Purvis und Wade ist DAD ebenfalls nicht so unbeliebt, wenn ich das, was NTTD ästhetisch so verspricht in Betracht ziehe. Es scheint bei beiden gängig zu sein, Elemente aus wenig beachteten oder unbeliebten Filme des Franchises zu recyclen. Und bevor jetzt eine(r) kommt und versucht mir zu erklären, dass DAD das beste Brosnan BO zu verzeichnen hat - spätestens nach CR wurde der Streifen wirklich nur noch belächelt, da kommt er bei den Fans sogar besser weg, als bei der breiten Masse, was bei Bond eine Seltenheit ist.
SP hat meiner Ansicht nach, bis auf den grauslichen Song, eine sehr runde erste Stunde. Nach Whites Ableben geht der Ärger mit schlampigen Sprüngen in der Charakterentwicklung der Figuren, lustloser Action und süffisant ignorierten Plotholes los. Besonders Seydoux und Waltz trifft es mit schlecht geschriebenen Dialogen und nicht zu Ende gedachten Charakterbögen hart. Es dürfte wohl auch kein Zufall sein, dass sie für NTTD zurückgeholt wurden.
SP leidet zudem unter der Unfähigkeit Mendes' sich für einen stringenten Ton zu entschließen und seine Vision bis zum Ende durchzusetzen. Schade, dass er seine ursprüngliche Vision nicht verfilmen durfte, und ihm die Banausen von Sony den Hahn zugedreht haben. Vieles aus den geleakten Scriptentwürfen wäre zwar Bond-untypischer, für diese Geschichte jedoch runder gewesen, als die halbgare Nummer, die wir jetzt haben. Besonders der Entwurf mit der Jagd um die Dokumente, die bescheinigen, dass Blofeld lediglich adoptiert wurde, hätte sich als interessanter Kniff erweisen können.
Mich stört weniger die Verbindung zwischen Bond und Blofeld, als die Nutzlosigkeit dieses Elementes in Bezug auf den Plot. Österreich hätte sehr viel länger im Fokus sein müssen - Bond hätte z.B. das Oberhauser-Haus aufsuchen können, ein sehr viel passenderer Ort für einen Showdown im Schnee, als dieser völlig von der Handlung entkoppelte Krater in der marokkanischen Wüste.
Wieso weiß der MI6 nach dem Rom-Meeting plötzlich, wer der Blasse König ist? Das ist sowas von herbeikonstruiert und einfallslos. Wieso verstecken sich White und seine französische Tochter überhaupt in Österreich? Ist das naheliegend? Was bringt die Hofflerklinik, außer einer schlechten Hommage an OHMSS? Wieso steht in Whites Versteck ein Satellitentelefon mit Koordinaten für Bond parat, wenn er sich davor die Mühe macht das Versteck - das ein öffentlicher Ort ist wohlgemerkt, zuzumauern? Wieso ist das Versteck zugemauert, in the first place? Ich meine, schlägt white jedes Mal selbst wieder von neuem die Wand ein, wenn er etwas aus seinem Geheimraum braucht? Wieso ortet Q Bond in der Nähe eines Kraters, obwohl Bond noch einen Tag lang Orientexpress bis zum Abholort fährt? Wieso versucht Hinx Bond und Madeleine zu beseitigen, wenn sich Blofeld doch freut, die beiden zu empfangen? Warum rastet Bond so aus, als Blofeld Whites Selbstmord-Video vor Madeleine abspielt? Sie weiß doch schon längst, was passiert ist? Die Liste an Fragen ist endlos und wächst im letzten Akt (also alles ab London) exponentiell.
Das traurige an SP sind die vielen verpassten Gelegenheiten einen fantastischen Bond abzuliefern. Denn im Grunde genommen waren alle Zutaten für einen Meilenstein, gewiss ein düsterer, sowie noch nie dagewesene finanzielle Mittel für deren Umsetzung gegeben.
Unverzeihlich ist Newmans flegmatisches Selbstplagiat, welches blankem Hohn gleichkommt und sich Score nennen möchte. Der frenetische, spielerische, in meinen Ohren nervtötende fernöstliche SF-Sound passt meines Erachtens sowas von gar nicht zu dem Film... Unfassbar, wie unprofessionell da herumgepfuscht wurde.
Unverzeihlich ist ebenfalls das pissgelbe Colorgrading, das nicht einmal das geringste mit dem ursprünglich erhofften Retrolook zu tun hat, Stichwort TechniCOLOR!!! Durch den aufdringlichen Look gleicht eine Location farblich der anderen, was sich in Kombination mit Newmans nichtsaussgenden Standard-Klängen fatal auf die Atmosphäre des Filmes auswirkt. Auch hier begreife ich nicht, weshalb nichts unternommen wurde...
Ich halte Sam Mendes für einen überbewerteten Regisseur, dessen Stärken mehr im dialogischen Schlagabtausch liegen (was ich hier über weite Teile sehr vermisse), denn im spannenden oder einfallsreichen Erzählen von Geschichten oder Inszenieren von Action. Auch SF wird seinem Hype meiner Meinung nach aufgrund ähnlicher Schwächen nicht gerecht. Nur erschien die Idee Bond als konservativen Gegenpol zur voranschreitenden Digitalisierung und Entmenschlichung des Arbeitsplatzes darzustellen, noch halbwegs interessant. SP ruht sich auch in dieser Honsicht voll und ganz auf seinen Vorgänger aus. Hinzu kommt ein prätentiöser, abgehobener Inszenierungsstil, der wahnsinnig "künstlerisch" und "hochwertig" anmuten soll, aber lediglich Hülle bleibt, da die inhaltliche Misere des Filmes einfach nicht zu kaschieren ist.
Für mich ganz klar der (hoffentlich!
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) schlechteste Craig-Bond und aus offensichtlichen Gründen ein Tiefpunkt der Reihe!