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Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 20. Dezember 2021 14:37
von Agent 1770
Man hätte sie am Schreibtisch vor einem Computer zeigen können, ähnlich wie am Ende von Sherlock Holmes: Spiel im Schatten und sie die Geschichte niederschreiben lassen. Hier hätte natürlich Judi Dench hervorragend gepasst: Was sagt man über so einen Mann? :wink:

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 20. Dezember 2021 14:45
von danielcc
Gernot hat geschrieben: 20. Dezember 2021 11:41
- James Bond im Ruhestand - super, mehr davon, nicht nur 20 Sekunden.
- Sein treuer Freund Felix stirbt - Oh mein Gott!
- Bond tötet Blofeld - unglaublich, das wäre eigentlich Fleming pur!
- Bond hat ne Tochter? - zmd. darf er ihr 1x einen Apfel schälen.
- Poison Garden, endlich! .... Ist das jetzt euer ernst?

- in NTTD waren das eigentlich alles nur kurze Randnotizen!

Überhaupt geht es ab Norwegen, also das berühmte letzte Drittel, viel zu schnell und einfach. Die vielen Themen, die man in NTTD behandelt, hätten locker für 2 Filme gereicht. Der Film scheint alles mögliche sein zu wollen, so richtig konnte man sich dann nicht entscheiden und hat sich dann eh nur darum gekümmert, das Ende irgendwie hinzubiegen. Das merkt man dann leider auch. Also wenn man möchte ;)

Das heißt nicht, dass alles schlecht ist, aber es hätte jedenfalls (viel) besser sein können.

Ich sehe es anders. Ja der Film hat und bietet viel, aber es wird doch alles auf erstaunlich schlüssige weise verknüpft. Ich mag ja selbst nicht, wenn jemand übertreibt nur um seine Meinung zu vertreten, aber da ich NTTD jetzt wirkkich so dermaßen oft gesehen habe, behaupte ich hier dennoch: Das Drehbuch ist für mein Empfinden nahezu perfekt! (und das ist ein Wunder bei der Entstehungsgeschichte).

Jedes der Elemente welches du nennst, spielt ja eben doch eine größere Rolle im Film, und sie sind oft miteinander verknüpft.

- Bond im Ruhestand: Nun ja, gab es ja leider schon häufiger aber es wird ja nun lange Zeit über im Film immer wieder irgendwie thematisiert , was nicht zuletzt in den Schlagabtauschen zwischen Alt-007 und Neu-007 kumuliert; aber JA, ich hätte mir auch mehr Szenen auf Jamaica gewünscht. Der Film ist einfach zu kurz

- Felix stirbt: Nie hatten wir einen Felix Darsteller häufiger in den Filmen und die beiden reden hier in prägnanten Szenen über alles was am Ende dann wieder wichtig ist (in der Szene zwischen Bond und M wird Felix Tod thematisiert und man erkennt, dass er spuren hinterlässt; gleich zwei mal reden Bond und Felix über das Gutr Leben und das wird am Ende von M wieder aufgegriffen durch das Rezitieren aus dem Gedicht - hier wird ein schönes Thema des Films aufgemacht und umfassend behandelt

- Bond tötet Blofeld: Ich finde es wiederum schön, dass die Beziehung Bond/Blofeld wieder aufgegriffen wird ohne dass es so cheesy ist wie in SP; dass er ihn über Umwege tötet, treibt ja wieder die Handlung voran, da dies genutzt wird, um die Herakles Funktionsweise zu erläutern

- Tochter: Da bin ich ehrlich froh, dass daraus nicht mehr gemacht wurde; es war ein schmaler Grat auf dem man sich hier bewegt hat, und ich finde es ist gelungen. Allerdings fehlt dem Film der große Moment, in dem Bond merkt, dass sie DOCH seine Tochter ist

- Der Garten: Das ist wieder so eine typische Fan-Erwarungshaltung. Mich hat das aus dem Roman nie interessiert. Hier wird er aber von vorne bis hinten völlig schlüssig mit dem Charakter Safins verbunden. Das macht alles super Sinn. Wie vorher gesagt: Es hätte einen schönen Kampf hier geben sollen aber was solls

