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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
The Expendables: Back for War
2010 setzte Sylvester Stallone als Regisseur und Hauptdarsteller eine Idee in die Tat um, die zwar zwei Jahrzehnte zu spät kam, dafür aber so manchen Fan des Old-School-Actioners erfreute: Er brachte die großen Actionstars der 80er Jahre in einem Allround-Cast-Film zusammen, kämpfte Seite an der Seite mit alten Haudegen wie Dolph Lundgren oder Jet Li und sogar Bruce Willis und Arnold Schwarzenegger schauten in Cameoauftritten vorbei. Mit Jason Statham wirkte in "The Expendables" sogar ein Held der neuen Actiongeneration mit und machte die Söldnertruppe perfekt. Das Sequel "Back for War" verfolgt 2 Jahre später einen für Hollywood typischen Einsatz: Mehr von allem! Willis und Schwarenegger bekommen größere Auftritte, Jean-Claude Van Damme mimt den Fiesling Villain, Chuck Norris schaut kurz vorbei und mit Simon West als Regisseur der alten Schule war der leicht angestaubte Look bereits im Vorfeld gesichert.
Inhaltlich und das muss jedem vorher klar sein, ist "The Expendables - Back for War" so dumm, einfältig und simpel wie ein Kinoblockbuster überhaupt sein kann und hat genau wie der Vorgänger nur übertriebene Machoposen, ultramännliche Sprüche und brutale Action der ganz alten Machart im Sinn. Wer damit schon im ersten Teil seine Probleme hatte, dem wird auch der Nachfolger nicht gefallen, der eigentlich von allem noch einmal eine ordentliche Schippe drauf legt. Simon West ist als Regisseur sicher nicht ganz so begnadet, wie Stallone es ist, die Gelüste von Actionhardcore-Fans weiß aber auch er im besten Sinne zu befriedigen und verzichtet dabei sogar beinahe vollständig auf offensichtliche oder unglaubwürdige CGI-Tricks. Ob das völlig überzeichnete Intro in Nepal, die explosiven und knallharten über den ganzen Film verteilten Gefechte oder der beinahe schon comicartig-lächerliche Showdown, alles ist bis ins Unermessliche gesteigert und dabei auf der einen Seite filmisch absolut stumpf und beliebig umgesetzt und wirklich spannend wird es ohnehin nie, aber in seiner Einfachheit ist das Ganze gleichzeitig auch irgendwo unterhaltsam genug, um den Anhängern der guten alten Zeiten eine Träne der Rührung in die Augen zu treiben. Alle anderen werden spätestens nach der fünften großen Materialschlacht ermüdet in ihren Sitz zurückfallen.
Wie bereits oben erwähnt sind mit Chuck Norris, Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis drei weitere Helden der älteren Generation in den Main Cast aufgestiegen, außerdem stoßen Newcomerin Yu Nan und Liam Hemsworth zu der Truppe hinzu. Zu sehr von Charakteren überfüllt ist der Film dabei aber dennoch nie, so beschränken sich der Auftritt von letzterem sowie der von Jet Li auf nur wenige Minuten und auch Terry Crews, Randy Couture und Jason Statham müssen in diesem Teil deutlich kürzer treten, als es noch im Erstling der Reihe der Fall gewesen ist. Mickey Rourkes kurze Rolle aus "The Expendables" fehlt unterdessen gleich ganz, dafür leisten die restlichen Darsteller die gewohnt passablen Leistungen, die von ihnen zu erwarten sind und sind mit enormer Spielfreude am Werk. Van Dammes Bösewicht hingegen kann zwar in physischer Hinsicht überzeugen, sein starkes Overacting ist an vielen Stellen aber einfach nur überflüssig und viel zu dick aufgetragen. Auch sein Handlanger Scott Adkins hat nicht mehr als die Ausstrahlung eines Schlägertyps und dementsprechend „umfangreich“ erweist sich sein mimisches Spiel. Nun muss man aber auch so fair sein zu sagen, dass keiner der Charaktere in „Back for War“ auch nur annähernd gut genug gezeichnet ist, als das ein solches überhaupt benötigt werden würde.
Ganz im Sinne der Tradition der Vorbilder hangelt sich West von einem Klischee zum nächsten und tut das insgesamt fast komplett ohne eigene Ambitionen. Mit dem Look und Charme eines aufwendigen B-Movies und den osteuropäischen, oft billig wirkenden Locations ist „Back for War“ dabei doch eigentlich genau das, was man vorab erwarten konnte und was auch der Erstling schon bot und das ganze insgesamt vielleicht sogar in diesem Fall noch flüssiger, besser und geschmeidiger erzählt. Wenn da nur der blöde Humor nicht wäre. Wo es im ersten Teil noch leise Zankerei zwischen Stallone und Statham in angemessener Dosierung vorzufinden waren, ist das Sequel leider etwas überfüllt mit Anspielungen, Referenzen, Hommageszenen oder männlichen Onelinern der allerplattesten Sorte. Wenn man solche Dinge passend und überlegt eingebettet hätte, wäre der Nostalgiefaktor bei vielen Fans sicher vor Euphorie übergeschwemmt, doch wenn ganze Charaktere nur für einen kurzen Witz über sich selbst auftreten, Arnie mehrmals im Film sein aus „Terminator“ berühmtes „I'll be back“ rezitiert oder von Dolph Lundgren angedroht bekommt, terminiert zu werden, dann rekapituliert der Witz vor Übermacht an Stumpfsinn, die ihn umgibt.
Fazit: Eigentlich müsste man Stallone verteufeln: Da erschafft der Kerl nun schon zum zweiten Mal den selben angestaubten 80er Jahre Actioner, der wohl schon vor dreißig Jahren für einiges kritisiert worden wäre und trotzdem kann man ihm irgendwo nicht böse sein. Fakt ist nämlich, "The Expendables - Back for War" ist ein simpler Film voller Schwächen, aber dennoch kann man ihm seinen enormen Charme, der eigentlich unerklärlich ist, nicht absprechen. Sprechen hier wirklich nur die nostalgischen Erinnerungen aus demjenigen, der nach diesen 105 fetzenden Minuten von guter Unterhaltung spricht? Oder ist die Geheimzutat in dieser doch normalerweise durchschaubaren Rezeptur doch komplexer, als man zunächst denkt? Diese Frage wird sich jeder selbst beantworten müssen und sollte dies auch tun, denn wer heute noch den "good old bloody times" nachtrauert oder einfach lange keinen handgemachten Männerfilm mehr im Lichtspielhaus genießen durfte, der wird hier angemessen bedient und mit Kurzweiligkeit belohnt. Eine Sache sollte abschließend aber noch gesagt werden. Lieber Sly, auch wenn die meisten deiner früheren Filme und auch die deiner anderen Kameraden nie unbedingt eine Ode an das intellektuelle Arthouse-Kino waren: Selbst die ödesten Sprüche sind von den coolsten Männern gesprochen immer noch einfach nur öde. Bis zum nächsten Mal!
7/10
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Let the sheep out, kid.