Hallo!
Erstmal vorneweg: Der Grund, dass ich erst jetzt schreibe, hat damit zu tun, dass ich die Umfrage bisher noch gar nicht bemerkt habe ... ich hab mich immer schon gewundert, warum es eine solche nicht mehr gibt seit der Umstellung im "Umfragen"-Bereich.
Aber was ich bis jetzt sehe, bietet ja reichlich Zündstoff für Diskussionen ...
Also, zum Thema:
Der beste Bond-Film ist für mich ganz klar immer noch
On Her Majesty's Secret Service. Ich bin schon seit langem Anhänger des Films, vor allem seit ich - was auch schon wieder ein bis zwei Jahre her sein dürfte - die englische Version gesehen habe.
Kurz gesagt: Der Film ist nahezu perfekt.
Aber was macht ihn perfekt? Einen guten Bond-Film macht in meinen Augen immer noch das folgende aus:
- Ein guter Bonddarsteller. Das könnte jetzt schon wieder eine neue Diskussion geben, aber da ich jetzt nicht zu sehr abdriften möchte, behaupte ich einfach mal, dass ein guter Bond-Darsteller das ist, was dem Bond aus den Fleming-Büchern am nächsten kommt (Beschwerden bitte per PN^^).
- Ein genialer Bösewicht. Er muss nicht unbedingt physisch mit Bond gleichauf sein, sondern kann von mir aus auch aus dem Hintergrund agieren.
- Ein niveauvolles Bond-Girl. Und "niveauvoll" soll hier nicht bedeuten, dass es auf einer Ebene mit James Bond steht (wie z.B. Jinx in Die Another Day. Wohl eher noch das Gegenteil. Schauspielerisch muss natürlich auch Substanz vorhanden sein.
- Eine gute Handlung, was in den meisten Fällen gleichzsetzen ist mit einer Drehbuchvorlage, die aus der Feder Flemings stammt. Ich behaupte hier wieder einmal, dass ich am gelungensten immer noch die Bond-Filme finde, die so weit wie möglich auf dem gleichnamigen (oder auch einem anderen) Buch basieren! Der Rest hat es sehr schwer, sich bei mir durchzusetzen.
- Eine guet Filmmusik ist und bleibt das Salz in der Suppe, ohne sie kann man jeden Film vergessen.
Sicherlich gibt es für andere Zuschauer noch viele weitere Punkte, die einen Bond-Film gelungen machen, aber für mich sind die oben genannten die Hauptsachen, die stimmen müssen. Über alles andere kann man reden, es muss aber nicht zwangsläufig vorhanden sein.
Hier nenne ich auch gerne wieder meine Abneigung gegenüber der Inflation von Schauplätzen, gerade in Filmen wie
The Spy Who Loved Me oder dessen Nachfolger,
Moonraker. Für viele sind ganz kalr die Locations wichtige Bestandteile eines gelungenen Bond-Streifens. Ich sehe das ähnlich, allerdings bin ich dann zufrieden, wenn die Locations auch zur Handlung passen, und diese eng eingewoben ist. Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum man die Handlung des Films
Moonraker über den halben Erdball verteilt hat. Das ist völliger Schwachsinn. Im Vorgängerfilm fing es mit Ägypten schon an. Die Pyramiden mögen ja schön anzusehen sein, aber ich hasse es, wenn Locations total austauschbar sind, und nichts genaues mit der Handlung zu tun haben!
Da muss ein Zusammenhang bestehen für mich. Sonst ist der Film gescheitert!
Um jetzt nach dem kleinen Exkurs wieder zur eigentlichen Frage zu kommen, was denn mein Lieblings-Bondfilm ist, kann ich dazu nur sagen, dass die Punkte, die ich oben aufgelistet habe, von
On Her Majesty’s Secret Service in außerordentlicher Form erfüllt werden.
Über den von John Barry gelieferten Soundtrack brauchen wir gar nicht reden, denke ich. Selbst als Kritiker des Films muss man neidlos anerkennen, dass er einer der besten (für mich sogar der beste) der ganzen Serie ist. Seinen Höhepunkt erreicht er, als Bond sich in der Kanzlei Gumboldt aufhält. Alle anderen Stücke sind aber auf jeden Fall gleichwertig, das
OHMSS-Theme genial. In Verbindung mit dem wirklich grandiosen Maurice-Binder-Vorspann muss man es einfach auf sich wirken lassen.
George Lazenby steht in meinen Augen Connery in nichts nach. Seine schauspielerische Leistung ist ebenfalls super, ich weiß nicht, was man an ihm auszusetzen haben kann.
