Re: Filmbesprechung: The Spy who loved me
226Durchaus nicht.
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Noch so ein Anhänger dieser merkwürdigen Verschwörungstheorie. Wie kommen da bloß alle drauf? Der Mann, der hinter den frischen, geladenen und fantastisch unterhaltsamen TSWLM und MR steckt kann niemals nie annähernd etwas mit YOLT zu tun gehabt haben. Das geht doch einfach nicht. Das wäre, als wenn Alfred Hitchcock Marnie, Martin Scorsese Aviator, Brian De Palma Mission: Impossible oder Stanley Kubrick Lolita gedreht hätten... upps, Moment mal.Agent 009 hat geschrieben:Regisseur Lewis Gilbert war zuvor schon für 'Man lebt nur zweimal' mit Sean Connery verantwortlich
Ja, vielleicht, obwohl der Vergleich sehr hart und sehr unfair ist, da die Massenschlacht in TSWLM doch deutlich kürzer ist und dramaturgisch auch nicht den großen Knall darstellt, wie es zumindest in YOLT der Fall war. Schön ist eigentlich, dass auf das Gefecht noch so viel folgt, die wahnsinnig spannende Atombomben-Sequenz, die Erstürmung des Kontrollraumes, die Ablenkung der Raketen, das Entkommen aus dem Tanker, der Showdown auf Atlantis... TSWLM bietet da zum Ende hin eine ganze Palette an brillant durchdachten und konzipierten Einzelszenen, die Nervenkitzel, Storytelling und Spaß immer verbinden. Ganz großes Kino. Wie der Rest vom Film ja sowieso auch.Agent 009 hat geschrieben:Die Umsetzung der Action ist hier zu jedem Zeitpunkt gelungen und auch die 'Massenschlacht' wirkt kreativer gedreht/gefilmt und spannender umgesetzt als es noch bei Feuerball oder man lebt nur zweimal der Fall war.
Fettes Ausrufezeichen hinter diesen Satz! So und nicht anders ist es! Roger Moore spielt einen hervorragenden Bond, der eine strahlende Aura der Selbstironie um sich schweben hat und dennoch durch beeindruckend ernste Momente ("You're sensitive, Mr. Bond?" - "About some things.") niemals an Bedrohlichkeit, vor allem aber nie an Glaubwürdigkeit verliert. Es ist einzig und allein Moores Verdienst, dass die völlige Witzfigur James Bond in derart absurden Filmen wie TSWLM oder MR nicht zum Pausenclown wird, sondern ihren festen Stand in der geschaffenen Welt hat. Kein anderer Akteur hätte das so gelungen hinbekommen.Agent 009 hat geschrieben:Roger Moore macht immer eine gute Figur und weiß sowohl den Killer als auch den Liebhaber und Gentlemen perfekt zu spielen.
Besonders die aus der Not geborene Inszenierung als ein langer Take machen die Szene ganz stark beeindruckend. Der Stunt ist weniger durch sein hohes Maß an Gefährlichkeit so imposant, sondern durch die majestätische Präsentierung. Ein absolut erhabener Höhepunkt in der Bondreihe, in der die Gefahr der Situation einen gleichermaßen den Atem raubt, wie man noch über die makellose Schönheit des Momentes staunt, bevor sich alles in einen pointierten Schlussgag entlädt. Perfekt!Agent 009 hat geschrieben:Mount Asgard (Sprungszene) oder die Schweiz wurden großartig eingefangen und perfekt im Film eingesetzt
Da du den Soundtrack nicht magst (worauf ich später noch schnell eingehe), ist es nicht verwunderlich, dass du ihn hier nicht nennst, aber zusätzlich zu den von dir genannten Aspekten ist Jaws Einführungsszene besonders durch Hamlischs Musik so extrem gelungen. Er bringt die fesselnde Spannung, mehr noch Anspannung in die Szenerie, er macht Jaws zur relevanten Bedrohung und er verpasst Bond am Ende den wohl coolsten Abgang, den dieser jemals hatte. Meine Fresse, was gäb ich darum, einmal mit so einem Crescendo in der Dunkelheit zu entschwinden...Agent 009 hat geschrieben:Durch die tolle Location, den tollen Einsatz von Sets und den Lichteffekten wirkt das ganze extrem atmosphärisch und ist perfekt eingefangen.
