Sehr schöne Kritik, die praktisch deckungsgleich ist mit meiner Wahrnehmung des Films.
GoldenProjectile hat geschrieben: Die PTS dürfte glasklar eine der schwächsten in der gesamten Reihe sein und widerkäut das alte Blofeld-Thema gleichermassen unnötig wie uninspiriert.
Hier bin ich dann doch noch anderer Meinung. Ich finde die PTS aus diversen Gründen gleichermaßen vergnüglich wie gelungen und bin der felsenfesten Überzeugung, dass man den Start in den zwölften EON-Bondfilm nicht besser hätte bewerkstelligen können.
Der Seitenhieb gegen die angehenden NSNA-Macher sitzt wie ich finde punktgenau, weil er einerseits den mit der Materie vertrauten Fans einen höchst amüsanten Querverweis bietet, ohne dabei in aufdringlichen Fanservice auszuarten (wie man ihn gerade in vielen Bondfilmen der letzten 2 Jahrzehnte findet), andererseits aber subtil genug ist, so dass dies Otto-Normal-Schauer gar nicht erst auffällt oder den Spass an der Szene vermiest.
Die Action finde ich ausgezeichnet, die akrobatischen Klettereien an der Heli-Kufe, die waghalsigen Flugmanöver und nicht zuletzt der atemberaubende Flug durch die beengte Lagerhalle bewegen sich allesamt auf dem höchsten diesbezüglichen Serien-Niveau.
Die Idee, eines der Kernthemen des Films – nämlich Rache – bereits in der PTS zu implementieren und zwar auf wiederum sehr subtile Weise und ohne filmischen Wegweiser für Dummies ist dramaturgisch toll, auch da es dem später mehrfach wiederkehrenden Thema deutlich mehr Gewicht verleiht. Die ganz im Stile des direkten Vorgängers gehaltene humoristische Auflösung der PTS nimmt der Szene zwar etwas Gewicht (welches bei einer ernsthafteren Version dieser Sequenz wohl noch größer ausgefallen wäre), es bleibt aber immer noch genügend, um den erwähnten Effekt zu erzielen.
Schlussendlich punktet die FYEO-PTS auch deshalb bei mir, da sie deutlich anders angelegt ist als die übrigen diesbezüglichen Szenen und somit in meinen Augen ein echtes Unikat darstellt. Passend zu dem anderen großen Thema des Films, nämlich der Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln und damit einhergehend wenn man so will der bewussten Verkleinerung des James-Bond-Kosmos, spielt die PTS nicht an exotischen Locations und springt auch nicht inhaltlich und/oder geographisch hin- und her. Gleichzeitig bietet sie eine in sich abgeschlossene Geschichte, welche sowohl die eigene filmische Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft, als auch ein Vorgriff auf eines der innerhalb der eigentlichen Haupthandlung folgenden Kernthemen ist. Außerdem etabliert die PTS bereits den durchgängigen berührungsangstfreien Spagat zwischen einem Mehr an Erdung und dem typisch-überdrehten Spektakel.
GoldenProjectile hat geschrieben:Hier hätte sich eine weitere Szene mit Columbo angeboten, der, ähnlich wie Tiger Tanaka in YOLT, zuvor etwas unehrenhaft und ohne richtigen Abschluss aus dem Film entlassen wird.
Das sehe ich auch anders, da Columbo im Gegensatz zu dem tatsächlich einfach nicht mehr auftauchenden Tiger wie ich finde sauber aus der Handlung entlassen wird. Zum einen gesteht ihm der Film seine Rache an Kristatos und damit die Vollendung seines figürlichen Dilemmas zu, zum anderen ist der kurze Moment zwischen ihm und Bibi doch die perfekte Schlussszene, um die Figur mit einem Augenzwinkern zu verabschieden. Das passt für mich wie so vieles in Film/Drehbuch ganz wunderbar.
Mal nachgehakt: da du eine weitere Szene mit Columbo statt dem Max-meets-Maggie-Klamauk erwähnt hast, was hätte diese inhaltlich denn dann noch hinzufügen sollen? Der Papageien-Spass mag überdick aufgetragen sein (wobei die Szene zwar ein diesbezügliches Extrem, aber stilistisch keinen echten Ausreisser im Film darstellt angesichts randalierender Eishockey-Goons, en passant entsorgter Erzschurken oder schlecht bebärteter Aushilfs-Priester), funktioniert für mich aber deshalb, da er nicht nur eine nette Variation des typischen „Bond wird in flagranti erwischt“-Finals bietet (wie z.B. in TSWLM oder MR), sondern das Ende mit etwas gänzlich (oder zumindest weitgehend) Neuem und vor allem Überraschendem aufzuwarten weiss. Die Darreichungsform mag dabei diskutabel sein, aber wie in vielen Dingen geht FYEO auch hier fraglos recht eigene Wege.
Übrigens ist mir beim Lesen deiner Zeilen mal wieder in den Sinn gekommen, dass die bewusste Entscheidung Bond wieder etwas mehr auf den Boden der Tatsachen zu holen und das ausgerechnet auf dem damaligen kommerziellen Höhepunkt der Serie recht mutig war. In den meisten anderen Franchises hätte man sicher „Dienst nach Vorschrift“ gemacht und TSWLM noch ein drittes mal verfilmt. Andererseits frage ich mich, in wieweit die „Rückbesinnung auf den Fleming-Bond“ von der in diesem Zusammenhang gerade auch von Seiten der Macher gern die Rede ist, letztlich nicht durch die „Knauserigkeit“ des alten Sparfuchses Cubby motiviert war. MR war offiziell exorbitant teuer und inoffiziell wohl sogar nochmal ein bedeutendes Eck mehr. Das Budget von FYEO sieht auf den ersten Blick gar nicht mal so arg viel geringer aus als das (offizielle) von MR, angesichts der starken Inflation Ende der 70er kann man aber dennoch von einem merklichen Kaufkraftrückgang ausgehen. War es am Ende dann vielleicht doch weniger der Mut und der Wunsch, die Serie inhaltlich etwas anders aufzustellen als die Notwendigkeit, Kosten einzusparen, um so den eigenen Profit nicht schrumpfen zu lassen? Dieser Ansatz erinnert mich ein bisschen an den launigen Plausch im „Never change a running system“-Thread, in welchem ja auch die mutmaßlich zurückgegangenen Gewinne als Motivation die Craig-Ära auf den Weg zu bringen diskutiert wurde.