Welcher ist für euch der beste "Indiana Jones"-Film?

Jäger des verlorenen Schatzes
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (8%)
Indiana Jones und der Tempel des Todes
Insgesamt abgegebene Stimmen: 4 (31%)
Indiana Jones und der letzte Kreuzzug
Insgesamt abgegebene Stimmen: 6 (46%)
Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (8%)
Indiana Jones und das Rad des Schicksals
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Insgesamt abgegebene Stimmen: 13

Re: Indiana Jones

1156
Casino Hille hat geschrieben: 22. Mai 2023 12:58 Bzw. um das noch weiter auszuführen: Indiana Jones hat ja eine Charakterentwicklung im ersten Film, die selbst mit der Szene mit dem Raketenwerfer und Belloq noch nicht abgeschlossen ist. Er ist den ganzen Film über motiviert von seiner Gier nach Antiquitäten, einer Gier, die ihn immer wieder in Lebensgefahr bringt und andere sogar das Leben kostet. Seine Motivation, für die Regierung nach der Bundeslade zu suchen, ist nie darüber definiert, den Nazis in die Suppe zu spucken. Er handelt nicht aus Patriotismus, sondern einzig aus seiner Besessenheit für Geschichte heraus. Spielberg ist einer dieser Regisseure, deren Meisterklasse man vor allem an dem Material erkennt, das sie aus ihren Filmen herausschneiden und nicht verwenden, obwohl es gedreht wurde.

In der Szene, in der Marcus Brody seinen Freund Indy bei sich zu Hause besucht, wurde im Schnitt später deutlich verändert und war eigentlich viel länger. Indy ist in dieser Szene leicht bekleidet zu sehen, er hat nur einen Bademantel übergeworfen. Das liegt daran, dass wir ursprünglich erfahren hätten, dass er Frauenbesuch bei sich versteckt, den Marcus nicht sehen soll (der bekennende Bondfan Spielberg zollt da der ähnlichen Szene mit M und Moneypenny bei Bond daheim in LALD Tribut). Indy hat nämlich gerade jene Studentin / Schülerin bei sich, die ihm zuvor im Unterricht zwinkernd Avancen gemacht hat, und vergnügt sich mit ihr. Diesen Teil der Szene hat Spielberg entfernt, weil sie so anders gewirkt hätte. Die eigentliche Intention der Szene war, dass Indy versucht, Marcus möglichst schnell wieder loszuwerden und deshalb auf dessen Warnungen bezüglich der Bundeslade nicht groß eingeht. Da Spielberg aber die Bettgespielin entfernt hat, wirkt Indy jetzt als Charakter anders: Es kommt so rüber, als habe er tatsächlich anders als Marcus keinerlei Bedenken. Religiösen Glauben tut er als "Hokuspokus" ab. Das passt auch sehr gut, denn in der Szene zuvor (als die beiden Herren von der Regierung Marcus und Indy mit dem Auftrag betreuen), sagt er an einer Stelle: "Yes, it (the Ark) contains the actual Ten Commandments. The original stone tablets that Moses brought down out of Mount Horeb and smashed … if you believe in that sort of thing."

Indy ist kein gläubiger Mensch, sondern bestenfalls ein Skeptiker, der mit religiösen Mythen nicht viel anfangen kann. Er glaubt nicht an irgendwelche übersinnlichen Kräfte der Bundeslade, derer Hitler sich bemächtigen könnte. Ihn interessiert nur der Nervenkitzel, die Jagd nach der Lade und ihre geschichtliche Dimension. Es gibt später noch eine Szene, in der Sallah ebenfalls Indy vor der Lade und ihren Kräften warnt, und erneut weist Indy dies zurück. Er hat absolut kein Interesse am Glauben, er will die Bundeslade finden (für ihn ein archäologisches Objekt wie jedes andere, nur eben ein enorm gewaltiges). Belloq hat deshalb mehrfach im Film vollkommen recht, wenn er Indy sagt, sie seien gar nicht so verschieden. Sie haben beide Hybris, wandern beide durch die Geschichte ohne Rücksicht auf Verluste. Beloq sagt wörtlich: "You and I are very much alike. Archaeology is our religion, yet we have both fallen from the purer faith. Our methods have not differed as much as you pretend. I am a shadowy reflection of you. It would take only a nudge to make you like me, to push you out of the light." Und später: "Look at this pocket watch. It's worthless. Ten dollars from a vendor in the street. But I take it, I bury it in the sand for a thousand years, it becomes priceless … like the Ark. Men will kill for it. Men like you and me."

