Re: Regie & Stil

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Casino Hille hat geschrieben: 22. September 2018 14:12
Maibaum hat geschrieben: 22. September 2018 13:40True Detective war zwar interessant, aber nicht überragend
Kann man so sehen, ist aber eine relativ exklusive Meinung (was natürlich für mich als bekennenden Missversteher der "Game of Thrones"-Euphorie kein Problem ist). Die erste Staffel "True Detective" gehört aber schon für sehr viele zu den großen Serienhighlights der letzten Jahre - und Fukunaga und seine Inszenierung tragen maßgeblich dazu bei. Und imo nicht nur in den offensichtlichen Szenen wie dem Tracking Shot in Folge 4, sondern auch in vielen grandiosen Details über die ganze Staffel hinweg. Für mich sind da eigentlich nur noch die ebenfalls fantastische erste Staffel von "Big Little Lies" (inszeniert vom großartigen Jean-Marc Vallée) sowie die ersten Staffeln von "Westworld" und "The Deuce" in einer ähnlichen Sphäre zu sehen.
Big Little Lies fand ich sogar stärker, und noch besser inszeniert als TD, hat aber dieselben Probleme was zu viel gedehnte Handlung betrifft. Beide Serien hätte man gefühlt auch in der Hälfte der Zeit erzählen können, und ganz vielleicht sogar in normaler Spielfilmlänge, ohne daß da groß was gefehlt hätte.

Und ich bezweifle, daß meine Meinung so exklusiv ist, normalerweise gibt es zu jedem aktuellen gelobten Werk auch immer einen gewissen Teil an Ablehnung. Denn die Geschmäcker unterscheiden sich halt. Auch zu TD wird es negative Kritik gegeben haben, und sicher auch Verrisse.
Zuletzt geändert von Maibaum am 22. September 2018 14:43, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Regie & Stil

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Maibaum hat geschrieben: 22. September 2018 14:41Und ich bezweifle, daß meine Meinung so exklusiv ist, normalerweise gibt es zu jedem aktuellen gelobten Werk auch immer einen gewissen Teil an Ablehnung. Denn die Geschmäcker unterscheiden sich halt. Auch zu TD wird es negative Kritik gegeben haben, und sicher auch Verrisse.
Aber du empfindest ja keine Ablehnung. Und TD hat damals schon eher polarisiert, das war eine "Love it or hate it"-Serie. Klar hat jeder Hype einen Backlash (wobei Hype hier auch überzogen ist, dafür ist TD zu wenig bis zur breiten Masse durchgedrungen), aber das klassische Mittelfeld hat man in Reaktionen zu TD eher selten lesen können (bei BLL schon eher, dem wurde oft auch fälschlicherweise vorgeworfen, ein künstlerisch aufgeblasenes Desperate Housewives zu sein). "Exklusiv" war natürlich auch überzogen, das gebe ich zu, der Einzige wirst du da sicher nicht sein.

Ich finde BLL auch noch besser als TD, sehe aber beide Staffeln ohne die Schwächen, die du ihnen bescheinigst. Das Erzähltempo von BLL war für mich vielleicht sogar "perfekt", und ich hätte keine Minute davon missen wollen.
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Re: Regie & Stil

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craigistheman hat geschrieben: 22. September 2018 13:56 Der SP-Auftakt ist doch wunderbar und sehr stimmig?
Nun, nicht schlecht, aber halt nicht toll. Wenn Mendes so etwas macht, dann muß er das auch durchziehen. Aber er schneidet viel zu früh, das macht dann die Wirkung etwas zunichte.

Aber auch wenn er den Schnitt etwas später hätte setzen müssen, der wahre Hammer wäre es erst dann gewesen wenn die ganze PTS eine Einstellung gewesen wäre (bzw eine Einstellung vortäuscht).

