Was ist der beste Film von Ridley Scott?

Die Duellisten (The Duellists)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Alien
Insgesamt abgegebene Stimmen: 8 (22%)
Blade Runner
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (8%)
Legende (Legend) (Keine Stimmen)
Der Mann im Hintergrund (Someone to Watch Over Me) (Keine Stimmen)
Black Rain
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (6%)
Thelma & Louise (Keine Stimmen)
1492 – Die Eroberung des Paradieses (Keine Stimmen)
White Squall (Keine Stimmen)
Die Akte Jane (G.I. Jane)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Gladiator
Insgesamt abgegebene Stimmen: 6 (17%)
Black Hawk Down (Keine Stimmen)
Hannibal
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (8%)
Tricks (Matchstick Men) (Keine Stimmen)
Königreich der Himmel
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (6%)
Ein gutes Jahr (A Good Year) (Keine Stimmen)
American Gangster (Keine Stimmen)
Der Mann, der niemals lebte (Body of Lies)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Robin Hood
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Prometheus
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (6%)
The Counselor
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Exodus: Götter und Könige (Keine Stimmen)
Der Marsianer - Rettet Mark Watney (The Martian)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (6%)
Alien: Covenant (Keine Stimmen)
All the Money in the World (Keine Stimmen)
The Last Duel
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (8%)
House of Gucci (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 36

Re: Die Filme des Ridley Scott

541
iHaveCNit: Alles Geld der Welt (2018)

Mittlerweile ist es seit einigen Jahren Pflichttermin für mich, sobald ein neuer Film von Ridley Scott in die Filme kommt. Der mittlerweile 80-jährige britische Regisseur ist einer der ganz großen Universalregisseure der Filmgeschichte, wenn man sich anschaut, welche Meisterwerke er geschaffen und Genres er mit beeinflusst hat. Aber auch, dass er in so vielen Bereichen bereits gute Filme gemacht hat. Der neueste Film von ihm lief für mich etwas unter dem Radar, selbst als der erste Trailer mit Kevin Spacey veröffentlicht worden ist. Doch das Blatt hat sich gewendet, als der weltweite Skandal um #metoo startete und damit auch Kevin Spacey ins Kreuzfeuer geraten ist. Die Folge: Kevin Spacey wurde vollkommen aus dem Film entfernt und der Altstar Christopher Plummer hat in nur wenigen Tagen alle Szenen von Spacey nachgedreht, damit der eigentliche Kinostart in den Staaten und die Voraussetzungen für die Awardsaison eingehalten werden konnten. Und genau dieser Skandal hat dem Film unwahrscheinlich viel an Aufmerksamkeit geschaffen und ihm auch qualitativ gut getan. Herausgekommen ist ein cooler Entführungsthriller sowie eine tolle Charakterstudie.

John Paul Getty III, der Enkel vom reichen Öl-Magnaten John Paul Getty wird 1973 in Rom entführt. Seine mittellose Mutter Gail versucht das Lösegeld bei Ihrem Schwiegervater zu holen, doch der weigert sich aus Geiz und der Angst vor Trittbrettfahrern. Doch Gail bekommt den Unterhändler Chase an die Seite gestellt, der sie bei der Suche und den Verhandlungen mit den Entführern unterstützen darf.

