For Your Eyes Only
Nachdem ich mir nun diesen Thread einmal zu Gemüte geführt habe und mir den
Film auch noch mal wieder zweimal angesehen habe, hier nun einiges von mir:
Zunächst mal: ich gehöre glaube ich zu den wenigen, die den Film mögen, was in diesem Fall meint, dass Bond Nr. 12 wirklich zu meinen Favoriten der gesamten Serie zählt. In meinen Augen hat er nämlich fast alles, was ich mir in einem Bond wünsche:
- Abwechslungsreiche Story
- ansprechende Drehorte
- Gleichgewicht aus Humor und Ernsthaftigkeit
- gute Action
- Casino-Szene
- gutes Bond-Girl
- guter Bond-Helfer
- gute(r) Henchmen/-man
- gute Festung des Bösewichts
Abzüge gibt es hier:
- Bösewicht
- Logiklöcher
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Die Story, die letztlich durch ein Macguffin zum Laufen gebracht wird, finde ich gut. Bond hat so gut wie keinen Anhaltspunkt und muss ermitteln. Das mag ich! Es hat zwar auch seinen Reiz, wenn der Bösewicht nach 10 Minuten auf der Matte steht, er und Bond sich kurz abtasten und es danach um ein schön inszeniertes 1:1 Duell geht, aber imho kommen diese wirklich ermittelnden Bonds viel zu kurz. Dass der Schurke zudem deutlich früher auftaucht, als es der Zuschauer zunächst zu ahnen scheint, ist ebenfalls selten. Kristatos mag zwar wenig Charisma haben, aber das lässt seine Rolle leider auch nicht zu. Es ist der in meinen Augen sogar größte Fehler im Film, aber dazu später.
Die Drehorte, allen voran Cortina und Griechenland sind herrlich. Ich verstehe niemanden, dem das nicht exotisch genug ist. Aus heutiger Sicht, in einer Zeit in der ich per Google Earth überall hinkomme, gibt es WIRKLICH exotische Drehorte auch eigentlich nicht mehr. Und beide Drehorte liefern ja letztlich auch die Basis für einige der besten Actionszenen der gesamten Reihe.
Mir gefällt das Gleichgewicht aus Humor und Ernst. Dieser Film ist garantiert kein ernstgemeinter Film a la FRWL, es ist aber auch kein Klamaukfilm. Es ist ein Film, der zu Roger Moore passt, der es aber versteht, diesen beiden Elementen ein Gleichgewicht zu geben und meines Erachtens schafft man das in diesem Film so gut wie in keinem anderen von Roger Moore. Die Wende, die von MR zu FYEO vollzogen wird, ist also keine auf der Basis von Humor zu Ernst, sondern von Science Fiction zu Realismus im Sinne der Bedrohung.
Die Actionszenen lassen keine Wünsche offen. Die Verfolgung in der Bobbahn, die Verfolgung der Ente, der Sprung von der Schanze, die Unterwasser-Szenen, das alles ist schon echt spitze. Was die Unterwasser-Szenen betrifft, so finde ich die hier so gelungen wie in keinem anderen Bond. Sie fallen kurz und bündig aus, erfüllen ihren Zweck. Durch den Kampf im Wrack kommt zudem eine Spannung auf, die in TB trotz eines Vielfachen an Zeit unter Wasser dort nicht aufkommt. Dies ist meine Lieblings-Unterwasser-Szene aller Bondfilme!
Die Casino-Szene. Gut, hier oute ich mich. Sie ist vorhanden und irgendwie muss sie das sein
Das gehört einfach dazu und bietet einen unschätzbaren Wiedererkennungswert. Sie erfüllt hier im Grunde einfach nur ihren Zweck. Nicht spektakulär, aber das muss sie auch nicht.
Das Bond-Girl finde ich spitze!
Dass es so oft kritisiert wird, beweist eigentlich, dass man es den Menschen wirklich nicht recht machen kann. Ist das Bond-Girl hilfreich, so heißt es, es sei unterkühlt. Ist es "heiß", wird es darauf reduziert. Nicht selten sind das dann auch die, für die James quasi noch mitarbeiten muss.
Hier haben wir ein Bond-Girl, das gut aussieht, welches sehr emotional agiert, aber Bond selten gut weiterhilft. In gleich zwei Szenen kommt ihr entscheidende Bedeutung zu. Einmal erschießt sie seinen Verfolger in Spanien, das zweite Mal rettet sie der Gruppe im Kloster den A...., indem sie aufgepasst hat. Für mich hier ganz klar eines der besten Bond-Girls: hilfreich, deshalb aber nicht langweilig oder zu dominant bzw. "männlich", sexy, leidenschaftlich.
