Re: Die Filme des Christopher Nolan
Verfasst: 15. Juni 2021 14:37
Ah, ja stimmt, da war schon mal was.
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Bei Regisseuren eher nicht. Meinen diesbezüglichen Götzen bin ich treu geblieben: Verhoeven, Milius, Hitchcock, Wilder, Allen, Polanski. Wobei Polanski tendenziell etwas gewonnen hat, aber klasse fand ich ihn als Filmemacher schon immer. Jemand, der wirklich einen etwas größeren Sprung in meiner Wertschätzung gemacht hat ist Billy Friedkin, der sich bei mir mittlerweile gleich in der Kategorie nach meinen Götzen einordnet. Früher (90er) fand ich ihn als Regisseur ganz ok (wie auch seine Filme), heute erfreue ich mich an der Brillanz seines Kernwerkes. Selbst bei Filmen fällt mir spontan kein so gravierender Sprung ein. Gut, mit 2001 kann ich mittlerweile was anfangen, das ist dann tatsächlich schon ein erheblicher Sprung. Aber ansonsten gibt es das eher selten bei mir, dass mir ein Film irgendwann gar nicht mehr gefällt oder aber umgekehrt irgendwann der geschmackliche Groschen komplett fällt. Wobei ich Erst-/Zweitsichtungen hiervon ausnehmen würde, da tut sich dann durchaus schon öfter mal was.Casino Hille hat geschrieben: 15. Juni 2021 13:44 Hattet ihr Filme oder ganze Regisseure, bei denen sich über die Jahre eure Ansichten stark gewandelt haben?
Ganz unten - so hart es klingt. Zumindest streitet er sich mit Dunkirk um die rote Nolansche Laterne, wobei aus der Erinnerung heraus ich den dann doch noch etwas unterhaltsamer fand.Casino Hille hat geschrieben: 15. Juni 2021 13:44Und Anatol: Wie reiht sich Tenet bei dir in Nolans Gesamtwerk ein?
Um das mal näher auszuführen, hier beispielhaft ein paar meiner jüngeren Gedanken zu "The Dark Knight":Casino Hille hat geschrieben: 15. Juni 2021 13:44 Nolan ist für mich ein spannender Fall, weil ich über die Jahre eine klare Entwicklung an mir feststellen kann, die sich sehr darauf auswirkt, wie ich seine Filme wahrnehme. Die große Begeisterung, die da vor langer Zeit mal war, ist längst abgeklungen, wie ich die letzten Wochen bei einer Sichtung all seiner Filme in chronologischer Reihenfolge festgestellt habe, auch seine allgemein als richtig großen Werke wahrgenommenen Sachen gefallen mir kaum noch oder nur mit starken Einschränkungen
Im Großen und Ganzen kann ich dir folgen, denke ich, es sind interessante Gedanken die du da schilderst. Da es bei mir ein bisschen her ist, seit ich die Filme das letzte Mal gesehen habe kann ich leider nicht auf alle Punkte eingehen bzw. sie auch nur hinterfragen, weil mir der Gesamtzusammenhang dann doch ein bisschen fehlt.Casino Hille hat geschrieben: 23. Juni 2021 14:42 Kann mir irgendjemand folgen? Habe ich mich völlig vergaloppiert? Verstehe ich etwas ganz entschieden falsch?
