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von HCN007
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iHaveCNit: Wunderschön (2022) – Karoline Herfurth – Warner
Deutscher Kinostart: 03.02.2022
gesehen am 04.02.2022
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 1 – Reihe 8, Platz 17 – 19:30 Uhr
Mehrfach durch die Pandemie verschoben, schafft es nun auch Karoline Herfurths neuer Film „Wunderschön“ in die Kinos. Nach dem großartigen Liebesfilm „SMS für dich“ und der unterhaltsamen Buddy-Actionkomödie „Sweethearts“ vereint Herfurth in ihrem neuen Film „Wunderschön“ ein großartiges Ensemble vor der Kamera und lässt uns sehr emotional an der Geschichte mehrerer Frauen teilhaben. Ein Film, bei dem der Titel auch Programm ist.
Sonja steckt nach der Geburt ihrer beiden Kinder in einer Lebenskrise und sie fühlt sich so als würde ihr Mann Milan sie nicht mehr wahrnehmen. Das gleiche Problem hat auch ihre Schwiegermutter Frauke, die sich auch nicht mehr von Milans Vater Wolfie begehrt fühlt. Fraukes Tochter Julie arbeitet in einer Modelagentur und versucht sich ihm gnadenlosen Konkurrenz- und Optimierungskampf zu behaupten. Eine ihrer Followerinnen ist die Schülerin Leyla, die mit Mobbing, der Trennung ihrer Eltern und der fehlenden Liebe ihrer Mutter zu kämpfen hat und noch ihren Platz sucht. An der Schule von Leyla unterrichtet Sonjas beste Freundin Vicky, die nicht an das Konzept von Liebe und Partnerschaft glaubt bis sie die Begegnung des neuen Lehrerkollegen Franz macht.
In „Wunderschön“ setzt sich Regisseurin und Hauptdarstellerin Karoline Herfurth mit feiner und gefühlvoller Beobachtung mit diversen Problemen und Konflikten von Frauen in unserer Gesellschaft auseinander – und dem Einfluss des fortwährenden Optimierungswahns. Dabei hätte es sich Herfurth sehr einfach machen können und die Schuldfrage hier auf der männlichen Seite ablagern können, aber sie tut es nicht, weil die Realität eben nicht so einfach ist und durchaus Gesellschaft und der eigene persönliche Druck sein Übriges dazu tut. Und das ist eine von vielen großen Stärken des Films, sich sehr fein und ausdifferenziert mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Dabei fand ich auch sehr interessant und natürlich, wie die vielen kleineren Episoden miteinander verwoben und konstruiert worden sind. Der Film liefert ein sehr großes Spektrum an Konflikten, da er Frauen in unterschiedlichen Lebensabschnitten zeigt. Gerade in der Entwicklung der letzten Jahrzehnte haben sich die Anforderungen an Partnerschaften erhöht – was auch Geschlechterrollen angeht – wobei ich hier weniger von Geschlechterrollen sprechen würde, sondern von Aufgaben, die in einer Partnerschaft aus evolutionsbiologischen und sozioökonomischen Gründen heraus unter den beiden Partnern aufgeteilt werden. Gerade da der Anteil der damit verbundenen Aufgaben, die nur von einer Frau ausgeführt werden können wesentlich größer ist als der Anteil der Aufgaben, die nur Männer ausführen können – hat sich in der Vergangenheit eben ergeben, dass aufgrund eines geringeren sozioökonomischen Drucks sich Frauen eher mehr genau diesem größeren Anteil an Aufgaben widmen konnten, wohingegen Männer die Opfer erbracht haben zugunsten von Frau und Kindern eben beruflich als Hauptversorger aufzutreten. Doch durch den Kapitalismus und einen damit höheren sozioökonomischen Druck sind Frauen in den Jahren immer stärker auch gefordert neben ihren evolutionsbiologischen Aufgaben auch in die Aufgaben vorzudringen, bei denen es in der Vergangenheit nicht notwendig gewesen war, weil diese von Männern übernommen worden sind. Gerade diese Masse an Aufgaben sorgt natürlich für einen erhöhten Druck bei Frauen, für die der Film ein feines Grundverständnis beim Zuschauer aufbaut – und noch viel mehr darüber hinaus, da er sich mit so vielen weiteren Themen beschäftigt, für die man sich alleine seiten- und auch stundenlang beschäftigen könnte – auch mit einer kritischen Auseinandersetzung mit positivem Körpergefühl, Schönheitsidealen und auch dem „begehrt fühlen“ und wie wichtig Kommunikation und einfach Zeit ist. Mich persönlich hat der Film auch auf emotionaler Ebene bekommen. Ich konnte lachen, war vermutlich auch mal leicht am Wasser gebaut und werde in mir sicherlich auch noch öfters ansehen. Und mit dem versöhnlichen Happy-End bin auch ich Happy.
„Wunderschön“ – My First Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "