Re: Zuletzt gesehener Film

16
iHaveCNit: In der Nacht des 12. (2023) – Dominik Moll – Ascot Elite
Deutscher Kinostart: 12.01.2023
gesehen am 16.02.2023 in OmU
Caligari Filmbühne Wiesbaden – Parkett – Reihe 6, Platz 13 – 17:30 Uhr


Am 12.01.2023 habe ich es zum Kinostart mangels passender Zeiten leider nicht geschafft, Dominik Molls „In der Nacht des 12.“ zu sehen. Umso schöner, dass ich dann doch noch Mitte Februar eine Vorstellung ins Auge fassen konnte, die ich nun heute auch abhaken konnte. Denn irgendwie hat mich das Interesse an dem interessanten Crime-Drama seitdem ich von ihm Notiz genommen habe verfolgt.

In einer Kleinstadt nahe Grenoble wird in der Nacht des 12. Oktober 2016 die junge Clara Royer auf dem Nachhauseweg von einem maskierten Mann mit Benzin überschüttet und in Flammen gesetzt. Dem Fall nehmen sich die beiden Kripo-Beamten Yohan, Marceau und ihr Team an. Inmitten einer Vielzahl an Verdächtigen verlieren sich Yohan und Marceau immer mehr in den Fall bis Yohan irgendwann nicht mehr davon loskommt wie viele Ermittler, die in ihrem Leben einen ungelösten Fall haben, der diese nicht mehr loslässt.

Sehr nüchtern und zurückhaltend inszeniert Dominik Moll hier ein Crime-Drama, bei dem weniger der Whodunit im Fokus steht – das wird einem auch direkt zu Beginn des Films klar gemacht – auch wenn sich ein Teil der Spannung aus der Hoffnung zieht, es könnte doch so sein. Hier steht viel eher die charakterliche, emotionale Komponente im Fokus. Vor allem, was ein Verbrechen mit Mord und den daraus folgenden, mühsamen, frustrierenden Ermittlungsarbeiten und Misserfolgen mit den Ermittlern macht. Und mit dem von Bastien Bouillon gespielten Yohan sowie dem von Bouli Lanners gespielten Marceau bekommen wir zwei unterschiedliche emotionale Ausprägungen im Umgang zu sehen. Während Yohan eher zurückhaltend Frust, Misserfolg „in sich rein frisst“ bricht es bei Marceau förmlich aus ihm heraus. Ein wenig oberflächlich aber einigermaßen interessant ist die auch im Film eingebettete Thematik der Geschlechterverhältnisse wenn es um Gewaltverbrechen geht – sowohl auf Seiten des Verbrechens als auch auf Seiten der Ermittlungen. Gerade hier jedoch ist der Film in seiner Struktur und Aufmachung nicht daran interessiert durchaus wichtige Fragen zu stellen wie „Warum der Täter tut, was er tut ?“, denn das gibt der Film leider nicht her. Zur etwas nüchternen und zurückhaltenden Inszenierung gesellt sich auch ein etwas undynamisches Tempo, dass den Film für mich etwas ausbremst und durchaus eine größere Sogwirkung verhindert.

„In der Nacht des 12.“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

17
iHaveCNit: Final Cut Of The Dead (2023) – Michel Hazanavicius – Weltkino
Deutscher Kinostart: 16.02.2023
gesehen am 08.02.2023 in OmU Spotlight-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 21:00 Uhr
gesehen am 21.02.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 3, Platz 9 – 18:30 Uhr


Es gibt im Filmbereich eine sicherlich klassische Debatte darüber ob Remakes überhaupt notwendig sind – so wie auch im Beispiel von Michel Hazanavicius Remake des japanischen Indie-Hits „One Cut Of The Dead“ von Shinichiro Ueda, den er unter dem Titel „Coupez !“ bzw. „Final Cut Of The Dead“ inszeniert und veröffentlicht hat. Ich stehe noch auf einer sehr neutralen Position dieser Debatte, da ich vor der Sichtung des Films zwar wusste, dass es sich um ein Remake handelt, ich das Original jedoch noch nicht gesehen habe und daher wie immer unvoreingenommen, vernunftorientiert und begeisterungsfähig an den Film herangegangen bin. Einen Film, an dem man unfassbar viel Spaß haben kann, wenn man mit der passenden Erwartungshaltung und Einstellung an den Film geht.

Der exzentrisch euphorische Regisseur Remi ist mit einem kleinen Produktionsstab und einem kleinen Schauspielerteam in einem verlassenen Gebäudekomplex um einen Zombiefilm zu drehen. Doch mit zunehmender Dauer des Films, der als Plansequenz inszeniert werden soll, ereignen sich sowohl vor und hinter der Kamera mysteriöse Zwischenfälle. Befindet sich die Crew tatsächlich inmitten einer Zombieapokalypse ?

Wenn man den Film einfach mit keiner entsprechenden Erwartungshaltung beginnt oder an sich vielleicht mit etwas Anspruch an den Film herangeht wird man am Anfang etwas verloren da stehen und sich fragen, was das überhaupt alles in dem Film soll und in welche Richtung das Ganze gehen wird. Da ich bereits bei der Sneak wusste, worauf ich mich einlasse, bin ich mit der Einstellung in den Film gestartet, dass mich etwas mit Witz und Trash erwarten wird. Und so habe ich mich einfach in den Film treiben lassen, hatte meinen Spaß an den absurden Situationen und habe mich an dem hohen Gehalt an Kunstblut und diverser anderer Körperflüssigkeiten ergötzt und da ich vor allem im inszenatorischen Sinn einen Sweet Spot für One-Takes bzw. Plansequenzen habe, konnte ich mich auch irgendwie fallen lassen. Der Film ist klar in 3 Abschnitte eingeteilt – den gedrehten Film, die Vorproduktion und die Dreharbeiten selbst, womit vor allem bei der Sichtung von Abschnitt 1 und 3 sowohl die absurde, trashige Situation im Film selbst als auch die Umstände die dazu geführt haben mich gleichermaßen unterhalten haben. Natürlich ist der Film für den Trashgehalt doch etwas hochwertiger produziert, was mich aber nicht wirklich gestört hat. Der Mittelteil fällt hier etwas ab und da doch ein Großteil der involvierten Charaktere nicht wirklich sympathisch sind, hat man dann doch eine gewisse Schadenfreude an dem ein oder anderen Scheitern. Und irgendwie ist diese kleine Ode ans Filmemachen sich auch darüber bewusst, genau das zu sein, was man am Ende bekommt und das gibt dem Film auch eine gewisse vielschichtige Meta-Ebene.

