Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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HUGO DRAX - JAMES MASON

Egal, wie unterschiedlich die Meinungen zu Roger „Moo7re“s viertem Bond-Film Moonraker sein mögen, einer der Kritikpunkte ist sicherlich sein schwacher Gegenspieler. Eine Option war, wie schon bei Spy: JAMES MASON.
James Masons Talent als Film-Antagonist spiegelt sich in verschiedenen Filmen wider. Auch im Bond-ähnlichen Der unsichtbare Dritte spielte er den Gegenpart zu Cary Grants Helden. Mason wirkte mysteriös und hatte eine geheimnisvolle Aura um sich herum, sowohl in 20 000 Meilen unter dem Meer als auch in anderen Klassikern wie Five Fingers, The Flying Dutchman, Ausgestoßen oder in der Serie Alfred Hitchcock Presents. Zudem war er kurzzeitig Kandidat für die Rolle als Bond in Dr No, welche er jedoch ablehnte.
Gerade seine Interpretation des Käpt’n Nemo machte ihn als Hugo Drax für die Produzenten interessant. Die Ablehnung hat dem Film stark geschadet, sodass der andere, unbedeutende Schauspieler blass und formlos blieb. Es wäre sicher wunderbar gewesen, Drax, wie Kapitän Nemo mit Bart, wie James Mason als Pianisten, zu sehen, die klassischen (von mir positiv empfundenen) Klischées eines Filmbösewichts erfüllend, sich der Solidarität und Treue des Handlangers zu sicher seiend und sich über dessen Privatleben stellend, seine Reaktion, als Bond den anderen das „Labor“ zeigt, wie er das Kino von der Leinwand aus mit seiner Ausstrahlung und seinem Charisma erfüllt, so hätte sich Moonraker zu einem deutlich besseren Film gewandelt und Mason sich und dem Publikumseinen Karriere- und Lebensabend durch die Verkörperung eines Bond-Bösewichts versüßt. RIP JAMES MASON

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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: 18. August 2011 08:28 Ich möchte heute mal wieder ein kleines was-wäre-wenn Spielchen mit diesem Thread starten. Und zwar stelle ich dieses mal folgende Frage in die geschätzte Foren-Runde: welche Schauspieler wären alternativ für die Rollen in den Bondfilmen in Frage gekommen, wenn die tatsächliche „Echt-Besetzung“ nicht zur Verfügung geständen hätte. Ich möchte dabei mal die wiederkehrenden Rollen (Bond, Penny, M, Q) außen vor lassen und als gesetzt betrachten. Also: wen hättet ihr in den Schlüsselrollen alternativ besetzt und das am besten noch mit ein paar Worten warum gerade diesen Darsteller und wie sich das ganze dann auf die Rolle bzw den Film ausgewirkt hätte. Also, lasst uns mal den Casting-Chef spielen!
Tolle Threadidee, Anatol! Da musste ich gleich mal neun Jahre lang drüber grübeln!

Ne, ich habe mich nur kürzlich an diesen längst verschollenen Thread erinnert, und plötzlich kamen mir eine wie ich finde höchst amüsante Besetzungsidee nach der nächsten, und ich will euch die nicht vorenthalten. Die meisten davon werden wohl auf den ersten Blick ziemlich kurios erscheinen, aber jetzt da Revoked offiziell Cary Fukunaga als Bond vorgeschlagen hat ist alles erlaubt...

Dann will ich Connerys zweiten Auftritt mal gehörig umkrempeln:


FRWL

Tatiana Romanova - Corinne Marchand - Referenzbild
Wir hatten ja vor geraumer Zeit über die Tatiana-Figur diskutiert, und darüber ob sie ihren eigentlichen Spionageauftrag für Klebb die meiste Zeit über gewissenhaft und berechnend ausführt, oder eher naiv Bonds Charme verfällt (ich denke man kann sich darauf einigen, dass zumindest beides irgendwann der Fall ist, aber die Schwelle ist unklar). Mit der Besetzung von Corinne Marchand, der Hauptrolle aus Vardas einem Jahr zuvor entstandenen Nouvelle-Vague-Klassiker Cléo de 5 à 7, könnte möglicherweise etwas mehr Klarheit und auch Tiefe in diese Angelegenheit kommen, da Marchand dort eine ganz eigene schauspielerische Klasse beweist in der Schnittmenge von Sexiness und Verletzlichkeit, also genau das richtige, um den inneren Konflikt der Tania-Figur zur Geltung zu bringen. Dass es sich bei Marchand um eine Französin par excellence handelt sollte für die Besetzung der russischen Rolle kein Hindernisgrund sein, da es mit der Italienerin Bianchi ja auch geklappt hat.


Kronsteen - James Coburn - Referenzbild
Jetzt fängt er an zu spinnen! Ich hatte gestern über Coburn als Scaramanga gerätselt (kommt schon, ist auch nicht weiter hergeholt als Eastwood!), da ist mir der schnittige Coburn aus Charade eingefallen und ich habe mir überlegt, welche Rolle bei Bond sich rund zehn Jahre vor TMWTGG anbieten würde - Kronsteen natürlich. Mit Coburn 1963 würde der Stratege wohl ähnlich schlau und gerissen wirken wie mit Vladek Sheybal, aber mehr kalt und berechnend, dafür mit weniger Eitelkeit als die uns bekannte Inkarnation. Coburn stand 1963 noch relativ am Anfang seiner Karriere, er war zwar bei den Glorreichen Sieben und hatte im selben Jahr wie FRWL Nebenrollen in The Great Escape und Charade, ein Leading Man ohnegleichen war er aber noch nicht, und daher für Kronsteen nicht ganz so unrealistisch.


