AnatolGogol hat geschrieben: 29. August 2024 12:26
Casino Hille hat geschrieben: 28. August 2024 19:26
Ein Meisterwerk für die Ewigkeit ist es nicht. Aber ein bemerkenswert starker Film. Bzw. 25 Prozent eines bemerkenswert starken Films.
Da du den Film ja anscheinend schon gesehen hast: ich habe in mehreren Kritiken gelesen, dass der Film (Teil 1) sehr viele, vergleichsweise gleichberechtigte Subplots hat (was u.a. auch zu Lasten von Costners Screentime geht) und auch dadurch eher wie ein Auftakt zu weiteren Filmen als wie ein weitgehend in sich abgeschlossener Film wirkt. Kannst du das in irgendeiner Form bestätigen? Weil der Eindruck drängte sich mir auch durch den Trailer auf und ich fände es schade, wenn Teil 1wirklich nur als Exposition dienen würde ohne selber wirklich inhaltlich und figürlich Eindruck zu hinterlassen.
Ja, ich fand "Horizon" wirklich sehr stark. Es fühlt sich an, als würde man einen (alten, klassischen) Roman lesen. Tatsächlich kam mir das Filmeschauen hier auf eine Art literarisch vor. Es gibt mehrere Handlungsbögen (ein gespaltener Indianer-Stamm, ein Siedler-Track, Costner und eine Edelhure, eine Familie die auf die Armee trifft, brutale Indianer-Schlächter, eine Frau mit geheimnisvoller Vergangenheit, zwei kriminelle Brüder etc.), die angefangen werden, sich teilweise berühren, aber wirklich abgeschlossen ist nach drei Stunden keiner von ihnen. Denn man muss schon sagen: Wenn man "Horizon" mit dem Lesen eines komplexen Romans vergleicht, dann sind es spürbar "nur" die ersten 200 Seiten eines 800 Seiten langen Romans.
Man könnte das so nennen wie du und sagen, man bekommt eine dreistündige Exposition zu sehen. Das ist im Kern nicht falsch. Dass der Inhalt aber keinen eigenen Eindruck hinterlassen kann, würde ich so nicht sagen. Costner packt mehrere schwere Themenkomplexe an und die Handlungsbögen sind in Teilen Spiegelbilder voneinander, befruchten sich auf tieferer Ebene gegenseitig. Es ist ein großes Epos, aber es stimmt: Man wird alle vier Filme brauchen, um die vollständige Vision zu sehen. Ein passender Vergleich könnte der erste "Dune" von Denis Villeneuve sein, der auch ganz eindeutig ohne eine richtige Konklusion verbleibt und zwar einen logischen Endpunkt wählt (im Falle von "Horizon" sind es mehrere Endpunkte), aber dennoch ganz klar noch ohne richtigen Abschluss bleibt.
Mir hat es dennoch wahnsinnig gut gefallen. Costner kann einfach Bilder bauen und ausstellen. Es gibt in den ersten dreißig Minuten eigentlich nur eine sehr lange Sequenz, deren Spannungsaufbau wirklich sagenhaft gekonnt verdichtet ausfällt. Später tanzt man logischerweise auf vielen Hochzeiten zugleich, aber mich haben ALLE Handlungsbögen interessiert, ich konnte an ein Dutzend Charaktere andocken und war wirklich traurig, nach drei Stunden "schon" aus der Welt herausgerissen zu werden. Ich hätte da auch noch weiter zuschauen können. Man kann sagen: "Horizon" hätte als Serie besser funktioniert. Tatsächlich meinte meine Freundin, es wirkt eher, als habe man sozusagen die ersten drei Episoden einer Staffel gesehen und warte jetzt etwas länger auf die Auflösung der vielen Cliffhanger.
Der Film endet sogar mit einer recht langen Montage, die ein Trailer für den nächsten Part ist und andeutet, welche Konflikte kollidieren werden.
Aber ich werde definitiv im November bei Teil 2 im Kino sitzen und freue mich sehr, zu erfahren, wie es mit den Figuren weitergeht.
AnatolGogol hat geschrieben: 29. August 2024 12:26
Wie siehst du Horizon 1 im Vergleich zu Costners vorherigen Regie-Arbeiten? Und macht sich das kleinere 1.85:1-Format irgendwie negativ bemerkbar? Das war etwas, was mir beim Trailer sofort ins Auge fiel und was ich angesichts Costners Vorwerk und dem auf Epos ausgelegten Konzept auch nicht wirklich nachvollziehen konnte.
Ja, das kleinere Format fällt auf und es gibt dem Film eine andere Gestaltung. Es ist visuell ein intimerer Film, verglichen mit Costners anderen Werken. Für mich hat das gepasst und zum "literarischen Feeling" gepasst. Es ist ein Epos, aber mehr hinsichtlich Größe und Komplexität der Handlung und des Figurenensembles. Die Inszenierung ist näher dran an den Figuren und gewählter weise weniger pompös. Der sonstige Vergleich zu Costners Filmen ist schwierig, weil "Horizon" eben auch nach dramaturgischen Maßstäben anders zu bewerten ist. Ich finde ihn deutlich intimer und ruhiger als einen "Der mit dem Wolf tanzt" und in der Stimmung vielfältiger als "Open Range" - falls dir das schon hilft.