So, das ist wahrscheinlich die längste Kritik, die ich je geschrieben habe, aber zu Ehren des Mayrathons...
. So, bitte schön:
Der Schatz im Silbersee(1962)
Karl May, einer der bekanntesten deutschen Autoren, begeisterte schon im späten 19. Jahrhundert mit seinen Reiseerzählungen über Winnetou, den Häuptling der Apachen und dessen Blutsbruder Old Shatterhand. Auch in den 1960er Jahren waren diese Romane noch beliebt und der deutsche Filmproduzent Horst Wendlandt beschloss, sich an die Verfilmung dieser Romane, die eigentlich als unverfilmbar galten, zu machen. Das erste Projekt war das meistverkaufte Buch Mays, „Der Schatz im Silbersee“. Die erste Begegnung zwischen Winnetou und Old Shatterhand wird zwar im Roman „Winnetou I“ dargestellt, aber ehe man den erfolglosen Anfang einer Trilogie produzierte, wollte man die beiden Helden erst gemeinsam vorstellen. Ob ein guter Film dabei herausgekommen ist?
Die Besetzung der Rollen war auf jeden Fall ein Erfolg. Der Amerikaner Lex Barker spielt den deutschen Westmann Old Shatterhand, der hier im Vergleich zur Romanfigur nochmal entscheidend modernisiert wurde, brillant und kann vollends überzeugen. Noch mehr wahrscheinlich der Franzose Pierre Brice, dessen Darstellung des Häuptlings der Apachen beinahe das Ebenbild der Romanfigur ist. Und das Zusammenspiel der beiden ist nochmals klasse. Aber auch sonst sind die Rollen stark besetzt, so überzeugt auch Herbert Lom als abgrundtief böser und gewissenloser Colonel Brinkley, den er einfach fantastisch darstellt. Götz George als der junge, energische Fred Engel oder Karin Dor als Ellen Patterson wissen ebenfalls zu überzeugen. Für den Humor sorgen dann noch Eddie Arent als Lord Castlepool, Mirko Boman als Gunstick Uncle und Ralf Wolter als Sam Hawkens, wenn ich mich nicht irre. Diese klasse Besetzung allein wertet den Film schon auf.
Nun darf man nicht die Drehorte vergessen, denn Jugoslawien bietet herrliche Landschaften und Einblicke, die eine fantastische Stimmung erzeugen, da stört man sich auch nicht daran, dass es für den Wilden Westen vielleicht sogar etwas zu grün ist. Auch die Musik von Martin Böttcher trägt dazu bei, diese Stimmung zu erzeugen, so ist das legendäre Old Shatterhand-Thema immer noch eine Klasse für sich und hat eine große Bedeutung für den Film, obwohl es natürlich nicht nur dieses Thema ist, auch das Thema der Tramps zieht einen in den Bann.
Der Film selber hat mit dem Roman Karl Mays gar nicht so viel zu tun. Einige Figuren wurden komplett gestrichen oder durch andere ersetzt und die Story, die im Roman doch nochmal komplexer ist als hier, wurde sehr reduziert. Es wurden mehrere Szenen des Romans übernommen und in die Story des Films eingebaut, wirklich an die Vorlage hält sich der Film allerdings nicht. Das schadet ihm aber nicht, es gibt sogar einige Wendungen im Film, die ich als besser erachte als das, was May in seinem Roman beschrieben hat.
Der Film handelt die Einführung der beiden Blutsbrüder in den ersten Minuten relativ schnell ab, was aber nicht zuletzt durch die tolle Musik von Böttcher sehr gut funktioniert.
Direkt nach dem Vorspann geht es auch schon mit einem Überfall auf eine Postkutsche los, der schon Spannung erzeugt und die Bösewichter sehr schön einführt.
Die Saloon-Szenen sind schön anzusehen, die ersten Lacher gibt es durch die Ankunft des Lord Castlepool und der beiden Westmänner Hawkens und Gunstick Uncle. Überhaupt funktioniert der Humor im Film ganz hervorragend und selbst Szenen, die fast schon zu albern wirken, passen ziemlich gut.
Auch die Ankunft der Postkutsche und der Fund von Freds Vater ist gut inszeniert.
Ausgezeichnet wird gezeigt, wie die beiden Blutsbrüder die Spuren untersuchen und ihre Schlüsse ziehen. Dazu begeistert Winnetou in einem Alleingang, in dem er den Colonel belauscht und gerade so entkommt. Sehr erhaben wirkt es, wie er da an der Seite der Schlucht steht und die Tramps bedroht.
Nachdem unsere anderen Helden über die Sachverhalte informiert worden sind und Old Shatterhand sich einer Rasur unterzogen hat, gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zur Butler-Farm.
Vorher zeigt sich aber noch die Kaltblütigkeit des Colonels durch den Mord an Woodward, exzellent in Szene gesetzt.
Nun folgt der große Action-Höhepunkt des Films, der Kamp um Butlers Farm. Der gesamte Kampf, der in seiner vollen Länge schon einige Zeit in Anspruch nimmt und auch die Szenen vor dem Kampf sind spektakulär und fantastisch inszeniert, eine schöne Actionszene, die in Erinnerung bleibt.
Nun, da die Helden beide Teile der Schatzkarte haben, machen sie sich auf den Weg zum Silbersee. Dabei treffen sie noch Lord Castlepool, der sich ihnen anschließt. Aber die Tramps geben nicht auf und jagen unseren Helden weiter hinterher.
Der Plot ist eigentlich relativ simpel, es geht hin und her um die Schatzkarte und dann um den Schatz. Durch die nun folgende Utah-Dorf-Szene und auch die später folgende Gefangennahme durch die Utahs wird dem Film etwas mehr Spannung verliehen und die Szenen wissen auch zu gefallen, während die Tramps von Fred Engel so langsam wie möglich zum Silbersee geführt werden.
Das Prozedere im Utah-Dorf mag etwas lang sein, aber es ist doch unterhaltsam, noch dazu, wo ein toller Kampf zwischen Old Shatterhand und dem großen Wolf die Folge ist.
Unser liebes Greenhorn spielt sich in dieser Hälfte des Filmes etwas in den Vordergrund, während die Tramps und Winnetou etwas in den Hintergrund rücken.
Bei dem Kampf soll es aber nicht bleiben, nein, die Utahs werden verleitet, unseren Helden zu folgen. Da mag einem wie dem alten Patterson schon einmal die Geduld vergehen, aber auch die Szene, in der die Utahs gestellt werden, überzeugt durchaus.
Währenddessen haben es die Tramps bereits zum Silbersee geschafft und sind bereit, zur Schatzhöhle rüberzufahren. Schön anzusehen ist, dass Fred und Ellen doch einen Fluchtversuch wagen und noch ins Geschehen mit einbezogen werden. Der wird aber leider vereitelt und nun läuft Fred Gefahr, gehängt zu werden.
Und während Old Shatterhand noch mit dem großen Wolf die Friedenspfeife raucht, fahren der Colonel und seine drei Unterführer schon zur Höhle herüber. Dort erwartet sie ein alter Indianer, den sie leicht außer Gefecht setzen und dann liegt der Schatz vor ihnen.
Diese Szene, in der die Tramps den Verstand verlieren und der Colonel kaltblütig sie alle erschießt, ist klasse inszeniert und eine der besten Szenen des Films. Dazu kommt dann noch der einzigartige und etwas schaurige Tod des Colonels, der in Erinnerung bleibt, auch ohne dass die Helden etwas damit zu tun hatten.
Die nun folgende Endschlacht überzeugt auch nochmal vollständig und wendet alles zum Guten: Die Bösen werden vollständig besiegt, die Guten werden gerettet, die Utahs sind mit unseren Helden befreundet und Lord Castlepool findet endlich seinen lange gesuchten Schmetterling. Danch reiten Winnetou und Old Shatterhand davon, neuen Abenteuern entgegen.
„Der Schatz im Silbersee“ ist ein deutscher Western, der es mit anderen Western durchaus aufnehmen kann und den tollen Anfang einer nicht sehr lange währenden, aber dennoch umfangreichen Filmreihe bietet, die doch sehr frei nach der Romanvorlage gedreht wurde. Die Action überzeugt vollständig, die Darsteller leisten grandiose Arbeit und der Humor kommt auch nicht zu knapp, bloß die Story ist etwas simpel gehalten und nicht sehr umfangreich, aber das muss sie auch gar nicht sein. Den Anfang des Winnetou-Franchise begründet ein Film, der in fast allem überzeugt und seinen großen Erfolg durchaus verdient hat.
Punkte:(9/10)