Re: Kino als Medium der Konfrontation – Die Filme des William Friedkin

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Der liegt bei Warner, daher würde ich Haus & Hof darauf wetten, dass bei der anstehenden UHD exakt die gleiche Spur wiederverwendet wird (wie auch bereits beim Wechsel von DVD auf BD). Meine vor Urzeiten (1991?) mal vom TV aufgenommenen VHS klang - trotz der Limitationen des Mediums und der Aufnahmebedingungen - deutlich besser.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

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Hab mich kurz schlau gemacht zur bereits erschienenen neuen UHD vom Exorzisten: deutsche Tonspur der Kinofassung ist identisch zu den vorangegangenen VÖ auf BD und DVD. Bildqualiät sorgt auch für heftige Diskussionen, offenbar hat Warner vor allem im klimaktischen Exzorzismus ordentlich gefiltert und auch die Farben sehr eigenwillig verändert.
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Re: Kino als Medium der Konfrontation – Die Filme des William Friedkin

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Soweit ich weiß, ist die fantastische deutsche Originalsynchro, die von Bernhard Wicki überwacht wurde, nie in 5.1 hochskaliert worden. Ein sorgfältiges Remaster wäre hier absolut von Nöten. Dennoch liebe ich die deutlich obszönere Originalsynchro, die neue Fassung oder "Writer's Cut" trägt nichts sinnvolles zum Film bei, sondern erklärbärt das Offensichtliche und entschärft das bewsst ambivalent gelassene Ende. Die zusätzlich eingeblendeten Pazuzu-Fratzen und der Spiderwalk sind eher peinlich als erschreckend, und der Eröffnungsshot auf das McNeal-Haus versaut das ansonsten äußerst stimmige Irak-Intro.
Anspruchsvolles Horrorkino verzichtet auf überflüssige Erklärungen und Schockeffekte, da sich alles aus dem Handlungsfluss und dem Interpretationsspielraum des Publiums ergibt, was sehr viel spannender und meist noch viel gruseliger ist. Ich besitze nur die originale Kinofassung dieses Meisterstücks und kann von der 2000er Neufassung nur abraten.

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Die Kruzifix-Masturbationsszene ist und bleibt eine der verstörendsten und virtuosesten Szenen der Filmgeschichte. So etwas wäre heute absolut undenkbar, was mich persönlich immer wieder amüsiert, feiert The Exorcist schließlich sein 50. Jubiläum. Das Spiel mit Ton, der Gang die Treppe rauf, die gewählten Kamerawinkel und Brennweiten, die Abwesenheit jeglicher daramatisierender Musik, was die Szenerie auf äußerst nüchtern, fast schon dokumentarisch gehaltene Weise noch sehr viel verstörender macht, Chris' verzerrter Aufschrei nachdem Regan mit Burke Dennings Stimme spricht und der Schnitt zum Park, zurück zur Normalität... Davon können sich gegenwärtige Regisseur*innen eine Scheibe abschneiden. Anders als z.B. in der Literatur funktioniert das Übernatürliche im Kino meines Erachtens am besten, wenn es ganz beiläufig behandelt und in realistische Umgebungen eingebettet wird.

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Einem gewissen Mitforisten, der hier ziemlich alleine die Friedkin-Lobby darstellt, ist es ja zu verdanken gewesen, dass ich dieses Jahr erstmals "Sorcerer" (aka "Atemlos vor Angst") gesehen habe und seitdem habe ich ihn schon in recht kurzer Zeit drei weitere Male gesehen, zuletzt gestern Abend im Kino. Ein ausführlicher Text soll irgendwann mal folgen, aber nur so viel: Es ist wirklich lange her, dass ich so tief von einem Film beeindruckt wurde und dieses Meisterwerk gestern (in famoser Qualität) auf der großen Leinwand zu sehen, war ein regelrechtes Erlebnis. Nun sind "Der Exorzist", "French Connection" und "Leben und sterben in L.A." ja schon drei Brecher, mit denen Friedkin es sich locker in der Hall of Fame der Regisseure unangefochten gemütlich machen könnte, aber "Sorcerer" ist sein Magnum Opus. Ich habe vielleicht noch nie zuvor einen Film gesehen, der in seinen Actionszenen so beklemmend die Gefährlichkeit der Situation transportiert, der so naturgewaltig den Verfall der menschlichen Psyche in den Wahnsinn zeigt (eine eigenwillige Montage, die "den letzten Weg" der Reise abbildet, ist ein lupenreiner 'Gänsehaut-am-ganzen-Körper'-Moment). Vergleiche zu "Heaven's Gate" und insbesondere "Apocalypse Now" drängen sich geradezu auf. Die vielfach gelobte Brückenszene ist womöglich das spannendste Stück Actionkino, das ich jemals gesehen habe. Und hat es je zuvor in einem Film so viel geregnet? Selbst in "Sieben" nieselt es im Vergleich bloß.