Indy lehnt das zu dem Zeitpunkt ab und will nicht einsehen, wie richtig Beloq liegt. Dass die geschichtlichen Artefakte von ihnen beiden gleichermaßen nur der "Aufhänger" fürs nächste Abenteuer sind, sie aber alles andere ignorieren und opportunistisch ausblenden, was mit diesen Artefakten verborgen sein könnte. Später zeigt der Film uns, dass Beloq wirklich recht mit seinen Worten hatte. Als Indy ihn mit der Panzerfaust bedroht, hätte er die Chance, die Lade zu sprengen (Marion würde dann zwar sterben, aber er eben auch) und würde er an die dämonischen Kräfte der Lade glauben, würde er sie wohl auch sprengen, damit sie Hitler nicht in die Finger gerät. Aber er kann nicht. Belloq kommentiert das so: "All your life has been spent in pursuit of archaeological relics. Inside the Ark are treasures beyond your wildest aspirations. You want to see it opened as well as I. Indiana, we are simply passing through history. This, this is history." Genau deshalb will Belloq das Ritual ja vollziehen: Weil er sonst nie die Chance hätte, in die Lade zu sehen, sobald sie erstmal bei Hitler in Berlin ankommt. Belloq ist kein Nazi, er steht nicht treu hinter der Deutschen Führung. Er ist motiviert durch seine Neugierde.

Das Finale aber dann ist der Moment, in dem Indy seine Entwicklung abschließt. Bis zu diesem Moment ist er ganz in die Jagd vertieft, in das Bedürfnis zu wissen, was die Bundeslade wirklich ist. Deshalb sprengt er sie nicht in die Luft - er ist genau wie Belloq. Aber als Belloq das jüdische Ritual vollzieht und sich der Himmel auftut, ist Indy endlich dazu bereit, all das aufzugeben, wofür er gekommen ist: das Bedürfnis nach Wissen. Er schließt die Augen und sieht nicht hin, er entscheidet sich, nicht zu wissen, was vor sich geht und was die Lade tut, sondern stattdessen an die Lade und ihre Kraft zu glauben, statt sie mit eigenen Augen sehen zu müssen. Er ist reumütig gegenüber Gott. Und deshalb überlebt er, während die Nazis und Belloq es nicht tun. Vom Skeptiker zum Gläubigen, vom eigennützigen Grabraub zum respektvollen Umgang mit der Geschichte – darum geht es in "Jäger des verlorenen Schatzes".
Das sind interessante Beobachtungen, die es lohnt ausführlicher zu diskutieren. Die Charakterentwicklung vom Skeptiker zum Gläubigen hatte ich bisher gar nicht so sehr im Blick, aber das ist tatsächlich ein sehr zentraler Aspekt der Urtrilogie. Zu Beginn ist er der betont sachliche Wissenschaftler, zumindest im Bezug auf seine professionelle Einstellung zu den jeweiligen Artefakten und ihrer Bedeutung. Dazu ist er von einem Abenteurergeist beseelt, der nicht jedem Wissenschaftler gegeben ist, aber gar nicht so selten vorkommt, wie man gemeinhin annimmt. Ein wenig exotisch ist nur die Bounty-Hunter-Attitüde, die witzigerweise auch ein wenig an Han Solo erinnert, vielleicht ist Ford auch deshalb so überzeugend in der Rolle.
Dennoch ist er nicht empfänglich für mystische Zwischentöne obwohl er den mythischen Aspekt seiner Arbeit nicht ausblendet. All dies verändert sich im Verlauf der Handlung. Im zweiten Film ist diese Entwicklung ebenfalls vorhanden, aber deutlich pulpiger angelegt, was dem Film seinen etwas unrunden Ruf eingebracht hat. Im dritten Film schließlich hat Spielberg des Zepter wieder fester in der Hand und liefert eine ähnliche Entwicklung wie im Original, die genauso stringent und überzeugend entwickelt wird.
Interessant ist die Schnittentscheidung bei Indy zu Hause (Raiders), denn der andere Ansatz hätte wiederum den Indy-Bond (siehe unten) wieder mehr in den Fokus gerückt, was ebenfalls gepasst hätte.

As Erklärung warum Teil 4 im Gegenzug weit schlechter funktioniert ist das eine sehr passende und vor allem überzeugende Analyse. Überhaupt haben die ersten drei Filme mehrere Schichten die allesamt sehr stringent durchdacht und umgesetzt worden sind und zudem auch ineinander greifen. Da wären z.B.noch:

1. Der Indy-Bond
Die actionbetonte Ausrichtung der Indiana Jones-Filme ist durchaus gewollt und nicht zuletzt auf die Vorstellung George Lucas zurückzuführen, eine James Bond-ähnliche Abenteurer-Figur zu erschaffen. Tatsächlich erinnert nicht nur der Titelheld selbst, sondern vor allem auch die Struktur der Filme auffällig an die Erfolgserie um den britischen Superspion. Wie Bond erhält Indiana Jones zunächst einmal einen gefährlichen Auftrag - hier die Beschaffung der Bundeslade. Meist kommt eine mysteriöse Frau ins Spiel, die erst im Verlauf der Handlung vom Helden „bekehrt" und für die gerechte Sache motiviert werden muss - hier Indiana Jones´ Ex-Freundin Marion Ravenwood (Karen Allen). Daraufhin wird der Gegner ausspioniert, wobei bereits einige Scharmützel mit den Handlangern des Oberschurken bestanden werden müssen (Zusammenstöße mit Nazis und Gestapoleuten in Nepal und Kairo). Bereits nahe am Ziel gerät der Held in Gefangenschaft, aus der er sich nur mit Glück und unter höchster körperlicher Anstrengung befreien kann. Sein primäres Ziel ist meist die Zerstörung einer die Welt bedrohenden Superwaffe - bei Indiana Jones umfunktioniert in die Beschaffung einer seltenen, mit übernatürlichen Kräften ausgestattet Reliquie (hier die Bundeslade), die sich die „Mächte des Bösen" (hier die Nazis) zunutze machen wollen. Am Ende besiegt er den Oberschurken und dessen (Privat-)Armee und genießt das bestandene Abenteuer mit der eroberten Herzensdame. Spielberg übernahm sogar das Bontypische Element der Pre-Title-Sequence, eines kurzen, actiongeladenen Miniabenteuers das nur lose mit der Haupthandlung verknüpft ist. In Jäger des verlorenen Schatzes erfolgt diese Verbindung durch die Einführung von Indys gefährlichstem Gegner für den kommenden Auftrag: dem französischen Archäologen Belloq (Paul Freeman).