„Final Cut Of The Dead“ - My Second Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

18
iHaveCNit: Sick Of Myself (2023) – Kristoffer Borgli – MFA
Deutscher Kinostart: 23.03.2023
gesehen am 22.02.2023 in OmU Spotlight-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 21:00 Uhr


Eine Sneak ist da, sich überraschen zu lassen. So auch bei dem Besuch dieser Sneak da der Film nicht auf meinem Schirm und nur ein optionaler Start gewesen ist. Schade eigentlich, denn ich gehöre zu der Gruppe von Kinobesuchern, die nicht nur für zartbesaitetes Kino zu haben sind und auch mal gerne vom Film, seinen Bildern und seinem Thema herausgefordert werden möchte. Die Sparte des skandinavischen oder noch konkreter des norwegischen Kinos hat mich zuletzt vor allem mit „The Innocents“ , „Der schlimmste Mensch der Welt“ als auch „War Sailor“ begeistern können und da ist „Sick of Myself“ von Kristoffer Borgli auch gut dabei.

Signe und Thomas sind zusammen. Sie arbeitet in einer Bäckerei, er ist Künstler mit fragwürdigen Methoden. Die Beziehung der Beiden ist von knallhartem Konkurrenzdenken und dem Streben nach Aufmerksamkeit geprägt. Als Thomas mit seiner fragwürdigen und zweifelhaften Kunst zufällig zu Ruhm kommt trifft Signe mit der Bestellung von dubiosen russischen Pillen eine Entscheidung, die sowohl Erfolg als auch extrem harte Nebenwirkungen mit sich bringen wird.

Vorweg gesagt, ist dieser Film nichts für Zartbesaitete, denn die Darstellung von vor allem Signes Entwicklung aufgrund ihrer Entscheidung bietet eine Reihe von verstörenden, grotesken, abstoßenden und auch ekelhaften Momenten, die allesamt auch ohne Probleme im Horror-Bereich für Schrecken sorgen könnten. Hier ist diese Darstellung aber als Schockelement ein absolut provokatives, probates und brutales Mittel zum Zweck, sowohl uns als Gesellschaft als auch den Milieus, die in diesem Film porträtiert werden einen Spiegel vorzuhalten. Vor allem im Bereich der Welt der Influencer gibt es durchaus fragwürdige, mit sehr viel Aufmerksamkeit gesegnete Persönlichkeiten, die mit fragwürdigen Methoden sowohl Aufmerksamkeit als auch Einfluss bei Nachahmern generieren, die ihre Gesundheit und sogar ihr Leben mit ebendiesen fragwürdigen, vermarkteten Methoden aufs Spiel setzen. Da ist dann auch der Medikamentenmissbrauch von Signe eben ein sehr effektives Mittel. Diese Darstellung ist sowohl im Bereich der Maske aber auch vor allem im Schauspiel von Kristine Kujath Thorp extrem gut und vielschichtig, so dass sich allein für ihr Schauspiel die Kinokarte lohnt. Interessant ist auch, dass der Film eine toxische Beziehung porträtiert und hier einen Einblick in die Dynamiken einer Beziehung gewährt, die von Narzissmus, konstantem Konkurrenzdenken sowie der Sucht nach Aufmerksamkeit geprägt ist. Darüber hinaus kann er auch eine Diskussion über den Kunstbegriff sowohl in der künstlerischen Vision des vom tatsächlichen Künstler Erik Saether gespielten Thomas als auch in der Selbstinszenierung Signes anregen. Ein sehr vielschichtiger und interessanter Film, der mir auf jeden Fall gefallen hat.

„Sick Of Myself “ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

19
iHaveCNit: What´s Love Got To Do With It ? (2023) – Shekhar Kapur – Studiocanal
Deutscher Kinostart: 23.02.2023
gesehen am 25.02.2023 in Samsung Onyx LED 4K
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 6 – Reihe 13, Platz 21 – 20:15 Uhr


Ich glaube ich bin nicht der Einzige, der instinktiv bei einem Filmtitel wie „What´s Love Got To Do With It ?“ eine Erwartungshaltung an den Tag legen könnte ein Biopic über Tina Turner serviert zu bekommen. Das, was man am Ende jedoch bekommt ist eine interessante, britische Rom-Com im Culture-Clash-Gewand die die Frage stellt: „Was hat Liebe damit zu tun ?“

Zoe ist Dokumentarfilmern. Kazim ist Arzt. Beide kennen sich als Nachbarn bereits seit Kindheitstagen und sind gut befreundet. Doch Ihre Vorstellungen von Liebe könnten nicht unterschiedlicher sein. Während Zoe sich von einem „Tinderdate“ zum Nächsten hangelt, steht demnächst für Kazim eine arrangierte Ehe an. Da Zoe aktuell kein Filmprojekt am Start hat, beschließt sie über den Weg von Kazims arrangierter Ehe einen Dokumentarfilm zu drehen.

„Whats Love Got To Do With It?“ ist in erster Linie als britische Rom-Com sehr darauf bedacht unterhaltsames Wohlfühlkino zu bieten. Der Film, der in den Hauptrollen mit Lily James und Shazad Latif besetzt ist, bietet mit seinem romantischen Culture-Clash-Ansatz und den sich daraus ergebenden Fragen bezüglich Dating, Liebe, Ehe, Tradition, Moderne, Familie durchaus interessante Ansätze, die zu Diskussionen anregen können. Jedoch bleibt der Film hier etwas oberflächlich und unkritisch trotz einiger interessanter Ansätze im Detail durch spezifische Momente und Dialoge des Films. Interessant sind auch die Ansätze, die sich durch den Blick auf das Geschehen als Dokumentarfilmer ergibt und wie stark durchaus eigene Nähe zu den Protagonisten des Dokumentarfilms einen Einfluss hat genau wie die Perspektive als außenstehende Person, die kein Teil des betroffenen Kulturkreises ist und sich auch daraus etwaige Konflikte ergeben können. Gerade durch den Trailer und die Synopsis des Films gibt es auch eine Entwicklung des Films, die erwartbar und vorhersehbar gewesen ist. Hier bin ich etwas zwiegespalten, weil diese doch etwas klischeehafte Entwicklung tatsächlich eingetreten ist, so herzlich und passend war sie dann doch zum Ende des Films hin.

