Re: Zuletzt gesehener Film

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Im Kino: Starship Troopers bleibt in diesem Subgenre unerreicht, aber wer hätte ernsthaft daran gezweifelt?

Mickey 17

In seiner thematischen Ausrichtung zu oberflächlich und seiner kritischen Anlage zu zahnlos geratene SiFi-Satire auf aktuelle, sozial-gesellschaftliche Missstände. Von „Parasite“-Macher Bong Joo-ho darf man angesichts einer lediglich relativ unterhaltsamen Dystopie-Groteske durchaus enttäuscht sein.


Wer sich an eine Sozial- und Gesellschaftssatire im Science-Fiction-Gewand macht, der kann aus dem Vollen schöpfen. Schließlich lässt sich in zukünftige Szenarien so ziemlich alles hinein verhandeln, was in der Gegenwart (oder Vergangenheit) dysfunktional, kritikwürdig oder mindestens bedenklich ist. Wenn dann auch noch ein ausgewiesener und mehrfach prämierter Experte wie Bong Joon-ho übernimmt, stehen die Zeichen flugs auf „Must See“. Der südkoreanische Regisseur hat immerhin die dystopische Parabel „Snowpiercer“ (2013) und die rabenschwarze Sozial-Groteske „Parasite“ (2019) im Portfolio ...

https://www.ofdb.de/film/387908,955620, ... 17/review/...
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

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Ich konnte heute Edward Bergers Konklave sehen und muss sagen, dass ich mich an keinen anderen Film erinnern kann, bei dem sich die Qualität von Hälfte 1 und Hälfte 2 so stark unterschieden haben. Dabei konnte mich der Film in der ersten Stunde ganz erstaunlich in seinen Bann ziehen. Die genaue Schilderung der Rituale und Abläufe im Konklave sowie die atmosphärische Dichte, mit der die Welt im Vatikan bzw. die darin nochmals eingekapselte Welt des Konklave gezeichnet wurde, trafen bei mir voll ins Schwarze. Dazu einen Ralph Fiennes in Galaform, der den Film mühelos als darstellerisches und charismatisches Zentrum zu schultern wusste. Umso erschütterter war ich, wie stark die zweite Stunde dann nachließ. Gut, wer am Schluss Papst wird war eigentlich von Beginn an klar, diese extreme Vorhersehbarkeit würde ich dem Film dann auch nicht vorwerfen wollen (naja, ein klein bisschen dann schon). Aber mit welcher Impertinenz Film und Regisseur (und nach allem was ich gelesen habe wohl auch die Vorlage) hier die Intelligenz seines Publikums beleidigt ist dann schon extrem ärgerlich. Jedenfalls empfand ich die mit zunehmender Laufzeit immer stärker forcierte extreme figürliche und thematische Schwarz-Weiß-Malerei am Ende nur noch peinlich. Und da war er dann doch wieder, der von mir im Vorfeld ja bereits befürchtete "Berger-Touch", der sich in in ziemlich ähnlicher Art und Weise ja bereits beim völlig missratenen IWNN-Remake gezeigt hatte. Wobei jener dann immerhin qualitativ deutlich homogener war - was immer das auch wert ist. Konklave hingegen muss bei mir mit dem ewigen Makel leben, dass er in nicht unerheblichen Teilen seiner Laufzeit gezeigt hat, was Thema und Besetzung hergeben, nur um es dann - in leider ebenfalls nicht unerheblichen Teilen seiner Laufzeit - in Manier einer tumben Abrissbirne wieder mühelos einzureißen. Mathematisch wären das dann wohl 6 - 6,5 Punkte, aber gefühlt ist es dann doch ein unterdurchschnittliches Werk.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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So stark habe ich den qualitativen Abfall nicht wahrgenommen, aber es stimmt, dass der Film einige hanebüchene Haken schlagen muss, um zu seiner - gar nicht mal so originellen - Schlusspointe zu kommen. Im letzten Drittel gab es da mehrere Entwicklungen, die mir aufgesetzt und konstruiert vorkamen. Ich würde Berger zudem auch vorwerfen, dass sein Film schon bemüht ist, ausgeglichen in der Darstellung von Glauben und religiöser Institution zu sein, die kritischere Beleuchtung der Katholischen Kirche aber immer noch mit Samthandschuhen daherkommt. Da wird dann mal kurz das Thema Kindesmissbrauch in den Mund genommen, aber schnell wieder vergessen, sonst lässt es sich nicht mehr so gut unterhalten.