Die Anlage der Hauptfigur war anfangs sogar noch stärker an Bond angelehnt, da auch Indiana Jones von George Lucas ursprünglich als charmanter und eloquenter Womanizer, gewissermaßen als „Playboy-Abenteurer" angedacht war. Erst als Spielbergs Wunschbesetzung - TV-Star Tom Selleck (Magnum) - aus vertraglichen Gründen nicht zur Verfügung stand und mit „Notnagel" Harrison Ford ein ganz anderer Typ ins Spiel gebracht wurde, bekam Indiana Jones seine typisch schnoddrigen, hemdsärmeligen Züge.

2. Der Abenteurer-Klassiker
Die Indiana Jones Filme folgen klar dem klassischen Schema des Abenteuerkinos. Der Held zieht von zu Hause los, besteht in der unwirtlichen, bedrohlichen und exotischen Fremde eine Reihe gefährlicher Abenteuer und kehrt schließlich geläutert, bereichert oder klüger in die Heimat zurück. Häufig geht es bei der zentralen Motivation um geheimnisvolle Objekte oder sagenhafte Schätze die zudem mythischen oder magischen Ursprungs sein können (z.B. König Salomons Diamanten).
Dieses klassischen Märchen entlehnte Grundgerüst findet sich besonders deutlich im ersten Film der Trilogie, in Jäger des verlorenen Schatzes: Der Held - Archäologieprofessor Dr. Indiana Jones (Harrison Ford) - erhält den Auftrag, die verschollen geglaubte Bundeslade, also die Truhe mit den originalen Steintafeln der Zehn Gebote, zu beschaffen, da sie sonst den Mächten des Bösen - in diesem Falle den Nazis - in die Hände fallen würde. Er muss dazu in ferne Länder reisen (Nepal, Ägypten) und sich im wesentlichen auf seine geistigen und vor allem körperlichen Fähigkeiten verlassen. Schließlich ist der Auftrag mit zahlreichen Gefahren und Unwägbarkeiten verbunden, da der Gegner wenig zimperlich, zahlenmäßig überlegen und zudem bereits einen Schritt voraus ist. Am Ende hat der Held selbst dem mythischen Kräften des „Schatzes" getrotzt und erhält als Belohnung die „Prinzessin".
http://www.vodkasreviews.de

https://ssl.ofdb.de/view.php?page=poste ... Kat=Review

Re: Indiana Jones

1158
vodkamartini hat geschrieben: 24. Mai 2023 22:59 Bei Filmen schreibt einer einen ersten Entwurf, dann wird der überarbeitet mit Ideen irgendwelcher Leute (Regisseur, Stars, Produzenten etc.), dann wird der erneut überarbeitet usw. Das kann nichts werden. Romane werden auch nicht so geschrieben, die würde keiner lesen wollen.
Da hast du den Unterschied. Romane sind eigenständige künstlerische Werke, Drehbücher nicht. Sie sind nur Mittel zum Zweck. Ein erster Entwurf ist genau das, was der Name schon aussagt: Ein Entwurf. Hier hat ein Autor einen Plan entworfen, aber nicht finalisiert.

Von daher ist es erst einmal egal, ob er oder ein Kollege den Plan weiterentwickelt, denn das wird sowieso geschehen. Es gibt also gar keine klar umrissene Vision, sondern nur eine ausformulierte Struktur, auf die sich alle erst einmal geeinigt haben. Und es ist klar, dass viele Ideen haben und diese einfließen lassen. Deswegen stelle ich die Machtfrage. Autoren können bei Blockbuster-Produktionen keine Entscheidungen treffen, das tun die Produzenten, Regisseure und Stars. Aber es muss jemanden geben, der diese Dinge kanalisiert und die Vision hat. Und das kann nie der Autor sein, den er besitzt keine Macht.

Spielberg hätte sagen müssen: Ich drehe Indy IV erst, wenn ich mit dem Script zu 100 % zufrieden bin. Die These, dass mehrere Autoren den Brei verderben kann man gar nicht so pauschal sagen. An "Der Spion, der mich liebte" hat eine Heerschar von Autoren gearbeitet, "Stirb an einem anderen Tag" wurde nur von Purvis & Wade geschrieben. Ist der erstgenannte Film jetzt schlechter als der letztgenannte? "Casino Royale" wurde auch von Purvis & Wade geschrieben. Nach der oben genannten These hätte Haggis als Überarbeiter alles ruinieren müssen, aber hat er das?