Genauso sehe ich auch Telly Savalas, der Blofeld sehr gut verkörpert. An die Leistung von Donald Pleasence in
You Only Live Twice zwei Jahre zuvor kommt er trotzdem nicht heran. Natürlich gehört Savalas aber auch zu den Über-Bösewichten der ganzen Serie, kaum einer verkörperte seine Rolle so realitätsnah. Viele sehen es auch als Vorteil, dass er physisch ganz gut mit Bond mithalten kann, mir ist es aber relativ egal, die kleine Verfolgungsjagd am Schluss hätte auch Grunther übernehmen können oder ein andere Handlanger.
Wo wir auch schon bei Irma Bunt (nicht „Bund“ und nicht „Bundt“) sind, die genau das ist, was Bond noch braucht. Ähnlich wie Rosa Klebb in
From Russia with Love ist sie eine Frau, die Bond zur Abwechslung mal nicht verführen kann und will. So bleibt sie während des ganzen Films immer eine Gefahr. Vor allem, weil sie loyal zu Blofeld steht. Ilse Steppat gefällt mir sehr gut in der Rolle, sie entspricht den Anforderungen, die vom Aussehen usw. gestellt waren, ganz ordentlich. Schauspielerisch war sie natürlich super, auch wenn nicht viel von ihr verlangt wurde, denke ich.
Da hatte es Diana Rigg als Tracy di Vincenzo sicherlich schwieriger, da sie wohl das Bond-Girl ist, das in der 40-jährigen Geschichte der Filme am meisten Tiefgang hatte. Ihre Lebensgeschichte ist ja wahrlich nicht die einfachste, aber Rigg spielt die Tracy, als ob sie das alles selber erlebt hätte. Auch wenn sie nicht dem entspricht, was Fleming im gleichnamigen Roman vorgibt, ist sie trotzdem großartig.
Um noch zum letzten Punkt zu kommen, der Handlung: Ich habe ein kleines Problem damit, dass man sie auf die ganze Welt ausgeweitet hat, und nicht wie im Buch nur England bedroht. So werden natürlich auch die Mädchen auf dem Piz Gloria exotischer, aber man hätte es nicht unbedingt machen müssen, denke ich. Der Plot des Bösewichtes ist auf jeden Fall erwähnenswert, ich würde ihn fast schon gleichsetzen mit dem aus dem Film
Thunderball, der für mich das Nonplusultra bildet in der ganzen Serie (
der Klassiker, mit anderen Worten).
Die Handlung an sich, der dramaturgische Aufbau, ist für mich auch ganz besonders schön gemacht. Der Anfang ist wunderbar (der Kampf am Strand – genialst!), dann das etwas andere Briefing bei M, daraufhin die Verbissenheit Bonds, auf eigene Faust seinen Erzrivalen aufzuspüren.
Das Amt für Heraldik ist wieder so ein typisches klassisches Element in dem Film, die Einführung des Familienwappens auch. Natürlich ist das nicht unbedingt nötig, aber es verleiht dem Film so ein Gefühl, sich wieder auf die literarische Vorlage zu besinnen, in der die Szenen noch viel ausführlicher beschrieben sind (leider nicht in der deutschen, wo seitenweise gekürzt wurde). Daran anschließen soll sich Gerüchten zufolge das sogenannte „London Rooftop Chase“, eine Verfolgungsjagd über Londons Dächern. Leider weiß niemand, ob es so etwas wirklich gibt, aber ich kann es mir vorstellen, wenn man bedenkt, dass der Film in der Urversion gute drei Stunden Laufzeit hatte.
Die Schweiz ist dann wieder ein neues Kapitel im Film. Schöne, bodenständige Location, die auch, wie von mir gefordert, gut in die Handlung eingebunden wurde. Die Skiabfahrten sind einfach nur grandios, vor allem die Kameraführung in Verbindung mit der Musik. Dagegen wirken die aus
For Your Eyes Only und
The World Is Not Enough nur abgekupfert. Das Original bleiben die von 1969.
Die Alpen sind die ohne Frage super in Szene gesetzt in diesem Film. Leider fehlen ein paar schöne Aufnahmen in der deutschen Filmversion, aber trotzdem sind sie einfach nur eine perfekte Bühne für alles das, was sich dort abspielt. Die ganze Szenerie dort erinnert insgesamt auch eher an einen Kriminalfilm, als an einen Thriller.