Letztlich haben mich die durchweg exzellenten Darsteller (neben Ralph Fiennes vor allem noch John Lithgow und Isabella Rossellini) und die sehr ästhetische Umsetzung (Regenschirme!) aber gut genug unterhalten, um mit 7/10 aus "12 Angry Cardinals" rauszugehen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Casino Hille hat geschrieben: 24. März 2025 12:54 So stark habe ich den qualitativen Abfall nicht wahrgenommen, aber es stimmt, dass der Film einige hanebüchene Haken schlagen muss, um zu seiner - gar nicht mal so originellen - Schlusspointe zu kommen.
Zugegeben - die hatte ich tatsächlich dann auch nicht auf dem Schirm, fand sie aber aus anderen Gründen dann wieder sehr dämlich, dazu aber gleich noch mehr.
Casino Hille hat geschrieben: 24. März 2025 12:54Im letzten Drittel gab es da mehrere Entwicklungen, die mir aufgesetzt und konstruiert vorkamen. Ich würde Berger zudem auch vorwerfen, dass sein Film schon bemüht ist, ausgeglichen in der Darstellung von Glauben und religiöser Institution zu sein, die kritischere Beleuchtung der Katholischen Kirche aber immer noch mit Samthandschuhen daherkommt.
Interessant, das sehe ich tatsächlich dann ganz anders. Für mich ist die 2. Hälfte des Film Bashing der Katholischen Kirche in Reinkultur. Der ganz Aufbau des Films hin zu einer: "wir zeigen der katholischen Kirche jetzt mal, wie man sie richtig modernisieren und aufziehen sollte" finde ich aufgrund seiner Plumpheit einfach nur peinlich. Vertseh mich nicht falsch: Kritikpunkte gäbe es genug und die könnte man auch im Rahmen einer eher auf den Mainstream zielenden Verfilmung auch gerne und gut anbringen. Aber das macht der Film ja gerade nicht. Und - so wie ich es sehe - nicht weil er das nicht will, sondern weil er es schlicht aufgrund seiner Voreingenommenheit nicht kann. Wer ein so eindimensionales Bild der katholischen Kirche und ihrer spirituellen Führer zeichnet, der hat an echter Kritik kein Interesse. Ich fass mal kurz zusammen: die Preferiti setzen sich zusammen aus einem reaktionären, rassistischen Kriegstreiber, einem korrupten Lügner und Betrüger, einem aggressiven Frauen- und Homosexuellendiskriminierer und einem egomanischen A.r.schloch.
Spoiler
Dem gegenüber stellt der Film als einzig wahre Zukunft für die katholische Kirche eine biologische Frau als Anführer.
Klar, so einfach kann man sich die Weltsicht auch gestalten, aber darf sich dann halt nicht wundern, wenn man nicht für voll genommen wird.
Casino Hille hat geschrieben: 24. März 2025 12:54Letztlich haben mich die durchweg exzellenten Darsteller (neben Ralph Fiennes vor allem noch John Lithgow und Isabella Rossellini) und die sehr ästhetische Umsetzung (Regenschirme!) aber gut genug unterhalten, um mit 7/10 aus "12 Angry Cardinals" rauszugehen.
Lithgow fand ich aufgrund der Eindimensionalität seiner Rolle gar nicht mal so toll, Fiennes hat mich aber auch dieses Mal wieder sehr überzeugt - auch wenn auch er schon deutlich besser war. Die Regenschirme, ja das sah schön aus, war aber irgendwie auch wieder symptomatisch für die Plakativiät des Films: die Art und Weise wie auch die Länge, wie diese Szene integriert ist, schreit förmlich: "Hallo Zuschauer!!! Hier kommt eine visuell künstlerisch-anspruchsvolle Einstellung!!!". Hätte mir besser gefallen, wenn man so etwas subtiler eingebaut hätte und nicht dann gefühlt (wenn es in echt überhaupt weniger war) eine halbe Minute die Regenschirme gezeigt hätte. Aber gut, Subtilität ist nun auch nicht unbedingt die Forte dieses Films. :)
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Re: Zuletzt gesehener Film

10866
Ich persönlich finde es interessant, dass "Konklave" mich die ganze Zeit packen konnte, obwohl im Film eigentlich nicht viel passiert.
Das lag neben der tollen Atmosphäre und den großartigen Schauspielern, auch an dem Thema, das ich total interessant fand.