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 20. Dezember 2021 14:56
von vodkamartini
Mr.Chrismas Jones hat geschrieben: 20. Dezember 2021 14:31 Gäbe es das Kind nicht, wem hätte Madeleine denn dann am Ende von James Bond erzählt?
Ihrer Voicemail.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 20. Dezember 2021 15:05
von Gernot
was ich mit der kurzen Aufzählung sagen wollte, ist, dass zB. der Tod von Felix Leiter alleine in einem Film gereicht hätte. Ja, die Szene war gut gespielt von Craig und Wright, aber es geht viel zu schnell (ich finde es auch schade, dass Bond Felix nicht "ehren" konnte - Bond stirbt ja kurz darauf selbst.. ;) Felix Tod war eigentlich sinnlos!). Oder der Tod von Blofeld in einem spektakulären Finale. Oder das Vater-Thema.
In NTTD ist das alles fast schon zwanghaft hineingepackt worden. Natürlich hat man versucht, die einzelnen Stränge miteinander zu verknüpfen und das ist ihnen auch besser gelungen, als z.B. in SP, wirklich rund oder dass das Drehbuch oscarreif wäre, sehe ich halt leider nicht (bei der Entstehungsgeschichte aber auch kein Wunder!).

Aber ja, natürlich hätte es auch schlechter sein können. Interessant fände ich ja den "original" Draft von P&W - ich glaube dass hier Burns, Fukunaga und auch Bridge noch einiges geändert haben.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 20. Dezember 2021 15:11
von vodkamartini
Man wollte ein Kind. Check.
Man wollte Bonds Tod. Check.
Man wollte die große, unsterbliche Liebe. Check.

Wen schert da noch dramaturgische Glaubwürdigkeit und son Zeugs. Wir wollten das mal machen, wir haben das gemacht, also was wollt ihr eigentlich?

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 20. Dezember 2021 16:27
von Revoked
Ich denken auch ohne Qual hätte man aus den Themen 2x2h Filme hinbekommen, aber Craig wollte dieses Mal WIRKLICH nur noch einen machen. Er hat Babs wahrscheinlich viel Geld geboten, damit sie ihn nicht nochmal überredet 😉.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 20. Dezember 2021 20:16
von danielcc
Gernot hat geschrieben: 20. Dezember 2021 15:05 was ich mit der kurzen Aufzählung sagen wollte, ist, dass zB. der Tod von Felix Leiter alleine in einem Film gereicht hätte. Ja, die Szene war gut gespielt von Craig und Wright, aber es geht viel zu schnell (ich finde es auch schade, dass Bond Felix nicht "ehren" konnte - Bond stirbt ja kurz darauf selbst.. ;) Felix Tod war eigentlich sinnlos!). Oder der Tod von Blofeld in einem spektakulären Finale. Oder das Vater-Thema.
In NTTD ist das alles fast schon zwanghaft hineingepackt worden. Natürlich hat man versucht, die einzelnen Stränge miteinander zu verknüpfen und das ist ihnen auch besser gelungen, als z.B. in SP, wirklich rund oder dass das Drehbuch oscarreif wäre, sehe ich halt leider nicht (bei der Entstehungsgeschichte aber auch kein Wunder!).

Aber ja, natürlich hätte es auch schlechter sein können. Interessant fände ich ja den "original" Draft von P&W - ich glaube dass hier Burns, Fukunaga und auch Bridge noch einiges geändert haben.
Der Tod von Felix, Kind/Familie und die Tragödie dass er sie nicht mehr sehen kann - das alles summiert sich ja so dass er den Tod wählt. Ich finde das sogesehen nicht überladen, sondern es sind Elemente eines großen Themas.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 09:29
von Agent 009
Wenn man nur jeden Bond Film so stark bewerten und so stark kritisieren würde wie diesen hier, würde kaum einer für wegkommen. Ich habe manchmal echt das Gefühl, dass einige hier ganz andere Maßstäbe nutzen bzw. Besonders hohe Ansprüche an Craigs Filme haben, die nicht auch nur ansatzweise mit denen der anderen gleichzusetzen sind.

