Re: Die Filme des Guy Ritchie

123
danielcc hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:
danielcc hat geschrieben:
@Maibaum
Weiß nicht wie das bei Bond wäre. Aber manche Punkte die dort geschrieben sind, finde ich gut beobachtet.
Ich würde mal vermuten wenn ein fast identischer Artikel von Bond oder auch MI 5 handeln würde (und das wäre gut möglich), dann hättest du eventuell dem Schreiber Arroganz vorgeworfen, und den Artikel als fuielletonistisches Gelaber abgetan.
Weiß ich nicht.
Das Ding ist ja eher so:
"Das Feuilleton" mag Bond nicht, mochte ihn noch nie. Daher gibt es wenn überhaupt immer mal wieder - wie ich finde - argumentativ sehr schwache Artikel, oder Artikel die vollkommen am Ziel der Filme vorbeigehen. Wir hatten zuletzt einen Artikel, wo jemand sich ständig selbst wiedersprach und man am Ende nicht wusste, mag er SF nun oder nicht

Ritchie ist doch eher ein Freund der Feuilleton Ecke (würde ich behaupten). Unkonventionell, künstlerisch, kultig.

Daher finde ich es cool, wenn jemand dagegen argumentiert.
Das stimmt in beiden Fällen nicht. Richtie ist kein ausgesprochener Liebling der Filmkritik, er wird kritisch begleitet. Und den Bond Filmen stehen die Kritiker längst meist positiv gegenüber. Spätestens seit den 80ern.
Was nicht heißt das es jedem gefällt, aber in der Mehrzahl waren die Kritiken zu Bond, die ich in den letzten 30 Jahren gelesen habe, eher freundlich gehalten.

Re: Die Filme des Guy Ritchie

125
GoldenProjectile hat geschrieben:Korrekt, die anderen drei sind aus meiner Sicht viel wichtiger und repräsentativer.
Wer entscheidet denn jetzt wieder, welche Filme für einen Regisseur repräsentiver als andere sind? Das ist doch Schwachsinn, wenn man danach geht, kann ich ja am Ende für jeden mir unliebsamen Regisseur nur seinen schlechtesten Film als repräsentativ brandmarken und schon steht der Gute schlechter da, als er ist. Fakt ist, die Holmes-Filme sind von Ritchie, also lässt sich mit ihnen genauso ein Urteil über den ollen Guy bilden, wie mit den anderen Filmen. Zumal es schade wäre, wenn ausgerechnet die Holmes-Filme nicht repräsentativ wären, dann käme der Ritchie bei mir zumindest leider deutlich schlechter weg als aktuell der Fall.
danielcc hat geschrieben:Der artikel ist übrigens cool. Da hat sich ein Redakteur mal Luft gemacht bzgl Ritchie :-)
Genau das stört mich daran. Das wirkt wirklich, als müsste da jemand mal seine Jahre lange Abneigung gegen einen Künstler mit der Restwelt teilen und lässt sich deshalb mal gepflegt über dessen neues Werk aus. Das klingt dann wenig sachlich und ist es vermutlich auch nicht (muss es auch gar nicht unbedingt sein, hinterlässt in diesem Fall aber besonders durch die ersten beiden sehr merkwürdigen Abschnitte einen faden Beigeschmack).
Invincible1958 hat geschrieben:Es gibt ja auch Leute, die gucken sich das Dschungelcamp auf RTL an, und fühlen sich blendend unterhalten. Aber eigentlich mögen sie es nicht so richtig bzw. wollen es nicht mögen.
Wie soll das denn funktionieren? Wenn das Dschungelcamp einen blendend unterhält, dann sollte man es auch positiv finden und auch so bezeichnen und sich nicht irgendeinem Druck hingeben, es nicht mögen zu wollen oder zu dürfen, weil es ja böses RTL-Fernsehen ist. Damit betrügt man sich am Ende ja nur selbst. Wenn ich im Kino sitze und durch das Gebotene vor mir ein Wow meinen Lippen entfleucht, dann wird mich der Film schon richtig umgehauen haben und dann muss ich ihn auch mögen. Da muss ich Maibaum zustimmen, das ist eine stark seltsame Haltung. Wenn man das Dschungelcamp oder den neuen Ritchie-Film eh schlecht finden will, dann soll man ihn einfach ungesehen runtermachen. :lol:
danielcc hat geschrieben:Eine eigene Handschrift sollte und ist doch oft viel subtiler. Da gibt es schon mehr als visuelle Gimmicks in jden Film platt einzubauen.
Ich weiß immer noch nicht, was visuelle Gimmicks sein sollen. Und warum eine eigene Handschrift plötzlich Holzhammer-artig zu sein scheint, sobald jemand sich traut, gewisse Elemente zu wiederholen (seien das nun Zeitlupen, extreme Zooms oder was weiß ich).
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme des Guy Ritchie