Ridley Scott ist ja mittlerweile 80 Jahre alt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass er sich mit diversen Themen bereits in den letzten Jahren um das Thema des Älterwerdens, um das eigene Vermächtnis sowie Lebensphilosophien auseinandergesetzt hat. Da macht dieser Film auf wahren Begebenheiten auch keine Ausnahme. Denn einer der Kerne dieses Films ist die Charakterstudie um John Paul Getty, für den es keine bessere Besetzung als Christopher Plummer hätte geben können. Ich kann mir gerade nicht mehr vorstellen, wie ein Kevin Spacey hier als Fremdkörper als unglaubwürdig geschminkter und künstlich gealterter Mann gewirkt hätte. Trotz geringer Zeit der Reshoots merkt man dem Film fast gar nicht an, dass es hier zu einer Umbesetzung gekommen ist. Und genau dass ist eine der ganz großen Stärken des Films und ein Beweis dafür, wie gut Ridley Scott als Regisseur arbeitet und welch tolle Arbeit Christopher Plummer als Schauspieler leistet. Von daher gehen auch die Nominierungen für ihn vollkommen in Ordnung. Gerade seine Szenen zeugen von einer abstoßenden Absurdität, wenn wie hier die Perversion des Reichtums in all seinen Facetten präsentiert bekommen. Daher ist auch die Rolle des geizigen alten Mannes nicht unbedingt als Sympathieträger geeignet und auch der Enkelsohn, welcher von Charlie Plummer gespielt wird (Keine Verwandtschaft zu Christopher Plummer !) ist nicht unbedingt ein Sympathieträger. Dafür sind dann aber sowohl Michelle Williams und Mark Wahlberg als Mutter und Unterhändler geeignet – und beide liefern hier auch gute Arbeit ab. Der Entführungsthriller ist dann sehr dialoglastig und auch entsprechend spannend konstruiert, auch wenn der gesamte Film über seine 133 Minuten dann doch etwas zu lang geraten ist. Aber der Look der 70er und auch die tolle Kameraarbeit von Dariusz Wolski sowie die interessant gewählte Musik von Daniel Pemberton runden den Film ab.

„Alles Geld der Welt“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Must be funny in a rich man's world

542
Alles Geld der Welt

Schon vor Kinostart galt der 2017er Biopic-Kinobeitrag "Alles Geld der Welt" von Regie-Legende Ridley Scott als Skandalfilm. Mit seiner Geschichte hatte das jedoch nichts zu tun. Die Nacherzählung des Entführungsfalls rund um John Paul Getty III. im Jahre 1973, dessen Opa (der damals reichste Mensch der Welt) sich weigerte, die - für ihn - läppische Summe von 17 Millionen Dollar Lösegeld zu zahlen, ist über 40 Jahre später ein typischer Hollywood-Stoff. Der Skandal spielte sich hinter der Kamera ab: Als sich Ende Oktober 2017 Oscar-Preisträger Kevin Spacey Vorwürfen um sexuellen Missbrauch ausgesetzt sah, entschied sich Scott für einen radikalen Schritt. Spacey, der im fertigen Film den Milliardär John Paul Getty spielte, wurde komplett aus dem Werk entfernt und alle seine Szenen in wenigen Wochen mit dem Darsteller Christopher Plummer neugedreht. Ein in den Medien viel diskutierter Entschluss. Der Film geriet da in zahlreichen Besprechungen fast schon in den Hintergrund. Ob das daran liegt, dass er für eine tiefere Auseinandersetzung zu wenig zu bieten hat?

Tatsächlich ist der Parforceritt, den der 80-jährige Ridley Scott und der 88-jährige Christopher Plummer auf sich nahmen, um in nur 9 Tagen alle Szenen mit der ursprünglichen Besetzung Kevin Spacey neuzudrehen, eine logistische Meisterleistung, die jeden Respekt verdient. Das größte Lob, dass man "Alles Geld der Welt" wohl machen kann, ist, dass sich diese hastige Produktionsweise auf den fertigen Film nicht niederschlägt. Wie aus einem Guss erzählt Scott den Entführungsfall Getty auf drei Ebenen, als die in den Medien geführte Schlammschlacht zwischen Opa Getty und seiner Schwiegertochter, als persönlichen Kampf der Ermittler um das Leben des Jungen und als Geiseldrama aus der Sicht des eigentlichen Opfers. Dabei basiert seine Rekonstruktion der Ereignisse weniger auf der dokumentierten Wirklichkeit, als viel mehr auf dem Roman "Painfully Rich: The Outrageous Fortunes and Misfortunes of the Heirs of J. Paul Getty" von Autor John Pearson, der den wahren Ereignissen fiktionale Elemente beimengte, um ein finsteres Bild einer korrupierten Familiendynastie dramaturgisch zu verdichten. Jene erfundenen zusätzlichen Charaktere und Ereignisse übernimmt auch Scott, und es versteht sich von selbst, dass der Altmeister kompetent und handwerklich einwandfrei die Suspense-Elemente des Stoffes umzusetzen weiß und den 133 Minuten langen Thriller mit sicherer Hand auf seine Höhepunkte zusteuert.

