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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
Ich habe in den letzten Wochen seit langem wieder die Harry-Potter-Romane gelesen und zuletzt rund 1500 Seiten Halbblutprinz + Heiligtümer in knapp vier Tagen verschlungen. Teil 1 ist dabei mit Abstand am meisten ein Kinderbuch, so extrem hatte ich das gar nicht in Erinnerung. Klar, es ist flotte Zerstreuung für etwa 90 Minuten und legt einen brauchbaren Grundstein für die Nachfolger, ist dabei aber auch sehr kurz angebunden und sehr einfach, oft sogar auffallend kindlich geschrieben. Teil 2 und 3 sind Übergangswerke, die immer besser werden, ab Teil 4 ist die Reihe nur genial. Wie Rowling ihre exzentrische Parallelwelt entwickelt und selbst nach gefühlt dreitausend Seiten immer noch vertieft und weiter ausbaut, wie sie sich klassischen Fantasy-Schubladisierungen entzieht, wie sie immer komplexere und spannendere Handlungsstränge kreuzt, wie sie kleine Hinweise sät und am Ende alles seinen Platz findet, wie sie Schulalltag, Pubertätsprobleme und den Kampf gegen das Böse mühelos ineinander verwebt, wie sie dutzende von einprägsamen und abwechslungsreichen Charakteren vorstellt die sich einem ins Hirn brennen, wie zig Nebenhandlungen erzählt werden ohne dass die Erzählung je im Subplot mäandert - genial. Und ich bin bekannt dafür, die übermässige Verwendung dieses Begriffs häufig zu kritisieren.
An der neuen Grindelwald-Verfilmung habe ich dagegen ebenso wenig Interesse wie am ersten Teil. Für eingefleischte Fans mag das toll sein, noch mehr Bonusmaterial zu kriegen, für mich ist es das übliche Hinterherrennen der aktuellen Marvel-Trends und hat - nach all dem, was ich darüber gehört und davon gesehen habe - für mich nicht mehr viel mit "Harry Potter" zu tun (so hiess die Story nämlich mal, bevor sie zum, wasweissich, Wizarding World Universe oder so ähnlich aufgeblasen werden musste). Bezeichnend finde ich, dass hier die exakt gleiche Schiene wie bei Star Wars gefahren wird, nämlich irgendwelche neuen Abenteuer antröten aber am Ende doch nur primär im alten Prequel-Sumpf zu waten mit Vorgeschichten zu bekannten Figuren. Genau gleich denke ich übrigens von diesem Theaterskript, dass auch noch als Anhängsel zur abgeschlossenen Reihe erschienen ist. Muss so etwas denn immer sein? In unserem Zeitalter lautet die Antwort wohl leider ja.
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.