Tja, das ist jetzt wieder das Phänomen der völlig unterschiedlichen Beobachtungen. Ich lese derartiges über Bach öfter, aber steif oder hölzern hat ihr Mimenspiel auf mich nie gewirkt. Im Gegenteil, mimisch ist ihr Auftreten absolut in Ordnung und sprachlich bringt sie den richtigen Ton sehr gut rüber. Schön auch, dass sie eben als Agentin gerade nicht so emotional auftritt und sich eher ambivalent und nicht sofort durchdringbar gibt, die Szene, in der sie die Hintergründe des Todes ihres Freudes aufdeckt ist da ein wunderbares Beispiel. Ihr Blick zeigt eine leise Zerbrechlichkeit, allerdings ohne dick aufzutragen oder es zur Schau zu stellen. Ich finde das ganz stark und durchaus in einer Linie mit Jane Seymour und Diana Rigg, den wohl besten Darstellerinnen aus den Vorgängern.Agent 009 hat geschrieben:Barbara Bach wirkt als Bondgirl und Agentin Triple X oftmals etwas steif, wobei die Frau ein echter Hingucker ist
Ja, ja und ja! Wie ich in meiner eigenen Kritik schrieb, erreichen Action und Humor in TSWLM ein neues Höchstniveau innerhalb der Bondreihe. Am besten ist aber, dass Gilbert ein herrliches Tempo an den Tag legt und die Leinwand immer in Bewegung hält. TSWLM ist ein einziger zweistündiger Sog, bestehend aus kreativen Actionideen und einer ganzen Palette an humoristischen Einlagen, die allesamt den Nagel auf den Kopf treffen. Wohl keine Komödie der Welt kann es mit TSWLM aufnehmen, gleichzeitig kenne ich aber auch kaum einen Film, der so viele fantastisch-spannende Szenen beinhaltet und das ganze dann noch so gelungen paart und miteinander verschmelzen lässt. Wenn es einen Grund gibt, warum ich mich derartig für Ghost Protocoll (M:I 4) begeistern konnte, dann doch, weil er TSWLM da gar nicht so unähnlich ist. Bond 10 ist bestes Entertainment, zwei Stunden Flucht aus der eigenen Welt und völlige Gefangennahme von dem Geschehen auf der Leinwand. Der vollendete Unterhaltungsfilm, möchte ich sagen.Agent 009 hat geschrieben:Der Humor im Film ist wieder einmal großartig. Roger's Sprüche sind klasse, die Action gepaart mit diesen ist fantastisch
Hamlisch verzichtet jedenfalls völlig auf das atmosphärische von Barry (siehe TMWTGG) und überhaupt auf die bondtypischen Melodien. Stattdessen ist sein Soundtrack sehr selbstironisch, in der Art, wie er bewusst das Bondthema variiert und kongenial einsetzt, noch schräger nur, wie er ganze Szenen (wie das stillgelegte Auto in der Wüste) selbstironisch (teils sogar parodistisch) unterlegt. Hamlisch nimmt seine Musik kein bisschen ernst und unterstreicht nur noch den unernsten Ton des Filmes, weiß aber gleichzeitig auch genau, an welchen Stellen er die üblichen Mechanismen wirken lassen muss, um vor allem in der Pyramiden-Szene Jaws zum mächtigen Antagonisten werden zu lassen. Das das negativ aufstoßen kann, finde ich völlig normal, wenngleich aber nun in deinem Fall auch etwas schade.Agent 009 hat geschrieben:Sowohl die Eingliederung des tollen Titelsongs als auch einzelne Stücke die nicht damit verbunden waren haben mir so gut wie gar nicht zugesagt. Sehr schade, das ganze
Ich glaube, Jürgens ist für mich sogar der beste Bond-Villain, zumindest aber in der Top 3. Letzten Endes ist er nur ein auf die Spitze getriebener Dr. No - Klon mit Blofeld-Hintergrund (was den Best-Of-Charakter des Filmes nur noch unterstreicht), aber von Jürgens mit Ehrfurcht und Anmut gespielt, zudem in wenigen Momenten perfekt charakterisiert. Man beachte die Szene, in der Bond als Sterling getarnt auf Stomberg trifft. "For me, this is all the world. There is beauty... there is ugliness... and there is death." - Wie der ganze Stromberg-Charakter und seine krankhafte Faszination für das Wasser in 3 Minuten da dargestellt wird... dafür brauchen andere Filme Stunden und erreichen nicht dieses Maß an Präzision. Gleichzeitig dann noch eine Bond-typische Provokation in der Szene einzubauen und die Handlung anzutreiben... herrje, ich liebe den Film. Strombergs Abgang ist dann übrigens auch kolossal gut gelungen. Kurz, einprägsam, brutal (durch die Brutalität auch schockierend und damit hervorstechend), auf den Punkt... ganz stark!Agent 009 hat geschrieben:Stromberg ist definitiv gut gespielt, doch nie in einer Klasse von Dr. No oder dergleichen. Zu keinem Zeitpunkt wirkt er auf mich bedrohlich oder so gefährlich wie er sein sollte.