Inhaltlich sind sehr viele der anderen Filme auch nicht besser, intelligenter, schlüssiger.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 09:50
von Martin007
Agent 009 hat geschrieben: 21. Dezember 2021 09:29Ich habe manchmal echt das Gefühl, dass einige hier ganz andere Maßstäbe nutzen bzw. Besonders hohe Ansprüche an Craigs Filme haben, die nicht auch nur ansatzweise mit denen der anderen gleichzusetzen sind.
Das liegt an der Machart der Craig-Filme, die sich besonders ernst und bedeutungsschwanger geben wollen. Die hohen Ansprüche kommen von den Machern selbst. Natürlich schaut man bei einem Film, der sich selbst weniger ernst nimmt und einfach nur unterhalten möchte auch nicht so genau hin um ihn auf Fehler zu überprüfen.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 09:52
von AnatolGogol
Agent 009 hat geschrieben: 21. Dezember 2021 09:29 Wenn man nur jeden Bond Film so stark bewerten und so stark kritisieren würde wie diesen hier, würde kaum einer für wegkommen. Ich habe manchmal echt das Gefühl, dass einige hier ganz andere Maßstäbe nutzen bzw. Besonders hohe Ansprüche an Craigs Filme haben, die nicht auch nur ansatzweise mit denen der anderen gleichzusetzen sind.

Inhaltlich sind sehr viele der anderen Filme auch nicht besser, intelligenter, schlüssiger.
Ich kann da ja nur für mich sprechen, aber ich versuche mal meine Gedanken dazu in Worte zu fassen: ein Drehbuch oder sagen wir besser die Dramaturgie eines Filmes muss für mich funktionieren. Das ist entscheidend, viel entscheidender als ob nun die Handlung sehr komplex ist, ob sie auf unterschiedlichen Ebenen agiert, ob Figuren sehr tief beleuchtet werden etc.. Wie gesagt ist für mich entscheidend, ob das Ganze funktioniert und im Zweifel ziehe ich eine eher einfach gehaltene, aber effektiv funktionierende Dramaturgie einer ambitioniert-komplexen, aber in sich nicht immer schlüssigen vor.

So viel zu Theorie (und wer jetzt bereits in den Angriffsmodus geht, weil er meine allgemeinen Formulierungen 1:1 auf die klassischen Bondfilme bzw. die Craig-Filme gemünzt meint irrt, da es für mich so etwas wie "die Craig-Filme" bezüglich Qualität der Dramaturgie nicht gibt, da ich diese als sehr unterschiedlich gelungen empfinde). Wenn man nun z.B. mal praktisch als Beispiel NTTD heranzieht, welchen ich stark kritisiere aufgrund seiner Dramaturgie, dann ist es in der Tat so, dass ich hier andere Ansprüche stelle, als an z.B. an MR. Diese Ungleichbehandlung resultiert aber daraus, dass beide FIlme inhaltlich ganz andere Ziele verfolgen. NTTD setzt inhaltlich stark auf Figuren und ihre Beziehungen zueinander. Die Figuren, ihre Emotionen, ihr Verhalten zueinander machen große Teile des Inhalts aus. NTTD möchte über das Innenleben seiner Figuren erzählen und darüber den Zuschauer in den Bann ziehen. Das möchte MR nicht. Hier sind die Figuren in erster Linie Teil einer Handlung, sie agieren und durch ihr Agieren wird eine Geschichte in Gang gesetzt. Ich kann also jetzt schlecht hergehen und die Figurentiefe und die Charkterentwicklung unter den gleichen Kriterien beurteilen wie die in NTTD, ganz einfach weil die Filme hier ganz andere Schwerpunkte setzen.