In seinen besten Momenten funktioniert der Mix aus Charakterdrama und Entführungsthriller vorzüglich. Scott filmt einen Polizeieinsatz in hohem Gras als Lehrstück für intelligenten Spannungsaufbau oder weiß eine Verstümmelungssequenz mit einfachsten Kniffen (ohne viel drastische Gewalt zu zeigen) für den Zuschauer unerträglich werden zu lassen. Die gesetzten Regie-Akzente fügen sich homogen in eine pessimistische Fabel über kapitalistische Gier ein, die in der Person John Paul Getty ihre gigantomanische Entsprechung findet. Plummer spielt diesen Ölmagnaten als eine hässliche Orson Welles Karikatur und weiß in seinen besten Momenten der verbittert, entrückten Gestalt des alten Getty eine interessante Ambivalenz zu verleihen, die ihm das Drehbuch allerdings nicht gewährt. Allzu plakativ wird dieser zum fleischgewordenen Dagobert-Duck-Verschnitt degradiert, der kalkuliert und narzisstisch sein Imperium aufrecht erhält. Besser erwischt es da Michelle Williams und Charlie Plummer, die beide als verzweifelte Mutter oder entführter Teenager genügend emotionales Fundament mit sich herum tragen, um Empathie zu wecken, während Mark Wahlberg als Ex-CIA-Agent im Auftrag der Gettys nicht nur farblos spielt, sondern auch als Figur wenig markant bleibt. In zu vielen Szenen ist gerade seine Rolle zu passiv angelegt und führt den Fokus zu oft vom interessanten Familienkonflikt weg.

So ganz mag es Scott nicht gelingen, die richtige Balance zu finden. Das spannende Zerwürfnis innerhalb der Milliardärsfamilie weiß zu fesseln, muss sich aber stets durch den generischen und faden Entführungsplot unterbrechen lassen, der zu klischeehaft verläuft und daher auch durch die fiktionalen Zuspitzungen kaum interessanter wird. Immerhin versteht Scott es in fast altmodischem Stilbewusstsein, sich nicht hetzen zu lassen. Das Erzähltempo pendelt mit ausreichender Ruhe und verliert sich nie in Hektik, hat damit auch Zeit für ein paar intelligent eingeflochtene Subtexte (etwa, als in einer idyllischen Familienszene der Song "Time of the Seasons" der Band The Zombies bereits auf das spätere Schicksal des Familienoberhaupts verweist). Insgesamt ist der Suspense in "Alles Geld der Welt" aber zu oft zu suggestiv akzentuiert, es fehlt an Variationen zwischen plakativen und spekulativen Szenen. Der Soundtrack von Daniel Plemberton spiegelt das interessant wieder: Meist verzichten die Stücke auf klare Melodien, und vermeiden tunlichst jede Form von Melodram. Scott sucht eine andere Ästhetik, die das dolce vita der Superreichen wiedergibt. Trockenheite, Entmenschlichung und berechnende Härte dominieren seine Farbgebung, seinen Erzählfluss, seinen Soundtrack - und das Oberhaupt der Getty-Familie. Die Opernhaftigkeit seiner Inszenierung ist Scott hier oft wichtiger als seine Figuren, erst ganz zum Schluss findet er die richtigen Bilder, die im Ansatz zeigen, dass "Alles Geld der Welt" ein anderer Film hätte werden müssen, der etwas über Reichtum und seine Auswirkungen auf den Menschen erzählt. Hier bleibt John Paul Getty nur ein wunderlicher Zeitgenosse, über den sich der Zuschauer empören darf, ohne seine eigene Moral ausloten zu müssen.