Es stellt sich immer nur eine Frage: Hat jemand (Produzent, Regisseur, Star) eine klare Vision von dem Film/der Geschichte und kann diese entsprechend forcieren? Dann können Autoren vernünftig und zielorientiert (über)arbeiten. Ist das nicht der Fall, gibt es Chaos, weil die Autoren verschiedene Ideen/Visionen ungefiltert unter einen Hut bringen müssen.

Man darf sich einen Drehbuchautoren nicht wie einen Romanautoren vorstellen. Man setzt keine eigenen Visionen um. Im Grunde kann man ein perfektes Script abliefern, aber davon wäre trotzdem kein einziges Wort in Stein gemeißelt. Denn das Script muss für die funktionieren, die es später umsetzen müssen, nicht für einen selbst.

Re: Indiana Jones

1159
Nummer4Fonda hat geschrieben: 26. Mai 2023 21:41 Spielberg hätte sagen müssen: Ich drehe Indy IV erst, wenn ich mit dem Script zu 100 % zufrieden bin.
Zeit hätte es in den 19 Jahren nach Crusade ja eigentlich genug dafür gegeben.

Das Grundproblem war wohl, dass Lucas auf Teufel komm raus Aliens im Film haben wollte. Und da fällt mir dann auch nichts ein, wie unter diesen Vorzeichen ein guter Indy-Film (bzw. einer, der mir hätte gefallen können) draus hätte werden können.
#London2024

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Indiana Jones

1160
Aliens waren zu der Zeit einfach in, siehe Cowboys vs. Aliens, der zwei Jahre darauf gedreht werden sollte. Spaß beiseite - die Aliens sind nun wirklich das kleinste Problem von Indy IV, da sehe ich viel gravierendere Fehler im Pacing, dem Fehlen eines wirklich wiedererkennbaren Sets (Kammer der Bundeslade, Tempel, Petra als Graalstätte), das Ausbleiben der für John Williams typischen memorablen musikalischen Themen - so haben Raiders, Temple und Crusade jemweils ein starkes Thema, das sich jenseits der Indy-Titelmelodie durch die Filme zieht. Hinzu kommen meines Erachtens zuviel Klamauk, schlechte CGI-Bilder, ein blödes Familienthema, zu wenig Grusel und Gewalt. Der Film wirkt rundum zu poliert und zu familienfreundlich. Gut, das war Crusade auch, aber dort macht die Dynamik zwischen Connery und Ford einiges wett.

@Samedi: Ja das mit dem Disney-Schloss ist nicht unwahrscheinlich, vor allem ließe sich dieses etwas Indy-mäßiger animieren (Wüsten/Dschungel und Landkarten-Look, sich abschießende Flugzeuge statt Feuerwerke etc). Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass man es wie bei Star Wars handhabt und lediglich das ikonische Lukasfilm-Emblem einblendet.

Indy ohne Spielberg und Lucas, ohne Slocombe und Kahn ist für mich einfach nicht Indy. Und wenn Williams wieder einen generischen Score à la ROS raushaut, brauche ich das auch nicht. Die Aussicht auf einen John Williams-Soundtrack ist das einzige, was mir derzeit Freude bereitet.
Glaubt ihr Williams hätte einen guten Bond-Soundtrack gemacht, oder findet ihr diese Vorstellung völlig abwegig?
Zuletzt geändert von craigistheman am 27. Mai 2023 12:03, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Indiana Jones

1163
Samedi hat geschrieben: 26. Mai 2023 22:58 Zeit hätte es in den 19 Jahren nach Crusade ja eigentlich genug dafür gegeben.
Die Wahrheit ist, dass Indy für Lucas, Spielberg und Ford zwischen 1993 ("Young Indiana Jones") und circa 2004 einfach keine hohe Priorität hatte. Man hat sich da recht umotiviert über lange Distanzen von Entwurf zu Entwurf gehangelt und 2005/06 das Projekt dann auf Biegen und Brechen forciert. Und letztlich müssen alle auch irgendwie einverstanden gewesen sein, sonst wäre das Drehbuch am Veto von einem der drei Akteure (Lucas, Spielberg, Ford) gescheitert. Wenn Spielberg nicht voll überzeugt war, seine Bedenken aber zurückhielt, ist das Endergebnis auch sein Verschulden.

Re: Indiana Jones

1164
craigistheman hat geschrieben: 27. Mai 2023 10:22 Glaubt ihr Williams hätte einen guten Bond-Soundtrack gemacht, oder findet ihr diese Vorstellung völlig abwegig?
Bestimmt. Hab ja schon mal ein Video dazu gebastelt:

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Re: Indiana Jones

1165
Das wäre doch ein toller Karriereabschluss für Williams, endlich einen Bond-Soundtrack komponieren zu dürfen!
Vom Vibe her kämen meines Erachtens noch am ehesten einzelne Stellen aus dem genialen Marvin Hamlisch-Score in die Nähe dessen, was Williams zaubern könnte - aber wie gesagt nur einzelne wenige Passagen…

Re: Indiana Jones

1166
craigistheman hat geschrieben: 28. Mai 2023 04:27 Das wäre doch ein toller Karriereabschluss für Williams, endlich einen Bond-Soundtrack komponieren zu dürfen!
Ich glaube kaum, dass er das überhaupt noch möchte. Sogar bei Star Wars hat er ja in letzter Zeit zum Teil nur noch einzelne Motive komponiert und bis der nächste Bond abgedreht ist, dauert es ja noch eine Weile.

