Re: Zuletzt gesehener Film
Verfasst: 21. Februar 2010 20:15
Public Enemy No. 1 - Mordinstinkt & Todestrieb
Dieser Film ist ein Meisterwerk, eine Schande, dass er hierzulande so floppte. Naja vielleicht sollte ich anders beginnen:
Erzählt wird die Geschichte von Jacques Mesrine, der Frankreich und Kanada von den 60ern an bis 1979 mit Bankraub, Entführungen, Gefängnisausbrüchen und weiteren Straftaten in Atem hielt, bis er schließlich sogar zum Staatsfeind Nr.1 erklärt wird. 1979 wurde der dann mitten auf einer viel befahrenen Kreuzung von der französischen Polizei de facto hingerichtet.
Der erste Teil "Mordinstinkt" beginnt schon mit dem Hinweis, dass der Film auf wahren Ereignissen basiere aber Teile fiktional seien, da die Komplexität eines Menschenlebens nicht durch einen Film abgebildet werden könne. Allein dieser Disclaimer zu Beginn ist ein toller Einfall, da somit der Film die Gefahr umschifft für so manche nicht verbürgerte Begebenheit zerissen zu werden. Gleichzeitig nutzt der Film so oft es geht die wahre Geschichte und teils sogar originale Wortlaute (Gerichtsverhandlungen, Interviews). Nach dem Disclaimer sehen wir im ersten Teil jedoch eine Eröffnungsszene die dieses Spannungsfeld zwischen Authenzität und Inszenierung geschickt nutzt: Wir sehen während den Credits Mesrines letzte Minuten, jedoch leicht zeitversetzt und aus verschiedenen Takes bestehend. Das gleiche jedoch immer ein klein wenig anders. Dieses regietechnische Schmankerl ist nur eine der vielen tollen Einfälle mit denen uns die beiden Filme (die ja eigentlich ein Werk sind) erfreuen. Doch dazu später mehr.
Der erste Teil zeichnet ein Portrait Mesrines, des ehemaligen Soldaten und Algerien-Veterans, der den Einstieg in die Gesellschaft verpasst und nun an "von Beruf" Krimineller ist. Der zweite Teil "Mordinstinkt" schildert wiederum die zunehmende Extremisierung und auch Politisierung seiner Taten, wohlwissend dass er "nicht in einem Bett sterben wird."
Der zweite Teil endet wie der Beginn des ersten Teils, mit Mesrines letzten Minuten und seiner öffentlichen "Hinrichtung". Hier jedoch nehmen wir das Geschehen aus den Augen der Polizei wahr. Diese letzten 10 Minuten des Gesamtwerks sind eine spannungs- und regietechnische wie man sie sonst allenfalls in einem Hitchcock sieht.
Die Darsteller rekrutieren sich durchweg aus der französischen Schauspielelite. Allen voran Vincent Cassel als Mesrine hätte einen Oscar verdient. Er spielt die Rolle nicht nur, er ist Mesrine. Wer Cassel zum Vergleich als "sich selbst" beispielweise in einem Interview sieht weiss was ich meine. Regietechnisch ist der Film wie schon erwähnt auf allerhöchstem Niveau und muss den Vergleich mit der Leistung eines Christopher Nolan nicht scheuen. Ich hoffe inständig, dass Regisseur Jean-François Richet die Chance bekommt weitere solche Glanzleistungen zu bringen.
Das Drehbuch ist auch über jeden Zweifel erhaben. Beim ersten Teil hat man die unumgehbaren großen Zeitsprünge sehr gut gemeistert. Nirgends gibt es größere Löcher oder Verständnisschwierigkeiten. Dazu schaffen es beide Teile die Spannung aufrecht zu erhalten, nirgends hat das Werk erwähnenswerte Hänger in der Dramaturgie. Insgesamt wird die Figur des Jacques Mesrine auch sehr vielschichtig und durchaus fair behandelt. Ein solch feines Portrait einer wahren Persönlichkeit hat man selbst in den besten Film-Biographien nicht gesehen (allensfalls evtl in "Walk the Line" und "Aviator").
Im weiteren sei noch der wirklich perfekt passende Soundtrack zu loben. Mal dezent, mal geradezu hämmernd unterstreicht der die Bilder und die Handlung. Auch die Produktionswerte des Films können begeistern. Das für einen europäischen Film horende Budget von 45 Millionen € sieht man dem Film in jedem Bild an. Die jeweilige Zeit erwacht in den Bildern zum Leben.
Schächen sehe ich bei diesem Film wirklich keine. Der thematisch und zeitlich ähnlich gelagerte "Der Baader-Meinhof-Komplex" wirkt im Vergleich zum Public Enemy No. 1 wie ein B-Movie.
Der Film ist in allen Belangen perfekt ausblanciert. Man hat mit der Story von Jacques Mesrine einen ziemlich gefährlichen Weg bestritten, denn solche Projekte scheitern weit öfters als, dass die triumphiren. Letzteres macht Public Enemy No. 1 auf ganzer Linie. Der beste Film aus Frankreich der letzten Jahre und einer der besten des letzten Jahre insgesamt. Ein Meisterwerk.
10 von 10 Punkten.