Den Twist am Ende fand ich auch wirklich überraschend. Ob der jetzt einem zusagt, muss jeder für sich selbst entscheiden.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Zuletzt gesehener Film

10867
Habe mir Konklave auch soeben angeschaut. Dabei war die Meinung hier und auch von meinem Bruder eher negativ.
ich konnte gar keinen Qualitätsabfall im Film bemerken. Es ist aber auch nicht so, als wäre da jetzt irgendwas außergewöhnlich gut gewesen. Für einen solchen Award Film ist das eher seichte Sherlock Holmes Ware - sozusagen. In gewisser Weise eine Action- und Spannungslose Version von Dan Browns Angels and Demons. Einige Motive sind sich sehr ähnlich inkl. der flammenden Rede die dann zu einer sehr ungewöhnlichen spontanen Papstwahl führt (allerdings hat den Brown 16 Jahre vor Harris geschrieben und der Roman ist auch um 15 Dimensionen reichhaltiger).

Ja klar, es macht Spaß Fiennes beim Grübeln und Ermitteln zuzuschauen. Tucci ist immer ein Sympathieträger. Lithgow und Castellitto sind wunderbar abstoßend. Die Handlung ist einigermaßen spannend. Inszenatorisch ist das alles nett, erst die akzentuierte Musik gibt dem Film eigentlich etwas Besonderes.

Für mich eine 6/10

P.S. Fand den Film jetzt gar nicht kirchenkritisch. Platte Figuren gibt es immer, fast zwangsläufig in einem an sich simplen "Krimi" wenn man den Film im Kern so nennen muss. Der Film zeigt ja mindestens zwei unterschiedlichen Denkrichtungen, konservativ und liberal/progressiv. Wenn der Film kirchenkritisch sein soll, dann doch eher so, dass er zeigt, dass auch die Kirche mit sich kritisch ist.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Zuletzt gesehener Film

10871
Casino Hille hat geschrieben: 27. März 2025 20:14 Haben wir echt keinen Thread zu Robert Altman? Sauladen hier ...

Was sagt das Forum zu seinem "The Player" (1992)? Lohnt sich der?
Allerdings, was soll dann erst ich als beinharter Altman-Aficionado da sagen!? Und dabei hätte ich doch gerade zu Altman und seinen Filmen so viel zu sagen. :D

The Player ist super und wie Maibaum schon sagte sein grosses Comeback nachdem er in den 80ern ein bisschen aus dem Rampenlicht verschwunden war. Ab The Player kam von ihm bei den folgenden 9 Filmen dann auch nur noch ein mittelmäßiges Werk, alles andere waren in meinen Augen gute bis sehr gute Filme. The Player läutete von daher also eine bemerkenswerte Karrierespätphase ein, die so in meinen Augen nicht allzu viele Regisseure vorweisen können.

P.S. Vorsicht: von der deutschen Player-Blu ist abzuraten, da mit 1080i in der falschen Geschwindigkeit abgelegt. Daher lieber zu den internationalen VÖs greifen (zB die Criterion, die hab ich selber auch).
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Re: Zuletzt gesehener Film

10872
Maibaum hat geschrieben: 12. März 2025 14:38 Deutlich besser gefällt mir immer noch Butch Cassidy and the Sundance Kid, das war früher mal einer meine Lieblinge, aber er ist nicht mehr ganz so schick wie wie früher, da er sich doch etwas zu sehr in immer denselben Humor eingerichtet hat. Aber der ist auch aus heutiger Sicht noch überragend photographiert. 9/10
Heute im Kino gesehen, und ja, verglichen mit "The Sting" sowieso, aber auch im Allgemeinen war "Butch Cassidy and the Sundance Kid" ein wirklich tolles Erlebnis. Superb photographiert, wie du schon gesagt hast, aber auch inhaltlich wirklich reichhaltig. Die sehr lange Verfolgung in der ersten Hälfte des Films hat trotz der auch oft humorigen Stimmung des Films etwas Essentielles und Erschreckendes. Es ist gewissermaßen eine Geschichte darüber, dass einen die Konsequenzen der eigenen Handlungen immer irgendwann einholen und niemand seinem Schicksal entfliehen kann, egal welche Anstrengungen er auch unternimmt. Redford und Newman sind köstlich - und anders als "The Sting" sind sie hier wirklich gleichberechtigte Protagonisten, die sich fast alle Szenen teilen - und die Musik ist überragend, auch abseits des einen großen bekannten Ohrwurms.

