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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
The King (2019, David Michôd)
und
Uncut Gems (2019, Josh & Benny Safdie)
Ersterer ist eine Adaptation von Shakespeares King-Henry-Geschichten, primär Henry V, seinem Aufstieg zum Thron und dem Feldzug nach Frankreich. Ein mittelalterlicher Historienfilm, der erfreulich altmodisch ausschaut verglichen mit der digitalen Brühe von z.B. Ritchies King Arthur, aber dennoch sehr aufwändig und bildgewaltig in Ausstattung, Kostümen und Inszenierung. Michôd mag nicht das volle dramatische Potential der Geschichte ausschöpfen, aber die Dramatik ist vorhanden, sowohl in der Darstellung des zerrissenen Protagonisten als auch in der Darstellung des Krieges, wobei letztere bockstark dreckig, ruppig und knallhart, aber dennoch mit einem poetischen Hauch versehen inszeniert wird, ganz besonders die abschliessende Schlacht um Agincourt. Timothée Chalamet ist natürlich mal wieder grossartig als King Henry, keiner in seinem Alter könnte aktuell diese Rolle mit solch einer reifen Präsenz spielen und die Führerschaft der Figur derart glaubwürdig verkörpern. Anfangs noch mit der leicht gelangweilten Attitüde des frühreifen Jugendlichen, die er schon in so vielen Filmen gemeistert hat, später dann mit einer Härte die einen abkaufen lässt, dass dieser Mann England anführt. Gut sind auch Co-Schreiberling Joel Edgerton als brummeliger Falstaff und Sean Harris, dessen Rolle vor zwanzig Jahren von Jeremy Irons gespielt worden wäre, nicht nur weil die sich unverschämt gleichen. Die Schau spielt mal wieder Robert Pattinson, der in nur zehn Minuten Screentime mit diabolischem Charisma um sich schmeisst.
Uncut Gems ist ähnlich wie der letzte Streich der Safdie-Brüder eine Schnitzeljagd durchs Milieu der Amateurgangster, nur diesmal mit mehr Humor. Adam Sandler ist gleichermassen witzig wie todnervig als spielsüchtiger Juwelenhändler, der sich, um seine Schulden gegenüber drei zunehmend ungeduldigen Geldeintreibern auszugleichen, immer tiefer in ein Netz aus Sportwetten, Schmuckauktionen und anderen finanziellen Wagnissen manövriert. Als temporeiche Thrillerkomödie mit vielen unglücklichen, schwarzhumorigen Zufällen in der Geschichte versprüht der Film ein wenig das Flair der klassischen Guy-Ritchie-Caper wie Lock Stock oder Snatch. Eine einfallsreich getaktete Chose, die mit viel schwarzem Humor aber auch mit der dramatischen Sensibilität eines Indie-Films aufwartet.
7,5 Punkte für beide.
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.