespielt, und es wäre so ziemlich der gleiche Film geworden. Auch einer wie George C. Scott, der allerdings wenig mexikanisch wirkt, wäre darin sehr gut gewesen.Ich würde auch gerne hier ein paar realistische Alternativen genannt bekommen, die die Rolle in einer vergleichbaren Art und Weise gespielt hätten.Maibaum hat geschrieben: Ich möchte auch nichts ausgetauscht haben, aber gerade bei den Darstellern wären auch sehr viel andere in Frage gekommen die ähnlich gut hätten sein können, oder, warum nicht, auch noch besser. Das gilt aber für jeden Film.
Sehe ich anders, denn er hat ihm ja sicher nicht die Noten diktiert.Maibaum hat geschrieben:Das kommt darauf an wie genau Leone wusste was für eine Art Musik er wollte
Nicht austauschbar, aber auch nicht zwangsweise auf den eine Darsteller beschränkt. Es müsste schon ein ähnlich charismatischer sein, und Volonte, der für die Rolle angedacht war, wäre da kaum schlechter gewesen. Da hätte er seinen El Indio locker getoppt, der seinen Ramon bereits weit hinter sich ließ.AnatolGogol hat geschrieben:Deine Antwort wirft erneut die Frage auf, welche Wertigkeit du Schauspielern im Gesamtkonzept eines Filmes zumisst, wenn du allgemein als sehr charakteristisch geltende Darstellerleistungen wie die von Wallach als weitgehend austauschbar ansiehst.
Es hätte mit einer ähnlichen Musik genau so gut funktioniert, aber ein Hollywood Bombast Score wäre problematisch gewesen.AnatolGogol hat geschrieben:Sehe ich anders, denn er hat ihm ja sicher nicht die Noten diktiert.Maibaum hat geschrieben:Das kommt darauf an wie genau Leone wusste was für eine Art Musik er wollte
Für meine filmische Auffassung wäre das aber ein Widerspruch: wenn er schlechter gewesen wäre, dann hätte das auch auf den Film Auswirkung gehabt. Vermutlich nicht, dass er dadurch erheblich schlechter gewesen wäre, aber eben zumindest zu einem gewissen Prozentsatz. Ergo wäre der Film beschädigt, weil nicht mehr 100% auf dem Niveau wie wir ihn kennen (und wenn es nur 99,9%) wären. Bin aber eh ganz anderer Meinung, nämlich der, dass Bronson nicht gezungenermaßen schlechter gewesen wäre, sondern eben nur anders. Das gilt ebenso für Scott und Volonte, die nie so extrem auf die Overactingtube gedrückt haben wie es Wallach häufig tat (zB Superhirn oder Archie und Harry), der ja generell eh ein sehr expressionistisches Schauspiel hatte. Bronson und Scott oder Volonte hätte u.U. super funktionieren können, aber das wäre dann ein ganz anderes Verhältnis gewesen. Scott/Volonte hätten ihren Tuco sicher nicht so laut, rustikal und humorvoll angelegt, vermutlich wäre das eher in die Richtung von Robards Cheyenne gegangen. Bronson hätte dann wiederum gut dazu gepasst, weil keine Ironie notwendig gewesen wäre. Aber wie auch immer: das wäre dann schon eine sehr deutliche Veränderung gewesen, der Film hätte eine spürbare Veränderung in seinem Ton gehabt. U.U. vielleicht genauso gut, vielleicht besser, vielleicht schlechter. Aber sicher eben anders.Maibaum hat geschrieben:Bei Bronson sehe ich das nicht so wie du, und er wäre sicherlich schwächer gewesen, aber er hätte den Film nicht im Mindesten beschädigt.
Danke dir!Agent 009 hat geschrieben:Klingt nicht übel. Ich schätze deine Meinung und werde ihn auch bald sichten. Habe ihn hier rumfliegen. Wird sowieso Zeit das mal wieder mehr Eastwood dran ist, habe einiges nachzuholen! Danke für die gute Kritik.
Kann ich sehr gut verstehen, ich hätte mir gerade bei den Auswirkungen auf den Protagonisten mehr Substanz und Tiefgang gewünscht. In Bezug auf die Ambivalenz mache ich wie schon geschrieben dem Film keinen Vorwurf, da er diese ja bewusst außen vorlässt. Da muss man denke ich sich einfach auf die Gedankenwelt von Soldaten im Krisengebiet einlassen, für die kritisches Hinterfragen oder ähnliches kontraproduktiv, ja gar lebensgefährlich wäre. Soldaten, die später in Krisensituationen funktionieren sollen, derart zu drillen, dass aus ihnen mehr oder weniger willenlose Befehlsempfänger werden, macht ja absolut Sinn, da übermäßiges Nachdenken "unter Feuer" immer eine latente Gefahr darstellt. In sofern betrachte ich American Sniper einfach als Abbild dieser sehr in sich geschlossenen Welt und da wäre ein Mehr an Ambivalenz dann einfach auch unrealistisch, ja müsste sich eigentlich sogar den Vorwurf gefallen lassen einen realen Hintergrund bewusst aus dramaturgischen Gründen zu entstellen.GoldenProjectile hat geschrieben:American Sniper habe ich im Kino gesehen und war weitgehend enttäuscht. Technisch und in der visuellen Ausführung der Kriegsszenen ist er klasse, aber mir fehlten weitgehend eben die Ambivalenz, das Drama, die Auseinandersetzung mit dem Stoff. Das war mir zu platt und zu einfach im Umgang mit dem Protagonisten und seinem Kriegseinsatz. Ausgerechnet von Eastwood, der sonst so schöne und berührende Dramen wie Die Brücken am Fluss oder Million Dollar Baby schuf. Mehr als 5 Punkte kann ich da leider nicht vergeben.
Da stimme ich dir voll zu, Eric. Ich würde deine Bewertung sogar noch "unterbieten". Ein gesellschaftspolitisch sehr interessanter, weil die aktuellen amerikanischen Befindlichkeiten (ungewollt) zu dem Thema auf den Punkt bringender Film.GoldenProjectile hat geschrieben:American Sniper habe ich im Kino gesehen und war weitgehend enttäuscht. Technisch und in der visuellen Ausführung der Kriegsszenen ist er klasse, aber mir fehlten weitgehend eben die Ambivalenz, das Drama, die Auseinandersetzung mit dem Stoff. Das war mir zu platt und zu einfach im Umgang mit dem Protagonisten und seinem Kriegseinsatz. Ausgerechnet von Eastwood, der sonst so schöne und berührende Dramen wie Die Brücken am Fluss oder Million Dollar Baby schuf. Mehr als 5 Punkte kann ich da leider nicht vergeben.
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