Aber damals (z. B. bei YOLT oder MR) hätte ich mir einen Williams-Soundtrack definitiv vorstellen können.
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Re: Indiana Jones

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craigistheman hat geschrieben: 28. Mai 2023 10:16 Ich meine irgendwo mal gelesen zu haben, dass er sich vertraglich dazu verpflichtet hat, nie einen Bondscore zu schreiben :D. Bin mir aber echt nicht sicher.
Wer sollte ihn denn dazu verpflichtet haben? Paramount? Aber das hört sich schon sehr unglaubwürdig an.
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Re: Indiana Jones

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vodkamartini hat geschrieben: 25. Mai 2023 21:59
Casino Hille hat geschrieben: 22. Mai 2023 12:58 Indiana Jones hat ja eine Charakterentwicklung im ersten Film, die selbst mit der Szene mit dem Raketenwerfer und Belloq noch nicht abgeschlossen ist. Er ist den ganzen Film über motiviert von seiner Gier nach Antiquitäten, einer Gier, die ihn immer wieder in Lebensgefahr bringt und andere sogar das Leben kostet. Seine Motivation, für die Regierung nach der Bundeslade zu suchen, ist nie darüber definiert, den Nazis in die Suppe zu spucken. Er handelt nicht aus Patriotismus, sondern einzig aus seiner Besessenheit für Geschichte heraus. (...) Indy ist kein gläubiger Mensch, sondern bestenfalls ein Skeptiker, der mit religiösen Mythen nicht viel anfangen kann. Er glaubt nicht an irgendwelche übersinnlichen Kräfte der Bundeslade, derer Hitler sich bemächtigen könnte. Ihn interessiert nur der Nervenkitzel, die Jagd nach der Lade und ihre geschichtliche Dimension. (...) Vom Skeptiker zum Gläubigen, vom eigennützigen Grabraub zum respektvollen Umgang mit der Geschichte – darum geht es in "Jäger des verlorenen Schatzes".
Das sind interessante Beobachtungen, die es lohnt ausführlicher zu diskutieren. Die Charakterentwicklung vom Skeptiker zum Gläubigen hatte ich bisher gar nicht so sehr im Blick, aber das ist tatsächlich ein sehr zentraler Aspekt der Urtrilogie. Zu Beginn ist er der betont sachliche Wissenschaftler, zumindest im Bezug auf seine professionelle Einstellung zu den jeweiligen Artefakten und ihrer Bedeutung. Dazu ist er von einem Abenteurergeist beseelt, der nicht jedem Wissenschaftler gegeben ist, aber gar nicht so selten vorkommt, wie man gemeinhin annimmt. Ein wenig exotisch ist nur die Bounty-Hunter-Attitüde, die witzigerweise auch ein wenig an Han Solo erinnert, vielleicht ist Ford auch deshalb so überzeugend in der Rolle.
Dennoch ist er nicht empfänglich für mystische Zwischentöne obwohl er den mythischen Aspekt seiner Arbeit nicht ausblendet. All dies verändert sich im Verlauf der Handlung. Im zweiten Film ist diese Entwicklung ebenfalls vorhanden, aber deutlich pulpiger angelegt, was dem Film seinen etwas unrunden Ruf eingebracht hat. Im dritten Film schließlich hat Spielberg des Zepter wieder fester in der Hand und liefert eine ähnliche Entwicklung wie im Original, die genauso stringent und überzeugend entwickelt wird.
Im zweiten Film ist seine Entwicklung auch nochmal eine etwas andere, da geht es weniger um das Entdecken von Spiritualität (oder das Anerkennen der magischen Objekte in vollem Umfang hinsichtlich ihrer kulturellen und religiösen Dimension), sondern um einen Verzicht auf die eigenen Interessen. In "Der Tempel des Todes" betont Indiana Jones gegenüber Short Round, dass er all das für "Fortune & Glory" tut und das er sich genau das davon versprechen würde, die Sankara Steine in die Hände zu bekommen. Die Anfangssequenz im Club Obi Wan zeichnet Indy auch als jemanden, der das Leben anderer problem- und gedankenlos in Gefahr bringt (und sei es nur als Bluff), siehe sein Verhalten mit Willie oder seinen asiatischen Kollegen, der sogar noch vor Ort verstirbt. Im Verlauf des Films wird er dann selbstloser (dazu passt auch das Familienthema, da Indy durch Willie und Short Round gewissermaßen "Frau und Kind" an die Seite gestellt bekommt.