So wirkt es halbherzig, leider wie das Meiste was Mendes in SF und SP gemacht hat

Re: Regie & Stil

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Casino Hille hat geschrieben: 22. September 2018 14:48
Maibaum hat geschrieben: 22. September 2018 14:41Und ich bezweifle, daß meine Meinung so exklusiv ist, normalerweise gibt es zu jedem aktuellen gelobten Werk auch immer einen gewissen Teil an Ablehnung. Denn die Geschmäcker unterscheiden sich halt. Auch zu TD wird es negative Kritik gegeben haben, und sicher auch Verrisse.
Aber du empfindest ja keine Ablehnung. Und TD hat damals schon eher polarisiert, das war eine "Love it or hate it"-Serie. Klar hat jeder Hype einen Backlash (wobei Hype hier auch überzogen ist, dafür ist TD zu wenig bis zur breiten Masse durchgedrungen), aber das klassische Mittelfeld hat man in Reaktionen zu TD eher selten lesen können (bei BLL schon eher, dem wurde oft auch fälschlicherweise vorgeworfen, ein künstlerisch aufgeblasenes Desperate Housewives zu sein). "Exklusiv" war natürlich auch überzogen, das gebe ich zu, der Einzige wirst du da sicher nicht sein.
Ah ja, aber es klang so als wäre TD ausschließlich gelobt worden. Dann wäre der Serie die Quadratur des Kreises gelungen.

Das Problem der überflüssigerweise gedehnten Handlung hat fast jede der neuen Serien, manche bestehen nur aus solchen Dingen.

Re: Regie & Stil

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Maibaum hat geschrieben: 22. September 2018 14:49
craigistheman hat geschrieben: 22. September 2018 13:56 Der SP-Auftakt ist doch wunderbar und sehr stimmig?
Nun, nicht schlecht, aber halt nicht toll. Wenn Mendes so etwas macht, dann muß er das auch durchziehen. Aber er schneidet viel zu früh, das macht dann die Wirkung etwas zunichte.

Aber auch wenn er den Schnitt etwas später hätte setzen müssen, der wahre Hammer wäre es erst dann gewesen wenn die ganze PTS eine Einstellung gewesen wäre (bzw eine Einstellung vortäuscht).

So wirkt es halbherzig, leider wie das Meiste was Mendes in SF und SP gemacht hat
Eine One-Shot PTS wäre der absolute Overkill gewesen, klar. Ist aber bei den verschiedenen Ebenen des Geschehens (Hauseinsturz, Verfolgung durch Parade, Hubschrauberkampf) schon rein filmtechnisch nicht zu bewältigen, da z.B. in der Luft nur schlecht Cuepunkte (z.B. das Day of the Dead-Plakat vor dem Hoteleingang, oder der Kameraschwenk auf den umgezogenen Bond) gesetzt werden können, um den Tracking-Shot vorzutäuschen. Irgendwann werden wir so etwas bei Bond bestimmt mal sehen.

Ich verstehe was du meinst, nur finde ich (aber das kann natürlich jeder empfinden wie er möchte) die SP-PTS gehört schon zu dem besten, was Mendes und sein Team für das Franchise geleistet haben.
Von der Bildergewalt, Rasanz und der musikalischen Untermalung her sind wir aber meilenweit von der grandiosen QoS-PTS entfernt, das ist ganz klar. Natürlich wird dieser Teil meines Posts dem einen oder anderen nicht schmecken, aber Geschmäcker sind nunmal verschieden.
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Re: Regie & Stil

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Interessant, ich finde die SP-Eröffnungssequenz einfach fantastisch und war beim ersten Kinobesuch sowas von begeistert, aber trotzdem hatte ich jedes Mal ein komisches Gefühl, wenn dann der Schnitt kam. Er erschien mir immer so willkürlich gesetzt, als hätte Mendes jetzt einfach keine Lust mehr gehabt, das weiter durchzuziehen. Handlungsmäßig gibt es an der Stelle einfach keinen Grund, das ganze abzubrechen. Schön zu lesen, dass ich nicht der einzige bin, dem das so geht. Nichtsdestotrotz ist diese Sequenz fantastisch anzusehen und ich freue mich jedes Mal.
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Re: Regie & Stil

2304
Da ist was dran. Warum die restliche PTS aber kein One-Shot ist, das ist so klar wie Kloßbrühe. Denn Mendes will einen Kontrast haben, da während des One-Shots noch alles ganz nach Plan läuft und Bonds Aktion perfekt durchgeplant ist, während danach durch das einstürzende Haus alles schief geht - und hier wird der Film dann auch sehr hektisch, wackelig gefilmt, schnell geschnitten. Erst in der Helikopter-Action, wenn Bond wieder die Kontrolle über die Situation gewinnt (Bzw. erkämpft), beruhigt sich der Film.

Von den brillanten One-Shots in True Detective oder Children of Men oder The Revenant ist Mendes in Spectre natürlich weit entfernt.
Aber imo sind die Szenen schwer vergleichbar. Kann man trotzdem machen, muss man aber nicht.
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Re: Regie & Stil

2306
Na klar, der Kontrast zwischen Plansequenz und Wackelkamera ist schon logisch und auch völlig passig, eine komplette Plansequenz hätte keinen Sinn ergeben. Aber dort, wo der Schnitt ist, ist er einfach komisch.
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Re: Regie & Stil

2307
Ja, da stimme ich zu, der letztliche Übergang hätte sinnvoll bei der Explosion einsetzen müssen. Da hat Maibaum völlig recht mit seiner Beobachtung und es ist auch schwer nachvollziehbar, warum Mendes den Cut früher ansetzt. Erst recht da die Sequenz ab dem Moment, in dem Bond auf dem Dach in Position geht, am unkompliziertesten geworden wäre. Der schwierige Kram fand davor statt.
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Re: Regie & Stil

2308
Vielleicht hat Mendes das gemacht um dem Namen "Sciarra", der dann noch weitere Male im Film auftaucht (allen voran in Ms Videobotschaft), mehr Bedeutung beizumessen. Bond hört ja über das Lasermikrofon mit, und bekommt nun von Sciarras Mitstreitern die Bestätigung, da diese ihren Anführer beim Namen begrüßen. Auch der Score verändert sich an dieser Stelle und der bis dato lässige Bond zeigt sich plötzlich intrigiert. Nach dem Gegenschuss auf Bonds Gesicht, dreht sich die Kamera wieder zum Geschehen und wir sehen Sciarras Begrüßungsgeste mit dem Ring, die Bond dann später in Rom kopiert, um das Spectre-Meeting zu infiltrieren.

Inszenatorisch wäre das also ein logischer Schritt gewesen, wenn wir nicht schon vorab wüssten, dass Bond hinter Sciarra her sein muss, da er im Establishing Shot als einziger weiß kostümiert ist, sich in entgegengesetzter Richtung zur Menschenmasse bewegt und somit natürlich sofort auffällt. Es ist ja von vorne herein klar, dass er eine wichtige Rolle spielen muss.

Der Schusswechsel zwischen Bond und Sciarras Männern wäre in Form der Plansequenz nur schwer umsetzbar gewesen. Die Kamera hätte sich wieder nach hinten bewegen müssen, vielleicht hätte das komisch gewirkt.
Was ich sehr geil gefunden hätte, wäre wenn die Kamera zu Sciarra und seinen Männern durch das Fenster in den Versammlungsraum hineinfahren würde, der Schusswechsel aus der Perspektive der Gegner stattgefunden hätte bis zur Explosion. Somit hätte man den soeben besprochenen Effekt mit der Explosion gehabt.

Wäre, hätte Fahrradkette :D
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Re: Regie & Stil

2309
Die ganze PTS als Plansequenz wäre pure Effekthascherei und vollkommen am Ziel des ganzen vorbei. So wie es ist erzielt es einen bestimmten Zweck der sehr einfach nachvollziehbar ist.
Das macht inszenatorisch völlig Sinn und Mendes weiss was er tut- und unterscheidet sich in solchen Dingen für mich erfreulich von Regisseuren die wirklich völlig sinnfrei mit den ewig gleichen Ginmicks durch ihre Filme walzen
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