Das würde ich dann auch wieder nicht sagen. TSWLM nimmt sich zu jeder Zeit ernst. Darin liegt ja sein Spaßpotenzial. Der Film weiß um das, was er dem Publikum bieten will und bereitet ihnen minutiös durchdachtes Entertainment in allerbester Form. TSWLM ist da schon ein ernstzunehmendes Werk, dass weit darüber hinaus ist, einfach nur ein paar Albernheiten und Späße unter dem Deckmantel der gesteigerten Selbstparodie zu verkaufen.Agent 009 hat geschrieben:Man hat einen abenteuerlichen, spaßigen Film der sich nicht ernst nimmt und gut unterhält
Sehr schönes, gelungenes Review, dass die Stärken stark hervorhebt und auch auf die Schwächen eingeht (obwohl es gereicht hätte, einmal zu erwähnen, dass Jürgens und Bach dir nicht gefallen, statt das mehrmals zu wiederholen) und diese plausibel begründet. Die Wertung finde ich eigentlich von dem Eindruck, den der Text macht sogar zu hoch, aber andersherum ist es ja auch wunderbar, wenn du deinen Spaß mit TSWLM hattest. Zwei Namen hast du aber leider völlig vergessen, die für mich einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Qualität TSWLMs hatten: Ken Adam, der mit seinen gewaltigen Sets mal wieder bemerkenswerte Arbeiten geleistet hat, und Kameramann Claude Renoir, dessen Kameraarbeiten für TSWLM diesen zu einem der optisch eindrucksvollsten Bondfilmen machte und welcher sein Auge für gelungene Bildkompositionen und optische Details wieder einmal unter Beweis stellte.Agent 009 hat geschrieben:8,5/10
Tut mir leid meine Lieben, aber damit wird man dem Auftreten von Bach meiner Ansicht nach wirklich kein bisschen gerecht. Hier scheint ein wenig das aufzutreten, was wir umgekehrt dann bei SF haben: Dort wird Marlohes Auftritt über alle Maßen gelobt, während gerade ich sie als hölzern, schwach und aufgesetzt empfinde. Schade, das ihr die gute Bach so seht. Wie bereits erwähnt, die Szene, als sie Bond ertappt hat ist großartig, eine Seymour oder eine Rigg wären da nicht überzeugender gewesen, genauso auch als sie von Gogol vom Tod ihres Freundes erfährt oder als sie Bond auf dem Schiff in Ägypten austrickst ("die bevorzugte Zigarettenmarke"). Bach wirkt absolut selbstsicher in der Rolle, zeigt immer gerade genug Regung und Emotion, um glaubhaft als Mensch und als Agentin zu wirken... ich sehe da wirklich nicht, was an ihrem Spiel nicht überzeugend sein soll. Gerade stimmlich macht sie doch den Eindruck, felsenfest in ihrer Rolle verankert zu sein. Aber nun gut, wie ich schon sagte, Wahrnehmungen gehen mitunter einfach sehr weit auseinander.danielcc hat geschrieben:Bach hat in meinem Ansehen ca. 90% eingebüßt als ich sie das erste Mal im Original hörte. Oh je!!!