Bonds Auftritt im Schottenrock und sein Verhalten finde ich absolut gerechtfertigt. Bond muss ja irgendwie an den Villain herankommen, und so geht es eben am einfachsten. Ich habe keinerlei Problem damit, dass er sich verstellt. Es gehört einfach zum Film, und ohne diese Szenen würde mir auch etwas fehlen!
Vielleicht erscheint es manchem Brosnan-Fanatiker zu altmodisch oder sonst irgendwie nicht „bondig“, aber es ist einfach total gerechtfertigt, wie Bond auftritt! Heute würde man es sicher anders lösen, wahrscheinlich mit einem unsichtbaren Flugezeug und einem Pierce-Brosnan-Bond, der erst durch hunderte Maschinengewehrsalven an den Bösewicht herankommt.
Das Schöne an dem Film ist aber einfach die Einfachheit, die Bodenständigkeit und der Beweis, dass eine gefährliche Mission manchmal gar nicht so spektakulär angelegt sein muss.
Das Piz Gloria, der ehemalige Skiclub, ist eine herrliche Sache, die sogar das Buch übertrifft! Eine geniale Entscheidung, die Szenen auf dem Schilthorn zu drehen.
Damit ist meine Rechtfertigung zuende, was
On Her Majesty’s Secret Service betrifft. Ich hoffe, ihr konntet mir folgen, auch wenn ich mir sicher bin, dass ich noch ein paar Argumente vergessen habe, die den Film zu einem absoluten Klassiker und zum mit Abstand besten der Serie machen!
Übrigens gibt es unter den Bond-Fans mehr als man denkt, die den Film favorisieren.
Jedem würde ich trotzdem empfehlen, das gleichnamige Buch auf Englisch zu lesen. Vielleicht mögt ihr den Film dann ein bisschen mehr.
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In meiner kleinen Rangliste folgen auf
On Her Majesty’s Secret Service mehrere Filme, bei denen es mir schwer fällt, feste Positionen festzulegen, aber ich versuche es mal so:
2.
Licence To Kill: Ein genialer Film, was ich erst spät gemerkt habe. Auch wenn mir das Ende nicht so gut gefällt (hierzu empfhle ich, folgendes zu lesen:
viewtopic.php?t=1522). Ein toller Dalton als Bond, die Argumentation hat User 007 schon geschrieben. Ganz klar ein Highlight der Serie.
3.
Dr. No: Der erste Bond ist ein ganz klarer Klassiker. Wunderbare Locations, ein super Bösewicht und Honey Rider ist und bleibt das Bond-Girl schlechthin. Hier passt alles super zusammen, und der Soundtrack ist ebenfalls großartig (auch wenn er an den von
On Her Majesty’s Secret Service nicht herankommt).
Eine mehr als gelungene Einführung in die Serie.
4.
From Russia With Love: Den Film habe ich mir letztens nach ewig langer Pause wieder angeschaut und ich war total begeistert. Ein richtig gut angelegter Spannungsbogen, vor allem im Orientexpress. Dass es keinen klar definierten Bösewicht gibt, finde auch ich nicht so gut. Auch ein Klassiker.
5.
Goldfinger: Der wohl beliebteste und auch bekannteste Film der ganzen Serie. Gert Frübe ist ein super Bösewicht (meine Argumentation hier:
viewtopic.php?p=50930#50930), erstmals gibt es ein schönes Bond-Auto. Der Plot und die Handlung sind Legende, es ist einfach
der Film schlechthin, auch wenn er gegen die vier vor ihm nicht ankommt!
Das war mein Standpunkt in Sachen
Bester Bondfilm mal etwas ausführlicher.
Als letztes hätte ich noch zu sagen, dass es für mich ganz wichtig ist, dass ein guter Film auch eine Verbindung hat zu den Fleming-Büchern.
Deshalb mag ich viele andere auch nicht so, z.B. die Filme der Brosnan-Ära, allen voran
Tomorrow Never Dies, der in meinen Augen nicht viel mehr als Ballerei zu bieten hat.
Vielen Filmen fehlt einfach der gut recherchierte Fleming-Hintergrund, den Filme wie On Her Majesty’s Secret Service oder From Russia with Love haben. Ich möchte nicht sagen, dass die Filme von Mal zu Mal schlechter wurden, denn es gibt auch Lichtblicke, aber ein bisschen ist da schon dran, denke ich.
Schauen wir mal, was uns im 21. Bondfilm erwartet. Ich hoffe, er hält, was der Titel verspricht. Vielleicht schafft er es sogar in meine Top-5, wer weiß?
Grüßle
ernst