„What´s Love Got To Do With It ?“ – My First Look – 7/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

20
iHaveCNit: Missing (2023) – Will Merrick / Nicholas D. Johnson – Sony Pictures
Deutscher Kinostart: 23.02.2023
gesehen am 26.02.2023 in Samsung Onyx LED 4K
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 6 – Reihe 13, Platz 21 – 17:30 Uhr


Desktop-Thriller sind immer noch eine sehr seltene Art an Filmen, die in die Kinos strömen. Genauer gesagt habe ich mir bisher in diesem extrem seltenen Bereich auch nur „Searching“ aus dem Jahr 2018 gesehen und auch der deutsche Dokumentarfilm „Pornfluencer“ bedient sich im Bereich Grafikdesign und Aufmachung einer Desktop-Oberfläche. Und „Missing“ macht sich doch ganz gut in diesem Bereich, auch wenn mir „Searching“ durch die damalige, erstmalige, innovative Seherfahrung noch ein Stück besser gefallen hat.

June ist erst ganz froh darüber, dass ihre Mutter Grace und ihr Stiefvater Kevin gemeinsam nach Kolumbien einen Kurzurlaub verbringen. Kann sie doch mit ihren Freunden ausschweifende Partys machen und die sturmfreie Bude genießen. Als sie jedoch ihre Mutter vom Flughafen abholen möchte, ist von ihrer Mutter keine Spur zu finden und jegliche Kommunikationsversuche mit ihr schlagen fehl. Im Rahmen der Suche nach ihrer Mutter findet June doch einige Ungereimtheiten bei sowohl Kevins als auch Grace´ Vergangenheit. Kann sie den Geheimnissen auf die Spur kommen ?

„Missing“ ist selbstverständlich in Sachen Grafikdesign und Aufmachung eine sehr interessante Seherfahrung. Natürlich hat sich seit „Searching“ auch die digitale Landschaft bei Apps, Technologien und Endgeräten weiterentwickelt und diese Entwicklung ist gekonnt in „Missing“ implementiert und eingesetzt worden. Dennoch hat man sich bei „Missing“ nicht so stark auf seine Einschränkung als „Desktop“-Thriller verlassen als noch bei „Searching“, denn so wirken eine Vielzahl an Szenen, die von Cams auf dem Screen wiedergegeben werden nicht wie Szenen auf dem Screen, sondern wie eigenständige Szenen, die die Wiedergabe auf einem Screen nicht nötig gehabt hätten. Die Geschichte des Thrillers ist durchaus spannend, wendungsreich und hat mich zumindest die gesamte Laufzeit über gefesselt, selbst wenn die letztendlich damit aufgeschlüsselte Hintergrundgeschichte etwas simpel konstruiert ist.

„Missing“ – My First Look – 7/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

21
iHaveCNit: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war (2023) – Sonja Heiss – Warner
Deutscher Kinostart: 23.02.2023
gesehen am 27.02.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Eldorado - Parkett – Reihe 5, Platz 9 – 20:30 Uhr


Den Abschluss meines filmischen Februars im Jahr 2023 macht in einem Wochenende von 2 Filmen mit sperrigen Filmtiteln der deutsche Film „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ von Regisseurin Sonja Heiss, die damit den gleichnamigen Roman von Joachim Meyerhoff verfilmt hat.

Joachim, von allen nur „Josse“ genannt, lebt mit seinen Brüdern und seinen Eltern auf dem Geländer einer Pflegeanstalt für geistig benachteiligte Menschen, die von seinem Vater geführt wird. Inmitten des dortigen Alltags ist das Leben von Joachim von vielen Auf und Abs geprägt.

„Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ ist ein interessanter Coming-Of-Age-Film, der sich als Tragikomödie zwischen Drama und Komödie einpendelt und da ich das Buch nicht kenne und gerade ein wenig die Biografie von Autor Joachim Meyerhoff überflogen habe, auch ein wenig semibiographisches Abbild des Heranwachsens des Autors. Hier haben mir darstellerisch vor allem Devid Striesow und Laura Tonke in der Rolle der Eltern gefallen und auch Arsseni Bultmann, der Joachim in der Jugend verkörpert und damit für den Großteil des Films, während Merlin Rose und Camille Loup Moltzen Joachim in der Kindheit und während des Erwachsenseins verkörpern. So verträumt, melancholisch dieser Coming-Of-Age-Film ist, seine Stärke liegt in der Beiläufigkeit und Normalität der gezeigten Momente, die eine Vielzahl an Höhen und Tiefen im Leben präsentieren und auch einen sehr schönen, normalen und inklusiven Umgang mit Menschen mit geistiger Benachteiligung zeigen.

„Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ - My First Look –8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

22
iHaveCNit: Project Wolf Hunting (2023) – Kim Hong-Seo – Capelight Pictures
Deutscher Kinostart: 02.03.2023
gesehen am 02.03.2023
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 5 – Reihe 13, Platz 13 – 20:15 Uhr


In einem mit starken Kinostarts gesegneten Wochenende habe ich mich zuerst für den doch am ehesten limitierten Kinostart entschieden - „Project Wolf Hunting“ aus Korea, der sich für Genrefreunde aus diversen Filmfestivals zum Geheimtipp entwickelt hat und den ich mir sogar im März zweimal ansehen werde, weil er unfassbar viel Spaß gemacht hat.

Im Rahmen eines Abkommens der Philippinen mit Korea sollen geflüchtete Kriminelle wieder nach Korea zurückgeführt werden. Nachdem im Jahre 2016 der erste Versuch per Flugzeug schief gelaufen ist, dauert es weitere 6 Jahre, bis im Jahre 2022 ein weiterer Versuch an Bord eines Frachtschiffs namens „Frontier Titan“ gestartet wird. Diese brisante Operation, die den Namen „Project Wolf Hunting“ trägt, gerät jedoch einige Stunde nach dem Auslaufen des Schiffs aus dem Ruder und die Kriminellen kapern auf brutale Art und Weise das Schiff – ohne zu ahnen, dass auch für sie das Schiff eine extreme Bedrohung bereit hält.

„Project Wolf Hunting“ ist eine extreme Schlachtplatte, bei der mit blutiger, visueller Gewalt nicht gespart wird. Es finden sich hier durchaus Versatzstücke aus zum Beispiel den Action-Klassikern „Con Air“, "Predator" und „Terminator“ wieder, ohne eine bloße Kopie beider Filme zu sein. Mir hat dieser Film wie eingangs erwähnt unfassbar viel Spaß bereitet. Die Schlachtplatte, deren audiovisuelle Umsetzung der Gewalt sowohl in den Gore-Effekten als auch dem Sounddesign schon extrem gut ist, bietet im Rahmen seiner Handlungsentwicklung durchaus die ein oder andere Überraschung, steigert sich dabei auch mal und verschiebt auch seinen Fokus entsprechend. Dabei ist er sowohl überraschend aber auch teilweise vorhersehbar. Im charakterlichen Bereich bleibt der Film sehr rudimentär und simpel gestrickt, auch wenn durchaus die ein oder anderen Charaktere schon interessante Ansätze geboten hätten, um sie näher auszubauen und zu vertiefen. Desweiteren mag die Gewalt in kleinen Ansätzen mit Kreativität gesegnet sein, doch über weite Strecken stellt sich durchaus so etwas wie eine Redundanz ein, die dem Film weniger gut tut. Ich bin aber mal auf die zweite Sichtung gespannt und die Stimmung, die der Film dort erzeugen wird.