Das war für mich immer mein großes Probelm mit dem Ende von TDK, weshalb ich ihm auch lange die volle Punktzahl verwehrt habe. Die Moral "Manchmal verdienen die Menschen mehr als die Wahrheit", und der damit zusammenhängende Fakt, dass es als positiv dargestellt wird, wenn eine Gruppe von Idealisten entscheidet wie viel Wahrheit der Rest der Stadt ertragen kann, halte ich nicht nur für fragwürdig, sondern schlichtweg für falsch. Der Grund warum ich TDK inzwischen trotzdem die volle Punktzahl gebe liegt darin begründet, dass ich die Trillogie als zusammengehörig betrachte und TDKR anders interpretiere als du. Für mich schildert der Film die Folgen der Lüge, die Groden und Batman am Ende von TDK in die Welt setzen. Der Film zeigt, wie eben diese Lüge von Bane benutzt wird um das Vertrauen in die Idealisten, die tatsächlich das Beste für die Stadt wollen zu zerstören. Nolan zeigt in TDKR dass eine solche Lüge nur so lange von Wert ist, wie sie aufrecht erhalten werden kann und gleichzeitig einen viel größeren Schaden anrichtet, als es die Wahrheit von Beginn an je gekonnt hätte. Er hätte das etwas klarer herausarbeiten können, aber für mich ist TDKR ein Plädoyer für die Wahrheit und eines für das Vertrauen auf die Fähigkeit der Menschen mit der Wahrheit umzugehen. Vielleicht hätten mehr Szenen mit "Normalos" gut getan um das klarer zu zeigen, aber ehrlich gesagt ist der Film mit 160 Minuten lang genug und noch eine zusätzliche Normalo-Figur würde den Rahmen endgültig sprengen.Casino Hille hat geschrieben: 23. Juni 2021 14:42 Stattdessen möchte Nolan, dass wir all unser Vertrauen und unsere Hoffnung in gezüchtigte, vernunftbegabte Superreiche stecken, die für uns entscheiden, wann ein Status Quo bestehen bleiben und wann er überworfen werden darf. Na, wenn das nicht ganz tolle Gesellschaftskritik ist … oder so.
Mag sein, aber auch "The Dark Knight Rises" hinterfragt Batman und Gordon nicht als die Instanz des Guten. Ja, ihre Lüge aus dem Vorgänger fliegt auf, aber das verstärkt nur jenes Opfer, welches sie gebracht haben, es schraubt ihre Fallhöhe nach oben, letztlich siegen sie aber, ohne sich ändern zu müssen. "The Dark Knight Rises" versucht zu beschreiben, dass Batman und die Polizei erst dafür gesorgt haben, dass sich Gotham (und Menschen wie Bane, Joker etc.) radikalisiert haben, dass sie faschistische Machtstrukturen erzeugt haben, in denen der Gegenseite keine andere Möglichkeit blieb, als doppelt so stark zurückzuschlagen. Alfred und Gordon sprechen in der Trilogie diesen Gedanken mehrfach offen aus. Ohne Batman kein Joker, ohne Batman kein Bane. Deshalb ist es im Film ein großes Thema, dass Bruce Wayne über seine Identität als Batman hinauswachsen muss, und in der Trilogie heißt es immer wieder, es müsse der Tag kommen, an dem Gotham einen Batman nicht mehr braucht und an dem auch Bruce Wayne einen Batman nicht mehr braucht. Passiert aber nie.dernamenlose hat geschrieben: 23. Juni 2021 15:34Das war für mich immer mein großes Probelm mit dem Ende von TDK, weshalb ich ihm auch lange die volle Punktzahl verwehrt habe. Die Moral "Manchmal verdienen die Menschen mehr als die Wahrheit", und der damit zusammenhängende Fakt, dass es als positiv dargestellt wird, wenn eine Gruppe von Idealisten entscheidet wie viel Wahrheit der Rest der Stadt ertragen kann, halte ich nicht nur für fragwürdig, sondern schlichtweg für falsch. Der Grund warum ich TDK inzwischen trotzdem die volle Punktzahl gebe liegt darin begründet, dass ich die Trillogie als zusammengehörig betrachte und TDKR anders interpretiere als du. Für mich schildert der Film die Folgen der Lüge, die Groden und Batman am Ende von TDK in die Welt setzen. Der Film zeigt, wie eben diese Lüge von Bane benutzt wird um das Vertrauen in die Idealisten, die tatsächlich das Beste für die Stadt wollen zu zerstören. Nolan zeigt in TDKR dass eine solche Lüge nur so lange von Wert ist, wie sie aufrecht erhalten werden kann und gleichzeitig einen viel größeren Schaden anrichtet, als es die Wahrheit von Beginn an je gekonnt hätte. Er hätte das etwas klarer herausarbeiten können, aber für mich ist TDKR ein Plädoyer für die Wahrheit und eines für das Vertrauen auf die Fähigkeit der Menschen mit der Wahrheit umzugehen.Casino Hille hat geschrieben: 23. Juni 2021 14:42 Stattdessen möchte Nolan, dass wir all unser Vertrauen und unsere Hoffnung in gezüchtigte, vernunftbegabte Superreiche stecken, die für uns entscheiden, wann ein Status Quo bestehen bleiben und wann er überworfen werden darf. Na, wenn das nicht ganz tolle Gesellschaftskritik ist … oder so.
