Henrik hat geschrieben: 18. Januar 2020 15:21
Die Argumentation finde ich auch etwas komisch. Wenn John Pearsons Werk das einzige ist, was eine Aussage zu Bonds Geburtsort trifft, dann ist das nunmal so. Wenn den Produzenten das nicht passt, sollen sie das Gegenteil im Film zeigen.
Das ist nicht komisch, das ist so üblich. Wenn ein Nachfolgeautor von Ian Fleming etwas in den Bond-Kosmos einführt oder eine vorher von Fleming festgelegte Einheit verändert (zu Engl. Retcon), dann hat dieser Umstand auch nur innerhalb seines Nachfolgewerks Bestand, gilt aber nicht rückwärts für Flemings Romane. Sonst könnte man literarische Texte oder Filme auch gar nicht für sich betrachtet analysieren oder interpretieren, weil man immer der Willkür etwaiger Nachfolger verpflichtet wäre. Im wissenschaftlichen Arbeiten mit Texten, Büchern und Filmen existiert ein Werk nur im Werkskontext, weil alles andere schlicht wenig Sinn hat - was nicht im Werk ist, ist nicht im Werk, sondern Teil eines anderen Werks. Das heißt nicht, dass Kontinuitäten nicht aufeinander aufbauen können. Für die Erzählhandlung einer Fortsetzung (bspw. The Godfather 2) gelten natürlich sämtliche Begebenheiten aus dem Vorgänger, es sei denn er steht ihnen explizit entgegen. Das wäre dann ein besagter Retcon.
Lange Rede, kurzer Sinn: Was im Buch zu Casino Royale steht, was im Drehbuch zu Casino Royale steht, was Martin Campbell, Barbara Broccoli oder Daniel Craig zu Casino Royale sagen und was in herausgeschnittenen Szenen von Casino Royale passiert, ist für Fans zwar interessant, aber gilt nicht innerhalb des Filmkontexts, so lange es nicht auch wirklich innerhalb des Films auftritt. Vielleicht ist der Craig-Bond laut Michael G. Wilson in Berlin geboren, aber so lange das keine Information ist, die die Filme beinhalten, ist das nur eine Interpretation des Machers, die für das Produkt keinen Gültigkeitsanspruch hat. Der nächste Craig-Bond könnte Bond problemlos als in Madrid geboren etablieren, ohne einem Inhalt der vier vorherigen Filme zu widersprechen.
Wenn Samedi noch die Szene in CR nachreicht, die belegt, dass der Geburtsort Berlin nicht nur eine leere Behauptung seitens einer EON Requisite, sondern wirklich Teil des Filmkontexts ist, bin ich ihm zu Dank verpflichtet.