Indy wandelt sich von jemandem, der rücksichtslos agiert und nur an Macht und Ruhm denkt zu jemandem, der andere Interessen vor seine eigenen stellt. Im Finale geht es gar nicht mehr darum, die Sankara-Steine zu bekommen und sie an ein Museum zu verkaufen, sondern um die Rettung von versklavten Kindern (was dann Spielberg-typisch mit viel Bravo inszeniert wird). Und als Indy die Sankara-Steine letztlich gewinnt, behält er sie nicht für "Fortune & Glory", sondern er gibt sie dem Dorf vom Anfang des Films zurück, erfüllt damit die Prophezeiung ("Der, der vom Himmel fällt") und lässt sie Dorfbewohner von den magischen Kräften der Steine profitieren, statt selbst reich zu werden. Spielberg erzählt diese Entwicklung in Indys Charakter sogar recht clever. Mir gefiel es immer, dass er durch den Premierminister beim Essen im Tempel des Maharadschas leise Kritik an Indiana Jones als Figur und an Archäologie / Grabräuberei üben lässt. Der Premierminister sagt ja sinngemäß etwas davon, dass Indy in mehreren Ländern polizeilich gesucht wird, weil er sich dort nicht an Regeln gehalten und Kulturgut geraubt hat.

Genau das tut er dann mit den Sankara-Steinen aber nicht mehr. Stattdessen bringt er die Kinder und die Steine nach Hause zurück, grinst brav und zieht mit Frau und Kind von dannen. Zugegeben: Damit gewinnt man jetzt keinen Oscar (und es ist im direkten Vergleich zu "Jäger des verlorenen Schatzes" und "Der letzte Kreuzzug" die auf dem Papier schwächere innere Handlung), aber das ist auch nicht der Anspruch des Films. Im Gegenteil: Spielberg ist für mich als Regisseur von Unterhaltungsstoffen deshalb so stark, weil er normalerweise immer die Extrameile läuft und eine solche Charakterentwicklung (eine tiefere Ebene) in seinen Filmen unterbringt, die emotional mit dem Publikum räsoniert. Ohne Indys effektive Zeichnung als eigennütziger Abenteuer in den ersten 20-30 Minuten von "Tempel des Todes" wäre der Moment, wenn er dann die Kinder aus der Sklaverei befreit nicht ansatzweise so kraftvoll, wie er es jetzt im fertigen Film ist. Weil man unterbewusst eben spürt, dass das für die Figur eine große Sache ist.

Ich habe das ja schon mal geschrieben, bleibe auch dabei: Filme wie die "Indiana Jones"-Trilogie, "Stirb langsam", etc., die werden in der Regel zu Klassikern, weil sie eine tiefere Ebene (ich meine nicht zwingend intellektuell tiefgründig) haben, die mit dem Publikum auch noch viele Jahre später räsoniert. Filme, die nur ihrer Schauwerte wegen oder aufgrund eines zu dem Zeitpunkt populären Hauptdarstellers erfolgreich sind, altern schnell(er), weil Schauwerte irgendwann überholt sind oder sattgesehen wurden, und dann kein weiteres Fundament darunter liegt, was langfristig an das filmische Erlebnis bindet. Spielberg hat so viele Hits gelandet, weil er sich diese Mühe immer gemacht hat und sehr gut darin ist, Innenleben der Figuren und äußere Handlung effizient und schlüssig zusammenzubringen.
vodkamartini hat geschrieben: 25. Mai 2023 21:59 Interessant ist die Schnittentscheidung bei Indy zu Hause (Raiders), denn der andere Ansatz hätte wiederum den Indy-Bond (siehe unten) wieder mehr in den Fokus gerückt, was ebenfalls gepasst hätte.
Ja, absolut. Wenn man es weiß, kann man sich auch gut vorstellen, wie die Szene insgesamt ausgesehen hätte, und dann erkennt man in Fords Spiel auch, dass die Szene eigentlich eine andere Intention hatte – nämlich eben die, dass Indy bewusst abweisend und verknappt antwortet und alles als Hocus Pocus abtut, damit Marcus Brody möglichst abzieht und Indy sich wieder der Dame widmen kann. Durch den Schnitt hat Spielberg aber den ganzen narrativen Fokus der Szene geändert und auch Fords Schauspiel neu kontextualisiert, denn jetzt wirkt seine schnelle und abweisende Haltung eben so, als ergäbe sie sich aus der intellektuellen Position Indys heraus und so wird nochmal untermauert, dass ihn die "Geschichte der Lade" wirklich wenig interessiert, sondern nur die Lade als Objekt, nicht als Glaubenssymbol.