„Project Wolf Hunting“ – My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

23
iHaveCNit: Tár (2023) – Todd Field – Universal
Deutscher Kinostart: 02.03.2023
gesehen am 04.03.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Cinema - Lumiere – Reihe 5, Platz 12 – 17:15 Uhr


Die Vorbereitung auf die anstehende Oscarverleihung steht mit dem in dieser Woche veröffentlichten und für 6 Oscars nominierte „Tár“ von Todd Field auch für mich auf der Liste, in der ich nun 9 der 10 Nominieren Filme in der Hauptkategorie gesehen habe. Vor allem in der Kategorie für die „Beste weibliche Hauptrolle“ wird dieser Film eine essentielle Rolle spielen können. Denn vor allem für die Darstellung von Cate Blanchett ist dieser Film sehenswert – selbst für mich, der bei der Verleihung es eher Michelle Yeoh wünscht und sich auch weniger für Cate Blanchett als Schauspielerin begeistern kann. Und natürlich ist auch die Thematik des Films durchaus interessant.

Lydia Tár ist als Musikerin auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angelangt. Nicht nur, dass sie in der Musiksparte alle wichtigen Musikpreise abräumen könnte, sie leitet die Berliner Philharmonie, ist Chefdirigentin und auch als Professorin tätig. Ihr nächster Meilenstein wird eine neue Partitur von Mahlers 5. Symphonie werden. Inmitten ihrer Perfektion und Obsession wird sie jedoch mit dem eigenen Fehlverhalten und falschen Entscheidungen der Vergangenheit konfrontiert.

„Tár“ ist in seiner audiovisuellen Umsetzung – von der Kamera über den Schnitt und auch sowohl Sound und Filmmusik ein absoluter Genuss – selbst wenn die Optik des Films größtenteils eher kalt, distanziert, trist und grau wirkt. Hier kommt dem Film auf jeden Fall zu Gute, dass man sich im Milieu der klassischen Musik wiederfindet und da ein audieller Genuss vorprogrammiert ist – und man sich natürlich auch einem überaus intelektuell versierten Publikum des Arthouse-Films und der Klassik anbiedern kann. Und so ist das Milieu des Films nicht einfach nur austauschbarer Selbstzweck, weil die letztendliche Thematik des Films durchaus auch in vielen anderen Milieus hätte spielen können. Die im Film sehr umfassend und vielschichtig dargestellte Thematik behandelt eine Frau in einem bisher von Männer üblicherweise dominierten Bereich, die dort in der Machtposition eben auch von manipulativen bis hin zu boshaftem Machtmissbrauch Gebrauch macht und dabei sehr rücksichtslos vorgeht. Darüber hinaus setzt sich der Film mit den Themen „metoo“ und „Cancel Culture“ auseinander, ohne diese Worte jemals auszusprechen. Neben einem großartigen Ensemble um Nina Hoss, Noémie Merlant und der hier im Schauspiel debütierenden Cellistin Sophie Kauer ist „Tár“ ein direkt auf Cate Blanchett zugeschnittener und geschriebener Film. Cate Blanchett schafft es der doch eigentlich sehr unsympathischen Figur der Lydia Tár eine starke Vielschichtigkeit und Ambivalenz zu geben und dieses Streben nach Perfektion und die eigene Obsession mit einer Wucht zu verkörpern, die ihresgleichen sucht und durchaus auch Sympathien für ihren Charakter weckt, so dass der eigenen moralische Kompass und ein durchaus internalisiertes Verständnis von weiblicher Unterverantwortlichkeit erst im Laufe des Films aufgebrochen und hinterfragt wird. So wird aus dem Film auch eine Charakterstudie und Psychogramm dieser Lydia Tár, bei dem durchaus einige inszenatorische Einfälle sogar einen leichten Hauch von Psychohorror-Elementen bieten können. Insgesamt hat der Film durchaus einen doch leicht interessanten und faszinierenden Sog entwickeln können, der über die doch lange Laufzeit von 158 Minuten durchaus gehalten hat, auch wenn ich nicht ein Nerd der klassischen Musik und des filmischen Schaffens einer Cate Blanchett bin und mir rückblickend aufgefallen ist, dass doch einige Schnittbilder aus den Trailern letztendlich nicht im Film gelandet sind.

„Tár“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

24
iHaveCNit: Sonne und Beton (2023) – David Wnendt – Constantin Film
Deutscher Kinostart: 02.03.2023
gesehen am 05.03.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 18:00 Uhr


Komplettes Kontrastprogramm dieses Wochenende für mich im Kino. Nach „Project Wolf Hunting“ aus Südkorea und dem Oscarcontender „Tár“ nun den deutschen Film „Sonne und Beton“, der auf dem nach eigenen Erfahrungen inspirierten und gleichnamigen Roman des Comedian und Podcasters Felix Lobrecht basiert. Und eines vorweg – vermutlich ist dieser Film das Beste, was dieses Wochenende zu bieten hat und auch ein schon sehr früher Contender in meiner persönlichen Kategorie „Bester deutscher Film“ für 2023.

Es ist Sommer 2003 im Berliner Ortsteil Gropiusstadt. Der junge Lukas will eigentlich zur Schule, doch er hat seinen Schülerausweis verlegt und ihm wird der Zugang verwehrt. So heißt es für Lukas notgedrungen die Schule zu schwänzen und mit seinen besten Freunden Julius und Gino abzuhängen. Bis sie in den Parkanlagen des Wohnbezirks mitten in einen Kleinkrieg zwischen zwei rivalisierenden Dealergruppen geraten, der vor allem für Lukas zur Folge hat, dass eine Gruppe von ihm 500 Euro am nächsten Tag haben möchte. Gerade in dieser Zeit bekommt die Schule eine Lieferung von modernen PCs und die Gruppe um Lukas freundet sich mit Lukas neuem Nachbarn und Klassenkameraden Sanchez an. Gemeinsam wollen Sie ihre Probleme mit einem Diebstahl und Verkauf der PCs lösen.