Ali Kerim Bey - Gian Maria Volonté - Referenzbild
Nun werdet ihr sagen: "Der nimmt den erstbesten halbwegs südländischen Typen aus den 60ern, den er zufällig kennt!" und das ist nicht falsch. Aber warum nicht? Volonté war zwanzig Jahre jünger als Pedro Armendariz und auch jünger als Connery, ging aber für etwas älter durch, so wirkt er im kurz darauf entstandenen For A Few Dollars More mehr wie vierzig als wie Anfang dreissig. Durch den absurden Einfall, ihn als Kerim zu besetzen wäre die Rolle wohl wesentlich rustikaler und temperamentvoller, die schnelle Freundschaft zu Connerys Bond würde mehr übers amourös-animalische zustande kommen als über die weltmännische Ebene. Einem Volonté könnte ich - auf eine etwas andere, aber im Kern nicht grundverschiedene Art als bei Armendariz - abkaufen, dass er die Geheimdienstinteressen im grimmigen und exotischen Istanbul vertritt und enge Beziehungen zum örtlichen Roma-Oberhaupt unterhält. Der würde beim Besuch im Lager glatt als verlorener Cousin durchgehen.


Red Grant - Robert Duvall - Referenzbild
Jetzt habe ich mein Publikum wohl komplett verloren, aber ich finde die Idee unglaublich cool. Duvall kann ja eh so gut wie alles spielen, warum nicht auch Red Grant? Er war ähnlich alt wie Robert Shaw, sah ihm auf einen sehr flüchtigen Blick sogar etwas ähnlich. Zugegeben, die älteste Rolle die ich als Referenz heranziehen kann ist die des Tom Hagen fast zehn Jahre später, aber ich denke man muss sich nur das verlinkte Bild aus einer 1963er-Episode von Twilight Zone ansehen um festzustellen, dass Duvall einen wunderbar sinisteren und undurchschaubaren Grant hätte abgeben können, der Bond mindestens genauso sehr ins Schwitzen bringt wie sein Real-Life-Gegenstück Shaw. Duvall stand noch mehr als Coburn am Anfang seiner Karriere und war zu der Zeit in erster Linie ein gut beschäftigter TV-Darsteller für einzelne Episoden.


Wie würde sich dieses Hirngespinst, das ich da abgeliefert habe, auf den fertigen Film auswirken? Ich denke dass FRWL in der Besetzung und Auslegung der Neben- bzw. Ensemblerollen insgesamt markanter, zügelloser und gewagter geworden wäre, was der sehr guten Originalbesetzung gegenüber gar nicht abwertend gemeint ist. Aber die teils eher kleinen Rollen würden durch die Gesichter vielleicht auf eine Art etwas mehr zur Geltung kommen und den Ensemblecharakter des Films unterstreichen, nicht zuletzt weil man sich mit Coburn und Duvall rühmen könnte, sehr bekannte Köpfe früh in ihrer Karriere genutzt zu haben, vergleichbar mit Del Toro in LTK.

PS: Ich habe mich ja kürzlich gegen einen amerikanischen Bonddarsteller ausgesprochen ohne die Gründe so genau umschreiben zu können. Jetzt ist mir nochmal aufgefallen, dass die Bondreihe auch unabhängig von der Hauptrolle immer etwas restriktiv mit US-Darstellern umgegangen ist. Meist beschränken sich Amerikaner auf einen Auftritt als Leiter oder explizit amerikanisches Bondgirl wie Holly Goodhead oder Jinx und mit Wiseman (Kanadier), Savalas, Kotto, Walken und Davi gab es nur fünf nordamerikanische Oberschurken, wenn ich richtig gezählt habe (und davon sind nur Kotto und Walken explizit amerikanische Rollen). Stattdessen dominieren europäische Darsteller, und das von den 60ern bis heute, man muss sich nur mal die Bösewichte und Bondgirls bei Craig ansehen. Von der Warte aus wäre die Besetzung von Coburn und Duvall auf europäisch angedachte Figuren für Bond sehr ungewöhnlich, aber es ist ja auch nur eine Spinnerei von meiner Seite.
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 10:12 Tolle Threadidee, Anatol! Da musste ich gleich mal neun Jahre lang drüber grübeln!

Ne, ich habe mich nur kürzlich an diesen längst verschollenen Thread erinnert, und plötzlich kamen mir eine wie ich finde höchst amüsante Besetzungsidee nach der nächsten, und ich will euch die nicht vorenthalten. Die meisten davon werden wohl auf den ersten Blick ziemlich kurios erscheinen, aber jetzt da Revoked offiziell Cary Fukunaga als Bond vorgeschlagen hat ist alles erlaubt...
Wow, ich bin regelrecht begeistert! Und ja, wo wenn nicht ich in diesem grandiosen Thread darf eine substanzielle Antwort auch mal 9 Jahre dauern (rhetorische Frage, natürlich im Toupet-Thread :mrgreen: )!? Ich beglückwünsche dich jedenfalls zu deinen grossartigen Ideen und Auführungen (und gleichzeitig auch uns, da wir so in den Genuss kommen sie lesen zu dürfen)
GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 10:12 Kronsteen - James Coburn - Referenzbild
Jetzt fängt er an zu spinnen!
Uff, also auf die Besetzung wäre ich im Leben nicht gekommen. Als Scarmanga durchaus, aber als Kronsteen, das ist schon wirklich interessant und nicht gerade klassisches Typecasting. Gleichwohl Coburn eigentlich seine ganze Karriere über immer intelligente und schlaue Figuren verkörpert hat war kaum (oder nie? Mir fällt jedenfalls momentan keiner ein) je ein richtiger Intellektueller darunter. Und gerade das finde ich wesentlich an Kronsteen. Das ist nicht nur ein schlauer Kopf, das ist ein Intellektueller, ein reiner Kopfmensch und vor allem ist er sich dessen (und seiner daraus resultierenden (vermeintlichen?) Überlegenheit) sehr bewusst. Nicht, dass Coburn das nicht auch spielen könnte, aber in Kenntnis seiner jahrzehntelangen Karriere und der Tatsache, dass er für sich eine recht genau umrissene Screenpersona geschaffen hat ist es zumindest eine sehr ungewöhnliche Wahl. Mal die Frage an dich und den Rest vom Fest: hat Coburn jemals eine ähnlich intellektuelle Rolle gespielt?

GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 10:12 Ali Kerim Bey - Gian Maria Volonté - Referenzbild
Nun werdet ihr sagen: "Der nimmt den erstbesten halbwegs südländischen Typen aus den 60ern, den er zufällig kennt!" und das ist nicht falsch.
Passt aber trotzdem gut finde ich, auch wenn es wie du schon schriebst die Figur deutlich aktiver und alterstechnisch eher auf Augenhöhe mit Bond (Connery wirkte ja auch immer etwas älter als er war, zumindest bevor er die letzten 30 Jahre seiner Karriere alterstechnisch praktisch immer die gleiche Rolle spielte). Gerade wenn Kerim Bey selber ins Geschehen eingreift wie beim Angriff im Lager, der Liquidierung von Krilencu oder bedingt auch bei der Gefangennahme von Benz könnte durch Volonté profitieren, da glaubwürdiger als der behäbige (und gesundheitlich gehandicapte) Armandariz.
GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 10:12 Red Grant - Robert Duvall - Referenzbild
Jetzt habe ich mein Publikum wohl komplett verloren, aber ich finde die Idee unglaublich cool
Wiederum eine interessante Wahl und das würde problemlos funktionieren. Die früheste Rolle von Duvall, die ich auf dem Schirm habe, ist sein Auftritt in To kill a Mockingbird (1962), wo er einen geistig zurückgeliebenen spielt. Da auch die Grantrolle über weite Strecken etwas entrücktes und passives (als reiner Befehlsempfänder und Werkzeug) hat ist das dann noch nicht mal gänzlich ohne Berührungspunkte zu seiner durch die Behinderung sehr passiv wirkenden Mockingbird-Rolle. In den späten 60er und frühen 70er Jahren konnte man Duvall auch regelmäßig in Schurkenrollen sehen, die spielte er mal zwielichtig, mal brutal. Was ich an Shaw toll und besonders finde ist, dass er so eine unterschwellige Eiseskälte mit in viele seiner Rollen bringt. Das passt gerade auch bei Grant perfekt und so brillant Duvall als Darsteller auch ist, diese fast schon emotionslose Kälte gibt es bei ihm in dieser Form nicht. Aber das ist Klagen auf allerhöchstem Niveau, von daher: passt!
GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 10:12 Aber die teils eher kleinen Rollen würden durch die Gesichter vielleicht auf eine Art etwas mehr zur Geltung kommen und den Ensemblecharakter des Films unterstreichen, nicht zuletzt weil man sich mit Coburn und Duvall rühmen könnte, sehr bekannte Köpfe früh in ihrer Karriere genutzt zu haben, vergleichbar mit Del Toro in LTK.
Interessant, ich hätte eher das Gegenteil vermutet, nämlich dass die Stars das Gewicht etwas weg vom Ensemble hin zu den Stars verschieben würden (auch wenn sie 1963 noch keine Stars waren, aber Del Toro sehe ich heute in LTK zwangsläufig auch mit anderen Augen als zB Anthony Starke (Truman Lodge), einfach weil man ihn mittlerweile aus so vielen anderen Rollen kennt).
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 11:16 Wow, ich bin regelrecht begeistert! Und ja, wo wenn nicht ich in diesem grandiosen Thread darf eine substanzielle Antwort auch mal 9 Jahre dauern (rhetorische Frage, natürlich im Toupet-Thread :mrgreen: )!? Ich beglückwünsche dich jedenfalls zu deinen grossartigen Ideen und Auführungen (und gleichzeitig auch uns, da wir so in den Genuss kommen sie lesen zu dürfen)
Was den Toupet-Thread angeht, so werde ich ganz bestimmt in weiteren neun Jahren nie zuvor dagewesenes Beweismaterial liefern! :D

Den Thread hier wiederzubeleben war aber wirklich längst überfällig.
AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 11:16 Uff, also auf die Besetzung wäre ich im Leben nicht gekommen. Als Scarmanga durchaus, aber als Kronsteen, das ist schon wirklich interessant und nicht gerade klassisches Typecasting. Gleichwohl Coburn eigentlich seine ganze Karriere über immer intelligente und schlaue Figuren verkörpert hat war kaum (oder nie? Mir fällt jedenfalls momentan keiner ein) je ein richtiger Intellektueller darunter. Und gerade das finde ich wesentlich an Kronsteen. Das ist nicht nur ein schlauer Kopf, das ist ein Intellektueller, ein reiner Kopfmensch und vor allem ist er sich dessen (und seiner daraus resultierenden (vermeintlichen?) Überlegenheit) sehr bewusst. Nicht, dass Coburn das nicht auch spielen könnte, aber in Kenntnis seiner jahrzehntelangen Karriere und der Tatsache, dass er für sich eine recht genau umrissene Screenpersona geschaffen hat ist es zumindest eine sehr ungewöhnliche Wahl. Mal die Frage an dich und den Rest vom Fest: hat Coburn jemals eine ähnlich intellektuelle Rolle gespielt?
Typecasting müsste es ja insofern nicht sein weil es früh in seiner Karriere wäre - zumindest etwa so früh wie möglich, da Coburn ja in der ersten Hälfte der 60er trotzdem schon zumindest Nebenrollen in markanten Filmen gespielt hat. Aber durch den Zeitpunkt 1963 und die Tatsache dass Kronsteens Rolle eher klein ausfällt würde man ihn - denke ich - deutlich weniger mit dem Grossteil seiner Karriere im Sinne seiner berühmten (Haupt-)Rollen und seiner Screenpersona vergleichen, als wenn er Scaramanga spielen würde. Ob er je eine ähnlich intellektuelle Rolle gespielt hat kann ich nicht sagen, ich kenne ihn tatsächlich mehr als rüstigen Mann der Tat im drauffolgenden Jahrzehnt, sei das jetzt Dynamit-Guru Mallory, Pat Garrett oder Feldwebel Steiner. Am ehesten vergleichbar wäre da wohl (von den mir bekannten) tatsächlich sein Auftritt in Charade, auf jeden Fall alters- und karrieretechnisch. Da bringt er jedenfalls eine sehr kalte und selbstbewusste Härte mit, auch eine gewisse Arroganz. Dass er nicht so schleimig-eitel-überheblich wäre wie Sheybal habe ich ja schon geschrieben. Ich denke die Rolle wäre mit Coburn weniger verkopft, aber durchaus auch ein Planertyp. Nur etwas anders.
AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 11:16 Passt aber trotzdem gut finde ich, auch wenn es wie du schon schriebst die Figur deutlich aktiver und alterstechnisch eher auf Augenhöhe mit Bond (Connery wirkte ja auch immer etwas älter als er war, zumindest bevor er die letzten 30 Jahre seiner Karriere alterstechnisch praktisch immer die gleiche Rolle spielte). Gerade wenn Kerim Bey selber ins Geschehen eingreift wie beim Angriff im Lager, der Liquidierung von Krilencu oder bedingt auch bei der Gefangennahme von Benz könnte durch Volonté profitieren, da glaubwürdiger als der behäbige (und gesundheitlich gehandicapte) Armandariz.
Genau so sehe ich das auch.

Ich bin dann gleich gedanklich weiter umhergeschweift, und da ist mir noch Gastone Moschin eingefallen. Er spielt den Mafiosi Fanuchi, der in Pate 2 Vito und dessen Bande um ihre ersten kriminellen Einkünfte erleichtern will (und Vito zuvor um seine Arbeitsstelle) und dafür recht unsanft ersetzt wird. Weitere Filme mit ihm kenne ich nicht (weil ich Conformista aus unerfindlichen Gründen immer noch nicht gesehen habe), aber den sehe ich typmässig auch nicht ganz unähnlich wie Armendariz, oder noch besser, als Alternativbesetzung für Ferzetti in OHMSS. Vielleicht sogar Columbo in FYEO. Der hat bei aller Widerwärtigkeit der Rolle (in Godfather 2) auch ein bisschen was schelmisches an sich und könnte diese beiden eigentlich "bösen" oder zumindest kriminellen Charaktere mit einem dennoch menschlichen Kern sicher auch spielen.
AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 11:16 Interessant, ich hätte eher das Gegenteil vermutet, nämlich dass die Stars das Gewicht etwas weg vom Ensemble hin zu den Stars verschieben würden (auch wenn sie 1963 noch keine Stars waren, aber Del Toro sehe ich heute in LTK zwangsläufig auch mit anderen Augen als zB Anthony Starke (Truman Lodge), einfach weil man ihn mittlerweile aus so vielen anderen Rollen kennt).
Das stimmt schon, ist jedoch bei mir wohl gar nicht so sehr der Fall, weil ich in diesem Beispiel Del Toro ja durch LTK kennengelernt habe und es bis heute sein von mir mit Abstand am meisten gesehener und am meisten geschätzter Film ist. Und da er die Rolle noch wunschlos gut spielt sehe ich ihn umgekehrt wiederum mit anderen Augen, insofern dass ich ihn in LTK nicht darauf "reduziere" dass er Del Toro ist, der später richtig berühmt geworden ist.

