Re: Zuletzt gesehener Film

9691
iHaveCNit: Greenland (2020)
26.10.2020


Ganz aus dem Nichts ist der Katastrophenthriller „Greenland“ von Ric Roman Waugh, Regisseur von unter anderem „Snitch“, „Shot Caller“ und „Angel Has Fallen“, in den Kinos gestartet. Wie auch in „Angel Has Fallen“ hat er hier Gerard Butler mit an Bord. Herausgekommen ist ein sehr effektiver und spannender Katastrophenthriller.

John Garrity freut sich eigentlich auf eine Grillparty im Haus seiner Ex-Frau Allison und seines Sohns Nathan und zusammen mit Nathan will er gerade noch ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt nachkaufen, als er eine wichtige Nachricht erhält. Der aktuell die Erde streifende Komet Clark soll mit seinen Splittern die Erde treffen und ein großer Brocken soll innerhalb von 2 Tagen die Erde auslöschen. Er jedoch ist wie seine Frau und Sohn auserwählt Plätze auf einem Bunker in Grönland zu bekommen. Also macht sich das dreiköpfige Gespann auf dem Weg und es ist ein Wettlauf mit der Zeit.

Kometeneinschläge und großes Katastrophenkino kennt man vor allem von zum Beispiel Roland Emmerich und Michael Bay. Und wenn man Gerard Butler hört, kommt einem sicherlich auch Dean Devlins „Geostorm“ in den Sinn. Aber „Greenland“ ist der starke Gegenentwurf und Kontrast zu Katastrophenkino wie „2012“; „Geostorm“ und auch z.B. „Armageddon“. Das liegt vor allem daran, dass der Film sehr effektiv auf dem Boden bleibt und vor allem im Laufe seiner Handlung viele gesellschaftliche Folgen einer Notlage wie dieser in kleinen Details präsentiert und verhandelt. Aber vor allem der knackige und schnelle Start und der Fokus auf John Garrity, seine Ex-Frau Allison und seinem Sohn Nathan macht aus dem Film auch ein sehr intimes Familiendrama mit Road-Movie-Elementen, bei dem eine emotionale Verbindung zu den Charakteren sehr leicht ist. Das liegt auch an dem tollen Trio aus Gerard Butler, Morena Baccarin und Roger Dale Floyd.
Zu einzelnen Stationen will ich hier aus Spoilergründen nichts sagen, aber ich kann sagen, dass der Film immer in Bewegung ist und sich auch ohne Tempo einzubüßen auch mal für ruhige intime Momente Zeit nimmt. Die Spannung hat der Film für mich über seine Laufzeit immer halten können. Natürlich lässt sich eine gewisse Hektik und Unübersichtlichkeit in der Inszenierung nicht vermeiden, genau wie die Qualität von Spezialeffekten, die erfreulicherweise bis auf ein paar kleinere Spitzen anfangs und große Spitzen gegen Ende eher in den Hintergrund rücken um dem Familiendrama dem notwendigen Raum zu geben. Auch die rötliche Färbung der Umgebung bei Tag macht von der Farbgebung her komplett Sinn, wenn man sich einmal Bilder von zum Beispiel Großbränden in Kalifornien und Australien ansieht.Getragen wird der Film dann auch noch von einem großartigen Score von David Buckley.

„Greenland“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9692
iHaveCNit: Mein Liebhaber, der Esel & Ich (2020)
27.10.2020


Auch wenn ich aktuell von Reisen ins Ausland noch aufgrund der weltweiten Lage Abstand halte und Abstand halten muss, liefern Filme im Kino auch für wenige Stunden Reisen. Reisen die es durchaus Wert sind und die einen sogar beeinflussen so etwas später mal selbst zu machen. Einer dieser Filme ist die charmante französische Komödie „Mein Liebhaber, der Esen & Ich“ von Caroline Vignal, die mich irgendwann dazu verleiten lässt, selbst mal durch die französischen Berge zu wandern – mit oder ohne Esel.

Antoinette ist Lehrerin an einer Schule und die Sommerferien stehen bevor. Die liebeshungrige Frau kann es kaum erwarten mit ihrer Affäre Vladimir die freie Zeit zu verbringen, doch er offenbart ihr dass er mit seiner Tochter und seiner Frau in den Cevennen eine Eselwanderung macht. Antoinette entschließt sich kurzfristig auch in die Cevennen zu reisen und die Wanderung auch durchzumachen – doch sie weiß nicht, worauf sie sich bei dieser Reise einlässt, denn der sture Esel Patrick erfordert ihre volle Aufmerksamkeit.

Laure Calamy spielt hier Antoinette. Auch wenn die anfängliche Charakterzeichnung ein wenig fragwürdig ist, so ist die charmante und nuancierte Entwicklung von ihr großartig und auch amüsant mit anzuschauen. Vor allem das Zusammenspiel mit dem Esel Patrick ist zum einen sehr witzig und auch sehr tiefgründig. Dazu lebt der Film von großartigen Landschaftsaufnahmen der Cevennen in Frankreich, so dass es bei mir auf jeden Fall Lust macht auf einen eigenen Trip dorthin. Ganz interessant fand ich auch dass der Film durch ein Lied am Anfang über eine Ehebrecherin und auch ein Buch das die Grundlage für den Wanderweg liefert hier eingeflochten sind und die Handlung noch unterstützt.

„Mein Liebhaber, der Esel & Ich“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9693
iHaveCNit: Und Morgen Die Ganze Welt (2020)
29.10.2020


Bevor ab nächster Woche wieder der Vorhang für längere Zeit über die großen Leinwände fällt, lass ich es mir natürlich nicht nehmen, noch ein paar Filme mitzunehmen. Einer davon ist wie ich ganz zufällig gelesen habe auch der deutsche Kandidat für den Oscar in der Kategorie „Best International Feature Film“. Julia von Heinzes „Und Morgen Die Ganze Welt“ behandelt sogar ein sehr aktuelles und brisantes Thema und orientiert sich dabei vor allem auch auf den persönlichen Erfahrungen der Regisseurin, so dass ein interessantes Politdrama und Milieustudie herausgekommen ist.

Die junge Mannheimer Jurastudentin Luisa schließt sich durch eine Freundin und Mitstudierende einer linken Kommune an, weil Sie sich verpflichtet fühlt, aktiv etwas gegen die wachsende Gewalt von Rechts zu unternehmen. Dabei lernt sie auch Lenor und Alfa kennen, deren sehr radikalen Herangehensweisen einen besonderen Reiz für die junge Luisa ausüben, ohne zu wissen, welche Gewaltspirale dies nach sich zieht.

„Und Morgen Die Ganze Welt“ ist ein sehr interessanter Film. Durch eine sehr bodenständige Inszenierung, die durch eine eher hektische, wackelige Kameraführung auch sehr dokumentarisch wirkt, wirkt der Film sehr authentisch und nah. Die Kombination ist sehr interessant aus einer Charakterstudie, in der wir vor allem die Entwicklung der jungen Luisa sehen, dann der Milieustudie wie das Innenleben einer linken, antifaschistischen Kommune und der Szene aussieht und dann wirkt vor allem der Anteil der Planung und Durchführung von immer stärkeren Demonstrations- und Gewaltaktionen fast schon wie ein Heist-Movie und ein Crime-Drama, das den Aufstieg und Fall darstellt. Der Film wirft natürlich interessante und diskussionswürdige Fragen auf, ob ein Strudel aus Gewalt und Gegengewalt im Sinne von § 20, Absatz 4 Grundgesetz gerechtfertigt ist oder nicht. Der Film orientiert sich hier schon sehr in die linke, politische Richtung und die Aufmachung der rechtsradikalen Szene und auch einer entsprechenden rechten Partei ist sehr offensichtlich auf die AFD gerichtet, aber da der Fokus hier klar auf der Kommune und Luisa liegt, bleibt diese Darstellung relativ einseitig und antagonistisch. Mir hat dieser Film gut gefallen und mir gezeigt, dass ich am ehesten aktuell politisch mittig positioniert bin.

„Und Morgen Die Ganze Welt“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9694
HCN007 hat geschrieben: 30. Oktober 2020 16:19 Der Film orientiert sich hier schon sehr in die linke, politische Richtung und die Aufmachung der rechtsradikalen Szene und auch einer entsprechenden rechten Partei ist sehr offensichtlich auf die AFD gerichtet, aber da der Fokus hier klar auf der Kommune und Luisa liegt, bleibt diese Darstellung relativ einseitig und antagonistisch.
Ähm… Die Antifa oder meinetwegen radikale Linke kommt im Film mindestens genauso schlecht weg wie die Neo-Nazi-Vertreter. Der Film macht genau das nicht, was dieser Satz suggeriert: Er spaltet nicht in Links oder Rechts, er unterscheidet auch nicht. Das ist ein postideologischer Film, der es sich nicht einfach macht und sich nicht auf einer der "zwei Seiten" (die es so eh nicht gibt) positioniert. Wenn die rechte Partei hier mal hervorgehoben antagonistisch inszeniert wird, dann aus dem subjektiven Blickwinkel der Hauptfigur hinaus. Aber der Film steht weder links noch rechts.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

9695
iHaveCNit: Schwesterlein (2020)
30.10.2020

Vor einem Monat kamen an einem Tag mit „Persischstunden“ und „Pelikanblut“ 2 Filme, bei denen mich vor allem Lars Eidinger und Nina Hoss begeistert haben. In diesem Zuge habe ich dann auch Kenntnis von „Schwesterlein“ erlangt, indem beide Darsteller vor der Kamera vereint sind. Beide haben hier in diesem Drama eine großartige Dynamik, nur die banalen Konflikte bremsen diese Dynamik etwas aus.

Lisa ist eine Autorin, die aktuell nicht nur eine Schreibblockade hat, sie schwankt zwischen ihrem künstlerischen Mittelpunkt in Berlin und ihrer Familie Leysin in der Schweiz und kümmert sich nach einer Knochenmarkspende um ihren an Leukämie erkrankten Bruder Sven, der einst ein gefeierter Theaterschauspieler gewesen ist. Allen Konflikten zum Trotz möchte sie ihn wieder auf die Bühne bringen ohne zu wissen, wie das ihre eigene Kreativität wieder beflügeln wird.

Das, was mir hier an „Schwesterlein“ des schweizer Regisseurinnenduos Stephanie Chuat und Veronique Reymond gefallen hat ist vor allem das Duo aus Nina Hoss und Lars Eidinger, die hier als Zwillingsduo mit der Liebe und Leidenschaft zur Kunst eine sehr tolle Dynamik und Chemie haben. Der Film stellt hier natürlich großartig die Frage, wie wichtig Kunst und die Leidenschaft dazu die eigene Lebensqualität verbessert und wie wichtig Kunst im Allgemeinen ist. Natürlich spart der Film die Härte einer Krebserkrankung nicht aus, bleibt dabei aber etwas zu sauber. Sehr gut fand ich, dass auch die Homosexualität von Sven komplett homogen und absolut unforciert in den Film integriert und dargestellt worden ist. Genau so eine Darstellung normalisiert dieses Thema in der Öffentlichkeit. Mit dem Teil der Karriere von Eidinger, die er auf Theaterbühnen verbracht hat, habe ich mich bislang nicht beschäftigt. Aber es scheint fast so, dass Eidinger selbst unter Thomas Ostermeier, der hier als Theaterregisseur einen Theaterregisseur spielt, den „Hamlet“ verkörpert hat, den auch sein Charakter Sven absolut verinnerlicht hat. Dieser kleine Meta-Kommentar zu Eidingers Verbindung zu „Hamlet“ wäre mir absolut entgangen, hätte ich nicht nach dem Film noch ein wenig gelesen. Sehr interessant auf jeden Fall und für den Film durchaus von passender Bedeutung. Jedoch bremsen für mich die familiären Konflikte von Nina Hoss´ Familie den Film vor allem wenn es um die Lage des Lebensmittelpunkts gibt etwas aus.

„Schwesterlein“ - My First Look – 7/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9696
iHaveCNit: Ema (2020)
31.10.2020


Irgendwann wird man einfach mal überrascht, wenn man sich noch ganz spontan für einen Film entscheidet, den man nicht auf dem Schirm hatte. So ist es mir mit „Ema“ von Pablo Larrain ergangen, für den ich mich erst Anfang der Woche entschieden habe. Der chilenische Film mit Mariana Di Girolamo und Gael Garcia Bernal in den Hauptrollen hat einen Sog entwickelt, der mich regelrecht in den Film gezogen hat.

