Um mich selbst zu zitieren:
Casino Hille hat geschrieben: 8. Februar 2022 15:37
Ein guter Ansatz für den nächsten James Bond wäre, sich bei Indiana Jones zu bedienen. Zeigt uns Bond als jemanden, der sich im Privatleben langweilt und nichts auf die Kette kriegt, als jemanden, der nur auf die nächste Mission, den nächsten Auftrag wartet. Ich will sehen, wie er in seinem Büro sitzt und Däumchen dreht. Wie er in der Kantine sitzt und aus dem Fenster starrt, statt mit den Kollegen zu reden. Wie er frustriert aufs Handy guckt, nur um festzustellen, dass ihm sein Date Sylvia Trench für den Abend abgesagt hat. Und dann, wenn er einen Auftrag hat, macht er eine 180 Gradwendung, ist imposant, charismatisch, selbstsicher, cool, abgebrüht. Der Bond, den wir kennen und lieben. Das ist eine neue Facette, die wir so noch nicht hatten, es ist ganz anders als bei Craig und doch persönlich und charaktergetrieben (was heute wichtig ist), es gibt dem neuen Darsteller Raum zur Entfaltung und es ist ein moderner Umgang mit Bond als Männer- und Heldentypus.
Man könnte das auch direkt für die Handlung thematisieren. Bond könnte eine Spur in einem Fall entdecken, die für M, Tanner und Co. wenig Sinn ergibt. Sie könnten an ihm zweifeln, weil sie denken: "Bond will nur mal wieder in einen Einsatz geschickt werden und macht aus einer Mücke einen Elefanten." Und dann ermittelt Bond anfangs selbstständig, bis er die Beweise hat, die M überzeugen, ihn offiziell einzusetzen. Es kann doch nicht so schwer sein, einen modernen Ansatz für Bond zu finden, der trotzdem genug Raum lässt, einen klassischen Film der Reihe zu erzählen. Man darf sich nur nicht so anstellen wie gewisse Autoren …
PTS: Irgendeine Infiltration auf einer schicken Gala-Party. Eine Agentin mit Knopf im Ohr versucht, Daten zu stehlen und spricht dabei mit ihrem männlichen Kollegen. Als es ernst wird, greift ihr Kollege (aka Bond) ein und wir bekommen den neuen Darsteller präsentiert. Coole Action, schicke Flucht, am Ende Sex. TS. Danach: Die Daten haben die gewünschten Beweise geliefert und Verhaftungen nach sich gezogen. Bond macht seinen Papierkram, schreibt den Missionsbericht fertig. Er schäkert mit Moneypenny. Er sitzt in der Kantine (alleine an einem großen Tisch, als Außenseiter). Er macht Sport, geht früh morgens joggen. Er sitzt frustriert im Büro. Er nimmt einem Kollegen im Flur ein Gerät ab, das in die Q-Branch gebracht werden soll, nur um mal irgendwas zur Ablenkung zu machen (so bekommen wir auch den neuen Q vorgestellt). Sein Date sagt ihm per SMS für den Abend ab. Usw. Dann fällt ihm etwas auf, was nicht ganz zusammenpasst, ein Name eines Unternehmens oder einer Person von dem Datenträger aus der PTS, der nicht richtig zu sein scheint. Er geht damit zu M. M scheint dieses Verhalten zu kennen, nimmt es nicht ganz ernst (weil er denkt: Bond will nur endlich wieder eine Mission bekommen) und sagt zu Bond, die zuständigen Leute würden sich drumkümmern. Bond geht auf eigene Faust zu dem Unternehmen, lernt den Geschäftsführer kennen, schnüffelt herum. Er findet etwas (wir wissen nicht, was genau), wird aber gefangengenommen. Ihm gelingt die Flucht (mithilfe der Agentin aus der PTS), flieht, große Actionszene. Bei M im Büro bekommt er den Einlauf seines Lebens. M wütet herum, Bond schweigt. Ganz am Ende, als M fertig ist und was von Suspendierung faselt, legt Bond auf den Tisch, was er gefunden hat. Es beweist seine Theorie. M räuspert sich und beauftragt Bond offiziell mit weiteren Ermittlungen. Von da an: Klassischer Bondfilm, wobei Bond jetzt ganz anders agiert als zuvor. Nicht mehr gelangweilt, antriebslos, verzweifelt, sondern charmant, charismatisch, cool, witzig etc.
Und jetzt los. Uta Briesewitz auf den Regiestuhl. Richard Madden als Bond besetzen. Gunbarrel an den Anfang. Fertig.