Fazit: Mit der richtigen Konsequenz und Stringenz hätte "Alles Geld der Welt" das Zeug gehabt, in einer Zeit der Wegwerf- und Konsumkultur die Zusammenhänge von Geld und Macht bissig zu visualisieren. Doch das Drehbuch des Autoren David Scarpa bleibt zu wage und verquast, Scotts Regie zu sehr an der vordergründigen Ästhetik der Aufnahmen interessiert. Für einen spannenden Thriller reicht das allemal, und Scott ist zu lange im Filmgeschäft, um nicht zumindest den Genre-Standard mit Leichtigkeit zu erfüllen. Die gewünschte Tiefe liegt hier aber höchstens im Spiel von Michelle Williams verborgen, die mit einer subtil-nuancierten Performance das Ruder in den Händen hält. Kurios in diesem Zusammenhang die Enthüllung, dass sie für die Nachdrehs nur eine lächerlich winzige Gage erhielt, während ihr Co-Star Mark Wahlberg fürstlich entlohnt wurde. Ein bitterer Beigeschmack bei einem Film, der sich anschickt, rücksichtslose Profitgier zu dämonisieren.

6/10

http://derkinoblog.de/alles-geld-der-welt-kritik/
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Re: Die Filme des Ridley Scott

543
Kann man so stehen lassen, ich würde auch sechs Punkte geben. Das grösste Problem neben der völlig konturlosen Rolle bzw. Darstellung Marky Marks (die ich ja im YOLT-Thread schon angetönt habe) ist in meinen Augen dass sich der Film nicht ganz zwischen einem Entführungskrimi (aus der Perspektive des Jünglings) und einer Auseinandersetzung mit Gettys Reichtum und der Bedeutung des Geldes entscheiden kann. Kurios in diesem Zusammenhang ist dass ich vom Film anfangs (beim Spacey/Plummer-Tausch) als Geschichte über einen Millionär erfahren habe, bei der ersten Trailersichtung (im Kino, der Plummer-Trailer) aber das Ganze als hochrasanter Thriller mit Mark Wahlberg angepriesen wurde und ich kaum begriffen habe, dass es derselbe Film sein soll. Das fertige Produkt ist dann irgendwie auch nur die Hälfte von beidem. Und Plummer ist tatsächlich mehr Dagobert Duck als Citizen Kane, mal wieder keine Ahnung, was daran oscarwürdig sein soll.
We'll always have Marburg

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Re: Die Filme des Ridley Scott

544
GoldenProjectile hat geschrieben:Und Plummer ist tatsächlich mehr Dagobert Duck als Citizen Kane, mal wieder keine Ahnung, was daran oscarwürdig sein soll.
Ich finde das liegt doch aber auf der Hand - gerade auch wenn man den Film (noch) nicht gesehen hat. Es ist ja eigentlich - bei allem Respekt vor Plummer und seiner durchaus eindrucksvollen Karriere - auch eher eine Nicht-Nominierung von Spacey.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme des Ridley Scott

545
AnatolGogol hat geschrieben:Ich finde das liegt doch aber auf der Hand - gerade auch wenn man den Film (noch) nicht gesehen hat. Es ist ja eigentlich - bei allem Respekt vor Plummer und seiner durchaus eindrucksvollen Karriere - auch eher eine Nicht-Nominierung von Spacey.
Das sowieso, ich habe mich jetzt mal ganz naiv auf die schauspielerische Leistung bezogen. Dass mit Sicherheit (auch) die Spacey-Hintergründe der Anreger für die Nominierung waren glaube ich sofort.
We'll always have Marburg

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Re: Die Filme des Ridley Scott

546
Da muss ich Anatol beipflichten. Plummer ist schon ein toller Schauspieler und immer für einen Filmpreis gut, und er hat in "All The Money In The World" auch tolle Momente, in denen er dem alten Getty eine Tiefe gibt, die das Drehbuch eigentlich gar nicht hat. Aber die Oscarnominierung war von Anfang an eine vollkommen offensichtliche Nominierung GEGEN Spacey und in Anbetracht der durchaus bemerkenswerten Umstände (ich war dann nämlich doch überrascht, wie viel Screentime Plummer hat). Natürlich hätte Plummer für die Rolle ansonsten keine Nominierung erhalten, dafür ist die Rolle zu platt und sein Schauspiel nicht stringent genug. Oscarwürdig war seine Leistung nicht, aber darum ging es auch nicht.

Ansonsten, Erik, scheinen wir den Film quasi gleich zu sehen, was du in deinem Beitrag dann noch mal kurz zusammenfasst ist praktisch das, was ich ebenfalls geschrieben habe. Marky Mark ist wirklich total konfus, die Figur ist im Film komplett überflüssig und könnte ersatzlos gestrichen werden. Er gewinnt nie an Konturen und jedes bisschen Empathie und Sympathie gehen für Michelle Williams drauf, während er nutzlos neben ihr steht. :D
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Re: Zuletzt gesehener Film

548
The Marsian
eine auffallend gute und möglichst relaitätsnahe Robinsonade auf dem Mars mit guten Effekten und überzeugenden Matt Damon.
Ich halte zwar allem euphorischem Geschwätz zum Trotz eine Marsmission für absoluten Humbug, und das aus mehreren Gründen v.a. wegen den enormen Kosten, dennoch ist die Szenerie so nah an den rellen technischen Möglichkeiten abseits von Star Wars und Star Treck wie es nur geht!
Er ist eine sehr gute Vermittlung des Themenfeldes "Marsmission" mit all seinen Komplikationen, obwohl es eine Pennershow a'la "Big Brother" auf der roten Kugel (was viele Mars-Mission Pioniere sich erträumen) nie geben wird.
9/10 Punkte
"There is sauerkraut in my lederhosen."
Bild

Re: Die Filme des Ridley Scott

552
iHaveCNit (again): Gladiator (2000)
17.08.2020


Im Jahre 2000 war der Schreiber dieser Zeilen noch 13 Jahre alt und leider für einen Kinobesuch für „Gladiator“ mit dessen FSK16-Freigabe noch zu jung. Ich habe auch aktuell keine Ahnung mehr, auf welchem Weg ich den ersten Kontakt überhaupt mit diesem Film gemacht habe, egal ob es in einer Free-TV-Premiere, noch auf VHS-Kassette oder erst auf DVD gewesen ist – Keine Ahnung. Aber was macht der gute Junge mit aktuell 33 Jahren beim entsprechenden Angebot seines Kinos – er holt den Kinobesuch des modernen Klassikers 20 Jahre später einfach nach. Und mir ist sogar eingefallen, dass ich hierzu noch keine Zeilen geschrieben habe – auch das hole ich hiermit nach.

Nach einem langen Siegeszug durch Germanien sind die römischen Truppen unter Marcus Aurelius mit der Führung von unter anderem dem Tribun Maximus Decimus Meridius kurz davor in die römische Heimat zu gehen, bis Marcus Aurelius Sohn Commodus zu dessen Truppen stößt. Als letzten Akt seiner Amtszeit als Ceasar bittet Marcus Aurelius den guten Tribun sein Nachfolger zu werden. Als dieser ablehnt und kurz darauf Commodus von diesen Plänen erfährt tötet er seinen eigenen Vater um der neue Ceasar zu werden. Als ihm Maximus die Gefolgschaft verwehrt, soll er getötet werden, doch ihm gelingt die Flucht. In seiner Heimat angekommen muss er feststellen, dass ihm alles genommen wurde, was er liebt. Dort wird er auch von Sklavenhändlern aufgegriffen, die ihn an die Schule des ehemaligen Gladiatoren Proximo verkaufen. In dessen Arena steigt er zum gefeierten „Spanier“ auf, dessen Weg ihn in die Richtung Roms und auch in die Richtung von Commodus führt.

„Gladiator“ ist einer von ganzen 3 guten Gründen (mittlerweile sind das noch ein paar mehr), warum der gute Russell Crowe zu meinen Lieblingsdarstellern gehört. Für diese 3 guten Gründe „The Insider“ von Michael Mann, „Gladiator“ von Russell Crowe und auch „A Beautiful Mind“ von Ron Howard wurde er auch 3 mal in Folge für den Oscar als Bester Hauptdarsteller nominiert. Für „Gladiator“ hat er ihn bekommen, auch wenn er ihn meiner Meinung nach eher für „The Insider“ verdient hatte. Vielleicht hat man auch einfach diese Auszeichnung mit „Gladiator“ einfach nachgeholt. Der gute Ridley Scott hat mit seinem Monumentalfilm auch das Genre des eigentlich damals komplett brach liegenden Monumentalfilms wiederbelebt, so dass dieses durch den enormen Erfolg – darunter 12 Oscarnominierungen mit 5 Auszeichnungen (Film, Russell Crowe, Kostüme, Ton und visuelle Effekte) – eine Vielzahl an Monumentalfilmen wie „Troja“ , „Alexander“ und viele andere wieder ins Kino brachte. Allein dieser Einfluss macht „Gladiator“ zu einem sehr wohl einflussreichen „Modernen Klassiker“ (auch wenn ich mich damit vielleicht ein wenig aus dem Fenster lehnen könnte) und einige Zitate aus dem Film halten sich bis heute. Auch der Charakter des Maximus ist in die Filmhistorie eingegangen. Nicht zu vergessen die legendären Filmfehler mit einer Jeans, die durchs Bild läuft, Gummi-Waffen und -Rüstung, Gaskartuschen in Streitwägen, usw. „Gladiator“ kann ich persönlich auch als einen Lieblingsfilm von mir bezeichnen, weswegen ich trotz der folgenden Kritikpunkte, die mir aktuell so als Zeichen der Zeit aufgefallen sind, ihm gut und gerne meine Höchstpunktzahl geben kann. Der Hang der damaligen Zeit, über Green-Screen den Umfang von Statisten zu vergrößern und auch diverse größere Panoramen zu schaffen ist für die damalige Zeit vermutlich noch neu gewesen, aber heutzutage besteht es leider nicht wirklich den Test der Zeit. Das gleiche gilt auch für das stellenweise etwas nicht mehr ganz so schön aussehende Color Grading bei Bildmontagen in Rom zwischen Gebäuden und dem Himmel. Die Kampf- und Schlachtszenen sind großartig inszeniert, auch wenn teilweise verwackelte Bilder vorhanden sind und die volle Übersicht fehlt. Aber diese Punkte kann ich hier komplett verschmerzen, weil es mir hier eher auf die erzählte Geschichte ankommt. Die Reise von Russell Crowe und seinem Maximus ist auch mit dem Leidensweg, dem Schmerz, der Rache auch einfach dafür geeignet, mitreißendes Drama zu sein. Crowe spielt Maximus großartig. Aber was der Held auf der einen Seite ist, ist der Antagonist auf der anderen Seite. Hätte man mir damals bei der Erstsichtung gesagt, dass ich einmal ein großer Fan von Joaquin Phoenix werden würde, hätte ich ihm glaube ich nicht geglaubt, aber so ist es geworden. Das was Crowe bereits seit damals ist, ist Phoenix seit einigen Jahren. Seine Wandlungsfähigkeit ist unfassbar und mit Commodus spielt er hier den perfekten Antagonisten. Diese innerliche Zerrissenheit, der Vaterkomplex, diese List und Hinterhältigkeit aber auch innere Unsicherheit – nicht umsonst hat er hier verdienterweise bereits eine Nominierung für den Oscar als bester Nebendarsteller erhalten. Aber auch die weiteren Rollen wie die von Connie Nielsen, Richard Harris, dem bei den Dreharbeiten verstorbenen Oliver Reed (dessen bis dahin noch nicht abgedrehten Szenen über visuelle Effekte nachgestellt worden sind, die absolut passen und ich hier absolut nichts gemerkt habe), Derek Jacobi, Djimon Honsou sind großartig und liefern auf der Darstellerseite allesamt gut ab. Trotz ein paar kleineren Schnitzern gefällt mir das Kostüm- und das Produktionsdesign des Films und es liefert die nötige stimmige Atmosphäre. Ein weiterer Pluspunkt ist auch der großartige Soundtrack des Films von Hans Zimmer, die Melodien, gepaart mit der mitreißenden Geschichte sorgen in den Schlüsselmomenten auch immer noch für Gänsehaut und es fließen auch die ein oder andere Träne. Natürlich ist das auch klar auf etwas Pathos gegenüber dem von Crowe gespielten Maximus zurückzuführen, aber das ist für mich absolut kein Problem. Natürlich kann man auch sagen, dass „Gladiator“ vielleicht ein wenig zu unkritisch mit dem Gladiatorentum der damaligen Zeit umgeht und vielleicht ein wenig glorifizierend ist – dafür sind dann aber historische, vielleicht etwas kritischere Dokumentationen eher geeignet als dieser auf Unterhaltung ausgelegte Monumentalfilm und moderner Klassiker, der immer wieder spielend seinen Weg in mein Herz findet.

„Gladiator“ - Multiple Look – 10/10 Punkte.
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Re: Die Filme des Ridley Scott

553
iHaveCNit: The Last Duel (2021) – Ridley Scott - 20th Century Studios
Deutscher Kinostart: 14.10.2021
gesehen am 14.10.2021
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kinosaal 12 – Reihe 16, Platz 15 – 20:40 Uhr


Die mittlerweile 83 Jahre alte und vielseitige Regielegende Ridley Scott hat im 4. Quartal 2021 zwei interessante und große Filmprojekte in der Pipeline. Bevor Ende November „House of Gucci“ in die Kinos kommt, ist es „The Last Duel“, der den Anfang macht und nun in den Kinos gelandet ist. Bei „The Last Duel“ handelt es sich um einen unfassbar wichtigen Film mit einem unfassbar wichtigen und aktuellen Thema. Das Drehbuch zu dieser historischen und wahren Begebenheit wurde vom Duo Matt Damon und Ben Affleck verfasst, die für die wichtige weibliche Perspektive des Films als dritte Nicole Holofcener für das Drehbuch an Bord geholt haben.

Frankreich im 14. Jahrhundert. Der Ritter Jean de Carrouges ist auf einer Reise nach Paris unterwegs, damit er sich den Sold für seinen Dienst in einer Schlacht abholen kann. Während seiner Abwesenheit macht sich sein ehemaliger bester Freund Jaques Le Gris zu seiner Burg. Dort angekommen kommt es zu einer Vergewaltigung bei dem Le Gris die Frau von Jean, Marguerite De Carrouges vergewaltigt. In Folge des strafrechtlichen Prozesses kommt es zu einem Duell auf Leben und Tod zwischen Jean und Jaques, damit nicht nur die eigene Ehre hergestellt wird, sondern auch zumindest eine kleine Form der Genugtuung für Marguerite geleistet wird.