Die Tänzerin Ema und der Choreograf Gaston leben in einer kinderlosen Beziehung, doch vor einem Jahr haben sie sich zur Adoption des jungen Polo entschieden. Als es zu einem familiären Zwischenfall gekommen ist, entscheiden sie sich den jungen Polo wieder zurückzugeben, womit sich der gesellschaftliche Status der Beiden und auch die Beziehung darunter leidet. Ema zieht daraus Konsequenzen und schmiedet einen abgefahrenen Plan aus Feuer, Tanz und Sex, um wieder mit Polo in Kontakt zu kommen.

Auch wenn durchaus die Handlungen, die Motivation und auch der Charakter von der von Mariana Di Girolamo gespielten Ema moralisch und ethisch hinterfragt werden können und durchaus die ein oder andere Sympathie für ihren Charakter schwinden lassen, so ist die Präsenz dieser Hauptfigur und der Darstellerin unfassbar verführend und einnehmend. Dafür sorgt vor allem die Schauspielerin selbst, aber auch die Inszenierung mit zum Beispiel starren Kameras mit direktem Fokus auf das Gesicht während den Dialogen und eine sehr dynamische Inszenierung bei den Tanzsequenzen, die von einem starken Soundtrack unterlegt sind. Der Soundtrack selbst hat mir auch sehr gut gefallen, selbst wenn der hier eingebettete Reggeaton eigentlich gar nicht meine aktuell präferierte Richtung ist. In den Dialogen kommt vor allem sehr viel von der sehr disfunktionalen Beziehung zwischen ihr und Gaston und auch deren Persönlichkeit heraus. Neben den Dialogen und den großartigen Tanzsequenzen wird es auch sehr feurig und leidenschaftlich, wenn zum Beispiel immer mal wieder ein Flammenwerfer von Ema eingesetzt wird und auch es schon zu expliziten und sehr freizügigen erotischen Sequenzen kommt. Dabei gerät alles niemals nur zum eigentlichen Selbstzweck, sowohl Feuer, Tanz als auch Sex sind hier Ausdruck von Freiheit, Aufbegehren und auch Bewältigung von Problemen und Trauer – und das entwickelte bei mir einen Sog, der dem Film sehr gut getan hat.

„Ema“ - My First Look – 9/10 Punkte
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9697
iHaveCNit: Oeconomia (2020)
01.11.2020


Bevor es morgen für die Kinos wieder in die Zwangspause geht, bei der ich nicht weiß, ob diese auch über den November hinaus geht, habe ich mir noch den Nachmittag für einen Dokumentarfilm Zeit genommen, bei dem ich zum aktuellen Zeitpunkt nicht weiß, ob er mein Kinojahr 2020 bereits beenden wird. Aber er Dokumentarfilm ist auf jeden Fall noch einen Kinobesuch wert gewesen. Die Rede ist hier von Carmen Losmanns „Oeconomia, indem die Dokumentarfilmerin dem Phänomen auf den Grund geht, dass gleichzeitiges Wirtschaftswachstum nur mit gleichzeitiger Verschuldung möglich ist. Dabei werden ihre Erkenntnisse im Laufe der Dokumentation visuell sehr ansprechend und verständlich aufbereitet. Diese Erkenntnisse und die Aufdeckung diverser in diesem Bezug wichtiger Fragen jedoch gestaltet sich durchaus schwierig, da einige Gesprächspartner nicht zu Gesprächen bereit sind, Zeit und Umfang der Fragen gekürzt werden und zum Teil entsprechende Situationen nur für die Kamera gestellt oder per Gesprächsprotokoll wiedergegeben werden. Es ist im Rahmen der doch einfachen Interviewsituation, in der über eine starre Kamera auf den jeweiligen Gesprächspartner gehalten wird, sehr spannend und interessant, wie Experten bei den gezielten und doch einfachen Fragen von Frau Losmann ins Straucheln geraten. In regelmäßigen Abständen bekommen wir einen kleinen wirtschaftlichen Arbeitskreis zu sehen, der entsprechend der im Film gewonnen Erkenntnisse an einem runden Tisch, der dafür auf der Frankfurter Zeil platziert worden ist, eine Runde Monopoly nach den speziellen Regeln spielen. Für jemanden, der selbst in Frankfurt wohnt und der einige der Büropanoramen wiedererkannt hat und durch seine berufliche Bildung im wirtschaftlichen Sektor zuhause ist, muss ich sagen, dass „Oeconomia“ und die im Film vorkommenden Erkenntnisse durch Grafiken, Merksätze und Schaubilder definitiv ein Standardwerk im schulischen Bereich für Volkswirtschaftslehre und Finanzwirtschaft sein müsste. Insgesamt ist der Dokumentarfilm sehr spannend, unterhaltsam und durchaus informativ geworden.