126
Casino Hille hat geschrieben:Wer entscheidet denn jetzt wieder, welche Filme für einen Regisseur repräsentiver als andere sind? Das ist doch Schwachsinn, wenn man danach geht, kann ich ja am Ende für jeden mir unliebsamen Regisseur nur seinen schlechtesten Film als repräsentativ brandmarken und schon steht der Gute schlechter da, als er ist. Fakt ist, die Holmes-Filme sind von Ritchie, also lässt sich mit ihnen genauso ein Urteil über den ollen Guy bilden, wie mit den anderen Filmen. Zumal es schade wäre, wenn ausgerechnet die Holmes-Filme nicht repräsentativ wären, dann käme der Ritchie bei mir zumindest leider deutlich schlechter weg als aktuell der Fall.
Das ist natürlich subjektiv zu entscheiden. Für mich bilden Lock, Stock und Snatch auf jeden Fall das überragende Paradebeispiel, zu was Ritchie visuell, erzählerisch und inhaltlich fähig ist. Sherlock Holmes ist für mich eher Ritchie-Light und nur sehr bedingt das A und O seiner filmischen Kunst. Ich finde aber auch unabhängig der subjektiv wahrgenommenen Qualität dass Ritchies frühere Filme einfach "einzigartiger" sind. Wenn mich jemand fragt welche Filme Hitchcock und Scorsese am besten repräsentieren würde ich auch sagen Vertigo, Psycho, Taxi Driver und Raging Bull und nicht Stage Fright, Trouble with Harry, Cape Fear und Hugo Cabret. :)
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme des Guy Ritchie

127
Casino Hille hat geschrieben: Ich weiß immer noch nicht, was visuelle Gimmicks sein sollen. Und warum eine eigene Handschrift plötzlich Holzhammer-artig zu sein scheint, sobald jemand sich traut, gewisse Elemente zu wiederholen (seien das nun Zeitlupen, extreme Zooms oder was weiß ich).
Was für mich Gimmicks sind:
Hoher Anteil an Zeitlupen
Zeitraffer Aufnahmen
Hoher Anteil an Handkamera bzw. besonders wacklige Aufnahmen
Extrem schnelle Schnitte
Reinzoomen / rauszoomen
Titeleinblendungen im Film am besten noch im knallig bunten Comicstil
Verschachtelte, episodenhafte Montage des Films
...

Warum sind das für mich Gimmicks? Weil es nichts davon in der Realität gibt, und mich persönlich solche Dinge zumeist aus dem Erzählfluss werfen. Oder etwas kompliziert machen, obwohl es nicht notwendig erscheint.
Wenn ich voll in einem Film drin bin, und es dann - wie bei Tarantino früher häufig - eine poppige Einblendung gibt, dann lacht man vielleicht mal, aber de facto ist der Film erstmal unterbrochen.

Sicher ist auch:
Wenn solche Dinge behutsam und geschicht eingesetzt werden, dann kann es eine Bereicherung sein. Wenn aber zB wie bei Holmes jede Actionsze zu einem Gewitter aus Zeitlupe, Zeitraffer, Zoom und sonstwas wird, nutzt sich der Effekt nicht nur ab, er stört mich.

Für mich besteht die Arbeit eines Regisseurs und seines Teams in subtileren Dingen.
Mir kommt das so ein bisserl so vor, als reagieren manche Regisseure damit auf ein immer weiter abgestumpftes Publikum. So wie manche Länder Essen ohne massiv Glutamete nicht mehr schmackhaft finden, so wie manche in Computerspielen immer mehr Gewaltexzesse brauchen, so wie Werbung nur noch über Sex funktioniert...
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Die Filme des Guy Ritchie

128
Das würde ich alles nicht als Gimmicks erachten. Sondern als filmische Mittel, mit denen man eine Geschichte erzählt. Denn es geht bei einem Film nicht um Dinge, die es in der Realität gibt und eine Geschichte, die nicht real ist, muss auch nicht erzählt werden, als wäre sie es. Ein Film funktioniert anders als ein Buch nicht nur über eine intellektuelle Ebene, sondern auch über eine emotionale. Und genau die versucht ein Regisseur anzusprechen, wenn er solche Mittel einsetzt. Ritchie setzt seine visuellen Spielereien bei Holmes 1 und 2 ja nicht ein, um es halt getan zu haben, sondern er will damit etwas bewirken, ein Gefühl ansprechen, dass Publikum emotional ansprechen. Und genau das tut er bei mir. Ritchie ist auch jemand, dem (wie auch Woo oder Kubrick) eine filminnere Spannung sehr wichtig ist, der durch seine Ästhetik und die puren Bilder selbst begeistern will. Eine magische Kinoerfahrung in diesem Zusammenhang die Verfolgungsjagd durch den Wald in Sherlock Holmes 2, in der in epischer Zeitlupe die Kanonenschläge die Protagonisten zu Boden werfen oder die Schießerei in der Lobby im ersten Matrix Film. Das ist eben deshalb grandios, weil die Regie hier nicht nur erzählt, sondern darüber hinaus das Geschehen auskostet, es zelebriert und "darstellt". Es ist immer leicht, solche Sachen als Gimmicks abzutun, aber eigentlich sind es Stilmittel, die also natürlich auch einen persönlichen Stil definieren. Und so gut wie nie leichtfertig eingesetzt werden.
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme des Guy Ritchie

