GoldenProjectile hat geschrieben: Durch die temporeiche und virtuose Inszenierung bleibt in der ersten Hälfte eigentlich nur wenig Zeit zum Durchatmen, wenn es nicht gerade spannend ist oder handfest zur Sache geht werden gekonnt Figuren etabliert oder die Handlung entwickelt.
Die erste Hälfte ist Noyce wirklich sehr gut gelungen, der von dir angesprochene Mix aus Action, Spannung und Handlungsentwicklung fügt sich praktisch nahtlos ineinander. Kurzweilig und handwerklich auf hohem Niveau, wenn der Film nur durchgängig so wäre…
GoldenProjectile hat geschrieben: In der zweiten Hälfte gerät die Geschichte mit dem Teil um Ryans CIA-Ermittlungen dann aber leider etwas ins Stocken, zu lange schaut man dem alten Harrison beim Studieren von Satellitenbildern zu. Im Katz-und-Maus-bei-Stromausfall-Finale wird's dann wieder um einiges besser und spannender, auch wenn die abschliessende Bootsjagd als Abschluss etwas zu plakativ wirkt, da hätte man sich als finale Konfrontation etwas zum restlichen Film passenderes einfallen lassen können.
Auch für mich ist die zweite Stunde der Patrioten (was für ein lachhaft schlechtes Wortspiel!
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) die deutlich unterlegene, da der Kontrast zur zügig vorangetriebenen ersten patriotischen Spielhälfte (und gleich das nächste peinliche Wor(s)tspiel hinterher – heut bin ich in großer Form!
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) kaum größer sein könnte. Das Hauptproblem ist hier für mich zum einen, dass die Handlung über eine recht lange Zeit kaum noch wirklich vorankommt und zum anderen sich die Rachgeschichte mit zunehmender Dauer stark abnutzt. Im Gegensatz zu dir finde ich aber das ebenfalls zeitlich sehr großzügig bemessene Finale als den größten Schwachpunkt des Films, da es Noyce hier nicht wirklich gelingt Spannung und Bedrohung aufzubauen und die Action – und da sind wir dann wieder beieinander – austauschbar und beliebig ist, vor allem die abschliessende Bootsverfolgung (welche ironischerweise ja nur ein nachgedrehtes Alternativende ist, nachdem das urspüngliche nach Testscreeninings verworfen wurde). So ist der zweite Kinoausflug des Ryan Jack dann zwar eine immer noch durchgängig unterhaltsame Angelegenheit, aber eben auch eine sehr zerrissene und aufgrund des qualitativen Verlaufs ist mein Bedauern ob der vertanen Chance dann tatsächlich größer als die Freude über das Gebotene.
GoldenProjectile hat geschrieben: Ryans Background als Familienvater ist zum Glück auch überhaupt nicht albern oder nervig, da sowohl Weib als auch Balg glaubhaft und gekonnt in die Handlung mit eingewoben werden.
Ja, das ist sehr gut beobachtet. In vielen Filmen nerven mich die „klassischen“ Rollen von Frau und Kindern, da sie zumeist nur der klischeehafte Anhang des Protagonisten sind oder Mittel zum Zweck, um diesen in eine prekäre Situation zu bringen. Letzteres ist zwar auch hier der Fall, allerdings ist in Patriot Games (und auch im Nachfolger Clear & present Danger) Ryans Familie erfreulich unverkrampft in die Handlung integriert wie auch die Darstellerwahl besser nicht hätte ausfallen können. Vor allem Anne Archer ist ein Segen für den Film, da sie perfekt mit Ford interagiert und so die Vertrautheit zwischen den beiden absolut glaubwürdig transportiert wird.
