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von Buero39
Agent
Ich habe jetzt die dritte Sichtung hinter mir. Und es wird gefühlt immer "schlimmer". Der Film bewegt mich immer mehr. Und dann dachte ich darüber nach, wieso das so ist. Ich denke jeder hat ja für sich selbst einen unterschiedlichen Kontext, wie man was erlebt hat und was für Erfahrungen man machte. Und man hat auch so einen differenzierten Blick auf die Welt. Und auf diese Art und Weise holt sich ja einjeder unterschiedliche Eindrücke aus Filmen, Kunst oder was alles so gibt.
Mich bewegt dieses Ende daher so, weil in der Bond-Figur durch Craig diese innere Zerrissenheit des Menschen von Anfang an dargestellt und angelegt wurde. Das kommt wohl meiner eigenen Vita und Erfahrungen in manchen Bereichen recht nahe, natürlich in einem anderen Kontext. Daher sind die Empfindungen sehr real. Ich sehe diesen Film anders. Nehme ihn anders auf. Erspüre die Verhaltensmuster, bzw. die Ausweglosigkeiten, die die Figur spürt, mit, da ich sie kenne. Ich fand OHMSS damals schon gut. Sehr sogar. Nicht, weil der Agententhriller mit einer Liebesgeschichte garniert oder diese drumherum gebaut wird - das wird oft missverstanden -, sondern weil dieser Film ehrlich ist. Und auch in den Connery oder Moore Bonds diese Zerrissenheit durch den Job etc. schon angelegt wird. Wer ein wenig genauer hinschaut, kann die menschliche Attitüde bei Bond entdecken - hinter all dem Klaps auf den Frauen-Po und gehetztem Agieren. In dieser Figur Bond ist so vieles. So vieles zum übertragenen Sehen. So viele Chiffren - man könnte stundenlang interpretieren. Ein gehetzter, rastloser Mann, Waise, ohne Beginn und ohne Ziel, auf der Suche nach sich und nach dem Ankommen, eine reine Reise des Kompensierens, indem er tötet und daher der perfekte unperfekte Mann für diesen Job ist. Nur die Tragik der Figur ist für mich spürbar und wurde noch nie so deutlich wie durch Craig.
Ich habe sehr auf die Mimik, das Acting von Craig beim dritten Mal sehen geachtet. Ich finde es unglaublich, wie er es schafft diese Müdigkeit durchweg aufgrund seiner Erlebnisse am Ende seiner "Reise" zu zeigen. Zu zeigen, wie er nach und nach loslässt. Wie er sovieles versucht hat, geschafft hat, aber letztlich oft sehr sehr undankbar behandelt wurde/wird. Wie der ganze Dreck auf ihn abgeladen wurde, wie er sich Dingen stellen musste und erfahren musste, dass er noch so gegen seine Art und gezeichneten Weg ankämpfen kann, es wird ihm nichts bringen - er wird es nicht schaffen. Bemerkenswert für mich die Szene, in denen er Madeleine sagt, dass er es genau 5 Minuten lang gefühlt hat. Es ist der Film über ein inneres Gefängnis, aus dem er verzweifelt versucht herauszukommen. Gleichsam weiß er, dass u.a. Blofeld oder wer auch immer es sonst wäre, ihn als Gejagten, Rastlosen niemals daraus entlassen würden "bereite dir eine leere Welt".
Also lässt er los. Und gibt den Menschen die Chance, die er liebt (und auch allgemein), die er nie hatte.
Vielleicht kann hier jemand verstehen, was ich schreibe. Wenn nicht, einfach ignorieren. Ich kann auch jeden verstehen, der über technische Dinge, Abläufe, Plott-Holes usw. diskutiert. Auch die sehe/sah ich, bzw. will sie auch nicht übersehen. Auch dieser Film hat einige Schwächen. Aber dieser Film kann als Ende dieses Zyklusses mehr. Und er ist folgerichtig. Und ich will mir diese aktuelle Zeit nicht mit Gedanken zersetzen, wer denn der neue Bond sein könnte oder wie es weitergeht. Dafür hallt das jetzt zu lange nach und dem sollte man auch Raum geben (wer kann und will).