Re: Die Filme des John Woo
Verfasst: 17. März 2014 10:01
Red Cliff (2008/2009) – John Woo
Ich hatte am Wochenende erstmalig die Gelegenheit die originale zweiteilige Fassung des Films zu sehen nachdem ich zuvor immer mit Grausen die Finger von der für den internationalen Markt um 50% eingedampften zweieinhalb Stunden Version gelassen hatte. Red Cliff ist schon ein absolut beeindruckender Film, der vor allem mit seinen imensen Produktionswerten klotzt und – wie könnte es anders sein – Woo-typisch in seiner visuellen Gestaltung spektakulär und sehr einfallsreich ist. Der Film verdient sich den Begriff Epos voll und ganz und stellt in seinem massiven Aufwand eine Art Film dar, wie sie Hollywood bereits seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr auf die Beine gestellt hat. Allein die Anzahl an Komparsen und die ungeheure Masse an Ausstattung ist gigantisch. Klar, auch bei Red Cliff wurde viel mit CGI gemacht, manches besser, manches suboptimal – aber auch hier brauchen die Chinesen sich nicht vor der aktuellen amerikanischen Konkurrenz verstecken.
Die 200 n. Chr. spielende historische Story ist im Kern simpel: der „böse“ kaiserliche Premierminister will zwei vermeintlich rebellierende Kreigesfürsten und ihr Gefolge niederwerfen und startet dazu einen Feldzug. Die beiden Fürsten, die tatsächlich kaisertreu und dem Premierminister nur bei der eigenen Machtausweitung im Weg sind, müssen trotz ihrer traditionellen Rivalität eine Allianz bilden, um mit List und Taktik den zahlenmäßig weit überlegenen Gegner in der allesentscheidenden Schlacht am Red Cliff bezwingen zu können. Woo schmückt die Story mit vielen Subplots und Figuren aus und genau hier macht sich dann auch seine altbekannte Schwäche bemerkbar: weder ist er ein großer Geschichtenerzähler, noch hat er ein besonderes Händchen seine Figuren dem Zuschauer wirklich nahe zu bringen. Entsprechend wirken viele der ausschmückenden Szenen sehr lang und oft sogar redundant und die Figuren bleiben zwar nicht blass, aber eben doch merkwürdig distanziert. Dabei hat er eine ganze Reihe an sich interessanter Charaktere aufgefahren, von denen viele Archetypen darstellen. Interessant und sympathisch ist hierbei, dass die beiden Hauptfiguren eher als listige und clevere Denker gezeigt werden und weniger als Krieger – vor allem der von Takeshi Kaneshiro dargestellte Chefstratege, der den ganzen Film über nicht einmal eine Waffe in die Hand nimmt. Ihm zur Seite steht Chinas Superstar Tony Leung als zwar deutlich tatkräftigerer, aber im Kern genauso intellektuell angelegter Charakter.
In der Inszenierung der Actionszenen ist der Film dann auch wieder ein echter Woo: nicht nur die obligatorisch exzessiv eingesetzten Tauben und Zeitlupen, auch diverse mehr oder weniger versteckte Verweise auf Woos Vorwerk lassen sich trotz des für ihn ungewohnten historischen Ambientes entdecken. Die Action ist stilisiert, sehr edel fotografiert und kunstvoll und sehr fliessend montiert. Die Choreographie ist sensationell und ungeheuer komplex – ganz besonders bei der großen Schlachtszene im ersten Teil. Da werden historische Aufmarschordnungen als echtes cineastisches Erlebnis inszeniert. Auch wenn der Gewaltpegel nicht ganz so drastische Ausmaße erreicht wie zu seinen Heroic Bloodshed-Zeiten, so wird auch in Red Cliff ordentlich hingelangt: es fliesst viel Blut und nicht alle Körperteile bleiben in den massiven Schlachtszenen da, wo sie eigentlich hingehören.
Unterm Strich ist Red Cliff wie bereits eingangs erwähnt ein beeindruckender Film, bei dem es zwar oftmals auch zähere Momente zu überstehen gilt (wobei sich die Frage stellt, wieviel hier der Laufzeit von 148 + 142 Minuten geschuldet ist, die auf mich wirkt, als ob man mit aller Gewalt zwei Filme epischen Ausmaßes veröffentlichen wollte), der aber mit viel epischem Flair, toller Filmmusik und fabelhaften Actionszenen das gekonnt zu kompensieren weiss. Durch den sagenhaften Aufwand, die oft geradezu unglaublichen Schauwerte sowie die wunderbare Fotografie hat mich der Film dann endgültig versöhnt und so kann ich für mich festhalten: Woo ist nach seiner besorgniserregenden Talfahrt in Hollywood doch noch im Stande visuell erstaunliche und dramaturgisch halbwegs vernünftige Filme zu drehen.