Der Ensemblecharakter setzt also womöglich voraus, dass man sich bei Coburn und Duvall nicht von ihrem Status als Stars und Schauspieltitanen 10-20 Jahre später "blenden" lässt. Ich meinte eher generell dass die Rollen in FRWL (der alleine durch seine Schurkenstruktur wohl mehr Ensemblefilm ist als die meisten Bondfilme) durch Gesichter, die man als "Kenner" etwas besser kennt (wobei das Shaw natürlich nicht ganz gerecht wird, der hat ja durchaus seine Spuren in der Filmwelt hinterlassen) alle noch etwas mehr ins Zentrum rücken. Ohne von Connery abzulenken (und wie will man überhaupt Connery ablenken?). Weil so gesehen lenkt tendenziell eher Connery von z.B. Sheybal und Bianchi ab, weil ja - in deinem Beispiel - Connery mehr der Del Toro ist und Sheybal der Anthony Starke. Kommt vielleicht als Vergleich nicht ganz hin und ist auch nicht so wichtig.
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 12:04 Ich bin dann gleich gedanklich weiter umhergeschweift, und da ist mir noch Gastone Moschin eingefallen. Er spielt den Mafiosi Fanuchi, der in Pate 2 Vito und dessen Bande um ihre ersten kriminellen Einkünfte erleichtern will (und Vito zuvor um seine Arbeitsstelle) und dafür recht unsanft ersetzt wird. Weitere Filme mit ihm kenne ich nicht (weil ich Conformista aus unerfindlichen Gründen immer noch nicht gesehen habe), aber den sehe ich typmässig auch nicht ganz unähnlich wie Armendariz, oder noch besser, als Alternativbesetzung für Ferzetti in OHMSS. Vielleicht sogar Columbo in FYEO. Der hat bei aller Widerwärtigkeit der Rolle (in Godfather 2) auch ein bisschen was schelmisches an sich und könnte diese beiden eigentlich "bösen" oder zumindest kriminellen Charaktere mit einem dennoch menschlichen Kern sicher auch spielen.
Ich bin auch nicht der ganz große Moschin-Experte (ich kenne, zumindest bewusst, auch nur drei Filme von ihm). Allen drei Filmen (neben dem Paten noch Fernando Di Leos Milano Calibro 9 und Omar Mukhtar von Moustapha Akkad) ist gemein, dass Moschin da ziemlich üble und richtig bösartige Typen spielt. Das passt vorzüglich, auch wegen seines eher groben Äusseren. Da ist der Sprung zum Sympathieträger Kerim Bey schon ziemlich groß, weil der das komplette Gegenteil darstellt. Aber wie gesagt, ich habe auch zu wenig vom ihm gesehen, um seine Bandbreite bzw. wie glaubwürdig er in eher positiven Rollen ist wirklich beurteilen zu können.
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 10:12 Tolle Threadidee, Anatol! Da musste ich gleich mal neun Jahre lang drüber grübeln!
Und hast damit einen Thread aus der Versenkung geholt, der auch mich jetzt zum Grübeln veranlasst. 1-2 eigene Vorschläge werde ich auch noch offerieren, werde mich dabei aber hauptsächlich auf Rollen beschränken, bei denen ich mir vorstellen könnte, dass sie den jeweiligen Bondfilm in irgendeiner Form aufgewertet hätten gegenüber seiner jetzigen Form. Ich gehe mal in die Denkphase…

Dein Post zu FRWL war sehr spannend zu lesen, obwohl FRWL einer der wenigen Bondfilme ist, bei denen ich am liebsten keine Rolle umbesetzen möchte. Erst recht nicht Robert Shaw – einer meiner 5 Lieblingsschauspieler aller Zeiten – der mit Red Grant einen ikonischen (und für mich sogar noch vor Gert Fröbe den definitiven) Bondschurken spielt. Dennoch sind da ein paar interessante Alternativideen dabei und die mit Abstand interessanteste ist Gian Maria Volonté als Ali Kerim Bey. Es ist zwar verhältnismäßig unwahrscheinlich, dass der spätere Schurke aus den "Dollar"-Filmen je ernsthaft für einen Bond in den 1960ern in Betracht gezogen wurde, aber die Besetzung und die damit verbundene Verjüngung des Charakters hätte einen interessanten Buddy-Charme in FRWL bringen können, der jetzt etwas weniger gegeben ist, da Bey in FRWL fast schon als eine Art skurrile Mentorenrolle für Bond zu werten ist. Allerdings möchte ich dann widerrum den herrlichen Pedro Armendáriz auch nicht missen… Schwierig!

James Coburn auf Kronsteen kann ich mir gar nicht vorstellen, aber hey: Vielleicht hätte es dennoch funktioniert! Das Gedankenspiel ist ganz amüsant, weil es wenig konkrete filmische Referenzpunkte gibt, die eine direkte Coburn-Kronsteen-Assoziation hervorrufen. Vielleicht darf ich einen alternativen Vorschlag zum alternativen Vorschlag machen: Wie wäre es für Kronsteen in FRWL mit Martin Landau gewesen? Das ist natürlich jetzt übles Typecasting meinerseits, da Landau bereits vier Jahre zuvor in "North by Northwest" (aka "Der unsichtbare Dritte") von Alfred Hitchcock einen großen, kalten Handlanger des Schurken spielte, aber ich könnte mir vorstellen, mit Landau hätte Kronsteen eine noch versnobtere Variante erhalten, die reizvoll im Zusammenspiel mit Lotte Lenya geworden wäre.

Zu Corinne Marchand: Natürlich ist sie in "Cléo de 5 à 7" noch 1962 wunderbar gewesen, aber als Typ Frau strahlt sie auf mich beinahe zu viel Selbstbewusstsein für Tatiana Romanova aus. Nun bin ich der Letzte, der seine Bondgirls als naive Dummchen bevorzugt, aber Romanova sollte für mich in erster Linie genau das sein, als was SPECTRE sie gegenüber Bond gebrauchen will: als willige Jungfer und naive Russin, die nicht durchschauen kann, dass sie zum Spielball einer terroristischen Macht geworden ist. Der Marchand wäre das nicht ganz so abzunehmen, aber das ist in meinem Wahrnehmungsfall vielleicht auch eine Typsache.

