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Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 14:04
von Nico
Das würde mich auch interessieren. (Und wie war nochmal deine Theorie zu CR? :P )

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 14:14
von Revoked
Casino Hille hat geschrieben: 4. Oktober 2021 14:02
Revoked hat geschrieben: 4. Oktober 2021 14:00 NTTD ist der richtige und konsequente Abschluss der Emo-Bond-Ära. Er korrigiert retrograd vermeintliche SP Fehler und wirft auch ein gänzlich anderes Licht auf QOS (jetzt kann ich endlich nachvollziehen warum MGW, BB und DC nicht ganz zufrieden mit dem Film waren).
Schönes emotionales Statement! Magst du das näher ausführen? Was genau verstehst du da jetzt, welches andere Licht wirft NT2D auf QOS?
Also erstmal: QOS ist Anfang letzter Woche zu meinem Lieblings-Craig aufgestiegen (um dann von NTTD wieder überholt zu werden).

Ja, der Grund warum ich verstehe, dass die Macher mit QOS nicht ganz zufrieden waren, liegt darin, dass man die emotionale Bindung des Zuschauers an Bond in diesem Film nicht geschafft hat (das ist keine Kritik von mir).
Aber durch den fehlenden Trigger am Anfang wird eben kein klarer emotionaler Spannungsbogen aufgebaut (auch nicht wenn man CR kennt oder gar direkt vorher sieht). Auch ist Bond am Ende von CR wieder äußerlich "cool" und geerdet.

Das emotionale Thema von QOS wäre Wut gewesen - und das funktioniert nicht - weder bei Bond noch bei Camille (stattdessen bekommen wir 1a Racheactiongewitter).

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 14:15
von vodkamartini
Würde mich auch interessieren. Habe auch kein Problem, wenn man das emotional so annimmt bzw. es einen mitnimmt. Mir ist das nach außen Kehren des Innenlebens von Bond in Summe dann einfach zu viel des Guten, da ich finde, dass man damit die Essenz der Figur verrät, die immer etwas Geheimnisvolles, etwas Mysthisches, etwas Überlebensgroße hatte. Ein von seiner tragischen Verliebtheit sturmreif geschossener Bond ist letztlich nicht mehr meiner.

Ich sehe den Ansatz, die Absicht und natürlich ist das alles schon in CR angelegt (Vesper). So gesehen ist NTTD in seiner Ausrichtung ein logischer Abschluss, aber was mich stört, ist weniger die erwartbare Tatsache an sich, als vielmehr die Rosamunde-Pilcher-artige Umsetzung und das Problem lediglich behaupteter Gefühle. Ich spüre sie nicht, bzw. ich kann nicht mitfühlen. Bei CR klappte das noch und selbst die Wut-Tour in QOS kann ich noch mitgehen (der Film hat andere Schwächen) sowie auch noch das Hinterfragen der eigenen Identität in SF.

Die Probleme des Irrwegs beginnen erst so richtig mit SP, als man den Spagat zwischen dem klassischen, hedonistischen, filmikonischen Superspion und einem weidwunden Romeo versucht. Diesen schmalen Grad kann man - wenn überhaupt -, nur mit einem hervorragenden Skript und einer Partnerin von der Passgenauigkeit Eva Greens bewältigen. Und beides sehe ich in weder in SP noch in NTTD.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 14:17
von Casino Hille
Revoked, ich wäre da auch eher bei Vodka. Bei CR, QOS und SF erkenne ich noch in Ansätzen einen "emotionalen Trigger" und den daraus geschlagenen dramaturgischen Profit, aber fehlt der dann nicht letztlich in SP? Und fehlt er da nicht sogar viel mehr als in QOS? Konzeptionell gesprochen.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 14:59
von Revoked
Womöglich. Ich kann ja nur darüber sprechen was ich fühle. Und aus irgendeinem undefinierbaren Grund hat mich SP immer wieder emotional gepackt (ich denke in den Threads sieht man, dass er immer zu meinen Top Bonds gehörte TROTZ seiner ganzen Schwächen).
NTTD macht es billig - ja, das stimmt. Aber bei mir hat er zu 100% einen Nerv getroffen.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 15:21
von Agent 009
Wer erwartet denn auch Komplexität bei Bond? Oder tiefgründige Liebesgeschichten? Das hat für Bond absolut gereicht, was man emotional mit dem Craig Filmen beigesteuert hat.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 15:29
von vodkamartini
Nein, man hat eben genau das angestrebt, Komplexität und (tiefe) Emotionalität, woran man letztlich gescheitert ist. Nicht an den Darstellern, sondern am Skript und der Unfähigkeit diesen Ansatz mit den traditionellen Bond-Utensilien in Einklang zu bringen. Es ist letztlich halbherzig umgesetzt.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 15:37
von Revoked
vodkamartini hat geschrieben: 4. Oktober 2021 15:29 Nein, man hat eben genau das angestrebt, Komplexität und (tiefe) Emotionalität, woran man letztlich gescheitert ist. Nicht an den Darstellern, sondern am Skript und der Unfähigkeit diesen Ansatz mit den traditionellen Bond-Utensilien in Einklang zu bringen. Es ist letztlich halbherzig umgesetzt.
Eben genau das glaube ich nicht. Es ging nie um Komplexität und Tiefe, sondern um emotionale Bindung zwischen Bond und dem Zuschauer. Da bin ich aber erst letzte Woche drauf gekommen.
Die Craig-Bonds sind eigentlich keine Filme über Missionen von James Bond, Agent 007 (wie Bond 1-20), sondern Filme über den Menschen James Bond.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 16:28
von vodkamartini
Ich meinte Komplexität und emotionale Tiefe beim Menschen Bond. Was an meiner obigen Aussage nichts ändert.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 16:56
von Revoked
Hmmm, tja, ok. Wir kommen in diesem Punkt wohl einfach nicht zusammen.