„Sonne und Beton“ ist ein unfassbarer authentischer und in vielen Details großartiger und fein beobachteter Film geworden, der zwischen Sozial- und Milieustudie sowie auch in Teilen Coming-Of-Age pendelt. Das Drehbuch von Regisseur Wnendt und Felix Lobrecht sowie die gesamte Ausstattung des Films liefert eine so fein beobachtete und stimmige Darstellung des Lebens in Problembezirken und beschäftigt sich mit sehr vielen dieser vernachlässigten Lebensrealität bestimmenden Themen wie häusliche Gewalt, toxische Männlichkeit, Armut, Verwahrlosung. Perspektivlosigkeit aber auch viel von Freundschaft, Zusammenhalt, Vertrauen und ist damit in seiner Brutalität und Hoffnungslosigkeit auch in Teilen ein warmherziger Film geworden, ohne diese Lebensrealität zu verklären, zu romantisieren und zu glorifizieren. Denn diese Lebensrealitäten sind eben sehr hart und bitter, weil sie selten bis überhaupt nicht jemals einen sozialen Aufstieg in Aussicht stellen können und werden. Getragen wird der Film von einem tollen Ensemble von Jungdarstellern, die teils direkt von der Straße gecastet worden sind. Diese unverbrauchten Gesichter geben der Geschichte dazu noch etwas Rohes, Echtes und in allen Maßen Authentisches. Und „Sonne und Beton“ ist unterbewusst auch für mich ein persönlicher Film, denn im Jahr 2003 befand auch ich mich noch in der Schule im Alter von 16 Jahren und habe selbst wenn ich nur in einer wesentlich kleineren Siedlung mit Sozialbauwohnungen nahe Frankfurt im Hattersheimer Stadtteil Okriftel viele Jahre meines jungen Lebens verbracht und habe die im Film porträtierten Lebensverhältnisse direkt mit erlebt und kann mich auch mit vielen der Inhalte im Film identifizieren.

„Sonne und Beton“ - My First Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

25
iHaveCNit: 65 (2023) – Scott Beck / Bryan Woods – Sony Pictures
Deutscher Kinostart: 09.03.2023
gesehen am 13.03.2023
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 5 – Reihe 13, Platz 13 – 19:50 Uhr


Auch wenn das noch aktuelle Kino-Wochenende ganz im Zeichen vom 6. Teil der Slasherreihe „Scream“ und auch dem semibiographischen neuen Film von Steven Spielberg „Die Fabelmans“ steht, gibt es doch noch einen Kinostart, der durchaus sowohl im Slasher-Horror als auch der Vita eines Spielberg wiederfinden könnte – „65“, der von Scott Beck und Bryan Woods – neben John Krasinski am Drehbuch von „A Quiet Place“ beteiligt – inszeniert worden ist und natürlich mein Interesse zurecht weckte.

Der Pilot Mills lebt mit Frau und Tochter auf dem Planeten Somaris. Seine Aufträge sind Erkundungsmissionen nach neuen Planeten im All. Bei seiner neusten Erkundungsmission gerät er in einen Asteroidengürtel und stürzt auf einem unbekannten Planeten ab, der sich als Erde vor 65 Millionen Jahren mit ihren eigenen lebensgefährlichen Herausforderungen und Regeln entpuppen wird. Gemeinsam mit einem jungen Mädchen, dass er aus einer Cryokammer retten kann, macht sich Mills auf den gefährlichen Weg nach einer Möglichkeit der Rettung. Ohne zu ahnen, welche prähistorischen Gefahren sich auf ihrem Weg befinden.

Mit 93 Minuten ist „65“ ein sehr kompakter Film geworden, der sich aus meiner Perspektive am ehesten als prähistorischer Science-Fiction-Action-Survivalthriller bezeichnen lässt. Mit einem Adam Driver in der Hauptrolle sogar prominent besetzt bietet der Film nicht nur einigermaßen gute Effekte, sondern auch ein cooles Design und durchaus spannende Sequenzen, die im Bereich vom klassischen Dino-Horror durchaus ein wenig „Jurassic Park“-Feeling und auch ein klein wenig „Slasher“-Feeling aufkommen lassen. Dabei gibt es auch die ein oder anderen interessanten visuellen Einfälle, jedoch ist der Film in seiner kompakten Art und Weise etwas rudimentär unterbaut. Wenn man Wert auf einen logische Geographie der gesamten Szenerie setzt, für den ist „65“ nicht sehr stringent und eher sehr zusammenhanglos, beliebig und wenig logisch. Dennoch hatte ich meinen Spaß mit „65“ und wurde einigermaßen gut unterhalten und mitgerissen.

„65“ – My First Look – 7/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

26
iHaveCNit: Inside (2023) – Vasilis Katsoupis – Square One Entertainment
Deutscher Kinostart: 16.03.2023
gesehen am 08.03.2023 in OmU Spotlight-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 21:00 Uhr
gesehen am 16.03.2023
Cineplex Apollo-Kinocenter Wiesbaden – Beta – Reihe 1, Platz 4 – 19:00 Uhr


Dieses Wochenende hat einen interessanten Thriller zu bieten, der der Debütfilm des Dokumentarfilmers Vasilis Katsoupis ist und niemand geringeren als Willem Dafoe in der Hauptrolle zu bieten hat. Der Film, der eine interessante Variation des Survivalthrillers ist, trägt den Namen „Inside“ und hat mir durchaus sehr gut gefallen.

Irgendwo in New York in einem Luxus-Penthouse. Ein Kunstdieb bricht ein und hat wenige Minuten Zeit für seine Auftraggeber wichtige Werke zu stehlen und zu verschwinden. Doch dann kommt es zu einer Fehlfunktion des Sicherheitssystems und das Penthouse ist hermetisch abgeriegelt, so dass für den Kunstdieb kein Entkommen mehr möglich ist. Während ihn seine Auftraggeber scheinbar fallen gelassen haben, der Besitzer des Penthouse auf unbestimmte Zeit verreist ist, beginnt für den Kunstdieb der Kampf ums Überleben und gegen den Wahnsinn, während er nach einer Möglichkeit sucht, herauszukommen.