„Oeconomia“ - My First Look – Ohne Wertung.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9698
Wow. Sehe gerade „The Highwaymen“ und war irritiert, ob da zwischenzeitlich was an der Tonspur nicht stimmt. Die Musik kam mir doch erstaunlich bekannt vor. Und siehe da - sie stammt tatsächlich von Thomas Newman. Der die Stücke „Quartermaster“ und „Granborough Road“ sowas von unbearbeitet in den Score eingeflochten hat...
"Hiermit kündige ich meine Mitgliedschaft!" - "Wir sind kein Countryclub, 007!"

Re: Zuletzt gesehener Film

9699
Casino Hille hat geschrieben: 14. September 2020 09:35 Ich habe "Days of Heaven" als großen Genuss empfunden, und für mich ist es mittlerweile mit klarer Sicherheit der beste Film von Terrence Malick
Übrigens, ich habe vor ein paar Wochen mit vier Freunden Tree of Life noch mal angeschaut. Einer war genau wie ich schon vorher Fan des Films und nachher umso mehr, die zwei anderen Jungs waren interessiert und genossen die gemeinsame Erfahrungen, fanden den Film am Ende aber nicht so toll, und das Mädel hat sich nach einer knappen halben Stunde mit einem Taschenbuch ins Nebenzimmer verzogen. :wink:

Tree of Life ist eigentlich ein straighter Coming-of-Age-Film, aber wie Malick die Geschichte mit Motiven aus Natur, Schöpfung, Spiritualismus, Evolution und Lebenskreislauf anreichert und wie er das Ganze inszeniert sucht seinesgleichen. Folgerichtig ist der Film strukturiert wie lose Gedankenfetzen, wie die Erinnerung an die eigene Kindheit eben auch "in echt" funktioniert, und doch fügt sich die Erzählung sinnig zusammen. Und jede einzelne Einstellung ist umwerfend in Farben, Bewegung und Rhythmen, was Days of Heaven trotz schöner Sonnenuntergänge eben nicht erfüllt. Tree of Life ist ein 10er-Film.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

9700
Nico hat geschrieben: 25. November 2020 01:15 Sehe gerade „The Highwaymen“ und war irritiert, ob da zwischenzeitlich was an der Tonspur nicht stimmt. Die Musik kam mir doch erstaunlich bekannt vor. Und siehe da - sie stammt tatsächlich von Thomas Newman. Der die Stücke „Quartermaster“ und „Granborough Road“ sowas von unbearbeitet in den Score eingeflochten hat...
Hehe, und nicht nur seine Bondstücke hat er ohne Variation eingebaut. Auch eine große Portion "The Shawshank Redemption" geistert da durch den Soundtrack dieses eher belanglosen Kevin-Costner-Vehikels:

https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

9702
iHaveCNit: (on Streaming): Sound of Metal (2020)
seit 04.12.2020 auf Amazon Prime
gesehen am 12.12.2020


Trotz der aktuellen kinofreien Zeit gibt es dann doch noch ein paar Filme im Streaming-Angebot, die mich interessieren und für die ich dann auch mal die Leinwand gegen den Laptop eintausche. Ein Film davon ist Darius Marders Regiedebüt „Sound Of Metal“ mit Riz Ahmed und Olivia Cooke in den Hauptrollen, der mich wirklich begeistert und fasziniert hat.

Ruben und Lou touren als zweiköpfige experimentelle Metalband „Blackgammon“ durch die Clubs, doch die zunehmend laute Atmosphäre führt bei Ruben allmählich zu einem irreparablen Gehörschaden. Während er infolgedessen bei einer Gehörlosen-Community unterkommt und Abstand von der Musik und Lou nehmen muss, lernt er zu sich selbst und mit der Situation umzugehen. Doch er muss auch die Entscheidung treffen, ob er von seinem alten Leben loslassen kann oder nicht.

„Sound of Metal“ - dieser Filmtitel könnte den Einen oder Anderen ein wenig in die Irre führen. Um Metal im Sinne der Musikrichtung geht es im Grunde weniger. Bis auf die Tatsache, dass es hier um einen Schlagzeuger einer experimentellen Metalband geht. Viel eher ist das nur der Aufhänger eines großartigen Charakterdramas, das nicht nur einen tollen Einblick in die Gehörlosen-Community der vereinigten Staaten liefert, sondern darüber hinaus auch ein großartiges Sounddesign bietet. Riz Ahmeds Schauspiel in der Rolle des Ruben ist extrem stark, glaubwürdig und unsentimental. Die Reise, die sein Charakter hier durchmacht und die Entscheidungen, die er trifft und treffen muss, gingen mir unter die Haut. Damit wir als Zuschauer auch die Klangwelt für Ruben wahrnehmen können, bekommen wir auch durch das großartige Sounddesign die Umgebung auch mal aus der Sicht von Ruben zu hören. Von einem zunehmend dumpferen Klang und Rauschen bis hin zur Gehörlosigkeit zu der Wahrnehmung von dumpfen Geräuschen nur über den Körper; über die verzerrte Wahrnehmung der Klangwelten nach einer Operation bis hin zu kompletter Stille und Ruhe – das alles ist unfassbar großartig in den Film integriert, so dass es richtig spürbar ist. Aber auch die wichtigste Nebenrolle mit Olivia Cooke´s Lou, die sowohl Sängerin, Gitarristin als auch die Freundin von Ruben ist, ist großartig. Mit welcher Empathie sie der für Ruben nicht einfachen Situation einsteht hat mir gut gefallen. Interessant war auch der Einblick in die Gehörlosen-Community und mit welcher Offenherzigkeit diese Ruben in ihrem Kreis empfangen hat. Sehr authentisch, dass hier selbst gehörlose Schauspieler die Rollen übernommen haben. Interessant wird sein, inwieweit dieser Film eine Rolle bei den ganz großen Awards der kommenden Saison spielen wird. Denn sowohl Riz Ahmed, Olivia Cooke und auch das Sounddesign haben meiner Meinung nach auch die Würdigung durch Preise verdient. Und wenn dieser Film auch nach dem Ende der aktuellen kinofreien Zeit doch noch eine Auswertung auf der Leinwand bekommt, dann werde ich ihn mir auch gerne auf der Leinwand nochmal ansehen, damit ich auch im Kinosaal in den Genuss dieser Erfahrung kommen kann – dass damit durchaus sogar noch einen Punkt mehr verdienen könnte. Ein kleines Highlight zum Ende des Jahres.

„Sound of Metal“ - My First Look – 9/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9703
iHaveCNit: Die Wütenden – Les Misérables (2020)
15.12.2020


Den Abschluss des Filmjahrs der in 2020 gestarteten Filme im Kino habe ich mir anders vorgestellt. Mein Filmzähler lag vor dem leichten Lockdown bei 86 – da ich jedoch runde Zahlen bevorzuge und die nächste Runde Zahl bei 90 liegt, habe ich zum Abschluss des Jahres noch 4 Filme, die ich im Heimkino nachholen möchte. Den Beginn dieser „Final Four“ macht hier der französische Film und Oscarkandidat „Die Wütenden – Les Misérables“, der sich zwar „Parasite“ geschlagen geben musste, aber gestern Abend mir schon gezeigt hat, dass er nicht ohne Grund zu den Nominierten zählte.

