00T hat geschrieben: 13. Dezember 2021 00:25
Agent 009 hat geschrieben:
Der erste Sherlock Holmes von Ritchie ist ein Meisterwerk. Easy eine 10 für mich. Der zweite jedoch nur 6-7. Stinkt in fast allem gegen den Erstling ab.
Dem möchte ich doch vehement widersprechen und mich auf Hilles Seite schlagen (wird irgendwann auch langweilig, ich weiß

). Ich liebe den ersten Sherlock Holmes, aber Game of Shadows setzt da ganz entspannt nochmal einige Schippen drauf. Der Plot ist besser durchdacht und bezieht geschickt und bedeutungsvoll die politischen Wirrungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit ein; die Action gehört zu dem Besten, was das Big Budget-Kino zu bieten hat (und das in einem Film über einen Charakter, der auf dem Bildschirm bis dahin immer sehr stoisch gezeigt wurde), und charakterlich ist das auch alles große Klasse.
Auf meiner Seite ist es eh viel schöner.

Also alles richtig gemacht!
Ich würde die beiden Filme gar nicht zwingend miteinander vergleichen, weil ich sie beide very entertaining finde. Teil 1 ist ein perfekter moderner Bond-Film, nur geht es um Sherlock Holmes im Jahr 1891.

Aber das ist ein richtig starker Film, mit großartiger Action, einer enormen Gag-Dichte, schlauen Figuren (die auch schlaue Dinge tun und schlaue Sachen sagen, statt nur vom Script als schlau behauptet zu werden), fantastischer Musik von Hans Zimmer, exzellent gespielt etc. Einfach großes, perfektes Unterhaltungskino, der Stoff, für den ich mir einen Blockbuster ansehe. Und als Kirsche auf dem Sahnekuchen kommen dann noch viele hübsche Einfälle, in denen klassische Holmes-Mythen (die entweder von Sir Arthur Conan Doyle direkt stammen oder späteren Verfilmungen entsprungen sind) clever neu arrangiert oder direkt mit einer Prise Selbstironie präsentiert werden. Wenn mir irgendwas in Teil 1 nicht gefällt, dann dieser kleine unnötige Subplot rund um Professor Moriarty, der gefühlt nur drin ist, weil ein Holmes-Film ohne Moriarty nicht exisitieren darf (kleiner Gruß an die BBC-Serie, die den Prof. sogar über seinen Tod hinaus nicht abschütteln kann).

Dafür entschädigt dann aber seine phänomenale Darstellung in Game of Shadows.
Game of Shadows … hach, was für ein Film! Ästhetisch wunderschön, die Actionszenen sind allesamt eine Wucht. Diese irre Flucht durch den Wald in Ultrazeitlupe, die Hochgeschwindigkeitsfaustkämpfe, die Duelle in Holmes' Kopf, das wahnwitzige Massaker im Zug – alles einsame Spitze! Das Drehbuch ist wahnsinnig komplex, und ich meine gar nicht die Geschichte, sondern wie sehr Ritchie den Film über scheinbar unwesentliche Details erzählt und welches Tempo er dabei anschlägt. Alleine die ganze Episode rund um das Bombenattentat (mit Gänsehaut-Garantie generierender Opernmusik!) offenbart auch beim fünften oder sechsten Ansehen noch neue Details, die bei der irren Geschwindigkeit des Films gar nicht alle auf einen Schlag erfasst werden können. Und während die Gags zwischen Holmes und Watson weiterhin on fire sind und Noomi Rapace eine richtig schöne, mysteriöse Frauenfigur in diesem herrlichen Film ist, sind es die Dialoge zwischen Holmes und Moriarty, mit denen der Film steht und (glücklicherweise nie) fällt. Vielleicht sogar mehr noch als bei Goldfinger lebt dieser Film von den mehrfachen Konfrontationen zwischen Held und Widersacher, zwischen Sherlock und seiner Nemesis. Ihre verbalen Schlagabtausche sind allesamt sensationell:
Professor Moriaty: Rest assured, if you attempt to bring destruction down upon me, I shall do the same to you. My respect for you, Mr. Holmes, is the only reason you are still alive.
Sherlock Holmes: You've paid me several compliments. Let me pay you one in return when I say that, if I were assured of the former eventuality, I would cheerfully accept the latter.
SO reden diese Figuren. Gefühlsmäßig einfach perfekt. Ich liebe den Film. 10/10. Ohne jeden Zweifel.
Sollte ich mal wieder in den Player einlegen, dabei habe ich doch gerade ein paar Eastwood-Erstsichtungen angepeilt.