Survivalthriller, in denen ein Mann mit unterschiedlichsten Survivalsituationen zu kämpfen hat, gibt es schon zahlreich, wenn man an Filme wie Danny Boyles „127 Hours“ mit James Franco, Joe Baenas „Arctic“mit Mads Mikkelsen und J.C. Chandors „All Is Lost“ mit Robert Redford denkt. „Inside“ von Vasilis Katsoupis hingegen verlegt den Survivalthriller hier von der rohen, unerbittlichen Natur in den Großstadtdschungel New Yorks in ein Luxus-Penthouse mit Smart-Home-Technologie und Hochsicherheitssystemen. Dieses Penthouse, dass vorwiegend mit Designermöbeln und diversen Gemälden und Kunstinstallationen eingerichtet ist, ist wenn es ums Set-Design geht ein sehr schöner Schauplatz für diesen Survivalthriller und natürlich auch ein Fest für Kunstliebhaber und Kunstnerds, die den Film und die Kunstsammlung des Films sicherlich durchanalysieren können, bis der Arzt kommt. Dieses Penthouse in all seinen Details ist durchaus eine wichtige Hauptrolle für sich, wäre da nicht der großartige Willem Dafoe in der Hauptrolle, der durchaus hier und da vom Regisseur freie Hand bei der Interpretation und Improvisation vieler Situationen bekommen hat und der bereits sehr oft in seiner Karriere bewiesen hat, wie gut er dem Wahnsinn verfallenden und vom Wahnsinn gezeichnete Charaktere verkörpert – und hier fügt sich der Kunstdieb, dessen Name während des Films zu keinem Zeitpunkt genannt wird und nur im Abspann als Nemo bezeichnet wird perfekt ein. Er macht die Auswirkungen dieser Survivalsituation zu jeder Zeit spürbar und auch dass sein Charakter selbst kunstbegeistert und künstlerisch versiert ist, passt hier vollkommen ins Bild. Wie sich Wahnsinn und Isolation durch Kunst und feine Details zeitgleich ertragen als auch wahnsinnig werden lässt, haben wir bereits in Stefan Zweigs „Schachnovelle“ am Beispiel von Dr. B.s Faszination fürs Schach erleben können. Was damals Schach war, ist hier in „Inside“ eben Kunst und auch die Frage nach der Beständigkeit von Kunst. Es mag sein, dass der Film vielleicht ein wenig redundant, repititiv und auch träge werden kann in seinem Verlauf, womit hier und da die Spannung vielleicht ausbleiben könnte. Mich hat das jedoch nicht gestört, da sich damit auch ein leichtes immersives Gefühl für die Situation des Films ergeben hat.

„Inside“ - My Second Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

27
iHaveCNit: Saint Omer (2023) – Alice Diop – Grandfilm
Deutscher Kinostart: 09.03.2023
gesehen am 18.03.2023 in OmU
Mal Sehn Kino Frankfurt – Reihe A, Platz 7 – 19:45 Uhr


Die Oscars sind letztes Wochenende gelaufen. Die Preise sind vergeben. In der Kategorie „Best International Feature Film“ ging der Preis an die deutsche Netflixproduktion „Im Westen Nichts Neues“. Nominiert waren hier Belgien, Polen, Argentinien und Irland. Jedoch finde ich es mittlerweile auch interessant, welche Einreichungen aus anderen Ländern gekommen sind. Und da gibt bzw. gab es eine Reihe von interessanten Filmen, die ich bereits gesehen habe. Über Holy Spider, War Sailor, Beautiful Beings, Die Frau im Nebel, Alcarras, Corsage und Das Licht aus dem die Träume sind ist hier ein vielseitiges Teilnehmerfeld in sowohl Long- als auch Shortlist gewesen. In dieser Shortlist befand sich auch mit Blick auf unsere europäische Nachbarn aus Frankreich der sehr interessante Beitrag „Saint Omer“, der mich natürlich auch interessiert hat und den ich dann auch noch im Kino glücklicherweise mitnehmen konnte.

Die junge, aus dem Senegal stammende Professorin und Schriftstellerin Rama reist von Paris ins nordfranzösische Saint-Omer, um für die Recherchen zu einem neuen Projekt einen Gerichtsprozess zu dokumentieren. Die junge, ebenfalls aus dem Senegal stammende Laurence Coly ist angeklagt und ihr soll der Prozess gemacht werden, weil sie ihr 15 Monate altes Kind an einem Strand zum Ertrinken zurückgelassen hat. Im Laufe des Prozesses wird Rama klar, dass sie und Laurence einiges verbindet, während die Frage nach Schuld und Verantwortung irgendwann keine Rolle mehr spielen, wenn die Antwort auf die Frage nach dem „Warum“ klar wird.

Der Film, der auf eigenen Erfahrungen und Beobachtungen der Regisseurin Alice Diop und einem reellen Fall basiert, der vor cirka 10 Jahren stattgefunden hat ist in gewisser Art und Weise ein sich fast komplett über die 2 Stunden in einem Gerichtssaal abspielendes Justizdrama. Der Film, der sehr ruhig und auch sperrig sein mag, schafft es dennoch eine sehr interessante Atmosphäre aufzubauen. Mit der großartigen Kameraarbeit von Claire Mathon, die mir vorher bereits vor allem durch „Spencer“ und „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ aufgefallen ist, die uns direkt in die Gesichter der am Prozess beteiligten und auch unbeteiligten, beobachtenden Personen blicken lässt, lässt uns diese beobachten, ihnen zuhören und auch ihre Emotionen selbst bei absoluter. kontrollierter Regungslosigkeit im Gesicht ablesen. Dabei fokussiert sich der Film vor allem auf seinen beiden großartigen Hauptdarstellerinnen Kayije Kagame und Guslagie Malanga. Der Film fordert den Zuschauer schon etwas heraus, genau wie die beim Prozess anwesenden Personen. Eigentlich ist die Frage nach Schuld, Verantwortung und auch einem Urteil schnell und klar zu beantworten, doch mit der sich langsam entfaltenden Lebensgeschichte von Malangas Laurence Coly nimmt die Antwort auf die Frage nach „Warum ?“ eine sehr interessante Wendung in der Wahrnehmung des gesamten Prozesses – wenn zum einen Kagames Rama sich mit den Lebensumständen Laurence Colys identifiziert und quasi spiegelt und zum anderen eben kulturelle Identität, Spiritualität und auch ein wenig mythologischer Hintergrund neben der Lebensumstände als Erklärung für das „Warum ?“ als auch die Verbindung einer Mutter zu ihrem Kind herangezogen werden. Selbst wenn ich persönlich dennoch ein wenig mit dieser spirituellen, mythologischen als auch esoterischen Richtung ein wenig fremdle, so bleibt dieser Film doch eine interessante, herausfordernde und sehenswerte Erfahrung.