Vielleicht habe ich mir mit meiner kleinen Theorie auch nur mein eigenes "Büllerbü" gebastelt, um mich vor der Realität zu schützen :).

Nennen wir es "Emotionalen Eskapismus".

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 18:17
von Martin007
Meine Review zu "No Time To Die" (inkl. allfälliger Spoiler, daher nur lesen wer den Film schon gesehen hat):
Spoiler
Lange musste man sich gedulden, nun ist er endlich da: Der neuste Bond-Film und zugleich Daniel Craigs letzter Auftritt in der Titelrolle nach insgesamt fünf Filmen, die in unregelmässigen Abständen seit 2006 veröffentlicht wurden. Daniel Craigs Einstandsfilm, «Casino Royale», sollte bis heute einer der beliebtesten Bondfilme bleiben und belegt bei vielen Fans einen Spitzenplatz auf ihren Bestenlisten. Auch die folgenden Filme waren zumeist Box-Office-Hits, selbst wenn längst nicht alle Fans über die seither eingeschlagene Richtung glücklich sein mögen. Der Versuch, Bond menschlicher und verletzlicher darzustellen, begeisterte viele Fans und Daniel Craig wusste diese Rolle gut auszufüllen, es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass nach mittlerweile fünf eher ernsten Filmen der lockere Ton früherer Produktionen, zumindest aus meiner Sicht, vermisst wird.

Lange war unklar, ob Daniel Craig nach «Spectre» noch für einen weiteren Auftritt als James Bond engagiert werden konnte, doch den Produzenten gelang es, ihn nochmals für einen weiteren Film zu überreden, um damit offene Handlungsstränge zu Ende zu bringen und ihm einen vernünftigen Abschied von der Reihe zu bescheren.
Trotz des langen zeitlichen Abstands seit dem letzten Film und einer relativ turbulenten Vor-Produktion, während welcher sogar der Regisseur und später der Komponist ausgetauscht wurde, musste man sich erfahrungsgemäss eher keine ernsthaften Sorgen machen, dass das präsentierte Ergebnis schwach ausfallen würde. In der Regel präsentierte sich die Bond-Reihe nach schwierigen Phasen keinesfalls geschwächt, vielmehr waren solche Umstände sogar oftmals ein Antrieb, erst recht ein hochwertiges Produkt abzuliefern.

Mit der Verpflichtung des amerikanischen Regisseurs Cary Fukunaga, der auch am Drehbuch mitarbeitete, kehrt man zu einem Regisseur zurück, der einen optisch weniger auffälligen Stil präsentiert, als das noch bei seinen Vorgängern Marc Forster («Ein Quantum Trost») und Sam Mendes («Skyfall», «Spectre») der Fall war. Damit erinnert der Film in seinen besseren Momenten auch ein wenig an die Inszenierung, welche Martin Campbell in «Casino Royale» etablierte, was eine angenehme Überraschung darstellt.