Wenn ich also bei NTTD kritisiere, dass für mein Empfinden die Figurenbeziehungen oft zu oberflächlich abgehandelt werden und dadurch ich als Zuschauer nicht emotional an sie gebunden werde, dann kritisiere ich damit ja auch die - in meinen Augen - nicht erfolgreiche Zielsetzung des Films. Das gleiche könnte ich nun zwar auch MR vorwerfen, aber das wäre nicht zielführend, da der Film sich daran ja gar nicht interessiert zeigt. Das wäre in etwa so, als ob ich einem Woody Allen-Film den fehlenden Action-Anteil vorwerfen würde (ich weiss ein Extrembeispiel, aber bewusst gewählt um zu verdeutlichen, worauf ich hinaus will). Von daher: ja, ich lege unterschiedliche Maßstäbe im Detail an - aber eben nur, um dem gerecht zu werden, was der Film vermitteln will. Dennoch: generell wird bei jedem Film der gleiche Maßstab angelegt, nämlich der, dass eine Dramaturgie (wie auch Figuren und ihre Funktion) funktionieren muss - siehe Anfang dieses Posts.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 10:31
von Casino Hille
Sehe ich – Überraschung! – alles genau wie Anatol. Der oberste Anspruch ist doch immer: Unterhält mich ein Film oder tut er das nicht? Ein naives Actionspektakel kann mich aus den Socken hauen oder sehr zu Herzen gehen, es kann mich aber auch mit Dauergeballer langweilen und ermüden. Eine romantische Komödie kann mich ansprechen und mich zum lachen bringen oder ich sitze ungeduldig da und bekomme Karies vom kitschigen Zuckerguss. Es geht in erster Linie darum: Erreicht mich der Film, spricht er mich an? Und was da beim einen Film funktioniert und Klick macht, ist beim nächsten Film wieder vollkommen daneben und es sind manchmal sehr feine Unterschiede, die über Wohl und Wehe entscheiden. Es können aber auch oberflächliche Gründe sein. Wer NTTD nicht mag, weil Bond hier am Ende stirbt, mag in den Augen einiger Forennutzer hier nur so einen oberflächlichen Grund haben – aber was ist mit all denen, die MR nicht mögen, weil Bond da ins All fliegt? Was ist mit all denen, die DAF nicht mögen, weil er sehr auf Klamauk setzt? Was ist mit denen, die LALD nicht mögen, weil Voodoo ein übergreifendes Thema dort ist? Was ist mit denen, die OP nicht mögen, weil Bond für drei Sekunden wie Tarzan klingt?

Ich finde daher grundsätzlich nicht, dass man hier bislang jemanden finden konnte, der höhere Maßstäbe an NTTD anlegt, als an andere Bonds (wobei das auch völlig legitim wäre, aus verschiedensten Gründen). Anatol hat es ganz gut geschrieben: Vielen der früheren Bonds kann man halt nicht vorwerfen, dass sie das emotionale Drama nicht gut hinbekommen – weil sie keines haben. Vielen der früheren Bonds kann man nicht wirklich vorwerfen, dass sie als Charakterstücke nicht funktionieren – sie sind ja keine. Usw. usf. :)

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 11:09
von Mr.Chrismas Jones
Eben, im Grunde geht es bei James Bond, in erster Linie um Unterhaltung und genau das hat NTTD für mich geschafft.
Während ich mich bei CR fast nur gelangweilt habe.
Aber das ist halt immer Geschmackssache.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 11:15
von vodkamartini
Ich sehe es wie Anatol und Hille.
Es geht darum, was der Film (vermitteln) will. NTTD fährt das große emotionale Drama auf: unglückliche Liebe, Verrat, Versöhnung nach Jahren, unerwartete Vaterschaft, das Drama, die eigene Familie nicht berühren zu können. Wir sollen mitleiden, mitfiebern, mittrauern. Mission missglückt.

MR dagegen ist Fantasy-Eskapismus mit selbstironischem Klaps. Hier will man schlicht eine schmissige Agentensause mit einer überbordenden larger-than-life-Stimmung abliefern. Wir sollen mitschmunzeln, mitwippen, mitstaunen. Mission gelungen.

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 11:21
von danielcc
Ich sehe euer Problem darin, dass ihr da so stark differenziert. Ich sehe beides in NTTD. Es ist der erste Craig Bond der 100% larger than life Bond-Eskapismus ist aber gleichzeitig auch glaubhaft ein Liebesgeschichte einbindet die in einer Tragödie endet. Ich mag das genau so und die Zahlen zeigen, dass das funktioniert hat

Re: Filmbesprechung: "No Time To Die (NTTD)"

Verfasst: 21. Dezember 2021 11:26
von vodkamartini
Natürlich kam der neue Bond sehr gut an und deswegen scheint er auch für die Mehrheit funktioniert zu haben. Die Zahlen belegen allerdings keine Begeisterung, Bond gehört einfach auch dazu. Einen Film wie QOS hätten ohne das Bondsiegel vermutlich nicht mehr wie die üblichen Statham-Jünger (ich meine damit nicht die Zielgruppe, sondern die Zahlen) gesehen.

Ich werfe dem neuen Bondfilm vor, dass er versucht den Moorschen Spaßfaktor, die Bondsche larger-than-life-DNA und menschliches Drama unter einen Hut bringen zu wollen und daran scheitert. Die einzelnen Teile harmonieren zumindest in diesem Film nicht, auch weil eines davon nur auf dem Papier existiert. Man darf aber auch die berechtigte Frage stellen, ob die drei Versatzstücke überhaupt kompatibel sind.