„Saint Omer“ - My First Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

28
iHaveCNit: Broker – Familie gesucht (2023) – Hirokazu Kore-Eda – Plaion Pictures
Deutscher Kinostart: 16.03.2023
gesehen am 19.03.2023 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 3, Platz 9 – 15:00 Uhr


Das für mich aktuelle Kino-Wochenende scheint sich thematisch, wenn man zumindest eine Gemeinsamkeit zwischen dem französischen „Saint Omer“ und dem vom Japaner Hirokazu Kore-Eda inszenierten, koreanischen „Broker – Familie gesucht“ finden möchte vor allem im Thema einer jungen Frau, die sich gegen ihr Kind entscheidet zu überschneiden. Das koreanische Kino ist eines, für das ich mich in den Jahren immer wieder begeistern kann. Vor allem in diesem Jahr mit „Return To Seoul“, „Die Frau im Nebel“ und „Project Wolf Hunting“ sowie nun auch „Broker – Familie gesucht“ kann sich das koreanische Kino in den ersten 3 Monaten des Jahres sehen lassen.
„Broker – Familie gesucht“ hat mich daran erinnert, dass ich mir nun auch mal unbedingt „Shoplifters“ des Regisseurs ansehen sollte.

Irgendwo in einer regnerischen Nacht in Busan. Die junge So-Young steht vor einer Babyklappe an einem Waisenhaus, legt ihren Sohn Woo-Sung dort ab und zieht von dannen. Dabei wird sie sowohl von zwei Männern als auch den Ermittlungsbehörden beobachtet. Die beiden Männer Sang-Hyun und Dong-Soo nehmen das Baby an sich. Als So-Young sich kurze Zeit später jedoch zugunsten ihres Sohnes umentscheidet, trifft sie auf Sang-Hyun und Dong-Soo, die ihr ganz unbürokratisch dabei helfen wollen, neue Eltern für ihren Sohn zu suchen. Sie willigt ein und macht sich mit den Beiden auf die Suche- ohne zu ahnen, dass die Ermittlungsbehörden sowohl hinter So-Young als auch hinter ihnen her sind und sich später noch der Waisenjunge Hae-Jin dem Gespann anschließt, dass im Laufe der Zeit immer stärker zusammenwächst.

„Broker – Familie gesucht“ ist ein sehr warmherziger, herzlicher aber relativ unaufdringlicher Film, der als gesellschaftliche Tragikomödie nicht nur kleines Gaunerstück und Roadmovie bietet, sondern viele gesellschaftliche Themen wie Elternschaft, Vaterschaft, Mutterschaft, Adoption, Waisenhäuser und damit verbundenen Menschenhandel abbildet, zeichnet und auch im Kontext der koreanischen Gesellschaft verhandelt. Inmitten dieses Gaunerstücks und Roadmovies mag der Film thematisch vielleicht ein wenig zu überladen wirken, aber da der Film nur die notwendige Tiefe den jeweiligen Themen einräumt und eher zu tieferen Diskussionen anregt. Bei all den durchaus komplexeren Konsequenzen, die die Konklussion des Films bietet, liegt der Fokus des Films eher auf der Wohlfühlatmosphäre, die dem Film eine doch herzliche und auch mal in kleinen Ansätzen humorvolle Note gibt und mit einer doch interessanten „Familienkonstellation“ die Sympathien auf seine Seite ziehen kann.

„Broker – Familie gesucht“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

29
iHaveCNit: Roter Himmel (2023) – Christian Petzold – Piffl Medien GmbH
Deutscher Kinostart: 20.04.2023
gesehen am 22.03.2023 Spotlight-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 21:00 Uhr


Gerade noch den Silbernen Bären auf der Berlinale abgestaubt, habe ich kurze Zeit später bereits in einer Sneak die Gelegenheit bekommen, einen früheren Einblick in den neuen Film von Christian Petzold zu bekommen, von dem mir bereits seine vorherigen Filme „Transit“ und „Undine“ gefallen haben und mich definitiv nach seinem neuen Film „Roter Himmel“ zu einer kompletten Werkschau des Regisseurs animierten könnten.

In der Dürre eines warmen Sommers reisen die beiden Freunde seit Kindheitstagen Leon und Felix in ein abgelegenes Ferienhaus in den Wäldern nahe Ahrenshoop. Eigentlich möchte Leon sein Manuskript für sein neues Buch in Ruhe fertig stellen, da auch ein Termin mit seinem Lektoren ansteht, doch die junge Nadja hat zufälligerweise im gleichen Zeitraum das Ferienhaus gemietet. Inmitten dieser warmen Sommertage, die von gefährlichen Waldbränden in der Region geprägt sind, muss sich Leon einigen unbequemen Wahrheiten und unterdrückten Gefühlen stellen.

„Roter Himmel“ bezeichnet sich selbst als Sommernachtstraum beziehungsweise auch als Sommerfilm. Ich für meinen Teil sehe in dem Film im kleinen Rahmen sogar eine kleine Dekonstruktion eines Sommerfilms. Das hängt damit zusammen, dass die klassischen Pfade eines Sommerfilms, die durchaus die in oder anderen Konflikte und Dramen zu bieten haben, aber dennoch mit einer versöhnlichen Note und einem sympathischen Hauptcharakter um die Ecke kommen. In „Roter Himmel“ ist das in einigen Teilen nicht so. Der mit Poesie und Metaphorik angereicherte Film liefert durchaus einige bittere und tragische Konsequenzen und wirkt trotz einiger Ausbrüche aus dem Setting des Ferienhauses doch wie ein Kammerspiel, das mit einem kleinen und großartigen Ensemble aus Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs und Matthias Brandt mit Leben gefüllt wird. Kern des ganzen Films ist vor allem der von Thomas Schubert gespielte Charakter Leon, bei dem man als Zuschauer durchaus ein wenig schwer Zugang findet und auch die Sympathie für seinen doch recht unsympathischen Charakter muss sich erst erarbeitet werden. Diese damit verbundene Charakterstudie betrachtet einen sehr auf sich selbst bezogenen, von Ängsten, Ablehnung und unterdrückten Gefühlen getriebenen Mann, der sich von der Welt und den Menschen um ihn herum abkapselt und den Blick dafür zu verloren haben scheint. Ein Film bei dem nicht nur unterdrückte Gefühle wie Naturgewalten über Leon und die anderen Charaktere hereinbrechen.