Was für ein Brett, das es problemlos rechtfertigt, über die Höchstwertung hinaus 12/10 Punkte zu vergeben. Und sollte ich demnächst mal wieder von jemandem nach meinen Lieblingsfilmen gefragt werden, dann schummle ich ab sofort "Sorcerer" in die Aufzählung.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

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Sorcerer ist ein Juwel am Filmhimmel, das von der ersten Filmminute an in seinen Bann zu ziehen vermag. Es ist vermutlich auch der Film, in dem Friedkins inszenatorische DNA am prägnantesten hervorsticht. Zugleich ist es ein unglaublich ambivalentes, zerfasertes und merkwürdiges Werk - ein Genre-Hybrid, das aus filmhistorischer Sicht wie auch Scorseses Meisterstück Taxi Driver exemplarisch vor Augen führt, was das New Hollywood-Cinema ausmachte und bereits erahnen lässt, woran es letztlich wenige Jahre später mit Michael Ciminos Heaven's Gate und United Artists' Pleite zugrunde gehen sollte.
Durch seine turbulente Produktionsgeschichte und dem vernichtenden Erfolg Star Wars' weitestgehend ignoriert und anschließend in Vergessenheit geraten, erfreut sich Sorcerer unter Filmfreund*innen völlig zu Recht des Rufes eines filmischen Meisterwerkes. Die Kameraführung, der Schnitt, Friedkins Gespür für Bildkompositionen, Arrangements und Spannung und Atmosphäre, Tangerine Dreams synthetischer Score, alles erlesene Versatzstücke, die in ihrem Zusammenspiel ein monströses wie auch unwiderstehliches Stück Kino auf die Leinwand zaubern. Bleibt zu hoffen, das dieses Meisterwerk eines Tages hierzulande ein würdige Release erhält, am besten eine 4K-Restaurierung beider Fassungen.

Re: Kino als Medium der Konfrontation – Die Filme des William Friedkin

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Viele Karrieren großer Filmemacher enden gemeinhin eher mit einem leisen Nachhall als mit einem Knall. Ob dies nun an mangelnden Gelegenheiten liegt das unzweifelhafte Talent noch einmal auszuspielen oder doch eher an der langsam verglühenden Genialität sei einmal dahingestellt. Das Alterswerk von William Friedkin hatte diesbezüglich zumindest die Gunst der Kritik, da sowohl (bzw. vor allem) Bug als auch Killer Joe in ihrer kritischen Rezeption durchaus wohlwollend aufgenommen worden waren – was bekanntlich nicht allen Werken des Regisseurs nach den 70er Jahren so ergangen war. Persönlich fand ich beide Werke durchaus ambitioniert und interessant, die ganz große Begeisterung wollte sich aber hier nie einstellen – gleichwohl beides sicherlich gelungene Filme sind. Entsprechend ging ich am Wochenende mit eher verhaltenen Erwartungen in seinen letzten Film – The Caine Mutiny Court-Martial – hinein.

Und was folgte war eine diese wunderbaren Erfahrungen, wenn ein Film einen völlig von den Socken haut. Wieder einmal ist es Friedkin hier gelungen sich einen bereits sehr bekannt verfilmten Stoff vorzunehmen und ihm seinen ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Friedkin spart sich im Gegensatz sich zur Verfilmung von Dmytryk die gesamte Vorgeschichte zur Meuterei und startet direkt – nomen est omen – mit der Kriegsgerichtsverhandlung.

Eine kluge Wahl, da es seiner Inszenierung die Freiheit gibt die vorangegangenen Ereignisse punktgenau und eben nicht in zwingend chronologischer Reihenfolge sowie jeweils in subjektiven Zeugnissen wiedergeben zu lassen. Wie elementar gerade dieser subjektive Aspekt ist zeigt sich spätestens im Finale des Films, wenn Friedkin keinen Zweifel daran lässt, dass es so etwas wie eine absolute Wahrheit nicht gibt. Jeder hat seine ganz persönliche Sicht der Dinge – eine Einschätzung, die ironischerweise ausgerechnet ein vom Verteidiger des Angeklagten regelrecht auseinandergenommenen psychologischen Sachverständigen bereits im ersten Drittel des Films gemacht wird. Um diesen Punkt Nachdruck zu verleihen manipuliert Friedkin sein Publikum permanent, indem er ihm eine mundgerechte und nachvollziehbare „Wahrheit“ über die Ereignisse auf der Caine präsentiert – nur um diese im bereits erwähnten grandiosen Finale vollständig in Frage zu stellen. Aber auch hier ist Friedkin viel zu clever, um am Ende dem Zuschauer eine Wertung vorzugeben. Stattdessen entlässt er sein Publikum mit dem mulmigen Gefühl, dass man sich hier doch etwas zu schnell von einer subjektiven Sicht hat überzeugen lassen.

The Caine Mutiny Court-Martial ähnelt nicht selten Friedkins Version des Lumet-Klassikers Die zwölf Geschworenen. Auch hier gelingt es ihm wiederum einem Kammerspiel eine erstaunliche Dynamik zu entlocken. Das liegt wie bereits erwähnt zum einen am klugen narrativen Aufbau, zum anderen aber auch an Friedkins eleganter Regie, die den Film trotz der genrebedingt beengten Räumlichkeiten erstaunlich beweglich hält. Und – auch hier wiederum die Parallele zu den zornigen Männern: er kann sich auf eine formidable Besetzung verlassen. Besonders stark agieren dabei Jason Clarke als zwischen Pflicht und Moral hin- und hergerissener Verteidiger des Angeklagten und Kiefer Sutherland, der in der Rolle des psychisch angeschlagenen Caine-Kapitäns vermutlich eine Karriere-Höchstleistung abliefert.

Going out with a bang – auf welchen Regisseur wenn nicht auf „Hurricane Billy“ würde diese Motto besser passen. Um so schöner, dass es diesem Ausnahmeregisseur mit seinem finalen Werk tatsächlich gelungen ist noch einmal all das (oder zumindest sehr viel davon) zu zeigen, wofür er in die Filmgeschichte eigegangen ist.
Wertung: 9 / 10
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