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Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 12:51
von Agent 009
Ist das wieder 'dein' Punktesystem oder an unseres angepasst? Würde gerne wissen was die 5,5 für Scarface sollen. :D Würde mich sehr interessieren.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 13:07
von Maibaum
Das heißt das ich Scarface mittlerweile ok finde, während ich ihn früher gar nicht mochte.

Aber daß Scarface generell eher positiv gesehen wird kann und konnte ich nie nachvollziehen. (auch weil Pacino "at his worst")

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 13:52
von AnatolGogol
Maibaum hat geschrieben: (auch weil Pacino "at his worst")
Das ist aber halt dein persönliches Empfinden, was ja auch absolut ok ist. Pacinos expressionistisches Spiel mag oftmals hart an der Grenze zum Chargieren sein (aber halt auch nur hart dran und nie drüber), aber dafür funktioniert es in den allermeisten Fällen auch hervorragend bis herausragend. Ich kann aber nachvollziehen, dass dir das nuanciertere Spiel des frühen Pacinos mehr zusagt, aber das ist halt nur eine Seite des Ausnahmedarstellers Pacino. Ich mag die andere mindestens genau so - Huah! :D

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 13:53
von Agent 009
Wobei ich ihn noch nie 'angefahrener' gesehen habe als bei Scarface. Geht das überhaupt? :lol: Mir gefiel das ja und das ist u.a auch einer der Gründe warum ich den Film so super unterhaltsam fand. Pacino ist da echt großartig.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 13:55
von Maibaum
AnatolGogol hat geschrieben:
Das ist aber halt dein persönliches Empfinden, was ja auch absolut ok ist. Pacinos expressionistisches Spiel mag oftmals hart an der Grenze zum Chargieren sein (aber halt auch nur hart dran und nie drüber), aber dafür funktioniert es in den allermeisten Fällen auch hervorragend bis herausragend.
Für mich funktioniert es nur noch sehr, sehr selten. Pacino ist einer der wenigen Darsteller geworden die mich wirklich stören, wenn nicht gar nerven. Aber wenn mich ein Film interessiert würde mich auch Pacinos Mitwirken nicht abhalten.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 13:56
von vodkamartini
Mich stört hier weniger Als Overacting, als vielmehr die nicht sonderlich aufregende - da albekannte - Geschichte von Aufstieg ud Fall eines Gangsters. Sehe hier das Besondere einfach nicht.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 13:59
von Maibaum
Pacinos Darstellung ist natürlich nicht der eigentliche Grund dafür das ich Scarface für etwas mißlungen halte. Die anderen Charaktere sind auch alle eher langweilig, und der Höhepunkt ist ein einziges ödes Geballer.

Immerhin ist er heute bekannter als das berühmte Original.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 14:15
von AnatolGogol
Ich bin zwar auch keiner, der Scarface für das große Meisterwerk hält, zu welchem man den Film oftmals macht, aber ein ziemlich guter Film ist es wie ich finde schon. Es wäre noch mehr drin gewesen, etwas staffer und etwas weniger Laufzeit wäre kein Fehler gewesen. Auch ist nur ein einziger sympathischer Charakter im ganzen Film (der von Steven Bauer), wodurch man seltsam teilnahmslos bleibt. Die extrem zeitgenössische Moroder-Musik ist auch sehr gewöhnungsbedürftig, wie auch die pastellfarbene Bonbonoptik. Die 8,5 die ich zu Beginn des Threads gegeben habe erscheinen mir im Nachhinein auch etwas zu hoch, mehr als 8 würde ich ihm glaub ich jetzt nicht mehr geben wollen. Andererseits: Pacino spielt schon sehr eindrucksvoll, die Inszenierung ist oftmals wirklich toll, zB die Kettensägenszene. Und mit Abraham und Loggia hat man zwei weitere wirklich gute Darsteller an Bord und wie schon erwähnt mit Bauer einen (bzw. den einzigen) echten Sympathieträger. Bei der Pfeiffer weiss ich ehrlich gesagt nicht,ob die mit ihrem blasierten, gelangweilten Auftritt hier goldrichtig für ihre Rolle ist (bzw. diese perfekt spielt) oder ob ich sie am liebsten aus dem Film feuern würde. Aber im Kontext ihrer Rolle passt sie eben wie A auf E.
Agent 009 hat geschrieben:Wobei ich ihn noch nie 'angefahrener' gesehen habe als bei Scarface. Geht das überhaupt? :lol:
Wenn du "abgefahrener" meinst: in Dick Tracy haut er auch ordentlich auf den Putz - ein echter Genuss wie ich finde. :lol:

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 11. Januar 2015 15:04
von Maibaum
Ja, da war Pacino auch mal wieder gut.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 7. September 2015 12:30
von AnatolGogol
Femme Fatale (2002) – Brian De Palma

Hab mir gestern als ich den Film hier erwähnt habe selber den Mund wässrig geschrieben und mir eine weitere Sichtung des herrlich unorthodoxen Thrillers Femme Fatale gegönnt. De Palmas Film ist in vielerlei Hinsicht ein sehr bemerkenswerter Film, da er einerseits inhaltlich und dramaturgisch mit der Erwartungshaltung des Zuschauers spielt und diese bewusst regelmäßig ins Leere laufen lässt und andererseits formal immer wieder mit vielen visuellen Einfällen zu verblüffen weiss. Femme Fatale ist ein sehr visueller Film, der über weite Strecken komplett ohne Dialoge auskommt. Vor allem in der ersten Dreiviertel Stunde gibt De Palma seinem Publikum praktisch keine „gesprochene“ Information, sondern überlässt die Narration allein der Kamera. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit von Seiten des Zuschauers schadet daher sicherlich nicht, denn ansonsten entgehen einem viele der subtil eingewobenen Hinweise auf die Hintergründe sowie die zukünftige Entwicklung von Handlung und Figuren.