Wer nun nach meiner Mammutkritik Interesse an dem Film haben sollte, hier die Trailer:
Teil 1:
Teil 2:
Dieser Film ist ein Meisterwerk, eine Schande, dass er hierzulande so floppte. Naja vielleicht sollte ich anders beginnen:
Erzählt wird die Geschichte von Jacques Mesrine, der Frankreich und Kanada von den 60ern an bis 1979 mit Bankraub, Entführungen, Gefängnisausbrüchen und weiteren Straftaten in Atem hielt, bis er schließlich sogar zum Staatsfeind Nr.1 erklärt wird. 1979 wurde der dann mitten auf einer viel befahrenen Kreuzung von der französischen Polizei de facto hingerichtet.
Der erste Teil "Mordinstinkt" beginnt schon mit dem Hinweis, dass der Film auf wahren Ereignissen basiere aber Teile fiktional seien, da die Komplexität eines Menschenlebens nicht durch einen Film abgebildet werden könne. Allein dieser Disclaimer zu Beginn ist ein toller Einfall, da somit der Film die Gefahr umschifft für so manche nicht verbürgerte Begebenheit zerissen zu werden. Gleichzeitig nutzt der Film so oft es geht die wahre Geschichte und teils sogar originale Wortlaute (Gerichtsverhandlungen, Interviews). Nach dem Disclaimer sehen wir im ersten Teil jedoch eine Eröffnungsszene die dieses Spannungsfeld zwischen Authenzität und Inszenierung geschickt nutzt: Wir sehen während den Credits Mesrines letzte Minuten, jedoch leicht zeitversetzt und aus verschiedenen Takes bestehend. Das gleiche jedoch immer ein klein wenig anders. Dieses regietechnische Schmankerl ist nur eine der vielen tollen Einfälle mit denen uns die beiden Filme (die ja eigentlich ein Werk sind) erfreuen. Doch dazu später mehr.
Der erste Teil zeichnet ein Portrait Mesrines, des ehemaligen Soldaten und Algerien-Veterans, der den Einstieg in die Gesellschaft verpasst und nun an "von Beruf" Krimineller ist. Der zweite Teil "Mordinstinkt" schildert wiederum die zunehmende Extremisierung und auch Politisierung seiner Taten, wohlwissend dass er "nicht in einem Bett sterben wird."
Der zweite Teil endet wie der Beginn des ersten Teils, mit Mesrines letzten Minuten und seiner öffentlichen "Hinrichtung". Hier jedoch nehmen wir das Geschehen aus den Augen der Polizei wahr. Diese letzten 10 Minuten des Gesamtwerks sind eine spannungs- und regietechnische wie man sie sonst allenfalls in einem Hitchcock sieht.
Die Darsteller rekrutieren sich durchweg aus der französischen Schauspielelite. Allen voran Vincent Cassel als Mesrine hätte einen Oscar verdient. Er spielt die Rolle nicht nur, er ist Mesrine. Wer Cassel zum Vergleich als "sich selbst" beispielweise in einem Interview sieht weiss was ich meine. Regietechnisch ist der Film wie schon erwähnt auf allerhöchstem Niveau und muss den Vergleich mit der Leistung eines Christopher Nolan nicht scheuen. Ich hoffe inständig, dass Regisseur Jean-François Richet die Chance bekommt weitere solche Glanzleistungen zu bringen.
Das Drehbuch ist auch über jeden Zweifel erhaben. Beim ersten Teil hat man die unumgehbaren großen Zeitsprünge sehr gut gemeistert. Nirgends gibt es größere Löcher oder Verständnisschwierigkeiten. Dazu schaffen es beide Teile die Spannung aufrecht zu erhalten, nirgends hat das Werk erwähnenswerte Hänger in der Dramaturgie. Insgesamt wird die Figur des Jacques Mesrine auch sehr vielschichtig und durchaus fair behandelt. Ein solch feines Portrait einer wahren Persönlichkeit hat man selbst in den besten Film-Biographien nicht gesehen (allensfalls evtl in "Walk the Line" und "Aviator").
Im weiteren sei noch der wirklich perfekt passende Soundtrack zu loben. Mal dezent, mal geradezu hämmernd unterstreicht der die Bilder und die Handlung. Auch die Produktionswerte des Films können begeistern. Das für einen europäischen Film horende Budget von 45 Millionen € sieht man dem Film in jedem Bild an. Die jeweilige Zeit erwacht in den Bildern zum Leben.
Schächen sehe ich bei diesem Film wirklich keine. Der thematisch und zeitlich ähnlich gelagerte "Der Baader-Meinhof-Komplex" wirkt im Vergleich zum Public Enemy No. 1 wie ein B-Movie.
Der Film ist in allen Belangen perfekt ausblanciert. Man hat mit der Story von Jacques Mesrine einen ziemlich gefährlichen Weg bestritten, denn solche Projekte scheitern weit öfters als, dass die triumphiren. Letzteres macht Public Enemy No. 1 auf ganzer Linie. Der beste Film aus Frankreich der letzten Jahre und einer der besten des letzten Jahre insgesamt. Ein Meisterwerk.
10 von 10 Punkten.
Wer nun nach meiner Mammutkritik Interesse an dem Film haben sollte, hier die Trailer:
Teil 1:
Teil 2: