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von Revoked
Agent
Lords of Chaos (2018)
Die nächste Künstlerbiografie steht im Hause: Lords of Chaos befasst sich mit den Vorkommnissen um die True Norwegian Black Metal Band(s) Mayhem, Burzum und Emperor Anfang der 90er Jahre. Klar ist mal eins: ein Feel-Good-Streifen a la Bohemian Rhapsody, Rocketman oder Yesterday ist das hier nicht.
Hier geht es um [Zitat] “Pure Fucking Armageddon“!
Am Anfang erfolgt der Hinweis: „Based on truth... lies... and what really happened...“ Mit anderen Worten: was damals genau geschah wird man wohl nie erfahren. Bilanz des Theaters waren: ein Frontman-Suizid, abgefackelte Stabkirchen, ein Mord an einem Homosexuellen, ein toter Gitarrist, ein neues Musikgenre und einiges an Publicity.
Story
Der Protagonist ist Euronymus, Gitarrist und Kopf von Mayhem. Dieser ist zwischendurch immer wieder als Sprecher aus dem Off zu hören. Er führt durch die Geschichte und ist deren Ankerpunkt. Der Film macht es sich nicht einfach: Euronymus wird mal als sympatischer Musiknerd, mal als manipulativer Anführer und auch als abstoßenswerter Psychopath dargestellt.
Ihm wird im Laufe der Story der zunächst introvertierte Varg gegenüber gestellt. Dieser ist dauerkreativ und multiinstrumental was im Laufe der Zeit zu einer Rivalität führt.
Von der Story möchte ich nicht mehr spoilern – es ist aber harter Tobak.
Stil
Neben schockierend realistischer Gewaltdarstellung (Selbstmord des ersten Sängers, weitere Morde) hat der Film auch unglaublich lustige Elemente: 1. Euronymus ist sehr selbstironisch, siehe Dialog mit dem Postboten, 2. Satanisten sind auch nur Norweger – und die ziehen nun mal die Straßenschuhe aus, bevor sie ins Haus gehen. Establishment hin oder her.
Performance
Ich kannte keinen der Schauspieler… außer Wilson Gonzalez Ochsenknecht, der als einziger negativ heraus sticht. Alle anderen Rollen werden aus meiner Sicht sehr gut gespielt. Gerade der Hauptdarsteller ist eben kein typischer Schönling sondern ein „Typ“. Aus dem Ensemble würde ich gerne wieder jemanden sehen.
Ausstattung
Interessant mit welch hoher Qualität der Film daherkommt. Verwunderlich, da ich eher eine Low Budget Produktion erwartet hatte (die Frage ist: wer gibt sein Geld für so ein Projekt, dass wirklich nur eine kleine Gruppe von Leuten interessieren dürfte?). Die brennenden Kirchen z.B. sind aus meiner Sicht wohl mittels aufwendiger Sets und nicht per CGI umgesetzt worden.
MUSIK!
Hmm.. ja die kommt leider etwas zu kurz für meinen Geschmack. Denn eben ein wenig über den Enstehung, Inhalte und Motivationen, die hinter den Genreklassikern „De Mysteriis Dom Sathanas“, „Filosofem“ und „In The Nighside Eclipse“ stecken, wären interessant gewesen. Lediglich die Erfindung des „True Norwegian Blck Metal“ wird neben einem neuen Gitarrenanschlag gefeiert.
Fazit
Für mich ein guter Film, der es durchaus schafft den Personen psychologische Tiefe zu geben. Motivationen der Protagonisten bleiben allerdings vage angedeutet. Bei den Tragödien die sich abspielen fiebert man mit - einen Moment später empfindet man plötzlich nur Abscheu für die unnötigen Verbrechen der Clique. Fans des Genres erfahren wenig neues und vermissen wie oben beschrieben die Musik.
Varg, der mittlerweile seit ca. 10 Jahren wieder auf freiem Fuß ist, wiederspricht vieler im Film dargestellter Ereignisse. Wie eingangs beschrieben – so genau wird man die Wahrheit nicht erfahren.
Also: sehr guter Indie-Film außerhalb ausgetretener Pfade 8,5/10
PS: im Metal-Thread poste ich noch ein paar Hörempfehlungen zu: Emperor, Katatonia, Dissection, Enslaved…. und natürlich Mayhem
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