Den ersten Arbeitstag hat sich der prinzipientreue Stéphane bei seiner neuen Einheit im Pariser Vorort Montfermeil sicherlich anders vorgestellt. Nicht nur, dass er mit seinen erfahrenen Kollegen Chris und Gwada zu für ihn sehr fragwürdigen und unüblichen Mitteln greifen, die dortigen Spannungen zwischen rassistischer Polizeigewalt, Armut und kriminellen Parallelgesellschaften befinden sich in einer toxischen Abwärtsspirale, aus der es scheinbar kein Entkommen gibt. Dieser Mikrokosmos offenbart sich ihm im Fall eines in diesem Viertel gestohlenen Löwenbabys, bei dem die Lage zu eskalieren droht.

„Die Wütenden – Les Misérables“ ist eine sehr starke Mischung aus Crimedrama und Milieustudie. Man spürt förmlich mit welch akribischer Beobachtung und Nähe zum Milieu im Pariser Banlieu Montfermeil der Regisseur Ladj Ly hier den Film aufzieht und einen faszinierenden, aber auch zeitgleich erschütternden Einblick bietet. Der Verlauf des Films selbst hat mich bei der Sichtung gerade wenn es um den ersten Arbeitstag eines eher prinzipientreuen Polizisten geht, der mit eher fragwürdigen Kollegen zusammenarbeiten muss auch an Antoine Fuquas „Training Day“ erinnert. Selbst wenn ich zum Beispiel auch in jungen Jahren und meiner Jugend in sozialen Brennpunkten und leicht an Armut grenzenden Verhältnissen aufgewachsen bin, kann ich mir nur im Ansatz die Armut und Hoffnungslosigkeit vorstellen, die in den Pariser Banlieus herrscht. Die hier im Film dargestellte toxische Abwärtsspirale und das Spannungsfeld zwischen rassistischer Polizeigewalt, Armut und den bereits geschaffenen Strukturen krimineller Parallelgesellschaften spiegelt durchaus die Lebenswirklichkeit vieler Menschen in Frankreich wieder. Mit einer eher hektischen und dynamischen Handkamera wirkt der Film dann auch schon fast dokumentarisch. Dass ich hier quasi durch die Bank weg auch Darsteller zu sehen bekomme, die ich noch nie vorher gesehen habe, lässt mich auch komplett unvoreingenommen den Film erleben und wahrnehmen. Die Spannung im Film steigert sich bis zum Ende ins Unermessliche und lässt den Film mit einer interessanten Situation und einem interessanten Spannungsfeld enden, die einen Bogen zu entsprechenden Schlüsselmomenten und Dialogen schlägt. Auch wenn sich der Film ganz klar auch in seiner Erzählung der Handlung ganz klar dazu hinreißen lässt, rassistisch und auch sexistisch motivierte Polizeigewalt kritisch zu hinterfragen, so gilt das in Ansätzen auch zu den geschaffenen kriminellen Strukturen und Parallelgesellschaften. Gerade hier fand ich es großartig, vielleicht ähnlich wie in Denis Villeneuves „Sicario“ einen eher prinzipientreuen und neutralen Charakter als Identifikationsfigur zu bekommen, um einen weitestgehend neutralen und kritischen Blick auf das ganze Geschehen zu bekommen. Aber bei der Auflösung des Geschehens macht es sich der Regisseur Ladi Ly nicht einfach, denn die festgefahrenen Spannungsfelder sind ein zu komplexes Problem, so dass ein Filmemacher hier klare Lösungen anbieten kann. Das gleiche gilt auch für mich.

„Die Wütenden – Les Misérables“ - My First Look – 9/10 Punkte
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9704
iHaveCNit: The Lodge (2020)
nachgeholt im Heimkino
16.12.2020


Selten so lange darüber nachgedacht, überhaupt zu einem gesehenen Film eine Review zu schreiben. Aber da ich diesen Film in 2020 noch mitnehmen wollte und ihn vor 10 Tagen gesehen habe, schreibe ich dann doch noch ein paar Zeilen dazu. Ich glaube, jeder wird nach den geschriebenen Zeilen dann doch feststellen, warum ich hierzu eigentlich nichts schreiben wollte.