Sicher hat er die. Es gibt mit Bond sogar gleich zwei Aufeinandertreffen und beide sind stark geschrieben und von beiden auch hervorragend gespielt. Die Robert Sterling Szene habe ich ja bereits über den Klee gelobt (sie ist aber auch einfach verteufelt gut), aber auch im Tanker treffen die beiden (eigentlich drei, weil Triple X dabei ist) noch einmal aufeinander und der ganze Größenwahn Strombergs erlebt noch mal eine gewaltige Unterstreichung. Die Szene fand ich immer sehr beeindruckend, gerade weil Bond und Anja Stromberg praktisch nichts außer ein paar Phrasen zu entgegnen haben und Strombergs Überlegenheit so deutlich wird wie nie zuvor. Auch seine Todesszene ist - um sie kurz wieder ins Gespräch zu bringen - einfach fabelhaft und zeugt nur davon, wie perfekt Gilbert das Konzept Bond eigentlich verstanden hat.danielcc hat geschrieben:Sicher, er hat wenige Auftritte und er führt keine operative Auseinandersetzung mit Bond, das muss er aber auch gar nicht
Ja, der Titelsong ist wunderbar und ein Fazit zum Film, aber zum ganzen Franchise eigentlich. "Nobody Does It Better" - Welcher Fan will da nicht sofort laut "Ja" schreien? TSWLM war für mich immer eine Zusammenfassung der größten Highlights, welche Bond von 1962-1977 zu bieten hatte und ein Remix der vorherigen Zutaten, allerdings so effizient verpackt, dass ein ganz eigenes Werk daraus wurde und am Ende keiner mehr einen Zweifel hegt: "Nobody Does It Better"!GrunteR hat geschrieben:Der Titelsong ist Klasse und wird auch instrumental im Film eingearbeitet (Fahrt auf dem Nil, Fahrt im Laderaum des klappernden Bus..).
Beispielsweise diese Szene, aber auch als das U-Boot das erste Mal in den Tanker fährt und die Adam-Kulisse enthüllt wird, das hat dann schon eine Qualität, die einem allein durch die Bilder den Atem raubt. Renoir war der perfekte Kameramann für TSWLM und wäre für MR ebenfalls perfekt gewesen. Gott sei Dank hatte MR dann noch üppigere Schauplätze, sodass er die etwas normaleren Einstellungen durch seine Gewaltigkeit ausgleichen konnte. Roger Deakins mag in SF großes vollbracht haben, aber der beste Kameramann der Reihe wird für mich immer Claude Renoir heißen.danielcc hat geschrieben:es gibt auch spannende Einstellungen (mir fällt immer wieder ein, wie Bond kurz durch die Gassen Kairos geht und weit aus der Ferne gefilmt wird)
Der wahre Antagonist des Filmes ist aber doch eigentlich Jaws. Ich habe das daher nie als Schwäche empfunden. Tatsächlich ist Stromberg ein wahnhafte Gestalt, ein vermeintlicher Gott über die Welt und ein ehrfürchtiger Charakter, aber der Film lässt nie einen Zweifel daran, dass Jaws die eigentliche Hürde ist, die Bond nehmen muss um das Chaos abzuwenden. In MR ist das anders, weil Kiels Charakter erst nach einer Stunde Laufzeit auftaucht und Drax somit klar als Gegenspieler etabliert wird, aber Bonds wirklicher Feind, der, den er bezwingen muss, dass ist Jaws in TSWLM. Stromberg ist ein unnahbarer Charakter, an den auch Bond nie wirklich rankommt, der als Gegner sehr abstrakt die Fäden in der Hand hält. Nicht falsch verstehen, Stromberg ist ein idealer Widersacher für den Film, aber die Bedrohung für Bond geht von ihm selbst nicht aus. Dennoch wirkt Jürgens durch seine Stimme natürlich trotzdem sehr bedrohlich. Das muss auch kein Widerspruch sein.Agent 009 hat geschrieben:Er wirkt wie etwas schon dagwesenes aber ohne Bedrohlichkeit. Eher ein laues Lüftchen am Ende als ein Knall.
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