Und ja: Robert Duvall als Red Grant wäre interessant gewesen, aber hier haben wir in meinen Augen die bestmögliche Besetzung bekommen, die es 1963 geben konnte. Duvall hat ja Gott sei Dank auch ohne Bond eine beachtliche Filmkarriere hingelegt (und war 2018 selbst im ganz hohen Alter in "Widows" von Steve McQueen noch glänzend), daher tut es ja auch nicht unbedingt Not. :wink:
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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Casino Hille hat geschrieben: 17. September 2020 12:45 Erst recht nicht Robert Shaw – einer meiner 5 Lieblingsschauspieler aller Zeiten – der mit Red Grant einen ikonischen (und für mich sogar noch vor Gert Fröbe den definitiven) Bondschurken spielt.
Das finde ich spannend. Magst du da ein paar Zeilen über die Filme/Rollen schreiben, die dich in Shaws Filmographie am meisten beeindrucken?
Casino Hille hat geschrieben: 17. September 2020 12:45Vielleicht darf ich einen alternativen Vorschlag zum alternativen Vorschlag machen: Wie wäre es für Kronsteen in FRWL mit Martin Landau gewesen? Das ist natürlich jetzt übles Typecasting meinerseits, da Landau bereits vier Jahre zuvor in "North by Northwest" (aka "Der unsichtbare Dritte") von Alfred Hitchcock einen großen, kalten Handlanger des Schurken spielte, aber ich könnte mir vorstellen, mit Landau hätte Kronsteen eine noch versnobtere Variante erhalten, die reizvoll im Zusammenspiel mit Lotte Lenya geworden wäre.
Das hätte sicher gut gepasst, da ein ziemlich typgerechter Ersatz für Sheybal. Mir kamen seit Erics Post auch noch Max Schell und Lawrence Harvey in den Sinn, allerdings wären beide 1963 schon (bzw. noch) zu erfolgreich und eher auf Hauptrollen konzentriert, als dass sie die vergleichsweise kleine Kronsteen-Rolle in der immer noch vergleichsweise überschaubaren FRWL-Produktion ernsthaft in Betracht gezogen hätten. Sind also eher typgerechte Spielereien denn ernsthafte Alternativen.
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 12:32 Ich bin auch nicht der ganz große Moschin-Experte (ich kenne, zumindest bewusst, auch nur drei Filme von ihm). Allen drei Filmen (neben dem Paten noch Fernando Di Leos Milano Calibro 9 und Omar Mukhtar von Moustapha Akkad) ist gemein, dass Moschin da ziemlich üble und richtig bösartige Typen spielt. Das passt vorzüglich, auch wegen seines eher groben Äusseren. Da ist der Sprung zum Sympathieträger Kerim Bey schon ziemlich groß, weil der das komplette Gegenteil darstellt. Aber wie gesagt, ich habe auch zu wenig vom ihm gesehen, um seine Bandbreite bzw. wie glaubwürdig er in eher positiven Rollen ist wirklich beurteilen zu können.
Darum eher Draco oder Columbo. Der Sprung von einem bösen Schuft mit einer etwas schelmischen Ader (auch wenn diese in Godfather 2 in seinem Kontext fast eher widerwärtig rüberkommt) zu einem Schelm mit einer "bösen" Ader (Draco und Columbo sind ja auch Kriminelle, wenn auch nach Bond-Logik "gute" Kriminelle) sollte machbar sein, aber das ist jetzt mehr eine Spekulation, ich finde den einfach schauspielerisch und typmässig in Coppolas Über-Super-Ultra-Meisterwerk sehr gut.

Zu Coburn: Je mehr wir plaudern, desto absurder erscheint mir die Idee selber. Ich war anfangs weniger überzeugt von Volonté und Duvall, aber langsam kippt es ins Gegenteil. Dennoch bin ich sicher dass es klappen würde, wenn man die Kronsteen-Rolle etwas freier auslegt. Bleibt man näher an Vladek Sheybals Interpretation, so ist Landau à la NBN eine super Idee, und mir ist auch noch jemand eingefallen: John Dall, ähnlich seinem Auftritt in Hitchs Rope, wäre ein schleimig-überheblicher, intellektuell total von sich selbst eingenommener Kronsteen aus dem Lehrbuch.

Zur Tatiana, Hille: Da spielt aber eben gehörig mit rein wie sehr man die Gute als willigen und naiven Spielball betrachtet, bzw. wo man hier die Grenze zieht (an welcher sie von der Agentin die Bond reinlegen soll zu seinem schmachtenden Anhängsel wird).
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 13:13
Casino Hille hat geschrieben: 17. September 2020 12:45 Robert Shaw – einer meiner 5 Lieblingsschauspieler aller Zeiten
Magst du da ein paar Zeilen über die Filme/Rollen schreiben, die dich in Shaws Filmographie am meisten beeindrucken?
Kapitän Quint aus "Jaws" ist doch einer der mit Abstand coolsten Parts der Filmgeschichte. Allein dafür muss man Robert Shaw in hohen Ehren halten. Natürlich ist es erst die Dreiecks-Konstellation Robert Shaw / Roy Scheider / Richard Dreyfuss, die aus "Jaws" schauspielerisch und figürlich ein Meisterwerk macht, aber die Quint-Rolle ist vielleicht dennoch die denkwürdigste von allen. Allein wie Shaw den Indianapolis-Monolog stimmlich und durch seine Augen transportiert: Ganz groß! Und seine Todesszene ist für mich so ziemlich die schmerzlichste in allen Filmen jemals. Ich hatte glaube ich nie so viel Mitleid mit einem Kerl wie mit Quint in "Jaws" – und das ist mindestens so sehr der Verdient von Shaw wie der von Steven Spielberg.

Aber Shaw war eigentlich in allem fabelhaft: Sein Antagonist in "Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123" ist phänomenal gespielt, gewissermaßen ein Schurke aus dem Lehrbuch. Auch hier ist es wieder eine hervorragend geschriebene Rolle in einem ebenso guten Film, die aber erst durch Shaw wirklich veredelt wird. Seine letzte Szene im Film ist ein Highlight des Thriller-Kinos, und das liegt so gut wie ausschließlich an ihm. Mr. Blue in "U-Bahn 123" ist auch gewissermaßen eine Fortsetzung seiner Red Grant Rolle in FRWL, denn beide sind eiskalte, coole Hitman, deren größte Gefährlichkeit durch ihre eiskalte Präzision ausgestrahlt wird. Wie gesagt: Red Grant ist für mich rollenbedingt der ultimative Bondschurke und in welche Schublade (Villain, Henchman etc.) man ihn packen will oder nicht, keiner war 007 so gefährlich wie er. Einen weiteren exzellenten Schurken gibt er in "Der Clou", in dem er für mich sogar noch Robert Redford und Paul Newman aussticht, und auch wenn der Film etwas dusselig konstruiert ist, bildet er in "Im Visier des Falken" an der Seite von Malcolm McDowell ein starkes Duo. Und im bockstarken "Schwarzer Sonntag" ist er als Leading Man eine Wucht.

Seine beste Leistung ist aber vielleicht sogar die als Sheriff von Nottingham im alternativen Robin-Hood-Drama "Robin und Marian", in dem er wieder mit Sean Connery vereint wurde. Ein wie ich finde exzellenter, viel zu vergessener Film, der auch heute noch in seinem Spiel mit Mythen und Legenden sehr modern wirkt und dessen Vietnam-Allegorie vermutlich damals über einige Köpfe hinweg geflogen ist. Jedenfalls ist Shaw famos hier drin, und ich würde seine Darstellung ohne Zögern in eine Besten Liste der tollsten Performances aller Zeiten packen.
GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 13:39 Zur Tatiana, Hille: Da spielt aber eben gehörig mit rein wie sehr man die Gute als willigen und naiven Spielball betrachtet, bzw. wo man hier die Grenze zieht (an welcher sie von der Agentin die Bond reinlegen soll zu seinem schmachtenden Anhängsel wird).
Inhaltlich ist sie doch aber genau das oder worauf willst du hinaus? Sie weiß ja von Anfang an nicht, dass sie von SPECTRE eingesponnen wird, sondern denkt sie leistet Dienst für ihr Vaterland. Romanova wird den ganzen Film über nur ausgenutzt und ist auch im Film von Beginn an schnell sehr gefügig und obrigkeitstreu, später dann eben eine verliebte Flüchtende. Beides hätte die Marchand sicher spielen können, aber da sie auf mich ein starkes Selbstbewusstsein in ihren Rollen ausstrahlt, wäre sie in meinem Kopfkino nicht so ideal gewesen. Die grundsätzliche Begeisterung für die Marchand kann ich aber durchaus nachvollziehen. :wink:
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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Casino Hille hat geschrieben: 17. September 2020 13:47 Aber Shaw war eigentlich in allen fabelhaft
Vielen Dank für deine Ausführungen, Hille! Mit Shaw rennst du bei mir offene Türen ein! Ich halte ihn auch für einen herausragenden Darsteller, der leider viel zu früh gestorben ist. Deinen Ausführungen kann nur voll und ganz zustimmen (bis auf den mir bislang noch nicht bekannten „Im Visier des Falken“). Ebenfalls schauspielerisch grandios fand ich ihn als Panzerkommandanten in Battle Of The Bulge und als Vater von Winston Churchill in Young Winston. Das sind regelrechte Powerhouse-Darstellungen und in beiden begegnet man auch wieder der bereits angesprochenen figürlichen Eiseskälte (in Bulge noch mehr als in Young Winston). Gerade sein Oberst Hässler hätte in den Händen eines weniger begabten Darstellers auch leicht zur klischeehaften Karikatur werden können, bei Shaw ist es aber eine ungemein nuancierte Darstellung eines getriebenen Charakters.

Wie es der Zufall will habe ich erst letzte Woche Shaws Schwanengesang Avalanche Express mal wieder eine Chance gegeben. Der Film ist ja leider nicht besonders toll und Shaw ist die meiste Zeit ungewöhnlich passiv und unauffällig (wobei das möglicherweise mit seiner angeschlagenen gesundheitlichen Situation zusammenhing). Aber es gibt eine Szene, in welcher er Linda Evans die (vermeintliche) Geschichte seiner Frau erzählt. Wow! In den 3-4 Minuten legt Shaw aber mal so richtig los, das ist schon fast Indianapolis-Niveau. Ok, nicht ganz, aber das ist so ein Moment, wo man denkt jemand hat in einem weitgehend vergessenswerten Film urplötzlich den Lichtschalter gefunden (nur um leider danach wieder zu vergessen, wo er sich befindet). Was für ein Verlust, dass wir nicht mehr in den Genuss des älteren und noch gereifteren Schauspielers Shaw gekommen sind!
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 11:16 Gleichwohl Coburn eigentlich seine ganze Karriere über immer intelligente und schlaue Figuren verkörpert hat war kaum (oder nie? Mir fällt jedenfalls momentan keiner ein) je ein richtiger Intellektueller darunter.
https://www.imdb.com/title/tt0071663/?r ... lmg_act_80
Seine Rolle in diesem Film ist auch als Intellektueller angelegt und darum durchaus vergleichbar mit jener des Kronsteen. Deshalb hätte Golden Projectiles Wahl für mich schon einen gewissen Charme gehabt, obgleich auch ich nichts an der Besetzung in FRWL auszusetzten habe - und Robert Shaws Red Grant wäre sowieso außerhalb jegliche Diskussion. :wink:
Übrigens: Der von mir verlinkte Film bietet kurzweilige, spannende Unterhaltung und hat mir seinerzeit im TV absolut Spaß gemacht.
Lieber in der Kaiserin als Imperator.

Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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DoppelNull hat geschrieben: 17. September 2020 16:25 https://www.imdb.com/title/tt0071663/?r ... lmg_act_80
Seine Rolle in diesem Film ist auch als Intellektueller angelegt und darum durchaus vergleichbar mit jener des Kronsteen. Deshalb hätte Golden Projectiles Wahl für mich schon einen gewissen Charme gehabt, obgleich auch ich nichts an der Besetzung in FRWL auszusetzten habe - und Robert Shaws Red Grant wäre sowieso außerhalb jegliche Diskussion. :wink:
Übrigens: Der von mir verlinkte Film bietet kurzweilige, spannende Unterhaltung und hat mir seinerzeit im TV absolut Spaß gemacht.
Danke für den Hinweis! Stimmt, da ist Coburns Rolle ziemlich kopfgesteuert als kriminelles Mastermind. Der Film hat für mich ein bisschen was von Columbo (die Serie, nicht der Schmuggler :) ), da der Zuschauer dem Mörder/Drahtzieher (Coburn) vor, während und nach seinen Taten folgt.
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Re: Der Alternativ-Besetzung-Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: 17. September 2020 14:09 Wie es der Zufall will habe ich erst letzte Woche Shaws Schwanengesang Avalanche Express mal wieder eine Chance gegeben. Der Film ist ja leider nicht besonders toll und Shaw ist die meiste Zeit ungewöhnlich passiv und unauffällig (wobei das möglicherweise mit seiner angeschlagenen gesundheitlichen Situation zusammenhing). Aber es gibt eine Szene, in welcher er Linda Evans die (vermeintliche) Geschichte seiner Frau erzählt. Wow! In den 3-4 Minuten legt Shaw aber mal so richtig los, das ist schon fast Indianapolis-Niveau.
Ja, den Film habe ich auch kürzlich kennen gelernt und ob seiner schwierigen Entstehungsgeschichte ist es überraschend, dass er zumindest einigermaßen in sich kohärent ist, wenn auch qualitativ weiß Gott nichts für eine Zweitsichtung. Mir ging es insgesamt wohl ähnlich wie dir: Ich war überrascht, wie sehr Shaws übliches Leinwand-Charisma hier fehlte und wie blass er gegenüber früheren Rollen wirkt. Aber dies ist sicherlich auch seinem damaligen Zustand geschuldet, so dass er nur noch in wenigen Szenen sein Potenzial entfalten konnte. Echt ein Jammer, wie früh er von uns gegangen ist, denn von ihm hätten wir mit Sicherheit noch viele tolle Leistungen bekommen.

Gerade erst habe ich angespornt durch unsere kleine Off Topic Unterhaltung hier wieder den exzellenten "Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3" ins Laufwerk geschoben (und die neue Bluray eingeweiht) und das ist ein von vorne bis hinten fantastischer Thriller aus dem Lehrbuch, der sich mühelos in meine Lieblingsfilm-Liste vorgekämpft hat. Und Robert Shaw ist hervorragend in der Rolle des Mr. Blue, eine Art Gentleman-Gangster, der mit militärischem Zack versucht, immer die Kontrolle über die Situation zu erlangen (und sich daher selbst in seiner fulminanten Abschluss-Szene nicht fremdbestimmen lässt). Eine eigentlich erstmal unscheinbare Rolle für einen Schauspieler, da sie sich nur durch ihre Taten definiert, aber nicht durch ihren Ausdruck. Trotzdem holt Shaw da das Maximum aus jeder Szene heraus und gerade im Zusammenspiel mit dem sträflich unterschätzten Martin Balsam ist das richtig großer Thrill. Wahnsinn! Und obwohl ich einer der wenigen Menschen bin, der auch das Remake mit Denzel Washington und John Travolta schätzt, kommt Travoltas aufgekratztes Psycho-Spiel nicht an die subtile Bedrohung durch Shaw heran.
GoldenProjectile hat geschrieben: 17. September 2020 10:12 Tatiana Romanova - Corinne Marchand
Wenn wir hier im Thread eh am rumspinnen sind: Wie wäre eigentlich die Vorstellung, man hätte für den Part den Romanova statt Daniela Bianchi lieber Ursula Andress besetzt, vorausgesetzt natürlich, die gute wäre nicht ein Jahr zuvor bereits Honey Rider in DN gewesen? Je länger ich darüber nachdenke glaube ich, dass Andress eine sehr gute Partie als Tatiana abgegeben hätte, allerdings fällt es mir schwer, stattdessen für DN eine Alternativ-Besetzung für Honey Rider zu finden. Hat da jemand eine Idee?
https://filmduelle.de/

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