Columbo ist ein Highlight der Serie und gesellt sich in eine Reihe mit Helfern wie Kerim Bey. Seine Einbindung in die Geschichte und die Tatsache, dass er sich Bonds Vertrauen erst erarbeiten muss, gefallen mir.
Sowohl Loque als auch Kriegler haben mir als Henchmen gefallen, ersterer sogar noch besser. So stelle ich mir einen Profikiller vor. Sein Ende ist herausragend und ebenfalls ein Highlight aller Henchmen-Tode der Serie!
Die Festung von Kristatos war eindrucksvoll und sehr zweckreich. Sie mag zwar kein Vulkan sein, aber die Festung einzunehmen ist sogar noch schwerer. Einzig: man hätte das hier alles noch etwas besser in Szene setzen können.
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Was mir nicht gefiel, waren der Bösewicht in Zusammenhang mit Logiklöchern. Die Bösen sind hier ganz klar die Russen als Auftraggeber! Da die aber, vor allem wenn General Gogol dabei ist (und weil es auch sonst einfach nicht sein darf

) nicht die Bösen sein dürfen, funktioniert das nicht. Stattdessen wird deren Regional-Handlanger als der Schurke dargestellt. Und auch das funktioniert eben nicht, weil der Zuschauer von Anfang an weiß, dass dieser am Ende nur ein Kuvert mit Scheinchen aus Moskau bekommt und nicht auf eigene Faust arbeitet. Den Vogel ab schießt aber die Tatsache, dass durch den Überfall auf das Lagerhaus sogar klar wird, dass Kristatos das Spionageschiff zum Sinken gebracht hat. Demnach wollen die Russen nicht nur Nutznießer dieses Falls werden, sondern sie haben ihn sogar herbeigeführt. In den Fall hineingezogen durch die Russen wird Kristatos aber erst NACH Sinken des Schiffes. Was also war da los? Hat der eine seiner Bomben in der Ägäis verloren
Das alles hätte in meinen Augen nur funktioniert, wenn man hier, ähnlich wie früher bei SPECTRE, eine Macht von Außen inszeniert hätte, die mit dem ATAC irgendwas anfangen hätten wollen. Das hätte die Bedrohung auch noch realer gemacht. Dass die Russen es wollen macht realpolitisch Sinn, aber nicht in einem Bondfilm mit einem KGB-Chef, bei dem man das Gefühl nie loswird, dass der sich einmal im Monat heimlich mit M trifft um zusammen 'ne Runde Cognac zu trinken.
Folgerichtig verpufft das Wirken der Bösen so aber leider völlig. Kristatos spielt seine Rolle zwar gut, aber sie gibt nicht mehr her. So wirkt es dann tatsächlich merkwürdig, dass dieser Bond kielholen will (nicht ertränken, wie hier teilweise behauptet!). Diese Mordmethode ist auch nicht lächerlich, sondern wäre bei jedem anderen außer Bond wirklich tödlich. Was nicht passt ist, dass er kein Motiv dazu hat. Jeder normale Handlanger hätte ne Knarre genommen.
Und was mir ebenfalls nicht einleuchtet:
Wieso lassen James und Melina die Sauerstoffflasche auf dem Meeresgrund zurück? Die einzige Antwort kann lauten: weil sie sie später brauchen. Der Dialog ist formlich durch die Blubberblasen zu hören:
James: warum baust du deine Flasche ab?
Melina: schau mal im Drehbuch nach. Die brauchen wir später noch!
James: gut, dass du dran gedacht hast!
Der Sprung von der Schanze:
klasse Szene, aber warum zum Teufel macht er das? Er weiß doch, dass er, wenn er unten ist, sich der status quo nicht verändert hat. Denn unten warten, vorher wie nachher, die Verfolger.
Zu der Biathlon-Szene: diese finde ich hingegen nicht unlogisch. Wenn Erich Kriegler KGB Agent ist und er einen Auftrag bekommt, ist dem das total egal ob er gerade ein Rennen fährt oder auf der Schüssel sitzt. Wieso sollte ihm seine Tarnung wichtiger sein als der Job, für den er sie braucht?
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Warum also bewerte ich den Film trotzdem so positiv?
Unterm Strich ist der Film für mich herrliches Popcorn-Kino, der das mich bestens zu unterhalten weiß! Der Film hätte mehr hergegeben, wenn man einen logischen und konsequenten Schurken eingesetzt hätte, aber das stört mich erst nach dem Film, währenddessen aber wirklich nur wenig.
Best,
Bleeker