Serien wie "Die Sopranos" oder "The Wire" haben vor allem deswegen Fernsehgeschichte geschrieben, weil sie die Möglichkeiten des seriellen Erzählens aufgezeigt haben. Da werden komplexe Geschichten und Charakterstudien gezeigt, die es auch wirklich nötig haben, über so viele Folgen erzählt zu werden. Wenn ich mir die fünf Staffeln von "The Wire" so ansehe, könnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man das sehr viel kürzer erzählen könnte, ohne der Geschichte etwas Essentielles zu nehmen. "Die Sopranos" oder "Mad Men" nutzen ihre Laufzeit, um Figurenporträts und Charakterentwicklungen aufzuzeigen, die innerhalb der Serienlandschaft immer noch ihresgleichen suchen und die vielen Folgen aufgrund der Komplexität ihrer Charaktere wirklich brauchen.
Dagegen würde auch sagen, dass es heute trotz, oder vielleicht gerade wegen, der Überzahl an produzierten Serien eher wenige gibt, deren Geschichten eine Länge von zehn, zwölf oder gar zweiundzwanzig Folgen über mehrere Staffeln rechtfertigen oder in ihrer Komplexität an die von mir genannten Serien heranreichen (obwohl ich natürlich bei weitem nicht alles kenne). Es gibt einen Grund, weswegen das originale "House of Cards" nur aus vier Folgen besteht. Die US-Version streckt die gleiche Geschichte auf dreizehn Folgen, ohne dass ich das Gefühl hätte, dass die Geschichte oder die Charaktere dadurch an Tiefe gewonnen hätten. Ich habe bei einigen Serien heutzutage das Gefühl, dass aufgrund des Serienhypes der letzten Jahre viele Geschichten auf Serienlänge gestreckt werden, die genauso gut oder möglicherweise besser als Spielfilm funktionieren würden. Warum so etwas wie "Haus des Geldes" unbedingt fast fünfzig Folgen gebraucht hat, werde ich wohl nie verstehen. Natürlich gibt es trotzdem viel Gutes in der Serienlandschaft, und Komplexität bedeutet ja nicht gleich, dass "Die Sopranos" oder "Mad Men" einem gefallen müssen. Das sind halt auch Serien, zu denen nicht jeder Zugang findet. Aber diese Serien haben es wirklich verstanden, eine Geschichte über viele Staffeln hinweg auszubreiten und dabeiso gut wie jede Folge zählen zu lassen.
Casino Hille hat geschrieben:
Dass es aber immer noch schlimmer geht ja vor einigen Jahren der wirklich miese "El Camino"-Film gezeigt, der wohl unnötigste Epilog der Geschichte.
Stimmt, der erzählt wirklich gar nichts, was für diese Geschichte oder den Charakter Jesse Pinkman irgendeinen Mehrwert hätte.