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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Müsste ich die Darsteller aus dem Stehgreif ranken und mich dabei auch dazu durchringen, einen Platz 1 zu küren, sähe das so aus:
06. George Lazenby
- Für einen Amateur hat George Lazenby in seinem Eintagsfliegenauftritt sehr viel besser gespielt, als man eigentlich erwarten dürfte und hat es nicht umsonst auch danach geschafft, noch ein paar kleine Aufträge an Land zu ziehen. Andersrum gilt aber auch: Nicht umsonst ist daraus keine allzu fruchtbare Karriere geworden. Man muss ihm zu seiner Leistung in Anbetracht dessen, was möglich war, gratulieren. Kein Bond rennt so schön wie er. Kein Bond schlägt sich so schön wie er. Kein Bond guckt so hübsch verdattert wie er. Aber unterm Strich bleibt stehen: George Lazenby war ein Amateur, kein Schauspieler, und lässt sich in OHMSS von Ilse Steppat, Diana Rigg, Telly Savalas und Gabriele Ferzetti in aller Seelenruhe an die Wand spielen – was unglücklich ist, denn eigentlich sollte Bond doch alle Szenen kontrollieren, in denen er zu sehen ist. Dazu kommt noch, dass er nicht in irgendeinem Bond die legendäre Rolle innehatte, sondern ausgerechnet in OHMSS, dem ersten und für lange Zeit einzigem Bondfilm, der dem Agenten mit der Lizenz zum Töten charakterlich schwierg zu spielende Facetten zugestand. Leider aber war Connery nicht zur Stelle. Leider. Lazenby hat kein Charisma, keine Ausstrahlung und obwohl er zweifellos Talent hatte, war er zu unerfahren, um es gewinnbringend zu nutzen. Ich kann ihn 138 Minuten lang in dieser Rolle nicht ernstnehmen – einzig in der legendären Schlussszene spielt er grandios, allerdings hatte er da ja auch an die vier dutzend Versuche, um es richtig hinzukriegen. Auch ein blindes Huhn…
05. Daniel Craig
- Der einzige Bonddarsteller, der zwei verschiedene James Bonds gespielt hat. In seinen ersten zwei Filmen (CR & QOS) ist Craig als junger, ungestümer 007 zu sehen, der erst noch zu dem Mann werden muss, der als Kinoikone Teil der Popkultur ist. Nach einer längeren Pause kehrte er für zwei weitere Filme zurück (SF & SP), in denen er jetzt als gealterter Bond mitwirkt, der all die Abenteuer besagter Kinoikone längst erlebt hat und so langsam Richtung Ruhestand schielt, sich aber von seinem Pflichtgefühl für Krone und Vaterland nicht lösen kann. Der Bruch in der Darstellung Bonds zwischen QOS und SF ist unverkennbar, und der vielleicht größte Bruch des Charakters in der ganzen Reihe – umso erstaunlicher, dass ein Darsteller beide Facetten der Figur in nur wenigen Jahren ausloten durfte. In all seinen vier Filmen liefert Craig eine gute Leistung ab, ist insbesondere in Actionszenen sehr glaubwürdig und gewinnt dem Agenten moderne, realistischere Züge ab. Gewissermaßen kam Craig die Aufgabe zu, die Rolle nach den Brosnan-Spektakeln zu erden. Mission geglückt! Der ganz große Darsteller ist Daniel Craig leider nicht – teilt er sich Szenen mit Ralph Fiennes oder Christoph Waltz, wird schnell klar, dass hier ein charismatischer Film-Star auf echte Schauspiel-Asse trifft. Schon in seinem Debüt ist er an der Seite von Vollblut-Darstellerin Eva Green mit den tieferen Dimensionen seiner Rolle sichtlich überfordert. Für seine Bondfilme reicht es aber – und vermutlich hat seit Sean Connery niemand die Rolle in den Köpfen des Massenpublikums so geprägt wie er.