Wertung: 7,5 / 10
Ich hatte am Wochenende erstmalig die Gelegenheit die originale zweiteilige Fassung des Films zu sehen nachdem ich zuvor immer mit Grausen die Finger von der für den internationalen Markt um 50% eingedampften zweieinhalb Stunden Version gelassen hatte. Red Cliff ist schon ein absolut beeindruckender Film, der vor allem mit seinen imensen Produktionswerten klotzt und – wie könnte es anders sein – Woo-typisch in seiner visuellen Gestaltung spektakulär und sehr einfallsreich ist. Der Film verdient sich den Begriff Epos voll und ganz und stellt in seinem massiven Aufwand eine Art Film dar, wie sie Hollywood bereits seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr auf die Beine gestellt hat. Allein die Anzahl an Komparsen und die ungeheure Masse an Ausstattung ist gigantisch. Klar, auch bei Red Cliff wurde viel mit CGI gemacht, manches besser, manches suboptimal – aber auch hier brauchen die Chinesen sich nicht vor der aktuellen amerikanischen Konkurrenz verstecken.
Die 200 n. Chr. spielende historische Story ist im Kern simpel: der „böse“ kaiserliche Premierminister will zwei vermeintlich rebellierende Kreigesfürsten und ihr Gefolge niederwerfen und startet dazu einen Feldzug. Die beiden Fürsten, die tatsächlich kaisertreu und dem Premierminister nur bei der eigenen Machtausweitung im Weg sind, müssen trotz ihrer traditionellen Rivalität eine Allianz bilden, um mit List und Taktik den zahlenmäßig weit überlegenen Gegner in der allesentscheidenden Schlacht am Red Cliff bezwingen zu können. Woo schmückt die Story mit vielen Subplots und Figuren aus und genau hier macht sich dann auch seine altbekannte Schwäche bemerkbar: weder ist er ein großer Geschichtenerzähler, noch hat er ein besonderes Händchen seine Figuren dem Zuschauer wirklich nahe zu bringen. Entsprechend wirken viele der ausschmückenden Szenen sehr lang und oft sogar redundant und die Figuren bleiben zwar nicht blass, aber eben doch merkwürdig distanziert. Dabei hat er eine ganze Reihe an sich interessanter Charaktere aufgefahren, von denen viele Archetypen darstellen. Interessant und sympathisch ist hierbei, dass die beiden Hauptfiguren eher als listige und clevere Denker gezeigt werden und weniger als Krieger – vor allem der von Takeshi Kaneshiro dargestellte Chefstratege, der den ganzen Film über nicht einmal eine Waffe in die Hand nimmt. Ihm zur Seite steht Chinas Superstar Tony Leung als zwar deutlich tatkräftigerer, aber im Kern genauso intellektuell angelegter Charakter.
In der Inszenierung der Actionszenen ist der Film dann auch wieder ein echter Woo: nicht nur die obligatorisch exzessiv eingesetzten Tauben und Zeitlupen, auch diverse mehr oder weniger versteckte Verweise auf Woos Vorwerk lassen sich trotz des für ihn ungewohnten historischen Ambientes entdecken. Die Action ist stilisiert, sehr edel fotografiert und kunstvoll und sehr fliessend montiert. Die Choreographie ist sensationell und ungeheuer komplex – ganz besonders bei der großen Schlachtszene im ersten Teil. Da werden historische Aufmarschordnungen als echtes cineastisches Erlebnis inszeniert. Auch wenn der Gewaltpegel nicht ganz so drastische Ausmaße erreicht wie zu seinen Heroic Bloodshed-Zeiten, so wird auch in Red Cliff ordentlich hingelangt: es fliesst viel Blut und nicht alle Körperteile bleiben in den massiven Schlachtszenen da, wo sie eigentlich hingehören.
Unterm Strich ist Red Cliff wie bereits eingangs erwähnt ein beeindruckender Film, bei dem es zwar oftmals auch zähere Momente zu überstehen gilt (wobei sich die Frage stellt, wieviel hier der Laufzeit von 148 + 142 Minuten geschuldet ist, die auf mich wirkt, als ob man mit aller Gewalt zwei Filme epischen Ausmaßes veröffentlichen wollte), der aber mit viel epischem Flair, toller Filmmusik und fabelhaften Actionszenen das gekonnt zu kompensieren weiss. Durch den sagenhaften Aufwand, die oft geradezu unglaublichen Schauwerte sowie die wunderbare Fotografie hat mich der Film dann endgültig versöhnt und so kann ich für mich festhalten: Woo ist nach seiner besorgniserregenden Talfahrt in Hollywood doch noch im Stande visuell erstaunliche und dramaturgisch halbwegs vernünftige Filme zu drehen.
Wertung: 7,5 / 10