So beginnt der Film, nach einer kurzen Vorgeschichte aus der Vergangenheit, auch mit einer herausragend inszenierten «Pre-Title»-Sequenz, in der die Bilder aus dem italienischen Matera einen hervorragenden optischen Schauplatz abgeben. Dazu liefert der Film einen passenden Soundtrack von Hans Zimmer, der sich an dieser Stelle auch nicht davor scheut ein musikalisches Thema eines früheren Bondfilms zu zitieren.
Darüber hinaus weiss die in der «Pre-Title»-Sequenz gezeigte, rasante Autoverfolgungsjagd durch die italischen Dörfer zu beeindrucken. Selbst wenn man viele Teile davor schon in den Filmtrailern sehen konnte, wird man bestens unterhalten – sogar ein Bond-typisches Gadget darf der Bond-Fan in dieser Sequenz entdecken.

Einziger Wehrmutstropfen: Der Film schliesst inhaltlich mehr oder weniger direkt an seinen Vorgänger «Spectre» an, was viele Zuschauer bereits in dieser Sequenz verwirren dürfte und unangenehme Erinnerungen an «Ein Quantum Trost» hervorruft, der ebenfalls stark abhängig von seinem direkten Vorgängerfilm war. Der Unterhaltung tut dies an dieser Stelle aber noch keinen Abbruch.

Die anschliessende Titelsequenz ist wie gewohnt sehr schön und fantasievoll gestaltet, der aus meiner Sicht eher durchschnittliche Titelsong wird aufgrund der passend gewählten Bilder deutlich aufgewertet.

James Bond in Rente zu sehen, vermag dem Zuschauer etwas ungewohnt vorkommen, aber die Macher haben spätestens seit der Reihe um Daniel Craig nicht davor gescheut, neue Wege zu gehen und diese Idee wurde durchaus gelungen umgesetzt. So darf man auch einige schöne Bilder aus Jamaika bewundern, auch wenn diese, vermutlich aufgrund ihrer künstlich anmutenden Farbgebung, nie die Atmosphäre früherer Bondfilme ausstrahlen, die an diesem Schauplatz gehandelt haben. Aber sei’s drum, man freut sich dennoch, dass die Bondreihe wieder ihren Weg in die Karibik gefunden hat – eine richtig klassische Bond-Location.
Schön auch, den Charakter Felix Leiter wieder in einem Bondfilm zu sehen (überzeugend: Jeffrey Wright) und auch die Einführung der Agentin Nomi (Lashana Lynch), welche nun die Stelle von Bond übernommen hat, darf als gelungen angesehen werden.
Nur schade, dass die Szenen in der Karibik von relativ kurzer Dauer sind – die Szenen auf Jamaika und insbesondere auf Kuba strahlen richtiges Bondfeeling aus – an dieser Stelle wirkt der Film am lebhaftesten und auch die amüsanteren Momente des Films sind in diesen Sequenzen zu finden, ohne je in Klamauk zu verfallen.

Die Szenen in Kuba sollen dann auch die besten des ganzen Films darstellen. Da jene Szenen weitgehend nachts spielen, vermögen diese optisch zwar nicht an jene aus der Italien-Sequenz anschliessen, aber der Spass-Faktor wird hier dennoch ganz gross geschrieben. Ana de Armas macht in der Rolle als Paloma sehr viel Spass und erweist sich als überzeugender Teampartner für James Bond. Die dabei gezeigte Action zeigt zwar keine ganz grossen «Wow»-Momente, macht aber sehr viel Spass, ist lebendig inszeniert und glänzt durch amüsante Einfälle in bester «Bond»-Tradition. Dazu liefert Hans Zimmer musikalisch einen der besten Tracks des gesamten Films.
Die Bondreihe, so scheint es, scheint zur Hochform aufzulaufen, denn lange hat man sich nicht mehr so gut unterhalten gefühlt.

