dernamenlose hat geschrieben: 4. Oktober 2020 15:19
Ist "ohne Mindestgebühr freigeben" das gleiche wie offizieller Rerelease?
Nein, das bedeutet nur, dass ein Kino einen Warner-Film zeigen darf, ohne eine feste Summe an Warner zahlen zu müssen, sondern nur einen festgelegten Prozentanteil der Einnahmen, meist 43%.
Der Vorteil für das Kino: wenn kein einziger Zuschauer kommt, muss das Kino auch nichts an Warner zahlen.
Im normalen Kinobetrieb muss ein Kino auch bei 0 Zuschauern €150 bis €250 an den Verleih zahlen. Das heisst: eine Vorstellung lohnt sich erst, wenn die 43% mehr als diese Mindesgebühr ausmachen.
Von daher ein großes Lob an Warner, die als einziger großer Verleih tatsächlich die Kinos unterstützen, finde ich. Und dazu mit "Tenet" und einigen anderen Filmen auch Neu-Ware ins Kino bringen.
Eine offizielle Wiederaufführung wäre es, wenn Warner begleitet von einer kleinen Werbekampagne gezielt einen Film pusht und versucht ihn flächendeckend erneut ins Kino zu bringen.
Das haben sie mit "Inception" gemacht und auch mit Mittelerde und HP.
Aber diese Filme spielen bei den Gesamtbesucherzahlen am Ende trotzdem keine Rolle. Das Mainstream-Publikum will neue Filme.
Und die gibt es ja auch. Nur interessiert sich ein Großteil des Publikums nicht dafür - Viele schielen nur auf die großen Franchise-Filme, die ja fast alle verschoben wurden.
Der aktuelle Chart-Trend für dieses Wochenende (1.10. bis 4.10.) sieht so aus:
1. Jim Knopf und die Wilde 13 (200.000 Besucher) - neu
2. Tenet (92.500) - 6. Woche
3. Gott, du kannst ein zensiert sein! (70.000) - neu
4. After Truth (47.500) - 5. Woche
5. Ooops! 2 - Land in Sicht (40.000) - 2. Woche
6. Brave Mädchen tun das nicht (22.500) - 2. Woche
7. New Mutants (15.000) - 4. Woche
8. Follow Me (15.000) - 7. Woche
9. Persischstunden (10.000) - 2. Woche
http://insidekino.de/News.htm
Nächsten Donnerstag kommt z.B. (wieder von Warner) eine offizielle Wiederaufführung, und zwar "Kurz und schmerzlos" (1998) von Fatih Akin. Der wurde grad aufwendig restauriert.
Dazu starten:
- Babyteeth
- Coup
- Es ist zu deinem Besten
- Eine Frau mit berauschenden Talenten
- I miss you
- Iki Gözüm Ahmet
- Im Berg dahuim
- Im Stillen laut
- Ivana Die Schreckliche
- Milla meets Moses
- Peninsula
- Unser Boden, unsere Erde
- Vergiftete Wahrheit
- Zombi Child
Das sind also insgesamt 15 Kinostarts nächsten Donnerstag. Und so sieht es jede Woche aus. Immer 10 bis 15 neue Filme. Es ist also nicht so als ob die Kinos nichts zu spielen hätten.
Nur sagen sich z.B. die großen Multiplexx-Ketten (Cinemaxx, Cinestar, UCI etc.): "Diese ganzen Filme interessieren unsere Zielgruppe nicht. Also spielen wir sie erst gar nicht, und bewerben sie bei uns auch nicht."
Einige von diesen Filmen werden deutschlandweit vielleicht nur in 5 Kinos laufen, andere vielleicht in 100.
Aber das mal 800 Kinos oder mehr wagen einen neuen Film zu zeigen (so wie bei Tenet), das passiert nur bei den Multi-Millionen-Dollar-Produktionen aus Amerika.
Ich würde aber mal behaupten: wenn sich alle Menschen die Zeit nähmen jede Woche bei YouTube die 15 Trailer von den Neustarts anzugucken, dann würde man darunter bestimmt einen Film finden, der interessant aussieht. Aber so funktionieren die Menschen ja nicht.
Deshalb bekommen 99,9% der Leute von diesen Filmen nie etwas mit. Die merken nur, dass ein neuer Film im Kino läuft, wenn der von einer übermäßig großen Werbekampagne begleitet wird. Aber das Geld dafür haben widerum nur die großen Verleiher, und nicht die kleinen.
Dass der ganze Kinomarkt überhaupt so aufgebaut ist, dass die meisten Kinos ihren Jahresgewinn nur von ein paar großen Hollywood-Blockbustern abhängig machen, ist der springende Punkt. Denn jetzt merkt man: "Ups. Vielleicht hätten wir kleine europäische oder asiatische Filme mal genauso pushen sollen wie Marvel, Bond und Co."