Es ist übrigens gerade deshalb auch wahnsinnig witzig (naja, eigentlich absurd bis traurig), dass es mittlerweile natürlich längst Frontpersonen der selbsternannten Woke-Gemeinde gibt, die jetzt Kritik an den "Indiana Jones"-Filmen üben, da dort immerhin kultureller Diebstahl und Grabrauberei verharmlost oder gar glorifiziert wird. Sowas kann nämlich nur von Leuten kommen, die die Filme nie mit Verstand angeschaut haben. In jedem der ersten drei Filme ist die Lektion, die Indy lernen muss damit verbunden, dass er die archäologischen Artefakte nicht nur als solche ansehen darf, sondern ihre kulturelle / mythologische Bedeutung zu respketieren lernen muss (Die Lade ist nicht nur eine goldene Kiste, sondern erzürnt bei respektlosem Umgang die Macht Gottes / Die Sankara-Steine für Reichtum und Macht missbrauchen ist falsch, weil ihre Kräfte das "indigene" Volk beschützen / Der Heilige Gral ist eine Obsession, die nicht glücklich, sondern einsam macht – und man braucht kein biblisches Objekt, um die Liebe des eigenen Vaters zu gewinnen).
vodkamartini hat geschrieben: 25. Mai 2023 21:59 Dieses klassischen Märchen entlehnte Grundgerüst findet sich besonders deutlich im ersten Film der Trilogie, in Jäger des verlorenen Schatzes: Der Held - Archäologieprofessor Dr. Indiana Jones (Harrison Ford) - erhält den Auftrag, die verschollen geglaubte Bundeslade, also die Truhe mit den originalen Steintafeln der Zehn Gebote, zu beschaffen, da sie sonst den Mächten des Bösen - in diesem Falle den Nazis - in die Hände fallen würde. Er muss dazu in ferne Länder reisen (Nepal, Ägypten) und sich im wesentlichen auf seine geistigen und vor allem körperlichen Fähigkeiten verlassen. Schließlich ist der Auftrag mit zahlreichen Gefahren und Unwägbarkeiten verbunden, da der Gegner wenig zimperlich, zahlenmäßig überlegen und zudem bereits einen Schritt voraus ist. Am Ende hat der Held selbst dem mythischen Kräften des „Schatzes" getrotzt und erhält als Belohnung die „Prinzessin".
Ja, genau, nur geht Spielberg da einen Schritt weiter als seine Vorbilder, dadurch, dass der Held nicht wirklich durch den Kampf gegen die Nazis motiviert ist (diese sind für den Zuschauer selbst als Villains gar relevanter als für Indy, der sich mit demselben Engagement in das Abenteuer werfen würde, wäre nur Belloq sein Gegenspieler) und die Lade am Ende tatsächlich übernatürliche Kräfte entfesselt (was allem, was wir zuvor gesehen haben, eine neue Dimension verleiht). Die Bond-Vergleiche deinerseits sind stimmig und der bekennende Bond-Fan Spielberg hatte anfangs sicherlich eine Art "eigenen Bond" vor Augen, war aber klug genug, sich in den entscheidenden Momenten (siehe Ausführungen zur geschnittenen Womanizer-Szene) von Bond zu distanzieren und dem Charakter eigene Facetten zu verleihen.
craigistheman hat geschrieben: 27. Mai 2023 10:22 Hinzu kommen meines Erachtens zuviel Klamauk, schlechte CGI-Bilder, ein blödes Familienthema, zu wenig Grusel und Gewalt. Der Film wirkt rundum zu poliert und zu familienfreundlich. Gut, das war Crusade auch, aber dort macht die Dynamik zwischen Connery und Ford einiges wett.
Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Indiana Jones ist familienfreundliches Kino, da sind "Der letzte Kreuzzug" und "Das Königreich des Kristallschädels" nicht anders als ihre Vorgänger. "Jäger des verlorenen Schatzes" ist sicher härter als die Filme später, in der Gewaltdarstellung expliziter, und generell etwas dreckiger. Aber spätestens ab "Der Tempel des Todes" steht mit Short Round eine Identifikationsfigur für die ganz jungen Zuschauer sehr zentral im Mittelpunkt, der alberne Spielberg-Humor (meinetwegen nennen wir es Klamauk) scheint vollends durch (Willie im Dschungelcamp, Willie und die Insekten, Willie auf dem Elefanten … eigentlich alles mit Willie) und die Action wird Jahrmarkt-lastiger, bis hin zur tatsächlichen Achterbahnfahrt im finalen Drittel. Nein, da erkenne ich keinen Bruch zwischen "Der Tempel des Todes" und "Der letzte Kreuzzug". Was richtig ist, ist eine stärkere Vermeidung von expliziter Gewalt / Blut ab Teil 3, aber richtig deftig blutig waren auch Teil 1 und 2 nicht, daher ist das für mich kaum spielentscheidend (und auch hier war schon "Der Tempel des Todes" viel abgeschwächter als "Jäger des verlorenen Schatzes").
craigistheman hat geschrieben: 27. Mai 2023 10:22Indy ohne Spielberg und Lucas, ohne Slocombe und Kahn ist für mich einfach nicht Indy. Und wenn Williams wieder einen generischen Score à la ROS raushaut, brauche ich das auch nicht. Die Aussicht auf einen John Williams-Soundtrack ist das einzige, was mir derzeit Freude bereitet.
Glaubt ihr Williams hätte einen guten Bond-Soundtrack gemacht, oder findet ihr diese Vorstellung völlig abwegig?
Douglas Slocombe fehlt beim vierten Film wirklich. Janusz Kamiński hat einen Stil, der sehr auffällig ist, und der Spielbergs Filmografie ab seines Eingreifens sofort stark geprägt hat, und dieser Stil erzeugt viele der visuellen Probleme in "Das Königreich des Kristallschädels", zumindest meiner Ansicht nach. Das konsequente Strahlen vieler Bildelemente, die "Überbeleuchtung" (in Ermangelung besserer Fachterminologie) erzeugen diesen unangenehm künstlichen Eindruck. Slocombe hatte ein fantastisches Auge fürs Abenteuerkino und er hat viel von dem geprägt, was wir heute in Look & Feel mit Indiana Jones assoziieren.