Doch leider scheint dies nur eine Momentaufnahme gewesen zu sein, denn nach einigen dramatischen Wendungen zeigt sich der Film spätestens mit der Rückkehr nach London plötzlich von einer anderen, weitaus ernsteren Seite, und je länger der Film dauert, fühlt man sich daran erinnert, dass man hier wohl einer Art «Spectre Teil 2» beiwohnt. Dies ist natürlich insbesondere inhaltlich auszumachen, aber auch inszenatorisch: Mit ausgedehnten, in die Länge gezogenen Szenen, begleitet von dramatischer, teils unheimlicher Musik, zeigen sich durchaus Parallelen zum Vorgänger auf.
Dies ist insbesondere bedauerlich, weil der Film dadurch stark abhängig von seinem Vorgänger bleibt und an Eigenständigkeit einbüsst. Der spätestens seit «Spectre» eingeführte Versuch, alle Craig-Bondfilme inhaltlich zu verbinden, wirkt ausserdem wie ein Versuch, von anderen aktuellen Filmreihen (insbesondere Marvel) abzukupfern und dem Craig-Bond ein eigenes «Universum» zu geben. Dabei kommt nie der Eindruck auf, dass dies von Anfang an so geplant war, stattdessen wirken die Versuche, bis auf wenige gelungene Anspielungen, weitgehend aufgesetzt. Somit bleiben «Casino Royale» und «Skyfall» im Grunde die einzigen Bondfilme aus der Craig-Ära, die auch als Einzelfilme gut funktionieren, was höchst bedauerlich ist. Frühere Bondfilme wiesen auch übergreifende Elemente auf und dennoch schaffte man es weitgehend, jene Filme auch als eigenständige Werke zu präsentieren.

Ein weiteres Problem ist die überlang präsentierte Liebesgeschichte von James Bond und Madeleine Swann (Léa Seydoux), die aufgrund der fehlenden Chemie zwischen den beiden Darstellern nicht richtig zu überzeugen vermag. Wenn man dies mit den erfrischenden, überaus lebhaften Szenen zwischen Bond und Vesper (Eva Green) aus «Casino Royale» vergleicht, bleibt der Zuschauer hier weitgehend ratlos zurück. Daniel Craig und Léa Seydoux geben zwar ihr bestes, aber der Funke will jedoch, wie bereits in «Spectre», nicht richtig überspringen.
Dies kann teilweise auch dem Drehbuch geschuldet sein, welches dem Film insbesondere in der zweiten Hälfte einige unnötige Längen beschert. Auch die Geschichte um die DNA-Waffe und den Nano-Bots erweist sich als unnötig konfus und lässt weder richtiges Agenten-Feeling, noch eine richtige Spannung zu. Wer wen aus welchen Gründen infiziert und wer mit wem zusammenarbeitet, wird zunehmend undurchsichtiger, und damit leider auch uninteressanter. Mehrfachsichtungen können helfen, um offene Fragen zu klären, doch ein Bondfilm sollte auch bei der Erstsichtung nicht derart viele Fragen aufwerfen.

Während Christoph Waltz als Blofeld einen soliden, aber ziemlich kurzen Auftritt hinlegt, soll von Rami Malek mit Safin der neuste Gegenspieler von Bond aufgebaut werden, doch leider lässt ihn das Drehbuch weitgehend im Stich, sodass seine Motive zu undurchsichtig bleiben und Safin so trotz sichtlich bemühtem Malek nie richtig im Film ankommt.

Immerhin, die im Film präsentierte Action ist gut inszeniert, hat Tempo und Druck ohne in übertriebene Schnittfrequenzen oder andere Kamera-Spielereien zu verfallen. Auch eine Sequenz in Norwegen gefällt dabei durchaus und bietet in einem nebligen Waldstück auch eine gute Portion Atmosphäre.
Etwas bedauerlich ist jedoch, dass der Film keine richtigen, Bond-typischen Action-Höhepunkte mit «Wow»-Faktor liefert, an welche man sich noch lange über den Film hinaus erinnert, wie es zum Beispiel «Casino Royale» mit der Parkour-Verfolgung und den Kämpfen auf den Kränen schaffte.
Auch was die eigentlich für Bond-Filme bekannten Gadgets anbelangt ist man wiederum sehr zurückhaltend, obwohl die heutige Technologie sicherlich einiges hergeben würde, was man im Film verwenden könnte. Lediglich ein Flugzeug, das zugleich als U-Boot taugt, vermag kurze Akzente zu setzen, auch wenn jenes teilweise offensichtlich auf dem Computer entstanden zu sein scheint, sobald es sich in der Luft befindet.
Immerhin: Ben Whishaw legt wieder einen sympathischen Auftritt als Q hin, und auch die Leistungen von Naomie Harris als Moneypenny und insbesondere Ralph Fiennes als M überzeugen. Letzterer darf auch eine sehr gut geschriebene, mitunter amüsante Unterhaltung mit James Bond bestreiten.