129
Casino Hille hat geschrieben:Eine magische Kinoerfahrung in diesem Zusammenhang die Verfolgungsjagd durch den Wald in Sherlock Holmes 2, in der in epischer Zeitlupe die Kanonenschläge die Protagonisten zu Boden werfen oder die Schießerei in der Lobby im ersten Matrix Film. Das ist eben deshalb grandios, weil die Regie hier nicht nur erzählt, sondern darüber hinaus das Geschehen auskostet, es zelebriert und "darstellt".
Gute Beispiele, mir fallen da spontan und zum Thema passend etwa noch die Partyszene aus Lock, Stock and Two Smokin Barrels ein, in der die vier Protagonisten in der Bar von Sting ihren erfolgreichen Raubüberfall feiern. Hätte es dieselben handlungsrelevanten Informationen vermittelt, die Jungs ganz schlicht beim Trinken abzufilmen? Ja. Wäre es unterhaltsam oder originell gewesen? Nein! So wie es ist, mit rotierender Kamera, zunehmendem Zeitraffer und blödeliger Ohrwurm-Musik spiegelt es perfekt, einprägsam und vor allem witzig den steigenden Alkoholpegel wider. Du hast auch Kubrick erwähnt. Was wäre die berühmte Flatblock-Marina-Schlägerei aus Clockwork Orange ohne Zeitlupe und Rossini? Langweilig! So aber ist sie kunstvoll, ikonographisch und passt ausgezeichnet zum satirisch überzeichneten Stil des Films.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme des Guy Ritchie

130
Zu Gimmicks wird sowas wenn es unnötig oft eingesetzt wird oder kein erkennbaren Mehrwert bringt, letztlich sogar langweilt.
Wann diese Grenze erreicht ist, das mag jeder für sich beurteilen.

Wenn man dann ein Gimmick immer wieder einsetzt, wird es für mich zur Masche.


Gegenbeispiel: Hitchcock gilt für viele als Meister-Regisseur und vor allem als Meister des rein visuellen Kinos. Dennoch gibt es vermutlich kaum jemanden der mir hier ein paar typische Hitchcock Spezialitäten aufzählen kann. Es ist halt viel subtiler, Situations-abhängig...

Hitchcock hat ja ein mal ein richtiges Experiment probiert, ein Gimmick zum Extrem geführt, um anschließend festzustellen, dass sowas nichts bringt.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Die Filme des Guy Ritchie

132
Zu Hitchcocks Zeiten war das Kino in der Wahl seiner Mittel auch noch etwas schlichter. Und rein visuell sind seine Filme auch nicht, denn ohne Dialoge würden sie wohl nicht funktionieren.

Und das Hitchcock kein purer Stilist war spricht ja nicht dagegen das andere es sind.

Dany, warum möchtest du das Kino immer so viel simpler machen als es ist?
Doch Filme dürfen nicht nur, sie sollen Stil haben, eine persönliche Note. Da fängt doch der Spaß erst so richtig an.

Und Gimmicks werden all diese Dinge selbst dann nicht wenn ein Film aus nichts anderem bestehen würde.

Re: Die Filme des Guy Ritchie

133
danielcc hat geschrieben:Hitchcock gilt für viele als Meister-Regisseur und vor allem als Meister des rein visuellen Kinos.
Wie Maibaum schon erwähnte, hat Hitchcock aber noch ganz andere Schwerpunkte gehabt, die nicht zwangsläufig besser oder schlechter als andere sind. Hitchcock hat zwar auch sehr ästhetische Filme gemacht (bsp. Vertigo und Psycho mit dem berühmten Dolly Zoom, der aber natürlich nur ein Gimmick ist), war aber auch sehr an Handlungen und Dialogen interessiert. Daher ist das auch nicht wirklich ein Gegenbeispiel. Der Mann ist einen Film ganz anders angegangen als ein John Woo oder ein Stanley Kubrick einen Film angehen. Und er hat mit seiner Art (seinem Stil) überzeugt sowie Woo und Kubrick das mit ihrem können.
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.