04. Timothy Dalton
- Er hat die Haare schön! Timothy Dalton hat sich in Internetforen längst zum heimlichen Fanliebling unter den Bonddarstellern gemausert. Seine Darstellung eines emotional verletzlichen, harten und psychologischen Geheimagenten wirkte Ende der 1980er als Nachfolge von Roger Moore wie ein großer Stilbruch, und wurde teils als Anbiederung an die härteren Helden des US-Actionkinos ("Stirb langsam") missverstanden. Spätestens seit Daniel Craig die Figur und auch die Zuschauer im größeren Maße für derartige Zwischentöne bei 007 empfänglich gemacht hat, ist auch Daltons Ansehen auf einem neuen Hoch. Sehr zurecht – in seinem Aushängebondfilm LTK zeigt Dalton eine der schauspielerisch besten Leistungen der ganzen Bondreihe (unabhängig von der Hauptfigur), während er im Vorgänger TLD noch allzu offensichtlich das Erbe Roger Moores unfreiwillig mit sich schleppen musste. Die besondere Kunst bei Timothy Dalton ist, mitanzusehen, wie er einerseits den an und für sich bestenfalls zweidimensionalen Bond-Charakter in eine mehrschichtige Angelegenheit zu transportieren weiß, die zum ersten Mal in der Reihe den Eindruck eines echten Menschen erwecken lassen, und andererseits dennoch genau die Manierismen einbettet, die sich das Publikum von Bond wünscht. Er spielt einen "anderen" Bond, lässt aber immer erkennen: Das hier ist nicht irgendein Agent, sondern DER Agent, der Kinogeschichte geschrieben hat. Ich hätte ihm stärkere Drehbücher gewünscht, die ihm noch mehr die Gelegenheit geben, seine Stärken als Bond in den Vordergrund zu rücken.
03. Pierce Brosnan
- Ich bin ja der felsenfesten Überzeugung, dass Pierce Brosnan nur aufgrund seines Gesichts besetzt wurde. Kein anderer Darsteller hat für mich so sehr ein Gesicht, dass ich mit einem Geheimagenten assoziiere – wieso? Keine Ahnung! Wie dem auch sei: Brosnan ist als Schauspieler wohl der unterschätzteste Mann in der Bondrolle, wird gerne als Best-of-Bond bezeichnet, der so sehr zwischen den Stühlen von Sean Connery, Roger Moore und Timothy Dalton saß, dass er nichts eigenes in die Rolle brachte. Alles falsch: Kein anderer Bond war so sehr versnobter Dandy und dabei so abgebrüht cool auf seine Art. Von klein auf als Fan aufgewachsen war Pierce Brosnan dazu geboren, eines Tages in die Bondrolle zu schlüpfen und sein etwas übereifriges Spiel in seinem Einstiegsfilm GE sei ihm daher verziehen – zumal kein anderer Mensch auf der Erde die extrem trashigen Dialoge dieses Films hätte so cool klingen lassen können ("For England"). Als Nachfolger Daltons durfte er seinen Bond wenngleich deutlich eskapistischer und larger than life ebenfalls um ernste Töne versehen, und trifft insbesondere in TWINE darstellerisch den Nagel auf den Kopf, kann sich problemlos an der Seite von Judi Dench, Sophie Marceau oder Robert Carlyle behaupten. Der actionlastigste Film der Reihe TND lebt praktisch ausschließlich von Brosnans riesigem Charisma, und das er in DAD mehr Rampensau als Charakterdarsteller ist, ist beinahe die größte Stärke des Films. Man kann von Pierce Brosnan halten, was er will, aber seine schmale Gradwanderung zwischen unnahbarer Ikone und dreidimensionaler Figur hat die Filme seines Nachfolgers erst möglich gemacht.