Erfreulich ist der Schauplatz des Showdowns; Produktionsdesigner Mark Tildesley hat sichtlich versucht, dem Bösewicht eine optisch interessante Basis in bester Bond-Tradition zu verschaffen - sehr schön! Im Gegensatz zum Vorgängerfilm hat man es auch geschafft, in dieser Basis einige brauchbare Actionszenen zu inszenieren. An die besseren Showdowns aus früheren Bondfilmen vermag man jedoch leider aufgrund fehlenden Highlight-Szenen und einem schwachen Endkampf nicht anzuknüpfen.

Als besonders ärgerlich erweist sich der Abschluss der Geschichte. Aufgrund der bereits angesprochenen Probleme im Drehbuch schafft es der Film nicht, eine überzeugende Emotionalität aufzubauen und wirkt dadurch an den entsprechenden Stellen aufgesetzt. Darüber hinaus wirken die getätigten Entscheidungen, die Geschichte des Craig-Bonds so abzuschliessen, sehr forciert. Ob James Bonds Erfinder Ian Fleming, an dessen Vision sich die Produzenten angeblich immer wieder so gerne orientieren, mit dieser Entscheidung glücklich gewesen wäre, bleibt offen, aber für diesen Film -und rückwirkend auch den vorhergehenden Filmen- hat man sich aus meiner Sicht damit keinen Gefallen getan.

Das 25. Bondabenteuer schliesst das Kapitel Daniel Craig somit in einem optisch sehr gut inszenierten, zumindest in der ersten Filmhälfte durchaus unterhaltsamen Abenteuer ab und erfreut darüber hinaus mit einer gelungenen musikalischen Untermalung von Hans Zimmer. Doch einige unübersehbare Längen insbesondere in der zweiten Hälfte, eine mitunter konfus dargereichte und zunehmend uninteressante Geschichte, aufgesetzte Dramatik und insbesondere ein schwaches Ende schmälern den Gesamteindruck beträchtlich, sodass man am Ende einen zwar brauchbaren Actionthriller vorliegen hat, der aber als Bond-Abenteuer leider kaum noch zu erkennen ist.
Bleibt zu hoffen, dass James Bond mit dem nächsten Abenteuer wieder zu alter Stärke zurückfindet, denn wie heisst es so schön: "James Bond will return".

(knappe) 6/10

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 18:28
von craigistheman
Nach meiner Zweitsichtung kann ich dieses Mal mit großer Sicherheit sagen, dass mir No Time To Die trotz offensichtlicher Schwächen in Script und Umsetzung gefällt. Er ist meines Erachtens extrem packend und rasant inszeniert, und fühlt sich meiner Ansicht nach sehr viel „frischer“ an als die fast schon musealen Mendes-Bonds. Das macht für mich jedenfalls einen erheblichen Teil der Macken wieder wett.
Ich werde in den nächsten Tagen dann eine ausgiebige Rezension zu dem Film verfassen. :D

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 18:59
von Whisper
Gernot hat geschrieben: 30. September 2021 10:29

ich weiß nicht, ob man sich damit einen gefallen getan hat für die Zukunft der Bondfilme.
Es gibt ja jetzt nichts mehr zu erzählen.. man hat schon alles gesehen, wir wissen, wie's endet. Wer hat dann noch Interesse an neuen Bond-Abenteuern?

Das alles kann in Zukunft ja nur funktionieren, wenn man die Craig-Filme als eigenes, abgeschlossenes und herausgelöstes Kapitel in der Bond-Geschichte sieht. Ich hoffe, dass man das auch irgendwie dann hinbekommt wieder. Wobei überhaupt die Frage ist, wie EON das weiterführen wird.
Nachdem die für sich stehende Craig-Ära nun endgültig abgeschlossen ist, könnte man ja endlich wieder mit Pierce Brosnan an DAD anschließen.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 19:02
von danielcc
craigistheman hat geschrieben: 4. Oktober 2021 18:28 Nach meiner Zweitsichtung kann ich dieses Mal mit großer Sicherheit sagen, dass mir No Time To Die trotz offensichtlicher Schwächen in Script und Umsetzung gefällt. Er ist meines Erachtens extrem packend und rasant inszeniert, und fühlt sich meiner Ansicht nach sehr viel „frischer“ an als die fast schon musealen Mendes-Bonds. Das macht für mich jedenfalls einen erheblichen Teil der Macken wieder wett.
Ich werde in den nächsten Tagen dann eine ausgiebige Rezension zu dem Film verfassen. :D
Was sind denn die offensichtlichen Script Schwächen