Also am Ende von TDKR scheint es schon so, als ob dieser Tag gekommen ist.Casino Hille hat geschrieben: 23. Juni 2021 16:40in der Trilogie heißt es immer wieder, es müsse der Tag kommen, an dem Gotham einen Batman nicht mehr braucht und an dem auch Bruce Wayne einen Batman nicht mehr braucht. Passiert aber nie.
Warum sollten sie sich auch ändern müssen? Darum geht es ja nie. Sie hatten ja tatsächlich durchweg gute Absichten. Allerdings waren ihre Methoden oftmals die falschen. Sie haben sich selbst in eine essentielle Position gehoben, obwohl das ja genau das Gegenteil dessen ist, was Batman sein soll. Und am Ende begeben sie sich heraus aus dieser Position, insbesondere Batman. Er lässt sein Kostüm zurück und auch das Weitergeben des Verstecks an Robin, das ohnehin mehr ein Geschenk an die Fans als inhaltlich integral ist, ist kaum ein weitergeben des Staffelstabs. Robin wird ohne Alfred und ohne Fox niemals genauso auftreten können wie Batman und soll es sicherlich auch gar nicht. Batman soll schließlich ein Symbol für jedermann sein , das wird auch am Ende nochmals ganz deutlich gesagt und gezeigt. Einen klaren Nachfolger zu etablieren würde das ad Absurdum führen. Am Ende ist tatsächlich der Tag gekommen an dem Gotham den einen Batman nicht mehr braucht und Bruce Wayne auch ganz offensichtlich nicht Batman. Es findet nur eben nach dem Finale statt und nicht im Finale selbst.Casino Hille hat geschrieben: 23. Juni 2021 16:40 Mag sein, aber auch "The Dark Knight Rises" hinterfragt Batman und Gordon nicht als die Instanz des Guten. Ja, ihre Lüge aus dem Vorgänger fliegt auf, aber das verstärkt nur jenes Opfer, welches sie gebracht haben, es schraubt ihre Fallhöhe nach oben, letztlich siegen sie aber, ohne sich ändern zu müssen.
Hab ihn bereits 4mal gesehen. Finde ihn gut, aber nicht perfekt (aber handwerklich ist der Film - typisch für Nolan - grandios).Revoked hat geschrieben: 13. Januar 2022 21:22 Hat irgendwer hier Tenet komplett durchschaut?
Bei mir dreht sich immer noch der Kopf.
Hab es leider noch nie geschafft den Film an einem Stück zu schauen (2h ungestört scheint nicht möglich ). So geht immer ein bisschen der Rhythmus / Flow verloren. Und die Story ist so komplex und schnell, dass ich immer wieder den Faden verliere.
Ich bin ja gespannt, ob er das bei "Oppenheimer" auch so macht.Patrice hat geschrieben: 13. Januar 2022 21:36 Nolan scheint von Film zu Film sein Lieblingsthema „Zeit“ weiter zu spannen, bis es irgendwann keiner mehr begreift.