02. Roger Moore
- Die Pole-Position ist einfach unwürdig zu küren. Sean Connery und Roger Moore haben die Rolle gleichermaßen in sich verkörpert wie keiner ihrer Nachfolger. Gewissermaßen ist das hier also eine Millimeter-Entscheidung. Platz 2 also für Moore. Klammert man NSNA aus (was zumindest die Bond-Collections fürs Heimkino gerne tun), hat keiner Bond so oft verkörpert wie Moore – und das ohne ein einziges Mal einen Wodka Martini auf die herkömmliche Art zu bestellen. Als James Bond stellt Moore eine Hauptfigur dar, wie es sie heute im Actionkino nicht mehr gibt: Immer über der Gefahr und Dramatik der Szene stehend, immer mehr Rollentypus als echter Charakter, eher der lockere Abenteurer als der von Innen heraus motivierte Held, alles in allem also: Durch und durch britisch! Sein James Bond ist dabei mehr Tintin alias Tim (ohne Struppi) als die Romanfigur von Ian Fleming, und aus heutiger Sicht könnte man bei seinen Filmen fast denken, sie basieren nicht auf Büchern, sondern auf Comic-Heften. Die Filme mit Roger Moore in der Hauptrolle sind Big-Budget-Pulp und seine Darstellung hat immer einen doppelten, ironischen Boden. Nie war Bond mehr Männer- oder doch eher Jungsfantasie, purer Eskapismus, der sich selbst keine Sekunde lang ernstnahm. Dazu trug auch Moore bei, der mit gewalttätigen Szenen ein großes Problem hatte und so die entspanntere Gangrichtung seiner Filme maßgeblich mitbestimmte. Einen Helden wie Moores Bond konnte es nur mit ihm und nur in seiner Zeit geben; deshalb ist er auch so einmalig. Ein großartiger Darsteller, der diese Rolle wirklich geliebt hat und dem man sein Herzblut und seinen überbordernden Spaß an den Filmen in jeder Szene mit höchstem Vergnügen ansieht.
01. Sean Connery
- Es nervt, Sean Connery mit der Begründung auf die 1 zu setzen, weil "er nun mal der Ur-Bond ist". Nichts desto trotz: Sean Connery ist der Ur-Bond, und keiner hat die kollektive Vorstellung davon, wer dieser James Bond 007 eigentlich ist so mitbestimmt und für immer in der Popkultur etabliert wie der Schotte mit dem Zahnpastalächeln. Nicht Ian Fleming, nicht Terence Young, nicht Cubby Broccoli: Sean Connery haben wir den langanhaltenden Erfolg dieser Figur zu verdanken. Seine Darstellung eines Macho-Agenten, der auf einem Weltenrettungstrip keine Gelegenheit für Sex und Drinks auslässt, ist zeitlos genial und anders als alle seine Nachfolger, war Connery das, was er auf der Leinwand spielte. Egal welchen seiner Auftritte man guckt: Die Rolle gehört ihm, und jede Geste, jedes kleine Zucken der Gesichtsmuskeln, jede sprachliche Regung, sind zu 100 Prozent kalkuliert und automatisch Eigenarten der Bond-Figur. Verdient ist Connery selbst mindestens so zur Ikone geworden wie seine bekannteste Rolle, von der er sich nie ganz lösen konnte – und uns so mit NSNA den einzig wahren "Ausnahme"-Bond beschert hat, der im wahrsten Sinne des Wortes aus der Reihe fällt. Die damals noch junge Reihe, die sich zwischen 1962 bis 1967 von einem launigen Insel-Krimi zu einem gigantischen Actionspektakel mit ausgehöhlten Vulkankratern ins absurd Lächerliche steigerte, stand und fiel mit dem Charisma und dem schauspielerischen Talent Connerys, der im Lauf seiner beeindruckenden Karriere nicht umsonst als einziger Schauspieler mit Preisen wie u.a. einem Darsteller-Oscar gewürdigt wurde. Der Ur-Bond, und irgendwo für immer das "Original".
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Let the sheep out, kid.