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 4. Oktober 2021 19:17
von HCN007
iHaveCNit: James Bond 007: Keine Zeit Zu Sterben (2021) – Cary Joji Fukunaga – Universal/MGM
Deutscher Kinostart: 30.09.2021
gesehen am 30.09.2021 in Dolby Atmos
Astor Filmlounge MyZeil Frankfurt – Mitternachtspreview 00:07 – Saal Astor 1 – Reihe D, Sitz 7
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – 19:25 – Kinosaal 9 – Reihe 9, Sitz 16.
gesehen am 03.10.2021
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – 14:30 – Kinosaal 8 – Reihe 13, Sitz 18.


Wenn eine Filmreihe für mich den größten Einfluss auf meine Filmleidenschaft hat, dann sind es die Filme um „James Bond“. Mein erster Berührungspunkt mit „James Bond“ im Kino war nach langer Zeit ausschließlicher Sichtung der vorherigen Filme auf VHS-Kassetten dann auch der erste Film mit dem damals neuen Bonddarsteller Daniel Craig, der sich mit „Casino Royale“ in mein Herz gespielt hat. Damals konnte ich nicht ahnen, welchen Einfluss Daniel Craigs Bond bei mir haben wird und auch in welche Richtung sich dessen Filme entwickeln werden, denn der sich mit der Zeit entwickelte Handlungsbogen, der sich über mehrere Filme erstreckt ist so gesehen ein Novum für die Reihe gewesen, die bis auf Selbstreferenzen eher auf für sich allein stehende Agentenabenteuer fokussiert war. Die Ausrichtung mit Daniel Craig ist dann auch Fluch und Segen zugleich, denn durch einen Streik der Drehbuchautoren, neuen rechtlichen Möglichkeiten, geleakten Drehbuchfassungen und auch kreativen Differenzen zwischen den Beteiligten ergibt sich doch beim großen Ganzen am Ende keine klare, konsistente Linie, da aus kreativer Sicht zu viele Personen hinter den Kulissen einen Einfluss auf das endgültige Ergebnis genommen haben. „No Time To Die“ bzw. „Keine Zeit Zu Sterben“ ist davon durchaus auch betroffen. Doch bevor Daniel Craigs Abschiedsvorstellung bzw. die Abschlusstournee starten konnte, kam ergänzend noch eine weltweite Pandemie mit erheblichem Einfluss auf die Filmindustrie und den Kinomarkt dazwischen , die das Warten auf die Abschiedstournee von Daniel Craig noch weiter nach hinten verschoben hat, als es dass durch kreative Differenzen bedingt durch den Regisseurwechsel von Danny Boyle zu Cary Joji Fukunaga und sehr vielen Drehbuchanpassungen bereits der Fall war. Als Bondfan ist man jedoch sehr leidensfähig und geduldig – zumindest kann ich das für mich sagen, auch wenn mich sowohl die inneren als auch äußeren Einflüsse der ständigen Verschiebungen genervt haben. Umso mehr konnte ich es kaum erwarten, als der Film letztendlich seine Premiere und Daniel Craig seine Abschiedstournee durch die Kinos dieser Welt feiern darf. Nach der Sichtung des Films gibt es von mir ein paar Worte zu verlieren: „Mutig“ , „Konsequent“ und „Polarisierend“. Ich danke Daniel Craig somit, dass ich seine Reise als James Bond miterleben, genießen und seine letzte Reise mitgehen konnte.

Bond hat mit seinem Leben als Agent abgeschlossen und lebt zurückgezogen in Jamaika, bis ihn sein alter Freund von der CIA, Felix Leiter um einen Gefallen bittet. Ein Wissenschaftler und die von ihm entwickelte Technik ist entführt und entwendet worden. Bond willigt ein – ohne zu ahnen, wie tief er damit seine eigene Vergangenheit bewältigen muss und mit welcher Bedrohung er es zu tun hat.

Ich habe an dieser Stelle das Schreiben der Kritik für einige Tage unterbrochen, da ich sowohl zeitlich stark verplant war, als auch einige Nächte über den Film schlafen konnte. Alles nur damit ich auch hier die richtigen Worte finden kann. Ich habe mitbekommen, dass der Film die Fangemeinde spaltet wie scheinbar kein Bondfilm zuvor – da ist es natürlich immer die Frage mit welcher Erwartungshaltung der Film gesehen wird und wie jeder Bondfan für sich selbst seine eigenen Kriterien festlegt, was er in einem Bondfilm sehen möchte. Für mich, der sowohl mit der Bonddarstellung von Sean Connery als auch Timothy Dalton sehr viel anfangen kann, war dann mit Daniel Craig ein weiterer großartiger Bonddarsteller geboren, den ich als meinen ersten Bonddarsteller auch im Kino begleitet habe. Die Härte, aber auch das Gefühl hinter seiner Bonddarstellung findet auch in „No Time To Die“ wieder statt und wir werden hier durchaus mit die emotionalste Darstellung eines Daniel Craigs sehen. „No Time To Die“ ist wie ein klassischer Bondfilm nach der klassischen Formel strukturiert, der in seiner Struktur und des Handlungsverlaufs einige Wendungen innerhalb der erzählten Geschichte bietet. Diese Wendungen sind zum einen überraschend und unerwartet, führen aber innerhalb der Craig-Ära zu einem konsequenten, mutigen und absolut nachvollziehbaren Ende. Einer der Kerne der Handlung des Films ist die Beziehung von James Bond und der bereits in „Spectre“ etablierten Madeleine Swann und in gewisser Art und Weise steht und fällt der Film mit ebendieser Beziehung. Da ist die Frage, ob man hier nur „No Time To Die“ bei einer Wertung berücksichtigen oder auch die bereits vorangestellten Entwicklungen in „Spectre“ berücksichtigen muss. In „Spectre“ war die Entwicklung der Liebesgeschichte der beiden sehr holprig und wirkte damit eher behauptet als glaubwürdig herausgearbeitet und gespielt. Aus diesem Gesichtspunkt und diesem Aufbau würde „No Time To Die“ eher abgewertet als aufgewertet werden, denn völlig losgelöst von „Spectre“ funktioniert die Beziehung zwischen Daniel Craigs James Bond und Leá Seydouxs Madeleine Swann in „No Time To Die“ wesentlich besser und runder, so dass mich diese Liebesgeschichte hier emotional bekommt und ich diese Säule des Films absolut fühle. Mit 163 Minuten ist der Film der längste Film der Bondreihe und ein richtiger Brocken. Er hat auch mit einer ca. 20 Minuten langen zweigeteilten und sehr abwechslungsreichen Vorspannsequenz die längste Sequenz der Reihe – Der Einstieg in den Film gibt auch ein wenig den zensiert vor. Danach geht es in die sogenannten Main-Titles, bei denen die wichtigsten Namen von Cast und Crew, der Titelsong und Silhoutten weitere Elemente des Films und Referenzen zu bieten haben. Auch wenn ich eher weniger mit Billie Eilishs Musik zu tun habe, gefällt mir ihr Song sehr gut, weil er mit seinem Text, seiner Melodie und seinem Rhythmus genau sehr gut die Gefühlslage des Films einfängt. Die „Main-Titles“ sind sehr interessant und haben auch tolle Übergänge bei Start und Ende zu bieten. Wo wir bei der Musik des Films sind. Als großer Hans-Zimmer-Fan war es für mich immer ein Traum, mal einen Bondscore von ihm zu bekommen und mit „No Time To Die“ war es dann soweit. Neben schönen Referenzen an vorige Bondscore und sogar stellenweise eingeflochtene Melodien von bekannten Zimmer-Scores ist natürlich die Einbettung von Melodien von Eilishs Song als auch durchaus an der ein oder anderen Stelle eine eigene Identität des Zimmerscores für speziell „No Time To Die“ zu spüren. Zimmers Score hat damit für mich einen ganz speziellen Platz im Herzen bekommen. Die Action des Films ist auch einigermaßen abwechslungsreich. Mir hat an dieser Stelle jede Actionsequenz gefallen – von Matera über Kuba bis hin zu Norwegen und die große Action im Showdown. Trotz einer eher wackligen Kamera hat es sich Regisseur Cary Joji Fukunaga auch nicht nehmen lassen eine kleine Plansequenz einzubauen, die ja im Hinblick auf seine vorigen Werke wie zum Beispiel die Serien „True Detective“ und „Maniac“ zu einem kleinen Steckenpferd geworden sind. Kommen wir zu den Antagonisten des Films. Nach „Spectre“ war klar, dass es zu einer Wiederkehr von Christoph Waltz und damit Ernst Stavro Blofeld kommen wird. Hier spult er im Endeffekt sein Standardprogramm ab, dass aber in einer sehr spannenden und gut gespielten Szene super in den Film passt. Als weiteren Antagonisten haben wir den Oscarpreisträger Rami Malek, dessen Plan und dessen stellenweise eher blasse, fast gleichgültige, gefühlsleere Performance durchaus nach mehreren Sichtungen und einer empathischen Reflektion seines Charakters Sinn ergibt und auch die Bedrohung, die durch seinen Plan ausgeht als auch in einigen Sequenzen ist für mich spürbar und plausibel. Der Plan des Gegners, der in gewisser Art und Weise die moderne Fassung eines Plans eines Gegners eines vorigen Bondfilms ist, der musikalisch in den Film eingebettet ist, ist in seiner Endgültigkeit und Konsequenz schon extrem und bedrohlich. Beim Personal des MI6, das auch in diesem Film wieder von Ralph Fiennes (M), Rory Kinnear (Tanner), Naomie Harris (Eve Monepyenny) und Ben Wishaw (Q) gespielt wird, gefällt mir vor allem Ralph Fiennes und auch eine Kleinigkeit bei Ben Wishaws Q ist sehr cool und amüsant. Zum Personal gesellt sich dieses Mal auch die von Lashana Lynch gespielte Agentin „Nomi“, die durchaus ein paar unterhaltsame Szenen bekommt, aber auch für Diskussionen gesorgt hat. Bis auf wenige Nuancen ist bei ihr sowohl die afrobritische Herkunft als auch ihr Geschlecht gar kein Thema. Da stelle ich mir die Frage, ob das nicht ein zweischneidiges Schwert ist, wenn es zum einen um feministisches Empowerment als auch Diversität geht – weil dieses fast geschlechts- und identitätslose Inszenieren ihrer Figur durchaus auch den gegenteiligen negativen Effekt haben kann. Als Fan von Casino Royale hat es mich gefreut, auch Jeffrey Wrights Felix Leiter wiederzusehen. Bei den weiteren Charakteren haben wir sowohl Dali Benssalah´s Killer „Cyclops“, Billy Magnussens „Logan Ash“ als auch David Denciks „Valdo Obruchev“, deren wenn auch oberflächliche Doppelbödigkeit ein wenig das Spannungselement erweitert. Als letzte Frau, die hier nicht unerwähnt bleiben sollte, gibt es Ana De Armas „Paloma“, deren Rolle trotz Oberflächlichkeit sehr viel Spaß macht und auch in Sachen Action einiges zu bieten hat. Nun möchte ich aber auch langsam zum Ende kommen. Das Ende ist mutig, konsequent und wird polarisieren. Ich habe den Film bis jetzt dreimal gesehen und auch wenn ich das Ende bereits kenne und ich weiß was mich erwartet, nimmt mich das Ende immer wieder emotional mit. Allgemein hat mich der Film auf eine wirklich emotionale Reise mitgenommen. Darüber hinaus fand ich die offensichtlichen Referenzen an einen meiner Lieblings-Bondromane von Ian Fleming großartig. Genau wie das Buch hat mich der Film mit seinem Ende schockiert und emotional ausgelaugt. Auf eine sehr positive Art und Weise. Auf diesem Wege möchte ich Daniel Craig für 15 großartige Jahre als James Bond danken. Auch wenn der Film durchaus Schwächen und Angriffspunkte bietet, hat er mir gut gefallen und als Fan muss ich sagen, dass der Film durch diverse Elemente, die ich an dieser Stelle nicht spoilern möchte, nicht nur im Bereich der James-Bond-Filme, sondern auch von Filmen allgemein Geschichte geschrieben hat und daher ein „Must-See“-Erlebnis ist – vor allem im Kollektiv auf der ganz großen Leinwand. Und als Bond-Fan und Fan von Daniel Craigs Performance als James Bond werde ich diesem Film nicht nur diese 3 bisherigen Sichtungen widmen. Daher ist meine Wertung durchaus von subjektivem und persönlichem Empfinden geprägt, so dass ich vielleicht auch den ein oder anderen Bonuspunkt in der Wertung gelassen habe.

„James Bond 007: Keine Zeit Zu Sterben“ - My Third Look – 9/10 Punkte.