Richard ist Journalist und lebt mit seiner Freundin Grace zusammen, die er bei der Recherche zu einer Story kennengelernt hat. Seine Frau Laura kommt mit dieser Situation und der Scheidung nicht klar, so dass sie sich das Leben nimmt. Seine Kinder Mia und Aidan stehen Grace mit Argwohn gegenüber, so dass sich Richard entschließt, mit den Kindern und Grace die Weihnachtszeit in einer abgelegenen Waldhütte zu verbringen. Als er berufsbedingt früher abreisen muss, sind die Kinder mit Grace alleine und das gegenseitige Misstrauen wächst.

Wenn mich eine Sache bei „The Lodge“ begeistert hat, dann war es die Kameraarbeit des griechischen Kameramanns Thimios Bakatakis, die mir bereits sehr positiv in „The Killing of a Sacred Deer“ von Yorgos Lanthimos aufgefallen ist. Eine weitere Sache ist mir dann auch aufgefallen. Mit ein paar visuellen Einfällen und einem gewissen Foreshadowing hat der Film mich an „Hereditary“ erinnert. Das Problem jedoch, „The Lodge“ ist vor „Hereditary“ produziert und erst danach veröffentlicht worden, so dass ich mich von diesem Vergleich im Hintergrund nie lösen konnte. Des weiteren wird auf dem Cover der Blu-Ray auch ein Vergleich zu „Shining“ zitiert. Wenn ein Film nun verglichen worden ist mit einem Kultklassiker und einem der besten Horrorfilme der letzten Jahre, dann sind das natürlich schon große Fußstapfen, die er ausfüllen muss. Und das konnte er leider nicht. Die Story, die eine moderne Abwandlung von „Rebecca“ ist, mag zwar interessant konstruiert und auch mit einer interessanten Hintergrundgeschichte unterfüttert sein, mich hat der Film und der Verlauf jedoch nicht wirklich bei Spannung, Laune und der Stange halten können, so dass ich mich immer wieder dabei ertappt habe, ablenken zu lassen. Und das ist für diesen Slowburner, das Kammerspiel und den Psychohorror kein gutes Zeichen, so dass sich der Film am Ende leider eher am unteren Ende meines Rankings wiederfinden wird.

„The Lodge“ - My First Look – 5/10 Punkte
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9705
iHaveCNit: Der Spion von Nebenan (2020)
nachgeholt im Heimkino
26.12.2020


Normalerweise hatte ich direkt am Erscheinungstag des Films im Kino eine Vorstellung gebucht, jedoch kam mir an diesem getakteten und durchgeplanten Tag auf dem Weg vom Büro nach Hause eine unbestimmte Verspätung des Zuges, indem ich gerade gesessen habe zuvor, infolgedessen ich das Ticket storniert und die Vorstellung für mich am Abend habe ausfallen lassen. Eigentlich hätte dieser Film der letzte Film sein können, den ich vor dem ersten Lockdown mit Schließung der Kinos im März gesehen hätte. Nun ist er der Vorletzte von 90 Filmen aus dem Kinojahr 2020, den ich gesehen und im Heimkino nachgeholt habe. Schade, dass ich ihn nicht im Kino gesehen habe, denn diese Portion charmanter und witziger, aber auch harmloser Spaß hätte ich mit den Sorgen und Ängsten von damals gut gebraucht.

JJ ist Agent beim CIA und hat gerade eine Undercover-Mission vermasselt. Er und seine Kollegin Bobbi werden daraufhin zu einer Überwachungsmission einer Zielperson abgestellt. Jedoch findet die Tochter der Zielperson die Kameras und enttarnt JJ und Bobbi. Damit die Tochter Sophie nun die Tarnung nicht auffliegen lässt, erpresst sie JJ und bittet ihn, in die Techniken der Spionage einzuweihen.

Die Story selbst ist selbstverständlich nichts neues und relativ austausch- und vorhersehbar, aber diese harmlose Agenten- und Actionkomödie ist extrem witzig und unterhaltsam. Der Hauptgrund hierfür ist für mich die gute Laune, die das Schauspiel-Duo Dave Bautista und Chloe Coleman versprüht und die gesamten witzigen Momente, die der Film bietet. Gekonnt werden hier auch einige Klischees von Actionfilmen und Agentenfilmen aufs Korn genommen und zitiert. Der kleine Teil vorhandener Action hat mir auch gut gefallen und dieser hat den Film entsprechend noch abgerundet.

„Der Spion von Nebenan“ - My First Look – 7/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "