Henrik hat geschrieben: 20. September 2023 10:27
Schwaches Bedrohungsszenario? Da habe ich noch nie wirklich drüber nachgedacht, wie das mit dem Toppling der Raketen aussieht. Aber ist das nicht in vielen anderen Filmen genau so? Die Lector? In GF oder DAF geht es auch lange Zeit nur um Schmuggel. Und selbst wen GF Fort Knox radioaktiv verstrahlen sollte: Da finde ich da Toppling der Raketen schon bedrohlicher.
Wenig spannend vor allem deshalb, weil die dramatische Fallhöhe nicht allzu hoch ist. Ich wiederhole mich jetzt, da alles schon im langen Beitrag steht, aber: Bond ermittelt in einem Mordfall, findet den Mörder aber eigentlich nie (die Three Blind Mice explodieren, bevor Bond um ihre Beteiligung weiß) und bekommt später von Dent nur ein "Strangways wurde erledigt. Wie, spielt keine Rolle" als Antwort präsentiert. Dass das Toppling der Raketen (und damit der Auftrag für Strangways Ermordung) von Crab Key und Doctor No ausgeht, ist sofort klar. Bond schippert auf die Insel rüber, ermittelt da aber auch gar nicht, sondern wird von da an nur noch entweder gejagt oder gefangengenommen. Im Finale tickt dann ein Countdown runter, aber warum das Toppling nun unbedingt verhindert werden muss und was No da eigentlich will, bleibt alles etwas diffus. Honey erwähnt, dass ihr Vater von Dr. No ermordet wurde, aber es spielt danach gar keine Rolle mehr, weil sie keinen Ton sagt, sobald sie selbst dem Doktor gegenübertritt.
Genau so die Tatsache, dass sich im vorherigen Verlauf des Films mehrere Menschen bereitwillig für Dr. No opfern oder zumindest eine Heidenangst vor ihm haben (sehr schön: Die Szene, in der Dent die Spinne überreicht bekommt - das hat Größe, da sind Adam und Young schon so selbstsicher, als sei das hier Bond Nr. 4 und nicht Bond Nr. 1). Für sich genommen ist das ganz gut gelöst, um den Gegenspieler zu überhöhen, aber das Versprechen hält Dr. No nicht so ganz ein. Sobald Bond auf ihn trifft, isst der eigentlich nur mit ihm zusammen, lässt Bond ein bisschen verprügeln und ... tja, stirbt. Hätte man da beispielsweise wie im Roman den Hindernisparkour übernommen und Dr. No als einen gezeigt, der an lebenden Menschen herum experimentiert, dann würde die Figur für mich mehr Profil bekommen, aber so wie es jetzt ist, wird er eingeführt und stirbt direkt eine Szene später.
Es ist unterm Strich betrachtet alles auch nicht wirklich schlimm. Die wenigsten Bond-Filme sind richtig spannend im herkömmlichen Sinne, aber in DN ist das alles noch etwas "low energy", verglichen mit den späteren Serienbeiträgen. Ist okay, für viele macht das den Film so sympathisch, ein gemütlicher Inselkrimi mit Urlaubsfeeling und einem Hauch Mystik eben. Ich finde DN als pulpigen zynischen Krimi für sich auch unterhaltsam und schaue ihn gerne, gerade weil ich Connery von Beginn an bärenstark finde, weil viele Einzelszenen den Charakter perfekt "vorstellen", aber ich mag ihn dabei eben einfach nicht so gerne wie seine meisten Nachfolger, die das "komplettere Paket" darstellen. Ich kann Daniels Sichtweise auch verstehen, denn DN lebt gerade auch deswegen wie kaum ein anderer Teil der Reihe von Bond (und Connery) selbst, und wenn man vor allem deshalb die Filme guckt, dann vermisst man in DN sicher nicht allzu viel.