John Williams hätte bestimmt einen Score für Bond machen können (erst recht, wenn es mittlerweile selbst Thomas Newman und Hans Zimmer machen dürfen), seine sehr orchestrale Schreibe hätte prinzipiell zu Bond gepasst. Allein: Williams ist als Musiker so eindeutig und klar immer als Williams zu identifizieren, dass es mir vielleicht too much gewesen wäre, zu viel Williams, zu wenig Bondcharakteristik (respektive exakt die Probleme, die ich mit Newman und Zimmer habe). Aber ich will dem Mann nicht unrecht tun, möglicherweise hätte er den Ton auch genau getroffen.

Generisch war der Soundtrack zum letzten "Star Wars"-Film übrigens schon, aber da Williams für zu kritisieren ist mehr als ungerecht. Die Entstehungsgeschichte der Filmmusik zu "Der Aufstieg Skywalkers" legt nahe, dass sehr viele der Stücke, die Williams komponiert hat, gar nicht oder nur wenig verwendet wurden und man sich im Nachhinein bei vielen Szenen für ein Best Of vergangener Soundtrack-Kompositionen entschied und Williams Musikstücke in Teilen unterschlagen wurden. So doof die Filmmusik zu dem wirklich doofen Film auch war … ob das wirklich an Williams alleine lag, möchte ich mal in Frage stellen.

Wenn es dich näher interessiert, empfehle ich dieses sehr schöne und ausführliche Video:

https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Indiana Jones

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Casino Hille hat geschrieben: 30. Mai 2023 12:23 Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Indiana Jones ist familienfreundliches Kino, da sind "Der letzte Kreuzzug" und "Das Königreich des Kristallschädels" nicht anders als ihre Vorgänger. "Jäger des verlorenen Schatzes" ist sicher härter als die Filme später, in der Gewaltdarstellung expliziter, und generell etwas dreckiger. Aber spätestens ab "Der Tempel des Todes" steht mit Short Round eine Identifikationsfigur für die ganz jungen Zuschauer sehr zentral im Mittelpunkt, der alberne Spielberg-Humor (meinetwegen nennen wir es Klamauk) scheint vollends durch (Willie im Dschungelcamp, Willie und die Insekten, Willie auf dem Elefanten … eigentlich alles mit Willie) und die Action wird Jahrmarkt-lastiger, bis hin zur tatsächlichen Achterbahnfahrt im finalen Drittel. Nein, da erkenne ich keinen Bruch zwischen "Der Tempel des Todes" und "Der letzte Kreuzzug". Was richtig ist, ist eine stärkere Vermeidung von expliziter Gewalt / Blut ab Teil 3, aber richtig deftig blutig waren auch Teil 1 und 2 nicht, daher ist das für mich kaum spielentscheidend (und auch hier war schon "Der Tempel des Todes" viel abgeschwächter als "Jäger des verlorenen Schatzes").
Weiß nicht, und meiner subjektiven Empfindung nach geht Temple in der Gewaltdarstellung schon noch eine Stufe weiter als der ebenfalls recht brutale Raiders. Da gibt es ja zum Beispiel auch diesen Schrein im Dschungel auf dem ganz klar abgetrennte Menschenfinger und weitere Leichenteile zu erkennen sind. Hinzu kommt die Opferung mit Herzentnahme und anschließendem Barbecue in okkultem Setting - das ist nun wirklich nichts für Kinder, auch wenn ich es mit 10 Jahren natürlich gefeiert habe ;). Und was ist mit Indys und Shortys "Auspeitschung", sowie der Gewalt an Kinder-Zwangsarbeitern? Short Round, Willie, Family-Theme, Sentimentalität und Achterbahnfahrt hin oder her, Temple hat sich im deutschsparachigen Raum völlig zurecht einen 16er eingefangen. Nicht zuletzt wurde gerade für Temple das PG 13-Rating von Seiten der MPAA eingeführt - auf Spielbergs Drängen, denn der wusste ob der teils vernichtenden Kritiken von der Familienuntauglichkeit des Spektakels.
Aber gerade dieses schundige irgendwas macht Temple für mich zum besten Indiana Jones-Ableger, ja vielleicht zum besten, was Spielberg je zu Stande gebracht hat, wenn auch wider Willen. Denn das Zusammenspiel völlig widersprüchlicher Elemente und Intensionen zu Gunsten des größtmöglichen Effektes und Thrills, das charakterisiert meines Erachtens das Oevre dieses äußerst talentierten, manchmal virtuosen aber gänzlich als unintellektuellen Filmemachers am treffendsten. Wie in einem Vergnügungspark heiligen die Mittel den Zweck, und das tut manchmal auch verdammt gut.