Wer bei „The Last Duel“ eine große Heldenreise wie in Scotts „Gladiator“ oder ein opulentes Schlachtengemälde wie in Scotts „Kingdom Of Heaven“ erwartet ist bei „The Last Duel“ im falschen Film. „The Last Duel“ ist zwar opulent und groß inszeniert und bietet partiell einige kurz angerissene Schlachten, bleibt aber die meiste Zeit dicht bei seinen Charakteren und das ist auch gut so. Mal ganz abgesehen von Oberflächlichkeiten, die sich mit einem doch sehr blau- und graustichigem Color-Grading und auch der Auswahl des Make-Up und Hairdesigns bei zum Beispiel Matt Damon und Ben Affleck zeigen ist der Film in Setdesign und Kostümen sehr opulent, atmosphärisch und großartig. Und über diese Oberflächlichkeiten sehe ich auch hinweg, weil diese dem Film am Ende nicht schaden. Das Thema des Films ist im Nachbeben von #metoo aktueller und wichtiger denn je. Am männlichen Grundbedürfnis nach Sex und Intimität ist grundsätzlich nichts verkehrt, aber gerade sich einfach überall und bei jeder Gelegenheit das Recht rauszunehmen und die Grenzen der Frau zu missachten, damit dieses Bedürfnis befriedigt wird ist unbestreitbar ein Problem, dass vor allem bei der damaligen Auslegung von Geschlechterrollen und -Dynamiken durchaus extremer gewesen sein muss als heute – wobei es durchaus auch kulturelle und religiöse Bevölkerungsgruppen gibt, deren Auslegung von Geschlechterrollen und -Dynamiken heutzutage sich nicht signifikant von der damaligen Auslegung unterscheidet und hier noch sehr viel Arbeit nötig ist. Die Aufbereitung des Vergewaltigungsfalls wird vom Trio aus Matt Damon, Ben Affleck und Nicole Holofcener in einem großartigen Drehbuch verarbeitet, dass die Struktur des Films dreiteilt und die unterschiedlichen Wahrheiten und Wahrnehmungen der 3 Hauptcharaktere schildert. So mag das am Anfang etwas sprunghaft, holprig und redundant wirken, wenn zum Beispiel eine Sequenz mehrfach gezeigt wird, aber bedingt durch unterschiedliche Nuancen gerade die Wahrheit und Wahrnehmung damit verändert wird – ist das dann doch unproblematisch und funktioniert auch sehr gut in der Gesamtheit des Films. Klar sind hier die männlichen Darsteller mit Matt Damon, Adam Driver und auch Ben Affleck in einer interessanten Nebenrolle großartig besetzt, aber alle werden von Jodie Comer überstrahlt, deren nuanciertes Schauspiel eine regelrechte Tour de Force für ihren Charakter Marguerite de Carrouges offenlegt und sie auch der Star dieses Films ist. Zusammen mit ihrem großartigen Auftritt in „Free Guy“ ist Jodie Comer eine der ganz großen neuen Stars und Schauspielerinnen im Kinojahr 2021. Zum Film selbst möchte ich an dieser Stelle wieder zurückkehren und sagen, dass wir genau 2 richtig starke Sequenzen zu sehen bekommen. Die eine ist das namensgebende Duell, dass richtig körperlich, brutal und gut choreographiert inszeniert worden ist und auch die Schlüsselszene des Films ist wirklich intensiv und unangenehm inszeniert worden. Mir hat „The Last Duel“ sehr gefallen und ist auf jeden Fall eine Empfehlung von meiner Seite.

„The Last Duel “ - My First Look – 9/10 Punkte.
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Re: Die Filme des Ridley Scott

554
Der interessiert mich auch irgendwie, sofern ich mich an die fürchterliche Frise von Matt gewöhnen kann. ;) Scott mag ich visuell eigentlich immer und nachdem ich gestern "The ice road" gesehen habe, kann ich durchaus auch Ridleys Mittelalter-Metoo-Beitrag eine Chance geben. Leider läuft der nur selten und in kleineren Häusern.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Die Filme des Ridley Scott

555
"The Last Duel" ist wirklich ein guter Film. Und die fiesen Frisen von Matt Damon und auch von Ben Affleck machen im Kontext der Charakterzeichnung ihrer Figuren durchaus Sinn, denn sie sagen recht viel über ihre Träger aus. Und ich bin mir sicher, dass es im Mittelalter viele solcher Haarentgleisungen gab.

Scott hat es - wenn er denn will (und nicht in metaphysischem Geschwurbel seiner späten "Alien"-Filme oder seines "Exodus"-Bibelfilms verliert) - immer noch inszenatorisch voll drauf. Die Schauspieler sind durch die Bank weg gut. Das Drehbuch funktioniert trotz manchmal beklagter Repetititivität. Das Thema wird ernsthaft angegangen, ohne irgendwelche "woken" #metoo-Botschaften penetrant ins Fell des Zuschauers zu striegeln. Der Film macht geradlinig klar, in welch katastrophaler Situation sich die Frauen in patriarialen Gesellschaften befunden haben - und in mancherlei Hinsicht auch heute noch befinden; Situationen, von denen Männer sich gegebenenfalls überhaupt keinen Begriff machen. Und ... der finale, titelgebende Zweikampf auf Leben und Tod am Ende des Films ist wirklich ein sensationell brutales Brett. Selten habe ich eine so aggressive Actionszene gesehen. Auf der großen Leinwand mehr als eine Wucht. Aber hier gibt es keine Helden ... die porträtierte Gesellschaft ist einfach abstoßend, auch nachdem Gott durch den Gerichtskampf sein vermeintliches Urteil gefällt hat.
"Nelly, I'm about to get neck-ed back here. So: No peekin'! ... I said: No peekin'!"
(Joe Bang)