De Palma war ja immer schon ein großer Stilist und dieser Leidenschaft frönt er auch in Femme Fatale hemmungslos. Die bereits erwähnte sehr visuelle Narration wird ergänzt durch diverse bis ins kleinste Detail durchkomponierte Szenen. Besonders die Anfangs- und die Endszene gleichen fast schon einem Kabinettstückchen, so elegant und komplex zugleich fügen sich hier die zahllosen Einzeleinstellungen zu einem perfekten Bild (in Analogie zum Langzeitprojekt von Banderas Figur, einem gigantischen Foto-Mosaik, welches eine Schlüsselrolle in der Handlung einnimmt). Hinzukommen – wie könnte es bei De Palma anders sein – zahlreiche Verweise auf Stil und Werk von Hitchcock, die hier im Gegensatz zum einen oder anderen früheren De Palma-Werk aber nie aufdringlich wirken, sondern eher eine Art Belohnung für den aufmerksamen Zuschauer darstellen.

Genau wie bei Hitchcock steht auch in De Palmas Thriller eine geheimnisvolle Blondine im Mittelpunkt, die hier aber noch ungleich gefährlicher ist und praktisch jeden Mann der mit ihr in Berührung kommt ins Unglück stürzt. Rebecca Romijn-Stamos titelgebende Femme Fatale steht ganz im Stile der Pendents in den großen Noir-Thriller der 40er Jahre und nicht von ungefähr unterstreicht De Palma dies (natürlich visuell), indem er gleich in der ersten Szene Bilder von Billy Wilders legendärem Double Indemnity auf Romijn-Stamos weitgehend unbekleidetem Körper reflektieren lässt. Die Besetzung passt und spielt gut, Banderas funktioniert wie immer bestens als Sympathieträger, der unvermittelt in ein Komplott hineingezogen wird.

Mit Femme Fatale ist Regisseur Brian De Palma noch einmal ein wirklich großer Wurf gelungen, der vor allem stilistisch sicherlich zu seinen besten Arbeiten gezählt werden muss. Nicht zuletzt durch die sehr visuelle Narration und die vielen mal mehr mal weniger versteckt eingebauten Details konnte der Film bei mir mit jeder Sichtung weiter gewinnen. Der Twist im letzten Drittel sowie die genial komponierte finale Auflösung haben mich gestern noch mehr gepackt wie bei Erstsichtung. Femme Fatale ist wahrlich in jeder Beziehung ein „Fest für die Augen“: spannend, elegant, überraschend, erotisch und zudem ein unglaublich clever zusammengesetztes, oftmals verblüffendes Kinomosaik mit herausragender Kameraarbeit. Das Werk eines Meisters auf der Höhe seines Schaffens!
Wertung: 10 / 10


Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 7. September 2015 19:50
von GoldenProjectile
Klingt spannend. Neben Scarface offenbar mein zweiter Most-Wanted-De-Palma.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 7. September 2015 19:54
von Casino Hille
Kam für mich nie an De Palmas Meisterwerk "The Untouchables" ran. Aber ein sehr feines Review Anatol, meine Hochachtung! Hat viel Spaß gemacht. :)

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 3. Juni 2016 09:28
von photographer

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 3. Juni 2016 11:15
von AnatolGogol
photographer hat geschrieben:.
Brian de Palma Interview:
http://www.indiewire.com/2016/06/brian- ... 201683547/

.
Tolles Interview, das mich als Filmfan aber auch nachdenklich stimmt. Gerade sein Erfahrungsbericht über die Arbeit im aktuellen TV-Umfeld zeichnet ein sehr düsteres Bild in Bezug auf den Respekt der Executives gegenüber den Regisseuren. Schon erstaunlich, wie sich die Zeiten geändert haben seit De Palmas Beginn in den 70ern. Ist wie ich finde keine erfreuliche Entwicklung und sicherlich auch ein Grund dafür, dass viele Produktionen heutzutage allzu einheitlich und wenig originell anmuten. Da braucht man sich dann auch nicht wirklich wundern, dass Künstler vom Schlage eines De Palma heutzutage kaum mehr zu finden sind, wenn man ihnen praktisch alles vorgibt und keinen Freiraum lässt sich zu entfalten. Würde mich freuen, wenn er sein Projekt mit Pacino dennoch umgesetzt bekommt.

Re: Die Filme des Brian De Palma

Verfasst: 3. Juni 2016 11:41
von GoldenProjectile
Was die Welt braucht ist ein zweites New Hollywood.