„Roter Himmel“ - My First Look – 8/10 Punkte.

iHaveCNit: Das Blau des Kaftans (2023) – Maryam Touzani – Arsenal Filmverleih
Deutscher Kinostart: 16.03.2023
gesehen am 25.03.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Cinema – Petit – Reihe 1, Platz 5 – 15:30 Uhr


Der vorletzte Film aus der Kategorie von Filmen, die sich in der Shortlist für die Oscarkategorie „Best International Film“ befunden haben und die ich mir noch ansehen wollte ist der marokkanische Beitrag „Das Blau des Kaftans“ von Maryam Touzani, der mir auch sehr gut gefallen hat.

Mina und Halim sind ein schon sehr lange verheiratetes Paar und ein eingespieltes Team. Beide betreiben in der marokkanischen Stadt Salé eine kleine Schneiderei, in der vor allem das klassisch marokkanische Gewand des Kaftans Kerngeschäft ist und beide trotz technologischem Fortschritt an dem Handwerk festhalten. Doch beide hüten nicht nur ein Geheimnis. Als der junge Lehrling Youssef das Schneiderhandwerk erlernen und Mina und Halim in ihrer Schneiderei unterstützen möchte, scheint es einen hoffnungsvollen Umbruch im Leben von Mina und Halim zu geben, denn beiden läuft die Zeit davon.

„Das Blau des Kaftans“ ist ein sehr intimes Drei-Personen-Stück, dass sich hauptsächlich in einer Schneiderei, der Wohnung des Schneiders und ab und an in einem Badehaus abspielt – und damit durchaus wie ein kleines Kammerspiel rüber kommen kann. Dabei ist das Trio aus vor allem Lubna Azabal und Saleh Bakri und Ayoub Missioui das Herz des Films. Der Film ist eine Liebeserklärung an das klassische Schneiderhandwerk wenn es um das klassische, marokkanische Gewand des Kaftans geht und er zelebriert in feinen Sequenzen die Arbeit daran, vom Zuschnitt des zarten, beständigen Stoffs bis hin zu den feinen, güldenen Verzierungen, die in den Stoff von Hand eingestickt werden. Dieses Feingefühl des Handwerks bezüglich des Kaftans überträgt sich auch auf die gesamte Intimität des Films und die Beziehungen der Charaktere untereinander, die durchaus mit einem Hauch von Tragik auf sehr feinfühlige, selbstverständliche Art und Weise den Umgang mit dem krebsbedingten Verlust eines Menschen als auch den Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe in einer Gesellschaft, die dies eher ächtet, sehr faszinierend darstellt. So faszinierend, dass der Film mich am Ende auch emotional bekommen hat.

„Das Blau des Kaftans“ - My First Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

30
iHaveCNit: Der Vermessene Mensch (2023) – Lars Kraume – Studiocanal
Deutscher Kinostart: 23.03.2023
gesehen am 26.03.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Cinema – Studio – Reihe 2, Platz 5 – 20:45 Uhr


Das deutsche Kino nimmt sich mit regelmäßiger Häufigkeit gerne historischen Themen an und arbeitet da vorwiegend die Zeit um die 2 Weltkriege und auch die Zeit der DDR auf. Doch ein durchaus wichtiges, historisches und dunkles Thema der deutschen Geschichte ist noch kein Bestandteil im Repertoire deutscher Historiendramen und Historienfilme – die deutsche Kolonialgeschichte. Und hier bin ich kein vermessener Mensch wenn ich die Annahme treffe, dass genau das längst überfällig ist. Trotz einigem nicht genutzten Potential ist Lars Kraumes „Der Vermessene Mensch“ zumindest ein guter Anfang, dem hoffentlich einige weitere Filme diesem Beispiel folgen werden.

Alexander Hoffmann arbeitet im Bereich der Ethnologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Im Rahmen der „Deutschen Kolonial-Ausstellung“ darf er an der dafür eingereisten Delegation der Stämme der Herero und Nama aus den Kolonien von Deutsch-Südwestafrika seinen Studien nachgehen, um an den Studienergebnissen die Theorien des Kaiserreichs zu Rassentheorien zu stützen, doch je mehr er vor allem der Übersetzerin „Konuoje“ Kezia Kambazembi und der Delegation näher kommt, umso mehr hinterfragt er die Rassentheorie des deutschen Kaiserreichs sehr zum Missfallen des Professors. Jahre später hat Alexander Hoffmann die Gelegenheit seine Studien direkt in den deutschen Kolonien fortzusetzen ohne zu ahnen, wie ihn die dort verübten Verbrechen und der eigene karrieristische Opportunismus seine eigentlich menschliche, idealistische Moral auf eine harte Probe stellen.

Das Thema, welchem sich dieser Film widmet ist natürlich ein sehr Ehrenwertes und Wichtiges, da der Film uns mit der Aufarbeitung dieses Themas daran erinnert, auf welch fehlgeleiteten Ideologien wir auch Jahrzehnte nach den Kolonial-Verbrechen noch weitaus größeres Leid in die Welt hinausgetragen haben. Der Film öffnet schon einmal die Tür dafür und nimmt uns in die Verantwortung, dass sich Geschichte nicht wiederholen darf. Auch wenn man über die gewählte Perspektive des Films – hier aus einer eher deutschen Perspektive – diskutieren kann, so ist dies schon einmal ein Anfang, gerade wenn man hier vor allem die Perspektive des jungen Ethnologen Alexander Hoffmann, der von Leonard Scheicher gespielt wird, einnimmt und aus dessen Augen die ganzen Verbrechen beobachten muss und selbst immer in einigen moralischen Zwickmühlen zwischen seiner eigenen menschlichen und idealistischen Einstellung und seinen eigenen opportunistischen, karrieretechnischen Ambitionen pendelt. Irgendwie wirkt Scheichers Hoffmann dann auch manchmal wie seiner Zeit weit voraus. Natürlich schafft der Film in Ansätzen die Betroffenen zu Wort kommen zu lassen, doch da ist durchaus viel Potential für weitere filmische Werke noch vorhanden. Auch stellt der Film für mich nicht alle wichtigen Fragen, die mit den gesamten Kolonialverbrechen einhergehen, in dem er die Rolle der Kirche nicht hinterfragt und das durchaus wichtige „Warum ?“ nicht beantworten möchte. Da kommt schon einiges zu kurz in dem knapp zweistündigen Werk, dass durchaus auch an seinem nicht ganz so groß wirkenden Production Value scheitert, so dass die ganz große, bedrohliche und tiefer ausgearbeitete Wirkung nicht ganz entfaltet werden konnte. Dennoch ein Historiendrama, dass mich trotz seiner Schwächen begeistern konnte – wenn man von Begeisterung bei diesem Thema sprechen darf.

„Der Vermessene Mensch“ - My First Look – 7/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "