Re: Jack Reacher

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Danke dir. ;) Also ich möchte noch Mal eine Lanze für Ritchson brechen. Ja, er ist etwas zu sehr Bodybuilder, aber die außergewöhliche Physis wird von Child in jedem Roman betont. Ich finde auch nicht, dass er die Intelligenz, Rauhbeinigkeit und mangelnde Sozialkompetenz der Romanfigur nicht rüberbringt. So sehr ich auch Cruises Darstellung mag, kommt Ritchson der Romanfigur einfach deutlich näher. Ich habe knapp 20 Bände gelesen und für mich passt er absolut. Er ist kein begnadeter Charaktermime, muss er aber auch nicht sein. Reacher umgibt eine gewisse Aura und die bringt er rüber. Mein Empfinden.
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Re: Jack Reacher

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vodkamartini hat geschrieben: Gestern 13:01 Ich habe knapp 20 Bände gelesen
Ich mindestens auch, die meisten zweimal und die besten noch öfter. Persuader müsste so ziemlich der erste Action- bzw. Thriller-Roman für Erwachsene gewesen sein, den ich (wohl viel zu jung) gelesen habe. So was prägt. Und den jetzt lückenlos verfilmt zu sehen, ist eine wahre Wonne.
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Re: Jack Reacher

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vodkamartini hat geschrieben: Gestern 13:01 Ja, er ist etwas zu sehr Bodybuilder, aber die außergewöhliche Physis wird von Child in jedem Roman betont.
Ist bloß die Frage, ob einem die beim Lesen sonderlich wichtig ist. Die betont literarisch natürlich eine absolute Überlegenheit alles und jedem gegenüber, die Reacher sicherlich auch ausstrahlt, aber ob eine Adaption das zwingend über die Körperlichkeit darstellen muss ... da bin ich anderer Meinung. Man kann dieses Element übernehmen, aber wenn darunter andere Aspekte leiden, kann ich gut drauf verzichten.

Intelligenz sehe ich in der Figur, die Ritchson spielt, kein bisschen. Das mag im Skript vorhanden sein, aber wenn die Kamera ihn beim "Denken" zeigt, dann schaut er leider ausdruckslos in der Gegend herum, und da nehme ich ihm keine Sekunde ab, dass da gerade Strategien oder komplexere Gedankengänge in seinem Kopf ablaufen. Es gibt Darsteller, die können innere Prozesse transportieren, aber bei Ritchson sehe ich diese Fähigkeit nicht gegeben. Schlimmer noch: Die Inszenierung lässt ihn da ebenfalls im Stich.

Ich hab irgendwo weiter vorne im Thread mal geschrieben, dass die Reacher-Romane so gut funktionieren, weil jede Reaktion von Reacher auf jedes sonst wie geartete Problem sich sofort in äußere Handlung transformiert. Da ist Child als Autor sehr bedacht, aber bei Prime haben die Skriptautoren genau das bislang nicht konsequent in ihren Verfilmungen enthalten, und da bin ich mir manchmal nicht sicher, ob sie die Art und Weise, wie Child erzählt, und wie er seine Hauptfigur aufsetzt, wirklich begriffen haben.
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Re: Jack Reacher

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An dieser Stelle sage ich gerne: TV/Film und Buch sind zwei völlig unterschiedliche Medien. Solange es fürs Zielpublikum funktioniert hat man alles richtig gemacht. Ich habe das schon vorher mal gesagt: Ohne die Bücher zu kennen aber es ist schon total unrealistisch, dass jemand so dermaßen physisch überlegen ist, wenn er diesen Lebenswandel hat, und sich so ernährt. Die Muskulatur wäre nach einigen Monaten weg...
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Re: Jack Reacher

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Klar, deine Einstellung kenne ich, nach der man bei "Transformers" über mehrere Filme alles richtig gemacht hat.

Literatur und Bewegtbild sind zwei verschiedene Medien, sehe ich auch so, und gerade deshalb braucht eine Adaption fähige Leute im Autorenraum und hinter der Kamera, die verstehen, wie man innere Prozesse in Romanen in die Draufsicht einer Kamera übersetzt.
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Re: Jack Reacher

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Ich werde nicht ganz schlau, was du mit den inneren Prozessen meinst, bzw. was du dir denn erhoffst hat. Mir kommen eigentlich nur zwei Dinge in den Sinn: Reachers Ermittlungen, also die Schlüsse die er zieht. Die werden aber in den Romanen meist nicht innerlich, sondern in langen Dialogen offengelegt. In dieser Hinsicht hält sich die Serie eher noch zurück und beschränkt sich auf die nötigsten Informationen, statt jedes Detail auszudiskutieren. Das zweite ist das Abzählen und Einschätzen von Gegnern vor einem Kampf und ähnliches, das kann ich mir filmisch eher nur in stark stilisierter Version vorstellen ähnlich wie die Boxszenen in Ritchies Sherlock Holmes. Ich bin aber völlig glücklich damit, dass die Serie einen schlichten Ansatz wählt.

Ich find's auch ein bisschen schade dass wir hier fast immer nur darüber diskutieren ob Ritchson jetzt gut oder eine katastrophale Fehlbesetzung ist und nicht auch mal über die Geschichten, Bücher, Szenen etc. Aber womöglich bin ich hier im Forum auch einfach alleine auf weiter Flur als einziger Fan und Kenner (ausser vielleicht noch vodka).
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Re: Jack Reacher

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Der Hauptdarsteller ist bei so einer präsenten und ikonischen Romanfigur natürlich wichtig, insofern man die Bücher kennt. Viele Zuschauer kennen die Vorlagen aber gar nicht und das mass man auch nicht, um die Serie genießen zu können.

Ein Gimmick der Bücher ist, dass Reacher bevor er seine Gegner ausknockt, bereits jedes Detail - also jeden Schlag - im Geiste durchgeht. Das wird nicht visualisiert, aber das stört mich nicht, es wäre sehr stilisiert und zudem eine Kopie der Equalizer-Filme.

Ansonsten verstehe ich dich hier auch nicht so ganz Hille, was dir da fehlt. Ok, man kann sagen, dass Ritchson jetzt nicht super intelligent wirkt, aber ein Sherlock Typ ist auch der Buch-Reacher nicht.

Ansonsten finde ich auch, dass man mal lobend erwähnen könnte, wie verblüffend exakt die Plots umgesetzt werden. Das gilt vor allem für die dritte Staffel, zumindest bisher. Reachers Infiltration der "Teppich-Händler- Organisation" ist ungemein Vorlagengetreu umgesetzt und auch das Anwesen Becks ist wunderbar getroffen. Häufig fremdelt man ja etwas mit den filmischen Umsetzungen geliebter Bücher, aber hier ist das dermaßen auf den Punkt, auch atmosphärisch.
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Re: Jack Reacher

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GoldenProjectile hat geschrieben: Heute 15:55 Ich find's auch ein bisschen schade dass wir hier fast immer nur darüber diskutieren ob Ritchson jetzt gut oder eine katastrophale Fehlbesetzung ist und nicht auch mal über die Geschichten, Bücher, Szenen etc.
Ach, das geht völlig in Ordnung, schließlich wurde sich beim 2012er Kinofilm eigentlich auch nur darüber ausgelassen, wie unpassend die Besetzung von Tom Cruise ist. :wink:
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Re: Jack Reacher

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vodkamartini hat geschrieben: Heute 16:48 Ansonsten finde ich auch, dass man mal lobend erwähnen könnte, wie verblüffend exakt die Plots umgesetzt werden. Das gilt vor allem für die dritte Staffel, zumindest bisher. Reachers Infiltration der "Teppich-Händler- Organisation" ist ungemein Vorlagengetreu umgesetzt und auch das Anwesen Becks ist wunderbar getroffen. Häufig fremdelt man ja etwas mit den filmischen Umsetzungen geliebter Bücher, aber hier ist das dermaßen auf den Punkt, auch atmosphärisch.
Definitiv. Die Schiesserei zwischen Plattenladen und College, dann die Planung in der Rückblende, das russische Roulette, das nächtliche Rausschleichen aus Becks Haus, die Probefahrt mit dem versiegelten LKW und das Treffen mit dem DEA an der Raststätte... Eine wahre Wonne. Allerdings war das in der ersten Staffel auch schon so, die Verhaftung im Diner, die Knastprügeleien, der Hinterhalt in der Villa während einer Gewitternacht, der Platten mit Picard auf dem Highway, das brennende Lagerhaus... In der zweiten war das etwas dünner gesät und der Wechsel von Kalifornien an die verschneite Ostküste hat auch vieles verändert, aber selbst da gab es genug solcher Momente. Das Hauptquartier der Firma inmitten des grossen Parkplatzes und wie sie in der Nacht mit dem Auto durch die Glasscheibe rammen und den Laden in zwei Minuten durchwühlen habe ich mir immer punktgenau so vorgestellt.

Welches Buch würdest du dir für die vierte Staffel wünschen oder könntest dir vorstellen?
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Re: Jack Reacher

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Die Trying fand ich sehr spannend, ebenso The Visitor (fast ein Psycho-Thriller). The Enemy, weil der chronoligische Auftakt und Reacher in voller Blüte als Militärpolizist. Und schließlich 61 Hours, Reacher im Schnee, einer der spannendsten Romane.
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Re: Jack Reacher

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vodkamartini hat geschrieben: Heute 16:48 Ansonsten verstehe ich dich hier auch nicht so ganz Hille, was dir da fehlt. Ok, man kann sagen, dass Ritchson jetzt nicht super intelligent wirkt, aber ein Sherlock Typ ist auch der Buch-Reacher nicht.
Er ist kein Autismus-Sonderling, aber eben schon eine wirklich intelligente Figur. Von daher sehe ich es als großes Manko, wie tumb der Charakter in der Serie teilweise auf mich wirkt. Das liegt aber nicht nur an Ritchson, sondern auch an der Inszenierung, die sich eher etwas unfreiwillig komisch an diesem 80s-Muckibuden-Männlichkeitsbild weidet.
GoldenProjectile hat geschrieben: Heute 15:55 Ich find's auch ein bisschen schade dass wir hier fast immer nur darüber diskutieren ob Ritchson jetzt gut oder eine katastrophale Fehlbesetzung ist und nicht auch mal über die Geschichten, Bücher, Szenen etc. Aber womöglich bin ich hier im Forum auch einfach alleine auf weiter Flur als einziger Fan und Kenner (ausser vielleicht noch vodka).
Ich habe zwölf der Romane gelesen und das markante und für mich entscheidende Qualitätsmerkmal der Reihe ist die Hauptfigur, und wie Child über den Charakter erzählt - von Militarismus, von Americana, von Sozialgefügen. Die Thrillerplots sind alle vollkommen in Ordnung, aber nur bei einem der Romane hatte ich das Gefühl, eine wirklich herausragende Geschichte zu lesen. Ansonsten sind das vernünftige und kompetente, aber nicht überragende Krimis. Der Reiz liegt in der Reacher-Figur, und wenn die nicht stimmt, dann fehlt für mich schon die Kernessenz, warum ich dabei bin.

So würde ich auch die Serie einschätzen. Das ist vollkommen okay gemachtes Fernsehen mit solider Action, gelungenen Spannungsmomenten, aber etwas Besonderes ist sie ganz und gar nicht. Aber sie hätte es sein können.
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