GoldenProjectile hat geschrieben:Die namhafte Besetzung agiert den ganzen Film über kompetent,
Die Besetzung von Patriot Games ist für mich neben der starken ersten Hälfte das beste am ganzen Film. Als Clancy-Liebhaber muss ich hier auch sagen, dass man gerade die wiederkehrenden Rollen superb besetzt hat – und das obwohl sie äusserlich teilweise stark abweichen von Clancys Vorgaben. Aber vor allem Sam Jackson passt als Robbie einfach perfekt und hat hier auch Gelegenheit mal zu zeigen, wie gut er in einer vergleichsweise nüchternen und „normalen“ Rolle abseits seines Tarantino-Klischees agieren kann. Die Wiederkehr von James Earl Jones ist ebenfalls ein Segen, da durch ihn Greer zum hochcharismatischen Sympathieträger wird (was sich in der Fortsetzung dann sogar als noch relevanter erweist). Harris ist wie du ja auch geschrieben hast sowas wie das darstellerische Sahnehäubchen, aber auch die ganzen Nebenrollen sind mit Charakter-Mimen wie James Fox, J.E. Freeman, David Threfall, Patrick Bergin oder Alun Armstrong superb besetzt. Bezüglich der beiden Hauptrollen…
GoldenProjectile hat geschrieben:Ford liefert keine darstellerischen Glanzleistungen aber passt durchaus zur Rolle, Bean ist als Bösewicht enorm energetisch aber auch eindimensional, zumindest konnte er schon mal seine Interpretation eines von Rachegelüsten getriebenen Separatisten für GE üben.
…komme ich dann zu einem noch etwas positveren Urteil als du. Klar, Ford spielt auch hier mal wieder Ford, aber ich finde er läuft dabei in Patriot Games durchaus zu großer Form auf. Vielleicht tatsächlich weniger in rein schauspielerischer Hinsicht (wobei ihm der Film aber auch weniger Möglichkeit gibt als zB die Weir-Filme oder Presumed Innocent), aber dafür um so mehr bezüglich einer charismatischen Gesamtleistung. Obwohl ich Alec Baldwin generell überaus schätze und er in meinen Augen einen tollen Jack Ryan gespielt hat so ist Ford für mich doch die Idealverkörperung dieser Figur – und das obwohl auch hier Clancys Vorgaben teilweise stark abweichend sind (die filmische Belebung des Roman-Jacks hätte wohl in Person von Kevin Costner erfolgen müssen – was auch eine sehr reizvolle Besetzung gewesen wäre). Aber gerade Fords etwas biedere Durchschnittlichkeit als Typ (soweit das für einen Filmstar möglich ist) ist hier äusserst rollendienlich und so sind die „analytischen Szenen“ mit ihm dann auch wesentlich glaubwürdiger als die Sherlock Holmes-mäßigen Kombinationen von Baldwin, die immer ein kleines bisschen zu genial ums Eck kommen, während es bei Ford halt nach stunden- und tagelanger Detailarbeit (am Bürotisch!) ausschaut.
Bean finde ich in PG wesentlich besser als in GE. Es stimmt zwar, dass seine Rolle außer dem extremen Rachedurst wenig anderes bietet, dafür ist Bean aber sehr stark darin genau diesen intensiv rüberzubringen. Seine Darstellung hat etwas sehr hartes und schroffes, was ich hier sehr schätze und was man in GE so überhaupt nicht findet.
GoldenProjectile hat geschrieben:Für mich starke 7 Punkte.
Ja, da irgendwo sehe ich ihn auch, vielleicht noch eine Nuance höher. Ist dir aufgefallen, dass sich James Horner hier mal wieder bei sich selbst bedient hat? Die musikalische Untermalung des via Satellit und PC überwachten „Cyber-Angriffs“ auf das Ausbildungscamp ist aus seinem Aliens-Soundtrack und fühlt sich daher immer ein bisschen merkwürdig für mich an, da ich diese Passage sehr stark mit Camerons Film verbinde. Aber man muss auch sagen, dass sie just an dieser Stelle in PG sehr gut passt, da sie den Zuschauer nach dem „Mord auf Knopfdruck“ mit einem sehr beklemmenden Gefühl zurücklässt.