Stilistisch viele schöne Entscheidungen, auch mit Mut zur Verkürzung oder Auslassung. Würde sich auf eine schräge Art für ein Double Feature mit "Once Upon a Time in Hollywood" von Quentin Tarantino eignen. Beides Buddy-Movies über Freunde, die am Kipppunkt zwischen einer alten und einer neuen Welt stehen, und sich dadurch überholt und aus der Zeit gefallen zugleich anfühlen. Ich teile die 9/10.

Btw: Wer "Red Dead Redemption 2" gespielt hat, dürfte bei "Butch Cassidy and the Sundance Kid" einige Aha-Momente erleben.
AnatolGogol hat geschrieben: 28. März 2025 17:41 The Player ist super (...)
Vorsicht: von der deutschen Player-Blu ist abzuraten, da mit 1080i in der falschen Geschwindigkeit abgelegt
Danke für die Auskunft und für die Warnung, dann werde ich eine ausländische Scheibe ordern! :)
Vielleicht ist das dann die nötige Motivation, die einen Robert-Altman-Thread ins Leben ruft. :wink:
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Re: Zuletzt gesehener Film

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AnatolGogol hat geschrieben: 28. März 2025 17:41 Ab The Player kam von ihm bei den folgenden 9 Filmen dann auch nur noch ein mittelmäßiges Werk.

The Player läutete von daher also eine bemerkenswerte Karrierespätphase ein, die so in meinen Augen nicht allzu viele Regisseure vorweisen können.
Mein grösster und wohl einziger Altman-Berührungspunkt ist es, bei Mash fast eingeschlafen zu sein, aber jetzt bin ich doch neugierig wegen dieses Absatzes, den ich auch beim zweiten Durchlesen nicht verstehe (bei Mash ist es aber gar nie zu einem zweiten Durchschauen gekommen :mrgreen: ). Anyway, ist das jetzt positiv oder negativ zu verstehen in Bezug auf die Filme nach dem Player?
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Re: Zuletzt gesehener Film

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GoldenProjectile hat geschrieben: 29. März 2025 09:54 Mein grösster und wohl einziger Altman-Berührungspunkt ist es, bei Mash fast eingeschlafen zu sein, aber jetzt bin ich doch neugierig wegen dieses Absatzes, den ich auch beim zweiten Durchlesen nicht verstehe (bei Mash ist es aber gar nie zu einem zweiten Durchschauen gekommen :mrgreen: ). Anyway, ist das jetzt positiv oder negativ zu verstehen in Bezug auf die Filme nach dem Player?
Ja, mea culpa, ich hatte schon beim Schreiben den Verdacht, dass mein Geschreibsel missverständlich ankommen könnte, :)
Was ich sagen wollte: ab The Player sind alle Altmänner gut bis sehr gut mit einer mittelmäßigen Ausnahme. Darunter die Meisterwerke Short Cuts und Gosford Park, zwei seiner Allerbesten, die den Vergleich mit Bobs 70er Jahre-Großtaten nicht zu scheuen brauchen.

Übrigens finde ich M.A.S.H. klasse. Der Film hat nur den einen Nachteil, dass er über 2/3 auf Meisterwerk-Niveau agiert und leider diese extreme Qualität im letzten Drittel nicht mehr aufrecht erhalten kann.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10875
Ja, das stimmt, im letzten Drittel wird er deutlich konventioneller, und hat wahrscheinlich genau deshalb sehr viel Erfolg gehabt. Den Altman dann mit jeder Menge konsequenter Filme zu nutzen wusste, die aber alle nur wenig Erfolg hatten, bis er dann zum Ende der 70er hin kommerziell abstürzte.
Das System Altman nach Mash hat mal wer so beschrieben. Wenn ein Film flopt ist der 2. bereits abgedreht und der 3. nicht mehr aufzuhalten. Erst wenn alle 3 floppen wird es eng. Ende der 70er war es dann so weit, und er versuchte sich mit Popeye zu retten.

Hmmm, welches ist denn der Mittelmäßige? Die Grisham Verfilmung?